'DDR-Philosophie' oder 'Philosophieren in der DDR'?
(Anmerkungen zum Prinzip der 'Parteilichkeit', zur 'Biologismusproblematik' und zu 'audioorganologischem Technikverständnis', entstanden im Jahre 2013)

Meiner Meinung nach kann der inzwischen so häufig benutzte Begriff "DDR-Philosophie" keineswegs immer sinngerecht und zutreffend sein. Ich denke eher, dass doch jeweils besser über 'Philosophieren in der DDR' und die entsprechend konkreten Erscheinungsformen damaligen und von daher rührenden philosophischen Denkens gesprochen, und eben auch gründlicher nachgedacht werden sollte.
Gemessen an dem, was im Begriff "DDR-Philosophie" inzwischen sowohl an diesbezüglichen Vor- und Nach-Verurteilungen als auch an damit bereits implizierten Pauschalisierungen enthalten ist, kann wohl auch verständlich sein, dass beispielsweise meine philosophischen Initiativen und Bemühungen dabei als nicht erwähnenswert gelten können.
Sowohl im Sinne von 'nicht typisch' als auch im Sinne von 'nicht erheblich'; - jedenfalls nicht erheblich im Sinne des inzwischen unter dieser Überschrift abgehandelten Geschehens.
Denn mit meinem Denken und Verhalten als DDR-Philosoph wurden damals weder deutliche Aufmerksamkeiten oder besonders aufgeregte Diskussionsinteressiertheiten unter meinen Kollegen noch besonders spektakuläre politische Verurteilungen oder Repressalien seitens des DDR-Machtapparates induziert. Und ich gebe durchaus zu, dass ich sowohl in wissenschaftlicher als eben auch (für mich dabei freilich jeweils kaum zu trennender) politischer Hinsicht keineswegs Wert auf bestimmte (damals durchaus leicht möglich nahe liegende) Zuspitzungen gelegt habe und jeweils lieber 'inhaltlich-konsequent' als 'konsequent zuspitzend' arbeiten und reagieren wollte.
Um dies in diesem Zusammenhang sowohl inhaltlich konsequent als nun auch angemessen zugespitzt zu verdeutlichen, erlaube ich mir die Bemerkung, dass unter den damaligen Verhältnissen zuweilen sowohl durchaus klug-niveauvolles philosophisches Denken als auch (zumindest ab einer bestimmten akademischen Ebene) ausgemachte Unsinnigkeiten und philosophische Niveaulosigkeiten zu beachtlichen Diskussionsaufgeregtheiten unter bestimmten Kollegen, und gelegentlich auch zu politischen Reglementierungen oder Repressalien führen konnten. Und um hier weiter zuzuspitzen, kann ich dazu ergänzen, dass sich mein damaliges Wirken als wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZIfPh der AdW der DDR sicherlich stets unterhalb einer solchen akademischen Ebene abspielte und auch nie darauf angelegt war, mich dort etwa auf dem Wege der Parteinahme zu in dieser Weise anstehenden Auffassungen und dann vielleicht entsprechend effektvoll umstrittenem "Kreativitätsdenken", einer solchen, mir persönlich fragwürdig-suspekten und freilich auch stets von ganz anderen Ambitioniertheiten umworben-umkämpften Ebene oder den dann dazu auch oftmals andererseits entsprechend honorig bewerteten Reglementierungen oder gar weitergehenden möglichen Behelligungen, anzunähern oder auszuliefern.
Wer sich aber damals auf einen solchen Weg begeben hatte, dem kann nun (auch weitgehend unabhängig von tatsächlichen wissenschaftlichen Leistungen oder spezifischen Besonderheiten seines eigenen philosophischen Denkens) ein signifikanter Platz in der "DDR-Philosophie" zugewiesen werden; - gut abgedeckt und gesichert durch den Mantel entsprechend ausgerichteter Geschichtsbetrachtung.
Dass eine sich so orientierende Betrachtung dann auch an ganz bestimmten philosophischen Denkvorgängen und Konzepten, welche innerhalb dieser Geschichte doch vermerkt und vielleicht auch festgehalten werden sollten, allzu leicht vorbeigehen kann, ist - so meine ich - bereits methodologisch vorbedingt. Und für eine weitere Bewertung dieser Methodologie kann vielleicht auch ein näheres Bedenken des dabei dann jeweils 'Ausgeblendeten' aufschlussreich sein.
Was nun mich betrifft, so ist sicherlich - sowohl meinerseits als wohl auch generell - problemlos zu akzeptieren, dass meine philosophischen Aktivitäten im Sinne einer sich so gestaltenden Geschichtsbetrachtung eben kaum einer Erwähnung wert sein müssen…
Ich möchte allerdings darauf bestehen, dass diese, welche etwa mit den bereits in der vorliegenden Überschrift enthaltenen Worten 'Parteilichkeit', 'Biologismusproblematik' und 'audioorganologisches Technikverständnis' umrissen werden können, sowohl im Sinne eines realitätsgerechteren Verständnisses des wirklichen philosophischen Geschehens in der DDR als auch im Sinne dessen, wofür ich mich als DDR-Philosoph seither philosophisch und politisch eingesetzt habe, doch zur Kenntnis genommen werden sollten, da sie - wie ich meine - wohl auch wesentliche Aspekte sowohl der Schwächen und des Versagens als eben auch bestimmter Stärken und Errungenschaften innerhalb des damaligen Philosophiegeschehens zu verdeutlichen vermögen. Ein Geschehen, welches - so man es ernst nimmt - eben nicht einfach als eine letztlich inhaltlich nicht näher durchdenkenswerte regionalborniert-ostdeutsche Sonderentwicklung von Philosophieren unter 'DDR-Bedingungen' abgetan werden kann, sondern eben auch hinsichtlich seiner darüber hinausgehenden, philosophisch grundsätzlichen, und eben auch weltweiten Bedeutungsmöglichkeiten bedacht werden sollte.
In diesem Sinne kann zu allen drei der von mir hier genannten Problemfelder deutlich angemerkt werden, dass sie als speziell philosophische Problemlagen in jeweils besonderer Weise innerhalb spezifisch deutscher Wissenschaftsentwicklungen entstanden sind (bzw. spezifisch mitbedingt wurden), welche dann nach 1945 auch eine besondere ostdeutsche Weiterentwicklung erfahren haben, die aber mit dem Untergang der DDR keineswegs als beendet angesehen werden kann.
Sowohl die philosophische Problematik der Parteilichkeit in der Wissenschaft, welche erstmals von Hegel 'philosophisch auf den Begriff gebracht' wurde als auch die philosophische Problematik des Biologismus, welche philosophiegeschichtlich erstmals im Zusammenhang mit dem Marxismus 'philosophisch auf den Begriff gebracht' wurde, werden auch in Zukunft von der Philosophie zu bedenken und weitergehend zu erforschen sein, wie ich ebenso meine, dass auch die von mir schon seit Jahrzehnten philosophisch monierte
Vernachlässigung der Beachtung der Bedeutung musikinstrumenteller Technikentwicklung (welche ja ebenfalls in ganz besonderer Weise durch eine spezifisch deutsche Wissenschaftsentwicklung mitbedingt ist) künftig ebenfalls international weitergehend zu bedenken sein wird.(01) Zu dieser habe ich im Weiteren stets betont, dass es sich gerade dabei doch um eine bislang von der Philosophie noch überhaupt nicht näher bedachte oder angemessen zur Kenntnis genommene, grundsätzliche Problemlage handelt, welche meiner Meinung nach auch einen diesbezüglich künftig unser gesamtes Wissenschaftssystem berührenden Paradigmenwechsel erforderlich machen wird.
Ich halte die Ausblendung entsprechender ostdeutscher Weiterentwicklungsbemühungen philosophischen Denkens, innerhalb gegenwärtiger Betrachtungen über "DDR-Philosophie", für durchaus charakteristisch, wobei mir dazu (wohl ebenfalls in charakteristischer Weise) auch die dabei so deutlich zu vermerkenden polit-ideologischen Kulturlosigkeiten, zuweilen geradezu wie nunmehr lediglich 'umgepolte' Einblendungen aus früheren Zeiten anmuten und ich dazu wiederum meine, dass sich dabei nicht nur 'Form-Ähnlichkeiten' in Hinsicht auf diesbezüglich keineswegs zu leugnende Kulturlosigkeiten des vergangenen DDR-Philosophiebetriebes´, sondern, außer diesbezüglichen Analogien, wohl auch bestimmte, Identitäten bedenken lassen.(02)
Um zu den drei genannten Problemfeldern hier noch etwas näher zu verdeutlichen, in welcher Weise dazu sowohl jeweils mein spezifisches Anliegen als auch meine besonderen Erfahrungen als 'DDR -Philosoph' verstanden werden können, möchte ich hier auch auf jeweils beide Aspekte bezüglich aller drei genannten Problembereiche eingehen, wozu ich allerdings betonen muss, dass ein jeweils eingehenderes Verständnis diesbezüglicher philosophischer Problemkonstellationen letztlich eben nur unter der Voraussetzung einer wissenschaftsgeschichtlich sachlich soliden Detail-Forschung und entsprechend sachangemessener Interpretationen der dazu zu DDR-Zeiten - aber eben auch danach, bzw. unter damaligen und nunmehrigen sozialökonomischen Verhältnissen - entstandenen bzw. publizierten Texte möglich sein wird.(03)
Ich persönlich halte das von mir erarbeitete und dann nicht nur mit weiteren philosophischen Forschungen und entsprechend argumentierenden Aktivitäten weiterentfaltete und vertiefte, sondern letztlich dann eben von mir auch in anderen Wissenschafts- und Lebensgestaltungsbemühungen entsprechend gelebte, Verständnis zur politisch-ideologisch-wissenschaftlichen sowie gesellschaftspolitischen Bedeutung des Prinzips der Parteilichkeit, für eine philosophisch spezifisch weiterführende (d.h. keineswegs etwa nur für eine 'interpretatorische') Leistung, welche ich letztlich eben auch als eine Grundlage für alle weiteren Besonderheiten dessen ansehe, was mir letztlich unter den Bedingungen zweier ganz unterschiedlicher und zweifellos sehr gegensätzlicher Gesellschaftsordnungen in meinem Leben noch alles gelingen konnte. Ob nun als Philosoph und Organologe oder als Musikant und Musikinstrumentenbauer usw. - oder eben als 'politischer Aktivist' in verschiedenen weiteren Zusammenhängen…
Dass ich dazu wiederum der Frage, ob ich dabei denn nun als "marxistischer Philosoph" zu gelten habe, weitgehend gleichgültig gegenüberstehen möchte, hängt hier auch damit zusammen, dass ich mich auf diese Weise wohl besser geschützt davor empfinden kann, nun etwa undifferenziert mit bestimmten meiner damaligen Kollegen in einen Topf geworfen zu werden, welche doch sowohl ihrerselbstseits als auch seitens der von mir eben als suspekt und letztlich als ganz unsachgerecht betrieben angesehenen "DDR-Philosophie"-Betrachtungen immer wieder gerade als "marxistische Philosophen" ausgegeben werden.
Gerade auch in dieser Hinsicht besteht meine Parteinahme und mein Selbstverständnis zur Problematik eines wissenschaftlich begründeten Parteilichkeit-Prinzips eben darin, Wert darauf zu legen, dass meine entsprechende Auffassung ganz zweifellos als eine wissenschaftlich-politisch motivierte Denkentwicklung innerhalb der Tradition und im Sinne der Weiterführung dessen, was an ganz neuartigem philosophischen Denken durch ''die'' sozialen Bewegungen, innerhalb derer dann auch solche Persönlichkeiten wie Engels, Marx und Lenin entstanden sind, in die Geschichte der Menschheit eingebracht wurde, zu verstehen ist.
Und eine Seite der spezifisch philosophischen bzw. auch 'philosophiegeschichtlichen' Relevanz meiner damals entstandenen und dann ständig entwickelten und gelebten Auffassung, besteht wohl auch darin, dass sie sowohl unter den spezifischen Bedingungen der DDR entstehen konnte als auch genau unter dortigen Bedingungen dann wiederum ganz bestimmten 'Unverständnis-Verhältnissen' und eben auch entsprechenden Verhinderungsbestrebungen ausgeliefert war. Ganz offensichtlichen und auch unverhüllt aggressiv auftretenden(04) Verhinderungsbemühungen, angesichts derer es mir dann letztlich (so meine damalige persönliche Einschätzung bzw. entsprechende Erfahrung) nicht mehr möglich war etwa auch in 'Forschungsplan-abgesicherter Weise' an dieser Problematik in meinem Verständnissinne weiterarbeiten zu können.
Etwas, was ich damals aber gerne getan hätte.(05)
Die Feinde marxistischen Denkens sowie meiner entsprechenden Auffassung könnten hier leicht einhaken und nun vielleicht höhnisch darauf verweisen, dass dies letztlich doch wohl ganz gut war, da meine späteren Arbeiten - etwa zur philosophischen Kritik bisherigen audioorganologischen Systematisierungsdenkens etc.- doch eher als erkenntnisgewinnend akzeptiert werden können als die von mir damals als Parteiphilosoph angestrebte Weiterentwicklung von Parteilichkeits-Philosophie…
Eine unter gegenwärtigen politisch-ideologischen Verhältnissen wohl sicher wirkungsvoll vorzutragende Argumentation, welche sich freilich gerade auf diese Weise auch effektiv am Verständnis bzw. der Zurkenntnisnahme der wissenschaftsgeschichtlich-philosophiegeschichtlichen Entstehungsbedingungen meiner späteren audioorganologisch-vergleichsanalytischen Arbeiten vorbeimogeln kann. Denn philosophiegeschichtlich eingehender betrachtet, muss wohl doch eher deutlich werden, dass gerade diese späteren Arbeiten sowohl hinsichtlich des damit verbundenen Zustandekommens konkreter naturwissenschaftlich begründeter Erkenntnisse als auch hinsichtlich ihrer wiederum auch damit begründeten philosophiegeschichtlich-philosophischen Bedeutung, zweifellos nur im Zusammenhang mit meiner Konzeption zur Problematik der Parteilichkeit in der Wissenschaft, angemessen zu verstehen und entsprechend weiterführend zu interpretieren sind, wobei meine Hoffnung als Philosoph durchaus darin besteht, dass es eine solche Wissenschaftsmöglichkeit bzw. entsprechend weiterführende Erkenntnisentwicklungen letztlich - auch trotz aller dem gegenwärtig entgegenstehender Interpretationen von "DDR-Philosophie" - doch geben kann.
Wenn ich hingegen eher geneigt wäre, mich auf die Seite geschichtstrivialisierender DDR-Kritiker zu begeben (was sich ja zu bestimmten Zeiten auch als 'philosophisch-karrierefördernd' bzw. als entsprechend 'Renommee-gewinnend' auswirken konnte), so wäre es wohl ein Leichtes, dazu, auch hinsichtlich meiner damaligen philosophischen Bemühungen, nun eine Vielzahl von entsprechenden Verhinderungs- und Vergeblichkeits- Erlebnissen im Sinne von daher dann abzuleitender Interpretationen des Versagens von "DDR-Philosophie" zu liefern. Interpretationen, innerhalb derer dann vielleicht auch mir eine entsprechend "DDR-philosophiegeschichtlich" erwähnenswerte Position zugeordnet werden könnte.
Allerdings dabei eben wieder ein "DDR-Philosophie"-Verständnis in der Art der von mir hier gerade kritisierten Ideologismen und Oberflächlichkeitsbetrachtungen, welche sich letztlich weitgehend (oder vielleicht besser gesagt: zielgerichtet fehl- und vorbeigehend) unterhalb des Niveaus wissenschaftlich analytisch begründeter Philosophiegeschichtsbetrachtungen bewegen.
Meiner persönlichen Erlebnissubstanz nach ergibt sich für mich, da ich dann ja weiterhin und stets von der mir wesentlich erscheinenden Parteilichkeitsproblematik umgetrieben wurde und diese also auch ständig als philosophisches Problem und Anliegen im Sinne hatte, eher die Verpflichtung, gerade in Hinsicht auf das diesbezügliche Denkgeschehen in der DDR, auch über wieder ganz andere Proportionen zu berichten, welche freilich auch als eine besondere Form von 'DDR-Zufälligkeit' interpretiert, und somit vielleicht auch wieder entsprechend 'abgetan' werden könnten. Gegen ihre Interpretation als 'Zufälligkeit' wäre da vielleicht nichts einzuwenden, aber doch gegen ein damit begründetes 'Abtun' und Herunterspielen ihrer Bedeutung und ihres entsprechenden Wertes.
So lässt es sich wohl durchaus als eine bestimmte Form von historischer Zufälligkeit ansehen, dass ich mit meinen Ansichten und Auffassungen damals innerhalb eines besonderen Arbeitsbereiches am ZIfPh arbeiten konnte,(06) mittels dessen mir wiederum die Möglichkeit gegeben war (die man freilich als eine von mir dabei nicht nur akzeptierte, sondern eben auch selbst aktiv gelebte Form von DDR-spezifischer 'Partei-Philosophie-Beauftragung' verstehen kann), immer wieder als Philosoph mit Wissenschaftlern aus den verschiedensten Fachbereichen diskutieren zu können.
Für mein damaliges Wirken als Philosoph in der DDR zweifellos ein besonderer Wert, dessen Bedeutung ich eben nun auch philosophiegeschichtlich als einen Wert innerhalb des realen Philosophiegeschehens in der DDR ansehen möchte: Denn eine der wichtigsten Erfahrungen aus diesen in der DDR zweifellos politisch gewollten und entsprechend motiviert organisierten Philosophie-Veranstaltungen innerhalb der verschiedensten Wissenschaftsbereiche, besteht für mich darin, dass ich dort als wissenschaftlich beauftragter 'Partei-Philosoph' mit meinen Ansichten und Überlegungen zu dem, was angesichts der Geschichte der Philosophie und seitens des aktuellen Philosophiegeschehens in der DDR, zur Problematik der Parteilichkeit in der Wissenschaft gewusst, näher bedacht und weiterhin erwogen werden sollte, immer wieder auf hoch interessierte Diskussionspartner treffen konnte. Diskussionspartner mit ganz unterschiedlichen politisch-ideologischen Gesinnungen und ganz unterschiedlichen Betrachtungsweisen.
Hingegen sind meine Erfahrungen hinsichtlich entsprechender Diskussionsinteressiertheit mit eigentlich dafür weitaus eher 'fach-zuständigen' Philosophie-Kollegen von ganz anderer Art.
Vielleicht etwas zu pauschal - aber darin besteht tatsächlich ein Resümee meiner diesbezüglichen Erfahrungen - muss ich sagen, dass mir da vorwiegend, und immer wieder, zwei Tendenzen begegneten: Einerseits die Tendenz, Parteilichkeit als eine für Marxisten doch eigentlich ganz klare bzw. bereits längst geklärte(07) Angelegenheit anzusehen, die nur deswegen als Problem erscheinen mag, weil unsere Gegner sie nicht akzeptieren wollen (und also auch kein wirkliches Problem für marxistische Philosophie sein muss…), und andererseits die Tendenz, diese Problematik als letztlich doch unvermeidliche politische Verpflichtung - so also auch innerhalb des Wissenschaftsbetriebes - aufzufassen, was dann wiederum bei mir auch zu dem immer wieder neu entstehenden Eindruck führte, dass einer solchen, in dieser Weise 'akzeptierten Verpflichtung', dann letztlich doch mit einem jeweils nicht ganz reinen Gewissen begegnet wurde.
Zu meinen diesbezüglichen Vergleichserfahrungen gehört dabei auch, dass mir als Philosoph in Diskussionen mit anderen Wissenschaftlern niemals die Vorhaltung begegnet ist, dass die von mir entsprechend vorgestellte Problemsicht etwa 'dogmatisch und wissenschaftsfeindlich' oder 'engsinnig parteipolitisch' oder gar 'stalinistisch' etc. sei; - auch nicht von Diskussionspartnern, die mir durchaus vorhalten wollten, dass ich doch aber bei ihnen als politisch beauftragter Parteiphilosoph zu agieren habe (was ich ja auch niemals bestritt, sondern eher selbst zu entsprechenden Diskussionseröffnungen so formulierte) und dies doch auch im Namen einer irgendwie 'nicht ganz unstalinistischen' politischen Partei (so eine der mir von damals gut erinnerlichen Diskussionsformulierungen) tun würde - was ich dann natürlich auch in die Diskussion einzubeziehen hatte…
Hingegen wurde mir von Philosophen in der DDR (die wohl kaum geneigt waren, zu meiner - und ihrer - Partei etwa entsprechende 'Stalinismus-Anmerkungen' zu formulieren) verschiedentlich nicht nur 'philosophischer Parteilichkeits-Dogmatismus' oder auch 'quasi stalinistisches Eifern', sondern andererseits auch 'revisionistisches Denken' und 'Unverständnis der Argumentationen Lenins' etc. vorgehalten, was freilich seitens meiner fachwissenschaftlichen Diskussionspartner wiederum kaum als Vorwurf zu erwarten war.
Hinsichtlich meiner Biologismus-Auffassung, deren Spezifik sich ganz offensichtlich durch mein philosophisches Verständnis zur Parteilichkeit begründete, wurde mir außer der einerseits oft wiederholten Behauptung, dass diese aber 'im Kampf gegen biologistische Ideologie kaum hilfreich' sei, andererseits ja sogar die "Gefahr einer Rückkehr zum Lyssenkoismus" vorgehalten.(08)
Ich meine nun, dass es zu einer wissenschaftlich soliden Aufarbeitung sowohl der Widersprüchlichkeiten des damaligen akademischen philosophischen Geschehens als auch der sonstigen philosophischen Denkkultur in der DDR gehören muss, solche Entwicklungen und deren wesenseigene Hintergründe genauer zu betrachten. Denn sowohl bei der Problematik der Parteilichkeit als auch bei der Problematik des Biologismus haben wir es mit Problemfeldern zu tun, die wohl auch künftig von Philosophen bedacht werden müssen.
Und zum Verständnis der Geschichte des philosophischen Geschehens in der DDR gehört dabei eben auch die Beachtung der damaligen Denkkultur unter philosophisch interessierten Wissenschaftlern, die nicht zum unmittelbaren akademischen Philosophiebetrieb gehörten. Wenn ich dazu heute meine damaligen Erfahrungen zu solchen Diskussionen zu bedenken habe, so scheint mir offensichtlich, dass da doch wohl deutliche 'philosophische Unterschiede' im Denken und entsprechenden Diskussionsinteressiertheiten von ostdeutschen und westdeutschen Wissenschaftlern vermerkt werden können.
Dabei kann ich nun nicht nur darauf verweisen (was sich ja bei genauerer Zurkenntnisnahme bestimmter Texte kaum leugnen lassen wird), dass ich damals als 'DDR-Philosoph' oftmals ganz anders gedacht, geforscht und gewirkt habe als es wohl ansonsten für "DDR-Philosophie" als typisch erscheinen mochte bzw. nun entsprechend als 'DDR-spezifisch' dargestellt und behauptet wird, sondern ich muss (mich nun ebenfalls wiederholend) eben auch darauf bestehen, dass es sich bei diesen beiden unter 'DDR-Philosophiebedingungen' entstandenen Initiativen von mir, um philosophische Probleme handelt, zu denen in weiterem philosophischen Bedenken eben auch eine entsprechend wissenschaftlich solide Aufarbeitung des tatsächlichen philosophischen Denkens in der DDR künftig nutzvoll oder vielleicht auch unverzichtbar sein kann.
Dies möchte ich dann auch hinsichtlich der von mir damals philosophisch begründeten "Vergleichsanalytischen Organologie" betonen, - mich hier aber erst noch etwas näher zur Biologismusproblematik äußern.
Zu dieser habe ich stets die Meinung vertreten - und eben gerade auch bei entsprechenden Gelegenheiten mit Biologen und zuweilen auch anderen Fach-Wissenschaftlern (aber eben - immer wenn doch möglich - auch mit Philosophen)(09) in entsprechender Weise diskutiert - dass es im Sinne einer marxistisch orientierten und entsprechend begründeten Biologismuskritk erforderlich ist, das Wesen und das sozialökonomisch bedingte Zustandekommen der für diese ideologische Erscheinungsform charakteristischen Illusionsbildungen zu bedenken und konkret zu erforschen, wobei sich dann gerade eine entsprechend marxistisch orientierende Forschung auch dem philosophiegeschichtlichen Sachverhalt zu stellen und zu widmen hat, dass es sich doch wohl gerade beim Marxismus selbst um die philosophiegeschichtlich erste Theorie handelt, für die dieser spezielle Begriff erfunden wurde; - ein Begriff, dem dann freilich in der weiteren Philosophiegeschichte eine alsbaldige Wandlung und spezifische Weiterentwicklungen widerfahren sind, welche ebenfalls entsprechend näher bedacht bzw. erforscht und wohl auch weiter betrieben werden sollten.
Aus meiner Sicht sind jedoch diese, mir letztlich unverzichtbar erscheinenden, Aufgabenstellungen einer philosophisch eingehenderen Beschäftigung mit der Biologismusproblematik, in der DDR weder ernstnehmend beachtet worden noch wirklich in die durchaus umfangreiche Literatur zur Biologismusproblematik eingeflossen bzw. entsprechend methodologisch wirksam geworden, wobei ich dazu auch meine, dass dies wiederum im Zusammenhang mit den damals entwickelten Konzeptionen zur Erforschung einer vorgeblichen "Dialektik von Biologischem und Sozialem" zu sehen ist.
Die von mir dazu (zuweilen schon während meiner Studentenzeit, dann aber insbesondere während meiner Aspirantur) vertretene Ansicht lief immer wieder darauf hinaus, dass es sich doch im eigentlichen Sinne der dabei als grundlegende Begriffe unterstellten Wörter kaum
um eine wirklich wesentliche Problemstellung der Philosophie - schon gar nicht im Sinne einer marxistisch zu formulierenden Aufgabenstellung - handeln könne. Das damit wohl etwa Gemeinte müsste seitens der Philosophie in anderer Weise und mit anderen Worten und Begriffen erfasst werden, wobei ich dazu immer wieder zweierlei betonen wollte:
Zunächst die grundsätzliche Verantwortung der Philosophie hinsichtlich der ihrerseits zu verwendenden und jeweils auch in entsprechenden Entwicklungszusammenhängen zu bedenkenden und erforderlichenfalls eben auch entsprechend weiterzuentwickelnden Begrifflichkeiten. Zum Anderen aber - und dies könnte im Sinne einer doch immer wieder so demonstrativ als spezifisch 'marxistisch' deklarierten Forschungsprogrammatik durchaus als noch näher liegend (bzw. als 'zunächster') aufgenommen werden - die Verantwortung, die eine sich so deklarierende bzw. auch entsprechend selbst so empfindende philosophische Forschung gegenüber den dazu bereits vorliegenden Begrifflichkeiten bisherigen marxistischen Philosophierens hat. Begrifflichkeiten, zu denen sie sich nun also sowohl 'weiterentwickelnd-aufnehmend' als auch 'kritisch-aufhebend' bzw. auch entsprechend 'überwindend' verhalten kann.(10)
Meine damalige Argumentation dazu lief immer wieder darauf hinaus, dass ich nicht zu erkennen vermag, dass sich das Philosophieren zur "Dialektik von Biologischem und Sozialem" in der DDR, derartigen Verantwortlichkeiten wirklich stellt.
Dabei war mir auch später immer wieder die offensichtliche Scheu bzw. wohl auch die entsprechende 'Unverständnis-Abneigung' seitens der unter diesem sprachlich verfehlten Motto erfolgreich publizierenden Autoren, gegenüber den diesbezüglich doch näher zu durchdenkenden philosophischen Begrifflichkeiten aus marxistischer Denktradition zumeist schwer verständlich.(11) Ich meine auch heute noch, dass da ein entsprechend philosophisch kultiviertes Verantwortungsbewusstsein in der DDR kaum entwickelt war und die damals dazu entstandenen Arbeiten unter diesem Mangel leiden - was freilich nicht bedeuten muss, dass alle diese damit per se wissenschaftlich völlig wertlos seien…
Aber ich hielt die unter dieser mir verfehlt erscheinenden Überschrift erfolgende Forschungsentwicklung durchaus für eine entsprechend methodologisch ungenügend durchdachte und eben auch entsprechend fehlgehende Entwicklung innerhalb des philosophischen Geschehens in der DDR.
Im Unterschied zur philosophischen Problematik der Parteilichkeit, die mir nach wie vor - nun gerade auch im Sinne eines besseren Verständnisses von DDR-Entwicklungen - als grundsätzlich erscheint und die ich damals ja immer wieder mit den verschiedensten Fachrichtungen diskutieren konnte, handelte es sich bei der Biologismusproblematik und den Diskussionen um "Biologisches und Soziales" etc. doch eher um speziellere philosophische Problemlagen, zu welchen ich auch nur bei wenigen Fachwissenschaftlern auf entsprechend philosophisch eingehendere Diskussionsgeneigtheiten treffen konnte.(12)
Hinsichtlich meiner späteren philosophischen Arbeiten zur "Vergleichsanalytischen Organologie" hatte ich hingegen als Philosoph überhaupt keine fachwissenschaftlichen Diskussionspartner in der DDR.(13) Zu dieser Problematik konnte ich damals seltsamerweise nur mit einigen Philosophen diskutieren; was ich nun wiederum für durchaus aufschlussreich-bezeichnend ansehen kann.
Dazu lassen sich freilich noch mehr 'Seltsamkeiten' bedenken:
Gemessen an bestimmten nunmehrigen Darstellungen zur "DDR-Philosophie", als einem "letztlich…gescheitertem Philosophiegebilde", dessen Wissenschaftsbetrieb doch von "hauptthematisch parteivorgegebenen wie staatszentral geplanten und dadurch immer ideologisch normierten Forschungsthemen" geprägt war und "jedwedes eigenständig-kritisches philosophisches Andersdenken unmöglich gemacht" wurde, da es eben "nur noch die ''eine'' und ''allein ''offiziell zugelassene, lehr- und darstellbare ''marxistisch-leninistische Staats- und'' ''Parteiphilosophie" ''gab, "innerhalb deren kanonisch vorgegebenem Rahmen parteibeaufsichtigt wie lehrbuchverschult…jeder andere und darüber hinausgehende Denkversuch…regelmäßig rein ideologisch ausgeschaltet" wurde, wäre die Entstehung einer solch speziellen und zudem unverkennbar grundlegend-kritisch angelegten philosophischen Forschungsinitiative doch eigentlich unter 'DDR-Bedingungen' kaum vorstellbar; - könnte nun aber auch als ein entweder gezielt bedachtes, oder vielleicht auch spontan zufälliges, aber letztlich doch erfolgtes 'Ausbrechen' aus den doch ansonsten stets "parteiamtlich" vorgeschriebenen Beschränktheiten der "offiziellen reinen Lehre" bzw. als entsprechender Versuch der Überwindung von DDR-spezifischen 'Denkbegrenzungen', die den dortigen Philosophen doch ansonsten in "schmalspur-marxistisch-leninistischer" Weise unausweichlich auferlegt waren, interpretiert werden.(14)
Ich denke, dass ein solches 'Verständnis' meiner damaligen Initiativen wohl in gleicher Weise an Wahrheit und Wirklichkeit vorbeileitet, wie eben die diesbezüglichen "DDR-Philosophie" - Interpretationen überhaupt und meine, dass sich dies sowohl mit einem genaueren Blick auf meine entsprechenden vergleichsanalytisch-organologischen Arbeiten als auch auf die philosophiegeschichtlichen Zusammenhänge, die sich hinsichtlich der anderen von mir zu DDR-Zeiten bearbeiteten Problemfelder erkennen lassen, belegt.
Gerade in Hinsicht auf die zumindest mir höchst seltsam erscheinende 'Denkzurückhaltung', die sich in der Geschichte allen bisherigen Philosophierens (aber eben auch vieler anderer Wissenschaften) in Bezug auf Musikinstrumente bzw. audioorganologische Technikentwicklung vermerken lässt (und die vielleicht auch im Zusammenhang mit der notorischen "Bild-und Abbild-Borniertheit" bisheriger Erkenntnistheorien(15) zu bedenken ist) neige ich hier eher dazu, einen parteilich gezielten Ausbruchsversuch aus den bislang offensichtlich so überaus fest eingewöhnten Selbstbegrenzungen allen bisherigen Philosophierens anzuzetteln, wobei ich wiederum nicht zu verleugnen habe, dass ich den tieferen Sinn und Zweck eines solchen Ansinnens vornehmlich in einer künftig humanistischer zu gestaltenden Wissenschafts- und Gesellschaftsentwicklung sehen möchte, und dazu grundsätzlich meine, dass die Entwicklung und weitere Kultivierung eines dementsprechenden Denkens und Strebens auch eine Aufgabe der Philosophie sein sollte. Und dazu könnte ich auch sofort anfügen: Zumindest in marxistisch-leninistisch-parteilich verstandenem Sinne.
Ich kann aber auch anfügen, dass genau dieser so zu verstehende Versuch des Aufbrechens und Überwindens bestimmter bislang philosophisch eingewöhnter Denkbegrenzungen philosophiehistorisch innerhalb des Philosophiegeschehens der DDR unternommen wurde und insofern philosophiehistorisch auch gefragt werden kann, wo und in welcher Weise vielleicht gleiches oder ähnliches Denken noch zu vermerken war, oder ist.
Dazu meine ich durchaus, dass wissenschaftlich vorurteilslos orientiertes Nachdenken zur Geschichte der Philosophie, auch ohne den Hintergrund eines sich als marxistisch-leninistisch verstehenden Philosophiebetriebes, ins Bedenken zu diesem 'Manko der Philosophie' geraten kann. Philosophiehistorisch konkret betrachtet, war dies in meinem Falle freilich durch die Besonderheiten des Philosophierens in der DDR bedingt, wobei ich hinsichtlich des bei mir dabei nicht abzutrennenden Nachdenkens zur Parteilichkeitsproblematik darauf hinweisen muss, dass dieses spezifisch parteiliche Nachdenken seinem Wesen nach einen durchaus ähnlichen, in analoger Weise vergleichbaren Versuch des 'Auf- und Ausbrechens' beinhaltet: Ein mit dem Marxismus entstandenes Bestreben des Überwindens eines ganz bestimmten zuvorigen 'Selbstverständlichkeits-Denkens' (oder eben auch entsprechend ein- und an-gewöhnten 'Nichtbedenkens') innerhalb bisherigen Philosophierens.
Im Sinne dieser entsprechend parteilich-bewusst 'ausbrechenden' bzw. 'überwindend' orientierenden Denkentwicklung sollte Parteilichkeit (so jedenfalls mein Verständnis) eben keineswegs einfach als 'Verpflichtung zur Einhaltung von Prinzipien im Sinne von Wahrheit und Humanität' zu verstehen sein, sondern dem Wesen nach eher in der 'Verpflichtung, den Wahrheitsgehalt von Prinzipien innerhalb von wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen ständig zu erhöhen', verstanden und realisiert werden.(16)
Da ist Parteilichkeit eben nicht einfach als ein in Hoffnung auf Wahrheit konstruiertes Prinzip zu verstehen, sondern eher als hoffnungsvolles Prinzip entsprechender Konstruktivität aufzufassen, - wobei in gesellschaftspolitischer Hinsicht der Kern entsprechender Hoffnung darin besteht, dass sich unter humanen Gesellschaftsverhältnissen die Möglichkeit eröffnet, Parteiungen jeweils humanistisch-entwicklungsfördernd zu gestalten, und der freiheitssinnig- humanistische Charakter einer derartige Möglichkeiten eröffnenden "Assoziation" letztlich durch entsprechend zu gestaltende Parteiungen bedingt ist.
Eine freilich utopische, aber eben spezifisch kommunistisch-real-utopische Vorstellung von Gesellschaftsmöglichkeit, die philosophiegeschichtlich zum ersten Mal im "Manifest der Kommunistischen Partei" von Engels und Marx dargelegt wurde und auch bei allem gegenwärtigen Sieghaftigkeitsgebaren antikommunistischen Philosophierens, letztlich aus der Menschheitsgeschichte nicht einfach wieder 'weggedacht' werden kann.(17)
Die Problematik der Parteilichkeit steht seither im ideologischen Spannungsfeld um diese kommunistisch entworfene Gesellschaftsperspektive, innerhalb dessen sie sowohl philosophisch weiterführend bedacht als auch in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen weiter entwickelt werden kann.

*
Anmerkungen/Quellen:
(01)
Siehe dazu auch die beiden hier vorliegenden Beiträge:
"Noch einmal zum 'Archaeopteryx der Audioorganologie'"; und
"Zur Problematik einer 'systematisch-systemisch' konzipierten Exposition von Musikinstrumenten"; sowie in: www.bhje.de
"Vortrag zur Eröffnung der Musikinstrumentenausstellung an der Hochschule für Musik Saar"; aber auch die Kopie eines Forschungsantrages an die DFG in:
"Kommentierte Anhänge zu 'DDR-Philosophie' oder 'Philosophieren in der DDR?'"; ebenfalls in: www.bhje.de
(02)
Hinsichtlich der von mir hier angemerkten Möglichkeit, vielleicht auch bestimmte 'Identitäten' bzw. entsprechende 'Identitäts-Phänomene' bedenken zu können, scheint mir gerade die nun von H.- C. Rau zu seinen "DDR-Philosophie"-Betrachtungen so deutlich polit-ideologisch prononcierte Sprache ein bedenkenswertes Beispiel zu sein: Die überaus demonstrative Nutzung eines entsprechend polit-ideologisch bereits andersseitig vorgegebenen Wort- und Floskeln-Repertoires…
Die von mir dazu angemerkte 'Identitäten-Möglichkeit' bezieht sich dabei sowohl auf entsprechend übliche Sprach-Kulturlosigkeiten aus DDR-Zeiten als eben auch auf entsprechend sprechende Personen.
Ich würde eine diesbezüglich sprachorientiert-sprachsensible Analyse des Wirkens von DDR-Philosophen während und nach 'DDR-Zeiten' für möglicherweise aufschlussreich halten; - gerade auch im Zusammenhang mit der von mir doch immer wieder kritisch angemerkten Vernachlässigung (oder auch deutlichen Missachtung) philosophischer Begriffskultur, welche mir persönlich ja vornehmlich in Bezug auf 'Parteilichkeit', 'Biologismus', 'Biologisches & Soziales' etc. immer wieder begegnet ist.
(03)
Siehe dazu beispielsweise die nachfolgend genannten Arbeiten von mir:
"Parteilichkeit - Zur Entwicklung des Wortgebrauchs und des Prinzips"; in: DZfPh 31 (1983) 1
"A. Wernecke: Biologismus und ideologischer Klassenkampf", in: DZfPh 25 (1977) 2
"Biologi1smus und Antibiologismus in der Soziobiologie?"; in: Vom Gen zum Verhalten, hrsg. von E. Geißler; H. Hörz, Berlin: Akademie-Verlag, 1988;
sowie
"Kommentierte Anhänge zu 'DDR-Philosophie' oder 'Philosophieren in der DDR'?" und weitere Arbeiten zur "Vergleichsanalytischen Organologie" in: www.bhje.de
(04)
H. Ley, der (wie mir verschiedentlich zugetragen wurde) zu der von mir damals ja vorwiegend innerhalb seines Fachbereiches an der Humboldt-Universität diskutierten Parteilichkeitsproblematik hinter meinem Rücken verlauten ließ, dass meine Ansichten "bedenklicher als aller bisheriger Revisionismus" seien und es sich dabei auch um eine "ganz neue Form revisionistischen Denkens" handeln würde, ging später auch zu öffentlicheren Angriffen über.
So zum Beispiel in einem Vortrag, den er im voll besetzten Tagungsraum der Biophysikalischen Gesellschaft im Magnus-Haus Am Kupfergraben in Berlin hielt, wo er zunächst lobend und ausführlich über die soziobiologischen Arbeiten von E. O. Wilson sprach, sich dann aber eingehender zu den neuesten Absichten von Paul Feyerabend äußerte, welcher nun vorhabe, an Schweizer Universitäten einen Lehr- und Forschungsbereich zu mittelalterlichem Hexenwissen einzuführen. Nachdem er dies ausführlicher kommentiert und dann als ein "Fall von Bewusstseinsspaltung" bezeichnet hatte, beendete er seinen Vortrag mit den Worten: "…und das scheint mir auch bei den Ansichten meines Kollegen Bernd Eichler zur Parteilichkeit der Fall zu sein".
Innerhalb des sich daraufhin chaotisch entwickelnden Diskussionsdurcheinanders war es ihm dann anscheinend peinlich, dass ich mich doch unter den Zuhörern befand und - nachdem dann auch fragende Blicke auf mich gerichtet wurden - auch das Wort ergriff. Ich erklärte allerdings nur, dass ich es für unwürdig halten muss, eine ernsthafte Wissenschaftsproblematik in dieser Weise aufzuwerfen, zumal der Vortragende selbst doch wohl mitwirkend-mitbeteiligt daran ist, dass mein dazu nun schon längere Zeit bei der DZfPh eingereichter Beitrag immer noch nicht veröffentlicht wurde.
Bereits zur Verteidigung meiner Dissertation hatte H. Ley sich durchaus gleichsinnig verhalten. Er verkündete bereits zuvor, dass er dazu "die schlechteste Beurteilung die er je verfasst habe" vorlegen werde, erschien dann aber nicht selbst, sondern ließ sein Gutachten von einer Sektions-Mitarbeiterin verlesen, welche mit der anstehenden Problematik weder vertraut noch jemals fachlich eingehender befasst war. Mir wurde dazu erklärt, dass es prinzipiell nicht möglich und eben auch überhaupt "nicht üblich" sei, ein solches Gutachten dann auch in seiner schriftlichen Form nachlesen zu können; - solche Gutachten würden grundsätzlich nur einmal verlesen…
Es gelang mir dann aber doch, dieses Schriftstück kurzzeitig zu erhalten (bzw. 'an mich zu bringen') so dass ich es über Nacht abschreiben konnte, um diese Abschrift dann umgehend, quasi als 'nachträgliche Fußnote zur Parteilichkeitsproblematik', in das Dissertations-Belegexemplar, welches obligatorisch in der Universitätsbibliothek zu archivieren ist, einzukleben.
Dabei kann die überaus missglückte und letztlich nahezu schändlich geratene Formgestalt meines dortigen Dissertations-Exemplares als Beleg für die damalig verschärft-zugespitzte Situation, in die ich geraten, und darin auch zu Hektik und Übereilung getrieben war, gelten, wobei der Inhalt des dann dort eingeklebten Gutachtens, meiner Meinung nach als Beleg für die Art von intellektueller Unredlichkeit gelten kann, durch die ich mich damals zu entsprechend hektischer Verunsicherung, aber eben auch zu dieser 'Einklebung', treiben ließ.
Damals ging ich davon aus, dass die Einklebung dieses aus meiner Sicht inhaltlich-schändlichen Gutachtens in mein zweifellos form-schändliches Dissertationsexemplar in dieser Bibliothek wohl kaum in nächster Zeit auffallen werde, aber vielleicht in viel späteren Zeiten doch zur Kenntnis zu nehmen sein wird.
Heute kann ich - auch angesichts gegenwärtig zelebrierter "DDR-Philosophie"-Bewertungen - nicht mehr sicher sein, was dort wohl an Belegen zur Wirklichkeit des philosophischen Geschehens in der DDR weiterhin archiviert und erhalten bleiben wird. So ergibt sich dabei für mich die Frage, ob es diesen Papieren gelingen wird, in dieser Bibliothek die Zeiten vielleicht in gleicher Weise zu überdauern, wie beispielsweise die Werke von C. O. Whitman, welche ich damals dort in völlig verstaubter und offenbar bislang ungelesener Form aufstöbern konnte…
Was nun meine damalige Anmerkung im Magnushaus am Kupfergraben anbelangt (also unmittelbar neben dem historischen Gebäude, in welchem G. F. Hegel - auf den ich mich ja auch in all meinen Parteilichkeitsdiskussionen immer wieder berief - dereinst wohnte), so hatte ich bereits damals keinerlei Hoffnung mehr, dass mein bei der DZfPh liegender Parteilichkeitsbeitrag jemals erscheinen würde.
Die Veröffentlichung dieser Arbeit ergab sich dann aber viele Jahre später doch, wobei es sich aus meiner Sicht dabei letztlich um eine bemerkenswert-besondere Zufallsentwicklung handelt, welche sich zudem in eine mir ebenfalls bemerkenswert erscheinende Reihe von weiteren diesbezüglichen Besonderheiten einreiht. Besonderheiten, welche ich wiederum gerne als spezifische, aber vielleicht eben auch aufschlussreiche
'Parteilichkeitsverzwicktheitsentwicklungen' (siehe auch dazu meine Darlegungen in "Noch einmal zum 'Archaeopteryx…") auffassen möchte.
Eine besondere Verzwicktheit besteht dabei auch darin, dass wiederum H.- C. Rauh, der sich bezüglich der von mir kritisch gesehenen "DDR-Philosophie"- Betrachtungen ja nun in besonders hervortretender Weise profiliert, dabei eine besondere Rolle spielt.
Da er in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre, also während meines Studiums an der Humboldt-Universität, zu den mich philosophisch ausbildenden Lehrkräften gehörte, kenne ich ihn seit dieser Zeit und habe zu ihm insbesondere die Erinnerung, dass er immer wieder auf bestimmte Arbeiten von Georg Lukàcs hinwies, und zuweilen gerade mir - was bei anderen Lehrkräften keineswegs so deutlich der Fall war - Gelegenheit gab, meine Meinung zu bestimmten philosophischen Problemkonstellationen sehr ausführlich darzulegen, und dann auch die von mir dazu entsprechend weiter forcierte Diskussion nicht abbrach oder 'eingreifend umlenkte'. Ich denke, dass ihm auch da schon mein Interesse an der Parteilichkeitsproblematik begegnet sein könnte, denn darüber diskutierte ich ja bereits damals immer wieder.
In Vorbereitung auf die Erfüllung meines Studienwunsches hatte, ich insbesondere während meiner Dienstzeit als Soldat der NVA, eine Menge philosophischer Literatur gelesen, wobei mich schon damals die von mir auch später immer wieder zitierte Parteilichkeits-Argumentation von Lenin beschäftigt hatte. Da ich dann als Student sowohl bei meinen Studienkollegen als auch bei ausgebildeten Philosophen dazu immer wieder auf mir in höchstem Maße als trivialisierend und problemnegierend erscheinende Auffassungen traf, konnte ich es auch nicht lassen, darüber weiter zu diskutieren und nachzudenken.
Eine andere, mir allerdings erst während dieses Studiums deutlich werdende Problematik ergab sich aus der für mich zunächst verblüffenden Erfahrung, dass ich zu meiner wiederholt gestellten Frage, ob es denn tatsächlich bislang keinen Philosophen gegeben habe, der erkenntnistheoretisch nicht nur über unseren optischen, sondern auch unseren akustischen Sinn nachgedacht hat, uns also erkenntnistheoretisch nicht nur als 'Augenwesen', sondern eben auch als unvermeidlich musikalische 'Ohrenwesen' bedenken wollte, nicht nur nie genau beantwortet wurde, sondern offensichtlich auch nicht als philosophisches Problem wahrgenommen wurde. In diesem Zusammenhang wehrte ich mich dann auch stets gegen die immer wieder vertretene Ansicht, dass 'sich rationales Denken nur in Sprach- bzw. Zeichen-Form verwirklicht', und verwies dazu auf musikantisch-musikalisches Denken, welches weder auf eine Sprachform noch etwa auf Noten-Zeichen etc. angewiesen ist.
Von daher ergab sich auch damals schon meine freche Formulierung zur offenbar 'notorischen Bild- und Abbild-Borniertheit aller bisherigen Philosophie', welche ich seither auch immer wieder benutzt habe.
Hinsichtlich "Biologischem und Sozialem" neigte ich als philosophisch interessierter Sohn eines Biologie-Professors natürlich auch damals schon in unvermeidlicher Weise zu der dann auch später von mir immer wieder dargelegten kritischen Auffassung - aber mein philosophisches Hauptinteresse ging damals doch in eine ganz andere, eher deutlich politisch geprägte Richtung: Ich wollte natürlich marxistische Philosophie, aber eben von daher dann auch das Wesen antikommunistischen und reaktionären Denkens bzw. die grundsätzliche Denkungsart meiner politischen Feinde besser verstehen.
Insofern konnte ich wohl auch die nun von H.-C. Rauh als "zunehmend immer sinnloser und unerträglicher" bezeichnete damalige "Politisierung des Ostberliner Philosophiestudiums", in welche ich ja wohl hineingeraten war, eher in ganz anderer Weise empfinden und habe mich wohl auch hinsichtlich anderer von ihm nun als philosophiegeschichtlich bedeutungsvoll hervorgehobener Tendenzen, Ereignissen und Persönlichkeiten eher als 'philosophische Schlafmütze' verhalten. Denn gemäß meiner wohl kaum zu verhehlenden politisch-revolutionären Gesinntheit, hatte ich letztlich eben doch irgendwie ganz andere Problemsichten. Meine aus Süddeutschland stammenden Eltern hatten mich als Kind in den Osten Deutschlands mitgebracht, wo ich in der mir dort vermittelten Erkenntnis aufwuchs, dass genau hier, vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands, eine wirkliche soziale Revolution stattgefunden hatte.
Eine Revolution, die zu verteidigen und weiterzuführen war.
Bevor ich also jetzt näher auf die auch H.- C. Rauh betreffenden 'Verzwickungsbesonderheiten' eingehe, möchte ich (um somit dann umso deutlicher werden zu können) zunächst auf die eben auch mich betreffende Darstellung H.- C. Rauh's eingehen und kann dazu Folgendes sagen:
Der damalige 'Seidel-Artikel zur II. Praxisdiskussion' hat eine unübersehbare Rolle in unserer Ausbildung gespielt - für mich (aber offenbar nicht so für andere) natürlich vor allem im Zusammenhang mit meinem 'Parteilichkeitsdenken'. Ebenso der 'Entfremdungs-Artikel' von W. Heise und sein 'Illusions-Buch', welche ich damals alle (in lehrkörperseits empfohlenerweise) intensiv las. Von W. Heise war damals immer wieder als "Philosoph von ungeheurer Denkkraft" die Rede, der dann dieses Ansehen auch unter manchen meiner Studienkollegen genoss, wie ganz ähnlich auch Peter Ruben damals unter manchen Studenten bereits mit einem ähnlichen Nimbus umgeben war, so dass auch ich - entsprechend beeindruckt vom Enthusiasmus einiger meiner Studienkollegen - dann jeweils deren Spezial-Seminare einige Zeit lang besuchte. Wenn ich mich heute - etwa gemäß der nunmehrigen Einschätzung von H.-C. Rauh - nach Beispielen von 'unerträglicher Politisierung' meines damaligen Studiums zu fragen hätte, so wäre unweigerlich das entsprechende Eifern von P. Ruben an vorderer Stelle zu nennen, welches mir persönlich schon damals nach kurzer Zeit unbehaglich war.
Die Teilnahme an Heises Lehrveranstaltungen gab ich später ebenfalls auf, da es mir innerhalb der dortigen Fülle akademischer Belehrungen nie gelang, Antworten zu meinen Fragen und Problemsichten zu erhalten oder zu finden. Vielleicht nicht nur Schlafmützigkeit, sondern sicherlich auch ein gut Teil Ignoranz, da ich damals dann ja auch dazu neigte, Witze über 'Denkathleten' zu machen und so möglicherweise auch viel verpasst habe…
Eine deutliche Rolle in meiner Ausbildung haben auch die damaligen Diskussionen um die Subjekt-Objekt-Dialektik gespielt. Alle diese Auseinandersetzungen (auch die um das 1967 erschienene 'Neue Lehrbuch') haben mich damals immer wieder dazu bewegt, mich dem mir alsbald verwirrend erscheinenden Diskussions-Wust dann lieber durch intensiveres Studium bestimmter Originaltexte zu entziehen, womit ich freilich auch immer wieder in eine besondere 'Polit-Verzwicktheit' geriet, welche sicherlich wieder nur mit Sicht auf die entsprechende Politisierung meines damaligen Philosophiestudiums zu verstehen ist: Da ich mich natürlich politisch engagierte und als Student dann auch immer wieder in verschiedene Parteifunktionen gewählt wurde, befand ich mich ständig in einem Zeitaufwand-Konflikt zwischen politischer Arbeit und philosophischem Studium. Ein Konflikt, der mir, zumal in Erinnerung an meine Soldatenzeit in der Funktion eines Polit-Offiziers, nun als ganz besondere 'Vergleichsverzwicktheit' begegnete: Damals ergab sich für mich als militärisch verantwortlichem 'Polit-Arbeiter' oftmals mehr 'freie Zeit' für das Lesen philosophischer Literatur als dann während meines Studiums, wo sich eher ergab, dass politische Arbeit nun meine Freizeit verschlang und so auch deren Nutzung im Sinne meines Studiums immer wieder gefährdet war.
Dass ich innerhalb derartiger Polit-Angespanntheiten damals auch kaum motiviert war, mich etwa intensiver mit den damals zuweilen heimlich kursierenden Kopien von 'Havemann-Vorlesungen' etc. näher zu befassen, lässt sich wohl auch in diesem Zusammenhang erklären, wie ich mich auch (nicht in gleichem Sinne aber doch ebenso) gegenüber den damals in der Diskussion befindlichen Erkenntnistheorie-Vorlesungen von D. Wittich eher 'zeitsparend' verhielt und auch dazu stets meine Formulierung über die 'Abbild-Borniertheit aller Erkenntnistheorien' zur Hand hatte. Was die Kybernetik-Initiative von Georg Klaus betrifft, so wurden während meines Studiums dazu ein Semester lang spezielle Vorlesungen gehalten, wobei ich mich auch dabei wieder motiviert sah, nun die Arbeiten von Norbert Wiener eingehender zu lesen, und mich dabei dann vor allem beeindruckte, in welch akribischer Weise sich dieser Mathematiker mit Musikinstrumenten auseinander setzte, was mir später wiederum in Hinsicht auf die oftmals eher oberflächliche Beanspruchung der Kybernetik innerhalb der Musikwissenschaften in der DDR zu denken gab.
Was nun die bei H.-C. Rauh zu vermerkende Unterstreichung der Bedeutung des 1959 eingerichteten Lehrstuhls für "Philosophische Probleme der Naturwissenschaften"
betrifft, so kann dem wohl zugestimmt werden, - wobei jedoch die Frage bleibt, ob dem lediglich im Sinne der Aufzählung von bemerkenswerten Beispielen bzw. etwaig zäsurbildender Ereignisse oder eher im Sinne der Nennung von spezifischen Errungenschaften des Philosophierens in der DDR zuzustimmen ist.
Ich würde natürlich auf einer entsprechend sachlichen Wertung bestehen wollen, zu der ich, aus meinen Erfahrungen als Aspirant im 'Ley-Bereich' an der Humboldt-Universität und meinen späteren Erfahrungen als promovierter Wissenschaftler im nachfolgenden 'Hörz-Bereich' "Philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung" im ZIfPh an der AdW, auch auf deutliche wissenschaftliche Niveauunterschiede hinweisen kann. Innerhalb der Betrachtungen von H.-C. Rauh ist diese auf dem Boden der DDR erfolgte philosophische Errungenschaft jedoch eher als eine der 'quasi-exotischen' Besonderheiten innerhalb eines im Himmel der Philosophie ohnehin wertlosen und schon zu DDR-Zeiten als nichtüberlebensfähig-selbstabgewickelten 'Philosophiegebildes' zu verstehen, womit dann wohl auch die eher irdischen Entscheidungen gegenrevolutionär-sieghaft-abwickelnder Wissenschaftspolitik aus dem Blickfeld eingehenderen philosophischen Bedenkens gerückt werden.
Allein insofern schon sind mir seine Darstellungen natürlich durchgehend fragwürdig.
Es ergeben sich für mich aber auch Fragen zu seinem Verhalten innerhalb der von mir bereits als 'Parteilichkeitsverzwicktheitsentwicklungen' umschriebenen Besonderheiten, denn dass mein Parteilichkeitsbeitrag dann 1983 doch gedruckt erschienen ist, habe ich doch wohl - so meine bisherige Sicht - vornehmlich seiner damaligen Initiative als Chefredakteur der DZfPh zu verdanken.
Dabei handelt es sich (so ebenfalls meine Sicht) zudem um einen Vorgang, welcher letztlich dann doch nur um 'Zufallshaaresbreite' zustande gekommen ist: Seine Entscheidung zur Veröffentlichung erfolgte in seiner Zeit als Chefredakteur und wirkte sich dann wohl auch noch organisatorisch auf die gerade noch unter seiner Chef-Redaktion vorzubereitende Ausgabe 1/83 aus, welche erschien, als er dann bereits nicht mehr Mitglied dieser Redaktion war…
Jedenfalls erhielt ich damals (also vor 1983) einen mich völlig überraschenden Telephonanruf, in welchem er mir mitteilte, dass er nun mein offenbar schon seit Jahren in der Redaktion vorliegendes Manuskript aufgefunden habe, mir jetzt mitteilen wolle, dass dieser Text nun auch gedruckt werde, und dabei betonte, dass eine derartige Verzögerung nun unter seiner Chef-Redaktion nicht mehr vorkommen werde…
Meine entsprechend positiv-erfreuliche Erinnerung dazu ist freilich auch durch besondere damalige 'Begleiterscheinungen' überschattet, auf die ich noch eingehen möchte.
Zunächst muss ich aber betonen, dass diese Veröffentlichung damals von hoher Bedeutung für mich war. Meine ohnehin nie aufgegebenen Diskussionsbemühungen konnten sich jetzt unter ganz anderen Bedingungen entfalten. Nach dieser Veröffentlichung in der DZfPh erhielt ich Einladungen zu Vorträgen und Diskussionen von unterschiedlichster Seite, die nun weit über das hinausgingen, was mir bislang ohnehin an philosophischen Aktivitäten in den verschiedensten Wissenschaftseinrichtungen 'auferlegt' bzw. entsprechend möglich war.
Nun sowohl Einladungen seitens weiterer offizieller Wissenschaftseinrichtungen als auch seitens (da vielleicht zuweilen auch eher als 'Privat-Einladungen' zu interpretieren) verschiedener Interessentenkreise, die zumeist meiner Partei, oder allgemeinerer Kulturarbeit, aber zuweilen auch der Kirche, zugeneigt waren. Und immer konnte ich dabei nun auch eingehender auf meine entsprechende Publikation, und als Philosoph natürlich auf die Erforderlichkeit detaillierterer Textinterpretationen, verweisen. Gerade innerhalb derartiger Diskussionen entfaltete sich dann auch die von mir später immer deutlicher vertretene Konzeption zur Notwendigkeit der Entwicklung einer 'Kultur sozialistischer Pluralität', welche in meinem doch bereits vor längerer Zeit entstandenem Text zwar bereits angelegt, aber damals keineswegs schon entsprechend deutlich ausgesprochen war.
Dieses 'Angelegt-Sein' kann nun auch im Heft 1/83 'überprüft' oder eben einfach nachgelesen werden, - womit ich auch auf die von mir soeben als 'überschattend' angemerkten DZfPh-Begleiterscheinungen zur damaligen Veröffentlichung zu sprechen kommen möchte.
Bereits vor der Veröffentlichung in Heft 1/83 ergab sich ein für mich schwerwiegender Konflikt in Bezug auf eine von mir für die DZfPh verfasste Rezension zu einer in der DDR erschienenen Wissenschaftspublikation sowjetischer Autoren. Mit der dort nahegelegten Vorstellung, dass sich der 'Sieg des Marxismus' auch in Glaubensform vollziehe, hatte ich mich natürlich ausführlich-kritisch befasst. Daraufhin erreichte mich ein von H.- C. Rauh unterschriebenes Redaktionsschreiben, aus welchem deutlich wurde, dass eine solche Kritik an sowjetischen Autoren in der DZfPh nicht veröffentlicht werden könne. Damals wollte ich zunächst meine ganze Rezension zurückziehen, war dann aber doch gehalten, mich zu beugen, auf meine ausführliche Kritik zu verzichten und wohl doch besser die Chance wahrzunehmen, zumindest wieder einmal eine 'doch geglückte' Publikation (siehe dazu:
"Wissenschaft und Sittlichkeit"; Berlin/Moskau 1976, DZfPh 26 (1978)8) zustande zu bringen, innerhalb derer ich ja auch die Gelegenheit wahrnehmen konnte, mich zu meinem Vorzugsthema 'Parteilichkeit' zu äußern.
Allerdings eben in entsprechend amputierter Form.
Was nun die damalige Positionierung von H.-C. Rauh betrifft, so könnte diese vielleicht noch im Sinne seiner inzwischen verkündeten Haltung, nach der selbst der Chefredakteur der DZfPh "niemals…irgendeine persönliche Gestaltungsmöglichkeit oder Eigenverantwortlichkeit besaß", interpretiert werden. Etwa mit der Hilfsvorstellung, dass Kritik an sowjetischen Autoren wohl höhererseits prinzipiell untersagt war - da hatte man eben keine Gestaltungsmöglichkeit und wohl auch keine Eigenverantwortlichkeit mehr, wenn man sich selbst entsprechend unterordnete bzw. dann auch weitergehend unterordnend verhielt.
Genauer besehen, eigentlich eine Argumentation der Ungeheuerlichkeit, denn Leugnen oder Aufgeben eigener Verantwortlichkeit kann letztlich bis hin zum Faschismus führen…
Aber ich befinde mich ja noch nicht auf der Ebene einer solch grundsätzlichen 'Parteilichkeits-Argumentation', sondern möchte mich zunächst nur - vielleicht durchaus 'kleinkrämerisch' und hier vornehmlich auf mich bezogen - zu bestimmten 'überschattenden Begleiterscheinungen' der für mich letztlich doch erfreulichen Veröffentlichung in der DZfPh 1/83 äußern, welche ich - so immer noch meine Sicht - eben doch H.- C. Rauh's Initiative zu verdanken habe.
Dazu wäre es - angesichts seiner nunmehrigen Selbstdarstellung - aber weitaus schwieriger, sich nun entsprechende 'Hilfsvorstellungen' auszudenken.
Erfolgte diese Veröffentlichung etwa doch auf höhere Anordnung und ohne sein eigenverantwortliches Zutun? Das wäre vielleicht denkbar im Sinne seiner heutigen "DDR-Philosophie"- Darstellungen, aber doch eher unvorstellbar angesichts damaliger Realitäten. Zu diesen Realitäten gehört dann auch seine Haltung zu meiner damaligen Bitte, diesen Beitrag nun zu überarbeiten, wobei ich mich auch zu den Parteilichkeits-Auffassungen von J. Kuczynski deutlich kritisch äußern wollte. Immerhin handelte es sich bei meinem der DZfPh vorliegenden Text doch um Formulierungen, die in der ersten Hälfte der siebziger Jahre, also damals vor gut einem Jahrzehnt, entstanden waren. Er forderte mich auf, keinesfalls J. Kuczynski zu kritisieren, was mich wiederum veranlasste, dann doch lieber bei der entsprechend unveränderten Text-Version zu bleiben, - welche in diesem Sinne dann auch als 'Zeitdokument' des von mir damals (also zehn Jahre zuvor) erstmalig so formulierten Parteilichkeitsdenkens gelten kann.
Damit muss ich aber sofort auf eine weitere 'Überschattung' zu dieser Veröffentlichung zu sprechen kommen.
Es wurden auch da wieder - wie bei vielen anderen zu DDR-Zeiten erfolgten Veröffentlichungen meiner Texte (gerade auch in der DZfPh !) - unsinnige, aussagenverändernde Eingriffe vorgenommen, welche dann ohne meine Kenntnis oder Zustimmung zur Veröffentlichung gelangten.
Vielleicht könnte man dazu bedenken, dass einem Chefredakteur da, wenn ihm vielleicht entsprechend unqualifiziert-unverantwortliche Text-Bearbeitungs-Mitarbeiter zugeordnet wurden, auch kein Vorwurf gemacht werden sollte; - aber ich denke doch, dass die Verpflichtung, jede Veröffentlichung textgenau mit dem jeweiligen Autor abzusprechen, seinem "Eigenverantwortungsbereich" zugerechnet werden sollte. Auch, oder eben gerade, unter den diesbezüglich oftmals deutlich verkommenen Verhältnissen in der DDR. Im hier von mir bedachten Falle scheinbar nur Text-Kleinigkeiten (so auf Seite 72 "philosophischen" statt "philologischen" und auf Seite 78 "Soldaten" statt "Soldat"), die mich als Autor für den Leser allerdings als unklar oder eben auch als blöd und liederlich erscheinen lassen.
Mit dem Wortetausch "philosophisch" statt "philologisch" gerät mein entsprechender Text geradezu ins Sinnlose, und da wohl nur Engels, und eben nicht auch noch Marx, militärisch aktiver Soldat war, möchte ich in meiner diesbezüglichen Formulierung auch auf dem Singular beharren. Das wirkliche Problem besteht aber nicht nur in Hinsicht auf sinnentstellende Text-Umwandlungen innerhalb von Veröffentlichungen, sondern in verantwortungslosem Missachtungsverhalten gegenüber Autoren vor der Veröffentlichung ihrer Texte, und da ich mich hier ja immer noch zu den spezifischen 'Parteilichkeitsverzwicktheiten' im Zusammenhang mit H.-C. Rauh äußere, muss ich auch dies in die Waagschale des nachfragenden Bedenkens zur Relevanz seiner "Eigenverantwortlichkeits- und Gestaltungsmöglichkeiten-Formulierung" werfen.
Die diesbezüglichen 'Verzwicktheitsentwicklungen' führen aber noch weiter.
Die damalige Veröffentlichung in der DZfPh 1/83 kann wohl auch als eine 'Mitbedingung' dafür angesehen werden, dass ich dann Jahre später auch mit der Abfassung des Stichwortes "Parteilichkeit" für die Neuauflage von "Philosophie und Naturwissenschaften - Wörterbuch zu den philosophischen Fragen der Naturwissenschaften" betraut wurde. Mein dann dafür ausgearbeiteter Text wurde nun weder kritisiert noch irgendwie korrigiert oder einer 'Überarbeitungsdiskussion' oder Ähnlichem unterworfen, sondern von dem bearbeitend zuständigen Mitherausgeber ausdrücklich zustimmend gelobt und vollständig akzeptiert. Diese nunmehr deutlich veränderte Situation kann dabei auch in besonderer, und quasi 'doppelter', Weise bedacht werden. Zunächst kann man bedenken, dass H.-C. Rauh bei der doch wohl auf seine Initiative als neu eingesetzter DZfPh-Chefredakteur hin zustande gekommenen Veröffentlichung meines Beitrages vielleicht auch im Sinn haben konnte, damit nun bewusst neue Akzente zu setzen, denn sein Vorgänger in dieser Position, Frank Rupprecht, hatte doch eine durchaus andere Sicht auf die Parteilichkeitsproblematik als ich. Natürlich könnte H.-C. Rauh ein derartiges Ansinnen inzwischen nur schwerlich zugeben, denn seine nunmehrige Selbstinterpretation schließt 'eigenverantwortliches Gestalten' ja aus. Ich halte eine damals entsprechend gezielte Vorgehensweise von ihm auch nicht unbedingt für wahrscheinlich, aber offensichtlich scheint mir doch, dass wir es auch dabei mit einem bestimmten Entwicklungsschritt innerhalb des Philosophiegeschehens in der DDR zu tun haben. Eine Entwicklung, an der doch auch er - in welcher Weise und mit welcher Gesinnung auch jeweils - Teil hatte. Und diese Entwicklung setzt sich dann mit dem Vorhaben einer überarbeiteten Neuauflage des Wörterbuches "Philosophie und Naturwissenschaften" in noch deutlicherer Weise fort. Die vorhergehende Auflage von 1983 enthielt noch den durchaus anders angelegten Parteilichkeits-Beitrag von Frank Rupprecht.
Mit diesem Bewusstsein einer nun durchaus veränderten Situation und der dabei alsbald zu erwartenden Neuauflage dieses Wörterbuches nahm ich dann auch 1989 am 7. Philosophie-Kongress der DDR teil und diskutierte dazu in diesem Sinne. Insbesondere auch innerhalb eines Arbeitskreises, der im Gebäude der SED-Bezirksleitung tagte, wo dann auch H.- C. Rauh die offizielle Diskussionsleitung innehatte. Als es in einer dieser Diskussionen um einen vorliegenden Resolutionsentwurf im Sinne der Weiterentwicklung sozialistischer Demokratie in der DDR ging, setzte ich mich dafür ein, dabei auch die 'Notwendigkeit der Entwicklung einer Kultur sozialistischer Pluralität auf der Grundlage des Prinzips marxistisch-leninistischer Parteilichkeit' in den Text aufzunehmen und begründete dies mit meiner entsprechenden Parteilichkeitsauffassung. Ich konnte damals sicher sein, hier keineswegs 'ins Leere' zu reden, denn unter den Anwesenden dieses Arbeitskreises konnte ich eine ganze Reihe mir bekannter Gesichter erkennen, zu denen ich davon ausgehen konnte, dass da auch meine entsprechende Auffassung aus vorherigen Diskussionen bereits bekannt war. In diesem Sinne wandte ich mich dann auch direkt an den Diskussionsleiter, dem ja meine entsprechende Publikation aus dem Jahre 83 noch in Erinnerung sein musste, und hoffte natürlich auf Unterstützung.
Es geschah aber etwas ganz anderes:
Unter seiner Leitung wurde unmittelbar danach beschlossen, die Diskussion um eine solche Resolution in diesem Arbeitskreis nicht weiterzuführen…
Als ich ihn nach dieser Veranstaltung fragte, warum er mich da hinsichtlich 'sozialistischer Pluralität' nicht unterstützt habe, erhielt ich eine mich völlig überraschende Antwort:
Eine solche Diskussion habe er doch 'in diesem Hause' nicht wagen können…
Verglichen mit dem, was (gerade auch während dieses Kongresses und zumal auch unter meinen Kollegen im ZIfPh) damals bereits an Kritik (aber eben auch schon an Verleugnung und Verleumdung) zur DDR als selbstverständlich und alltäglich galt, eine damals zwar völlig unbegründete, bei H.- C. Rauh aber vielleicht bereits fest eingewöhnte Haltung.
Verglichen mit der von ihm inzwischen publizierten Position zur DDR-Entwicklung, hätte er als Diskussionsleiter in dieser Diskussion aber auch sagen können, dass es sich bei meinen Auffassungen zu 'marxistisch-leninistischer Parteilichkeit und sozialistischer Pluralität' doch um eine politisch illusionäre Vorstellung handele. Damit hätte er damals sowohl bei bestimmten Befürwortern als auch bei Nichtbefürwortern der DDR zweifellos auf Zustimmung treffen können; - und auf Widerspruch natürlich bei vielen von denen, die (wie etwa ich) weiterhin auf der Verteidigung und Weiterentwicklung des Sozialismus bestehen wollten.
Unter der Voraussetzung von Ehrlichkeit, Realitätssinn und entsprechender philosophischer Interessiertheit hätte sich also damals (auch unabhängig von eventuell zu beratenden Resolutionsentwürfen) eine entsprechend fruchtbare und spannende Philosophie-Kongress-Diskussion ergeben können - eine Parteiung ganz im Sinne meines Verständnisses zur Parteilichkeit.
Dazu meine ich allerdings, dass es H.- C. Rauh damals offenbar an derartigen Voraussetzungen mangelte, und dies wohl auch in Bezug auf die Position, die er heute bezieht, gilt.
Was nun mich dabei betrifft, so habe ich damals zu denen gehört, denen, angesichts der dann erfolgenden politischen Entwicklungen, freilich alsbald vorgehalten werden konnte, damals noch an Hoffnungen gehangen zu haben, die sich doch schon in kurzer Zeit als immer irrealer erwiesen.
Meine damalige und nunmehrige Position, von der her ich dies, oder auch entsprechende Beteiligung an zuvorigen Fehlentwicklungen, durchaus zugeben kann, besteht aber darin, die im marxistisch-leninistischen Prinzip der Parteilichkeit implizierte revolutionäre Gesinnung und entsprechende Hoffnungen auf humane Weltveränderung nicht aufzugeben; - uman auf Grund menschlichen Tuns und im Sinne menschlichen Seins.
Man kann nun all das, was ich hier bislang über mein eigenes und das dabei mich betreffende 'Parteilichkeits-Denken in der DDR' dargelegt habe (etwa von meiner ersten Begegnung mit leninschen Texten noch vor meinem Philosophiestudium, bis hin zum 7. Philosophie-Kongress 1989) irgendwie auch als eine Reihe von eigenartigen Zufälligkeiten interpretieren, welche freilich - trotz aller dabei anzumerkender Verzwicktheiten und Imponderabilien - in ihrer Gesamtheit einen dann keineswegs nur als zufällig zu interpretierenden Entwicklungsprozess innerhalb des philosophischen Geschehens in der DDR verdeutlichen. Eine Entwicklung, die zweifellos im Zusammenhang mit der besonderen ostdeutschen Revolution steht, deren staatlicher Repräsentant dann eben mehrere Jahrzehnte lang die DDR war.
Innerhalb der gegenrevolutionären Entwicklung, welche letztlich auch zum Untergang der DDR führte, begegnet uns dann aber eine 'Parteilichkeits-Besonderheit', welche nun wohl kaum als 'zufällig' verstanden werden kann.
Ich denke, dass es wohl einem damals als politisch opportun erscheinenden Verlangen zuzuschreiben ist, dass dann in der im Jahre 1991 im Dietz-Verlag erschienenen 3. Auflage des Wörterbuches "Philosophie und Naturwissenschaften" das Stichwort 'Parteilichkeit' nicht mehr enthalten ist.
Mir, als dem Autor der zuvor für diese Ausgabe vorgesehenen 'Parteilichkeits-Texte', wurde dazu mitgeteilt, dass meine Stichwörter (also auch "Objektivismus" und "Subjektivismus" etc.) angesichts der nunmehrigen politischen Lage nicht mehr angebracht seien und außerdem von einem auf Naturwissenschaften ausgerichteten Wörterbuch ohnehin nicht erwartet würden…
Also eine den vorherigen Gepflogenheiten in der DDR nun genau entgegengesetzte Position.
Ein Vorgang, der freilich keineswegs das künftige Ende philosophischen 'Parteilichkeits-Bedenkens' nahe legen kann, sondern (zumal im hier geschilderten Zusammenhang) eher die Notwendigkeit verdeutlicht, auch weiterhin die Natur von Wechselwirkungen und Zusammenhänglichkeiten politischer und wissenschaftlicher Entwicklungen philosophisch eben auch unter Berücksichtigung all dessen zu überdenken, was dazu an Denkentwicklungen zum "marxistisch-leninistischen Prinzip der Parteilichkeit" in der Geschichte der Philosophie aufzufinden ist.
Sowohl bei den Hintergründen zum Erscheinen meines damaligen Beitrages für die DZfPh als auch bei denen zum Nichterscheinen meines Beitrages in der späteren 'Wörterbuch-Auflage', handelt es sich vielleicht nicht nur um entsprechend 'verzwickte', sondern - zumal in Hinsicht auf das damalige und jetzige Verhalten des damals zuständigen DZfPh-Chef-Redakteurs - offensichtlich auch um irgendwie 'geheimnisvoll-verzwickte' Vorgänge.
Aber wohl auch um entsprechend konkrete Sachverhalte, - zu deren sachlicher Aufklärung er freilich nun, als damals 'unmittelbar involvierter Zeitzeuge', auch beitragen könnte.
Ich glaube aber nicht, dass er - als nunmehr politisch ganz andersartig involvierter Philosophiehistoriker - an solchen, seinen späteren Darstellungen doch widersprechenden Konkretheiten, besonders interessiert sein wird.
(05)
Siehe dazu auch Anmerkung Nr. 4.
Meine Vorstellungen zur Weiterarbeit an der Problematik der Parteilichkeit bezogen sich damals zunächst auf eine intensivere und umfassendere Auswertung älterer russischer und späterer sowjetischer Sprach-Wörterbücher sowie eine auch damit zu verbindende gründlichere Analyse des entsprechenden Begriffsgebrauchs in den Arbeiten Lenins und diesbezüglich fragwürdiger Übersetzungen ins Deutsche.
Ich dachte dabei auch an den vergleichsweise ganz anderen Blick auf Leninsche "Parteilichkeits-Texte", wie er sich ansonsten bei DDR-Autoren finden lässt (wobei ich später dazu dann auch das entsprechende 'Parteilichkeits-Stichwort' von Frank Rupprecht aus der 1983 erschienenen Auflage des Wörterbuches "Philosophie und Naturwissenschaften" im Sinn hatte). Außerdem dachte ich an eine genauere Auswertung deutscher Wortentwicklungen anhand deutschsprachiger, insbesondere auch westdeutscher Wörterbücher, welche mir während der Erarbeitung meiner Dissertation nicht ausreichend zur Verfügung standen.
Damals hatte ich mich auch noch nicht mit französischen, italienischen oder spanischen etc. Wörterbüchern befassen können. Es standen mir immer wieder vornehmlich entsprechend englisch-amerikanische Standardwerke zur Verfügung.
Zudem dachte ich an die Möglichkeit weitergreifender philosophiehistorischer Untersuchungen, wozu ich zunächst vor allem die Arbeiten von Fichte und Kant im Sinn hatte. Außerdem an die Möglichkeit, mich dieser Problematik vielleicht auch auf dem Wege entsprechend fallorientierter Forschungen zur Wissenschaftsgeschichte zu widmen, wobei ich freilich auch an entsprechend aufschlussreich-problematische Fallbeispiele aus Politik, Rechtswesen und Medienwirksamkeit etc. dachte, und hinsichtlich der deutschen Litaraturgeschichte auch eine erneute intensivere Betrachtung des diesbezüglichen Streites zwischen F. Freiligrath und G. Herwegh im Sinn hatte.
Unverzichtbar aber erschien mir damals eine gründliche Auseinandersetzung mit der Parteilichkeits-Auffassung von J. Kuczynski, welcher ich mich in weitergefasster Sicht im Zusammenhang mit einer (meiner Meinung nach ebenfalls kritisch anzulegenden) Aufarbeitung entsprechender bisheriger DDR-Literatur und damaliger neuerer sowjetischer Literatur zuwenden wollte…
Angenommen, mir würde dazu auch jetzt noch (also unter gegenwärtigen politischen Verhältnissen) ein entsprechend wissenschaftsbetrieblich adäquates Forschen innerhalb eines gesichert geregelten Arbeitsverhältnisses als Wissenschaftler ermöglicht, so würde ich die genannten Aspekte weiterhin für wichtig (wenn vielleicht nun auch jeweils etwas anders zu gewichten) halten, könnte diese aber jetzt durch meine entsprechenden späteren Erfahrungen aus DDR-Zeiten und späteren 'Nach-Wendeentwicklungen' erweitern.
Siehe dazu auch: "Kommentierte Anhänge zu 'DDR-Philosophie' oder 'Philosophieren in der DDR'?", in: www.bhje.de.
(06)
Siehe dazu wiederum die entsprechend eingehendere Darstellung in: "Noch einmal zum 'Archaeopteryx…"
(07)
So formulierte auch immer wieder J. Kuczynski, den ich dazu (im Zusammenhang mit Vorträgen, die er am ZIfPh hielt) zweimal in meinem Leben persönlich ansprechen konnte:
Das erste Mal nach meiner Promotion, als ich noch die Hoffnung hegte, zu dieser Problematik systematisch weiter zu arbeiten (siehe dazu auch Anmerkung Nr.5); - es gelang mir aber kein intensiveres Gespräch.
Das zweite Mal nach dem Erscheinen meines entsprechenden Beitrages in der DZfPh, auf den ich nun verweisen konnte, und mich dabei nun auch als ein langjähriger, unmittelbarer 'ZIfPh-Kollege' seines Neffen Peter Beurton vorstellen konnte. Mit diesem hatte ich freilich schon zuvor verschiedentlich versucht, über meine Ansichten zur Parteilichkeitsproblematik und auch zu den Meinungsverschiedenheiten, die ich dazu hinsichtlich der Texte seines Onkels hatte, zu sprechen, und machte mir damals dann auch Hoffnung auf ein mir dazu nun von J. Kuczynski in Aussicht gestelltes intensiveres Gespräch.
Ich gehe davon aus, dass P. Beurton und J. Kuczynski sicherlich auch über mich bzw. mein Anliegen gesprochen haben werden - konnte alsbald aber auch davon ausgehen, dass es wohl auch im Zusammenhang mit P. Beurtons sonstigem Verhalten mir gegenüber zu verstehen ist, dass ein derartiges Gespräch dann doch niemals stattfand…
(08)
Siehe dazu wiederum meinen Beitrag: "Noch einmal zum 'Archaeopteryx…", in welchem ich ebenfalls auf das damalige Verhalten von H. Ley als Leiter des Bereiches "Philosophie und Naturwissenschaften", aber auch von H.- C. Rauh, als dem damaligen Parteisekretär der "Sektion marxistisch-leninistische Philosophie" an der Humboldt-Universität, eingegangen bin.
(09)
So forderte beispielsweise K. F. Wessel in den Diskussionen zur Biologismus-Problematik während des "10. Kühlungsborner Kolloquiums 'Zu philosophischen und ethischen Problemen der Biowissenschaften'" vor dem dortigen Auditorium: "Wir sollten dieses Wort nicht mehr benutzen".
Dazu kann ich vergleichsweise auf meinen damals dort zu dieser Diskussion vor dem gleichen Auditorium gehaltenen Vortrag (siehe dazu wiederum Anmerkung Nr.3) verweisen.
Außerdem erschien mir die von DDR-Philosophen immer wieder vertretene Auffassung, dass das Wesen biologistischer Ideologie letztlich doch in der Reduktionismus-Problematik zu sehen sei, einseitig.
Die dogmatischste Erscheinungsform einer derartigen Auffassung begegnete mir verschiedentlich in Auseinandersetzungen mit Peter Beurton innerhalb unserer "AG Biologie", wo er immer wieder argumentierte, dass der Kern und das Wesen des Biologismus doch in der Ansicht bestünde, "dass das Ganze, eben nicht mehr als seine Teile sei…".
So betrachtet, konnte oder musste biologistische Ideologie auch immer wieder als ein Produkt philosophisch verfehlten Denkens von Biologen verstanden oder interpretiert werden. Ein Verständnis, welches innerhalb der Biologismusauseinandersetzungen, wie sie sich in der DDR-Literatur finden, ja auch tatsächlich immer wieder anzutreffen war.
Demgegenüber versuchte ich in meinen entsprechenden Arbeiten und diesbezüglich kritischen Auseinandersetzungen eine ganz andere Auffassung zu verdeutlichen, welche dort nachzulesen ist (siehe dazu z.B. wieder die Anmerkung Nr.3), und ich mir hier dazu nur die Bemerkung erlaube, dass man in entsprechend dogmatisch einseitiger Betrachtung letztlich auch alle sonstigen Erscheinungsformen antikommunistischen und unhumanistischen Denkens irgendwie 'ihrem Wesen nach auf die philosophische Problematik reduktionistischen Denkens' reduzieren kann.
Ich muss aber auch wieder anmerken, das entsprechend philosophisch 'reduzierte'
Biologismusauffassungen in der DDR wohl auch im Zusammenhang mit dem diesbezüglich eben zur Konfusion führenden 'Begriffsreduktionismus', der sich im Zusammenhang mit der vorgeblichen "Dialektik von Biologischem und Sozialem" ergab, gesehen werden sollten.
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Mit der in diesen Zeilen untergebrachten Wortspielerei in Form von "zunächst" und "zunächster" möchte ich auch dazu wiederum ein gründlicheres Nachdenken zu 'Wissenschaftlichkeit und Parteilichkeit' anregen und diesbezüglich meine Auffassung verdeutlichen:
Wenn ich hier, wie von mir doch formuliert, "zunächst die grundsätzliche Verantwortung der Philosophie hinsichtlich der ihrerseits zu verwendenden und jeweils auch in entsprechenden Entwicklungszusammenhängen zu bedenkenden und erforderlichenfalls eben auch entsprechend weiterzuentwickelnden Begrifflichkeiten" hervorgehoben habe, so habe ich damit keineswegs eine etwa nur der marxistischen Philosophie zuzuordnende Position bezogen.
Es könnte sich also auch der Einwand denken lassen, dass dies eben noch keineswegs 'konsequent-marxistische Parteilichkeit' sei, denn diese müsse sich hier doch 'zunächst' auf die Verteidigung marxistischer Begrifflichkeiten konzentrieren. Dem kann ich unter der Voraussetzung dessen, was ich dann nach "zunächster" im Sinne von "weiterentwickelnd aufnehmend", "kritisch aufhebend" und "überwindend" formuliert habe, auch zustimmen, bin aber weniger zustimmend geneigt, wenn dabei dem 'Verteidigen' Vorrang gegenüber dem 'Entwickeln' gegeben wird, da dies allzu leicht auch zu parteiischem Schein-Marxismus führen kann. Ich denke, dass die Problemlage hier auch darin besteht, dass im Sinne marxistischer Parteilichkeit eben immer zu bedenken ist, innerhalb welcher Parteiung man sich wohl jeweils befinden könnte bzw. welche Möglichkeiten vorliegen und ergriffen werden können, um entsprechend 'Parteiungen gestaltend' zu wirken. Im hier vorliegenden Falle des Bedenkens philosophischer Begriffskultur geht es beispielsweise keineswegs einfach nur um die große, und aus marxistischer Sicht zweifellos grundsätzliche, Parteiung zwischen materialistischem und idealistischem Philosophieren, da doch gerade Letzteres zuweilen überaus Wertvolles im Sinne des verantwortlichen Bedenkens von Begriffskultur geleistet hat.
Freilich können wir es da - zumal innerhalb der Bereiche, die etwa als besonders "freiheitlich-pluralistisch" oder auch (wie wiederum H.- C. Rauh formuliert) als Literatur nach "westphilosophischem Standard" umrissen werden können auch mit philosophischen Richtungen und Entwicklungen zu tun haben, welche (etwa unter dem Vorwand oder der Forderung von 'unbehinderter Kreativität') solchen Maßstäben philosophischer Begriffskultur gerade nicht entsprechen wollen.
Ich möchte jedoch eher auf der Seite einer philosophischen Begriffskultur im soeben aufgezeigten Sinne stehen und meine dazu, dass marxistische Parteilichkeit in dieser Hinsicht vor allem die Verpflichtung des Aufnehmens und Bewahrens all solcher für weitere humanistische Denkentwicklungen wertvoller Errungenschaften philosophischen Denkens beinhaltet.
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Als geradezu empörend musste ich es aber empfinden, dass mir da immer wieder - sowohl in bestimmten zu diesem Thema veröffentlichten Arbeiten als auch in entsprechenden Diskussionen - die Tendenz begegnete, nun auch diesbezüglich ausgewählte Textstellen von Marx und Engels entsprechend im Stil der nunmehrigen DDR-Sprachgepflogenheiten zur "Dialektik von Biologischem und Sozialem" zu interpretieren bzw. entsprechend interpretatorisch 'umzumodeln'. Beispielsweise in der immer wieder vorgetragenen Argumentation, dass nun mit "biologisch" doch das gemeint sei, was sich bei Marx hinsichtlich seiner Formulierungen zu "natürlich" (oder etwa auch "natürwüchsig" etc.!!) finden lasse, wobei ich dann auch mit der Auffassung konfrontiert wurde, dass der bei Marx dazu eben noch unentwickelte Wortgebrauch nun durch die moderneren und wissenschaftlich exakteren Begriffe "Biologisches und Soziales" abgelöst werde...
Eine sich in der DDR dann träge über Jahrzehnte hinziehende Diskussions-Entwicklung, innerhalb derer sich erst in ihren letzten Jahren auch eine begriffliche Differenzierung von "biotisch" und "biologisch" abzeichnete.
Aus meiner Sicht ganz entsetzliche Niveaulosigkeiten, die mir damals aber im entsprechenden Vortrags- und Publikationsgeschehen immer wieder begegneten.
Dazu kann ich allerdings auch bedenken, dass mein Eindruck zu entsprechenden damaligen Tendenzen möglicherweise einseitig ist, da dieser zunächst vor allem von meinen damaligen Erfahrungen aus dem Umfeld des "Ley-Bereiches" an der Humboldt-Universität rührt.
Ich meine aber, dass derartige Tendenzen der damaligen Missachtung und Vergewaltigung philosophisch bedeutender Begrifflichkeiten künftig philosophiegeschichtlich aufzuarbeiten sind, und dazu wohl insbesondere bestimmte damalige Diplomarbeiten bzw. entsprechende Vorträge und Diskussionsbeiträge zu damaligen 'Bio-Philosophie-Veranstaltungen' als Material-Grundlage genommen werden können. (Siehe dazu auch: "Kommentierte Anhänge zu 'DDR-Philosophie' oder 'Philosophieren in der DDR'?", in: www.bhje.de)
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Damals geriet ich auch in Hinsicht auf meinen im Arbeitsvertrag am ZIfPh formulierten Arbeitsauftrag zur "Kritik bürgerlicher Naturphilosophie" in eine spezielle Konfliktsituation. Ich stieß mit meiner Biologismusauffassung auf deutlichen Widerstand und Unverständnis bei den entsprechend etablierten Spezialisten und hatte in Bezug auf meine Auffassung zur Parteilichkeit dann mit noch schwerer wiegenden Gegnerschaften zu rechnen…
Zudem war damals auch Ulli Röseberg, dem ich offenbar bereits aus verschiedenen Diskussionen innerhalb des "Ley-Bereiches" an der Humboldt-Universität aufgefallen war, mir gegenüber sehr skeptisch.
Zu meiner Einstellung im Bereich "Philosophische Fragen der Wissenschaften" im ZIfPh'' ''konnte er sich (wie mir später verschiedentlich zugetragen wurde - siehe dazu auch Anmerkung Nr.4) nicht die Bemerkung verkneifen: "Bernd Eichler wird uns hier sicher noch viele Schwierigkeiten machen".
Ich denke, dass auch diese Skepsis ein Grund für ihn war, dann mit mir ein längeres Gespräch über die von mir zum 4. Philosophie-Kongress eingereichten Thesen zur Begriffsproblematik von "Biologischem und Sozialem" zu führen. Thesen, die ich noch während meiner Aspirantur formuliert hatte und die dann vom "Philosophischen Informations Dienst" (phid) der AdW für Gesellschaftswissenschaften veröffentlicht wurden (worüber ich freilich bis heute verwundert bin), und also seither auch nachlesbar gedruckt vorliegen.
Er hielt mir (ganz ähnlich wie mir das bereits von bestimmten Spezialisten zur "Dialektik von Biologischem und Sozialem" gesagt wurde) vor, dass er meine Thesen nicht als begründet und solide ansehen könne und sie eher für (wie er sich nun ausdrückte) "philosophische Krawallmacherei" halten muss, betonte dann aber, dass ich nun hier in diesem Bereich (zumal in der dortigen Arbeitsgruppe Biologie) die Möglichkeit hätte, gründlich auf diesem Gebiet zu arbeiten, um dann auch solide wissenschaftliche Ergebnisse vorzulegen…
Ich gehe auf diese damalige Situation hier deswegen so detailliert ein, weil sich in der weiteren Entwicklung Folgendes ergab:
Ich wurde in den nächsten Jahren mehrfach offiziell beauftragt, entsprechende Beiträge zu dieser Begriffsproblematik zu erarbeiten. Zuweilen auch recht umfangreiche Beiträge, die in den anschließenden Diskussionen zu den von mir dazu vorgelegten Manuskripten zwar auch auf andere Meinungen und entsprechende 'Kürzungs- und Überarbeitungs-Forderungen' trafen, aber stets als wichtig und zuweilen auch als unverzichtbar für bestimmte Publikationsvorhaben angesehen, und letztlich auch entsprechend akzeptiert wurden - dann aber doch niemals gedruckt erschienen…
Dass ich hinsichtlich des in der DDR dann weiterhin entsprechend üblichen und 'offiziellen' Begriffsgebrauchs bereits während meiner Aspirantur nicht nur anderer Meinung war, sondern auch versucht habe, entsprechend verändernd zu wirken, lässt sich heute vielleicht nur durch die wenigen Formulierungen, die zuvor schon in der 'phid-Reihe' publiziert wurden, deutlich belegen.
Ich neige auch heute dazu, dieses kleine, in der DDR damals 'doch gelungene' Stückchen entsprechend philosophisch-kritischen Publizierens immer noch für einen 'Glücks-Zufall' zu halten.
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Meine entsprechenden Erfahrungen mit Musikwissenschaftlern in der DDR, die ich sowohl als damaliges Mitglied im DDR-Nationalkomitee des ICTM als auch im Zusammenhang mit meinen musikantischen und/oder auch spezifisch organologischen Aktivitäten machen konnte, sind ebenfalls im Internet unter www.bhje.de, innerhalb verschiedener Beiträge nachzulesen. Dort habe ich auch verschiedentlich darauf hingewiesen, dass, insbesondere im Herrschaftsbereich von Erich Stockmann, durchaus analog-vergleichbare Vorgänge abliefen wie die, zu denen später gerade auch H.- C. Rauh im Zusammenhang mit Peter Ruben und den Verhältnissen am damaligen ZIfPh, entsprechende "DDR-Philosophie"-Darstellungen publiziert hat.
Eine diesbezüglich wissenschaftsgeschichtliche Vergleichssicht, könnte meiner Meinung nach, aufschlussreich sein.
Wenn ich in diesem 'Vergleichs-Zusammenhang' allerdings zu bedenken habe, in welcher Weise sich etwa der damals dabei so deutlich involvierte C. Kaden bereits zu musik-wissenschaftsgeschichtlichen Zusammenhängen geäußert hat, so könnte sich da auch wieder eine weitere Vergleichssicht in Bezug auf ihn und auf H.-C. Rauh ergeben.
Seine aus meiner Sicht deutlich verlogen-geschichtsverfälschenden und an der Wahrheit sowie den realen wissenschaftsgeschichtlichen Problemlagen vorbeileitenden Darstellungen zu E. M. von Hornbostel habe ich schon vor Jahren, im Zusammenhang mit dem auch von ihm dabei verteidigten Dogma zur "Vierklassensystematik der Musikinstrumente", kritisch beleuchtet.(Siehe dazu auch meinen "Vortrag zur Eröffnung der Musikinstrumentenausstellung an der Hochschule für Musik Saar"; in: www.bhje.de)
Bei einer eingehenderen Betrachtung zu den Musikwissenschaften in der DDR stünde dann aber auch die Frage, ob sich in der DDR eigentlich tatsächlich - wie ja zuweilen behauptet bzw. beansprucht wurde - so etwas wie eine "marxistische Musikwissenschaft" herausgebildet hatte.
Ich neige dazu, eine solche Frage deutlich mit Nein zu beantworten.
Zweifellos hat es in der DDR auch unter Musikwissenschaftlern ehrlich engagierte Sozialisten und Kommunisten gegeben, die sich auch in ihren wissenschaftlichen Aktivitäten als Marxisten verstanden.
Aber eine sich entsprechend als 'marxistisch' bzw. 'dialektisch-materialistisch' verstehende Befassung mit Musik hätte eben nicht nur sozial-politische, sondern eben auch sozialökonomische Bedingungen von Musik und Musikentwicklung im Sinne einer entsprechend konkret auszubauenden und weiter zu treibenden Beachtung produktionstechnisch-musikinstrumentell zu bedenkender Musikentwicklungsbedingungen eingehender in ihr Blickfeld nehmen müssen, und sie hätte dabei die doch gerade auch in der DDR stets für gültig genommene Vierklassensystematik der Musikinstrumente von Sachs und Hornbostel und die dann dazu noch erfolgenden Lobhudeleien nicht einfach unangetastet hinnehmen können, sondern sich eben auch (oder vielleicht sogar 'gerade' - so etwa im Sinne einer dabei vielleicht als 'konsequent-parteilich-marxistisch' zu verstehenden 'Verpflichtung'?) der Bedeutung von technikgeschichtlich relevanten Produktionsmitteln für Musik in wissenschaftlicher Weise zuwenden müssen, wobei dieses 'Zuwenden' eben auch ein naturwissenschaftlich exaktes und entsprechend systematisch-systematisierendes Verständnis entsprechender audioorganologischer Technik erfordert bzw. einschließen muss.
Dazu meine ich freilich, dass eine solche, von mir hier zunächst nur als ein Beispiel herausgegriffene 'Forderung' (bzw. die hier anstehende 'Wissenschaftserforderlichkeit') nun keineswegs nur an eine sich in hier geschilderter Weise vielleicht als 'marxistisch' verstehende Musikwissenschaft zu richten wäre, sondern eben überhaupt an Musikwissenschaft als Wissenschaft. Dass seitens der Traditionen marxistischen Denkens eine solche Forderung als besonders nahe liegend und vielleicht auch als 'unausweichlich' erscheinen mag, kann wiederum nicht bedeuten, dass etwa nur eine "marxistische Musikwissenschaft" in der Lage wäre, einer solchen 'Forderung' auch in wissenschaftlicher Weise entgegen zu kommen.
Allerdings kann dazu nun wissenschaftsgeschichtlich angemerkt werden, dass sich bisherige Musikwissenschaft vor einer solchen doch eigentlich ihrerseits zu erhebenden 'Zuwendungs- Forderung' bereits seit vielen Jahrzehnten 'herumdrückt' und entsprechende Drückebergereien sich eben in besonders dogmatisch-verlogener und überdeutlich unwissenschaftlicher Weise gerade in der DDR (siehe dazu wiederum meine entsprechenden Internetbeiträge zur Vergleichsanalytischen Organologie) fortsetzen konnten.
Philosophiegeschichtlich muss dazu nun freilich ergänzt werden, dass sowohl eine grundsätzliche Kritik dieser 'Fortsetzung' als auch wissenschaftlich systematisch-grundsätzlich angelegte Bemühungen, dieser immer noch anstehenden 'Wissenschaftserforderlichkeit' auf wissenschaftliche Weise zu entsprechen und dabei neben dem Aufzeigen grundsätzlicher philosophischer Problemlagen auch zur Lösung musikwissenschaftlicher Problemstellungen beizutragen, aus dem offensichtlich entsprechend fruchtbaren Schoße des philosophischen Denkens in der DDR stammen.
Mit dieser Betrachtung neige ich aber keineswegs zu der Auffassung, dass damit etwa seitens der Philosophie die Forderung zu erheben sei, nun 'der Musikwissenschaft endlich eine marxistische Grundlage zu geben'. Meine persönliche Parteilichkeit innerhalb der hier vorliegenden Parteiung (in welche ich als Philosoph und Audioorganologe schließlich auf wiederum besonders verzwickte Weise persönlich eingebunden bin) besteht, neben meinen diesbezüglichen wissenschaftlichen Aktivitäten, in der hoffnungsvollen Meinung, dass sich künftige Musikwissenschaft hinsichtlich der von ihr selbst weiter zu entwickelnden Methoden auch jeweils offen für entsprechende Zusammenarbeits-Angebote der Philosophie gestalten sollte.
Damit möchte ich auch eine prinzipiell andere Haltung in Bezug auf das Verhältnis, welches Philosophen gegenüber anderen Wissenschaften jeweils anstreben und mitgestalten sollten, verdeutlichen; - insbesondere auch eine andere Haltung, als sie mir zuweilen in der DDR, beispielsweise bei Peter Beurton innerhalb der AG-Biologie am ZIfPh, begegnet ist.
Bei ihm schimmerte immer wieder die mir stets unheimliche Vorstellung durch, dass nun der Biologie mit Hilfe der Philosophie eine "marxistische Grundlage" gegeben werden müsse…
Wenn man bedenkt, dass es sicherlich ganz unterschiedliche Beanspruchungen und Vorstellungen in Hinsicht auf das Werk von Engels und Marx, und insofern wohl auch entsprechende "…isten" unterschiedlicher Färbungen und Ausrichtungen gibt, und innerhalb philosophischer Literatur dazu auch schon lange von "Marxianern" und "Marxologen" sowie von "marxistischer" als auch von "Marxscher" Philosophie etc. die Rede ist (wobei dann etwa auch von "Marxianisieren" gesprochen werden könnte) und zuweilen auch schon abfällig von "Marxerei" und dann auch entsprechend von "Murxisten" gesprochen wurde, so scheint mir - zumal angesichts der DDR-Musikwissenschaft (seitens derer mir gerade auch entsprechend verbal-demonstrative Abgrenzungen vom "Murxismus" in Erinnerung sind) - auch die Wortbildung "Marxierer" angebracht, um damit etwa eine Tendenz von Wissenschaftsbetrieblichkeit zu kennzeichnen, die wesentlich darin besteht, geflissentlich mit entsprechend passend erscheinenden Zitaten und Bestrebenserklärungen umzugehen, ohne aber ernsthaft gründlich methodologisch-marxistisch vorzugehen.
In diesem Sinne habe ich schon zu DDR-Zeiten zuweilen von entsprechend "marxierender" oder auch "marxistisierender" Musikwissenschaft gesprochen.
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Bei allen in diesem Satz mit doppelten Anführungszeichen (d.h. "…") versehenen Formulierungen handelt es sich um Zitate aus dem Vorwort von H.- C. Rauh zu der von ihm herausgegebenen Publikation "Denkversuche" / Berlin, 2005. Wenn ich mich, im Sinne einer solchen Darstellung, etwa in Bezug auf meine philosophisch motivierte organologische Forschungsinitiative, auf die Seite derartiger DDR-Interpretationen begeben wollte, so hätte ich damit - weit mehr noch als zu entsprechenden Interpretationen meiner damaligen Konflikte hinsichtlich der Parteilichkeitsproblematik - nicht nur besonders nahe liegend erscheinende, sondern wohl auch besonders eindrucksvoll zu gestaltende Interpretationsmöglichkeiten.
So ließen sich (etwa auf 'BILD-Zeitungs- und TV-Talkshow'-Niveau) meine Aktivitäten als Jazz- und Rock-Musiker, und dann meine späteren Kontakte mit den Musikwissenschaften, als Bereiche der geistigen Befreiung aus den ideologischen Zwängen der DDR-Philosophie schildern, um in dieser Sicht dann auch die Wahl meines speziellen Forschungsthemas abzuleiten, welches mir doch in seiner entsprechend pfiffigen Besonderheit die Möglichkeit bot, mich der ansonsten DDR-philosophisch obligatorischen Pflicht, immer nur Marx und Lenin zu interpretieren und entsprechende Lobes-Texte auf Partei und Regierung zu verfassen, besser entziehen zu können, denn Musikinstrumente kommen bei Marx ja nicht vor usw... Aber allein deswegen schon (wie sich dazu ebenfalls eindrucksvoll schildern ließe) wurde ich natürlich ideologisch verdächtigt und verfolgt, hatte es als Wissenschaftler auf meinem zwar fachlich kaum anfechtbaren, aber ideologisch doch stets verdächtigten Gebiet entsprechend schwer und war also in der DDR als Wissenschaftler zur Erfolglosigkeit verurteilt...
Und auf diesem Niveau würde sich dann auch die Schilderung diesbezüglich belegender DDR-Erlebnisse (ob nun real erlebt und entsprechend interpretiert oder entsprechend interpretierend erfunden und ausgesponnen) schier endlos gestalten lassen, wobei mir als entsprechend interpretierbares Real-Erlebnis-Beispiel dann auch das dazu eben keineswegs nachträglich zu erfindende, primitiv-propagandistische Eifern von Peter Beurton zur Verfügung stehen würde...
Mit einer nur kleinen 'Niveau-Anhebung' (etwa in Form einer eher 'fachphilosophischen' Anscheingebung und dabei dann etwa auch mit einer etwas weniger 'polit-standardisierten' Wortwahl als bei H.- C. Rauh - und so vielleicht sogar als televisionierte 'Philosophen-Gesprächsrunde' vorstellbar) könnten sich dann auch weiter gehende Interpretationsmöglichkeiten gestalten lassen: Mit diesem speziellen Forschungsthema wollte ich nicht nur ideologischen Zwängen ausweichen, sondern vielmehr wesentliche Schwächen der DDR-Philosophie aufdecken, die natürlich im Marxismus-Leninismus selbst begründet sind, da dieser (wie ich mit meinem Forschungsthema ja deutlich mache…) in seiner ohnehin proletarisch-kulturverachtenden Weltsicht auch ein ganz einseitiges und unvollständiges Technikverständnis enthält, welches beispielsweise musikinstrumentelle Entwicklungen völlig ausblendet. Und eine solche Forschung war natürlich in der DDR prinzipiell gefährdet, - wobei die Tatsache, dass mir da wohl doch eine gewisse Akzeptanz am ZIfPh gelungen zu sein scheint, wohl nur dem Umstand zuzuschreiben ist, dass die entsprechend ideologisch stets eingreifenden Kontrollinstanzen - von den Wissenschaftsfunktionären im ZK bis hinauf zu den ideologischen Machthabern im Politbüro - ohnehin für Wissenschaft nicht qualifiziert waren bzw. über keine entsprechende akademische Ausbildung verfügten, wozu sich dann wiederum eine Vielzahl von entsprechend interpretierbaren bzw. effektvoll auszumalenden oder eben auch entsprechend eingepasst zu erfindenden 'Belegbeispielen' anfügen ließen…
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Siehe dazu wiederum die entsprechenden Ausführungen in Anmerkung Nr. 4
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Diese Auffassungen ergaben sich für mich damals auch aus Gelegenheits-Gesprächen mit bulgarischen und sowjetischen Wissenschaftlern.
Siehe dazu wiederum den in Anmerkung Nr.3 zitierten DZfPh-Beitrag zur Parteilichkeit.
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So meine ich auch, dass, vergleichsweise betrachtet (freilich kaum als 'gleichrangig' - aber doch auch als 'gleichsinnig' gesehen), das von mir zunächst als 'audioorganologische' Problemlage aufgezeigte 'Manko allen bisherigen Philosophierens' künftig ebenfalls nicht wieder 'weggedacht' werden kann, - auch wenn es innerhalb gegenwärtiger Anstrengungen von Missachtung und Verächtlichmachung des philosophischen Geschehens in der DDR noch längere Zeit gelingen mag, darüber 'hinwegzusehen'.
Ich denke, dass gerade auch diese spezifische Technik-Problematik in künftigen Weiterentwicklungen philosophischen Denkens zu beachten sein wird, zumal dies innerhalb der letztlich wohl unvermeidlichen Fortführung marxistisch-kommunistischer Denktraditionen und entsprechender Hoffnungen, gerade im Sinne der dort entworfenen Gesellschaftsperspektiven, in ebenfalls unvermeidlicher Weise ansteht.
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