Über bestimmte Eigentümlichkeiten im Umgang mit der deutschen Cister innerhalb des DDR-geprägten Spannungsfeldes von staatlich-administrativen, musikantisch-praktischen und akademisch-wissenschaftlerischen Bestrebungen
(Entstanden in den Jahren 2010-2012)

Die von mir hier behandelten Eigentümlichkeiten im Umgang mit der 'Thüringer Waldzither' bzw. der 'deutschen Cister', in der DDR, möchte ich im Wesentlichen unter folgenden vier Haupt-Aspekten betrachten:
  • Erstens in Hinsicht auf die Eigentümlichkeiten dieser spezifischen Musikinstrumentenkonstruktion.
  • Zweitens in Hinsicht auf Eigentümlichkeiten und Besonderheiten im Zusammenhang mit der Nutzung dieses Instrumentes innerhalb der "Jugend-Musikfolklorebewegung" der DDR.
  • Drittens in Hinsicht auf die damalige Eigentümlichkeit der Bestrebungen zur Veränderung bzw. zur Weiterentwicklung dieses Musikinstrumentes.
  • Viertens in Hinsicht auf bestimmte Eigentümlichkeiten aus dem Umfeld damaliger "akademisch-wissenschaftlerischer" Befassungen mit diesem Instrument.
Diese Aufreihung mag nun die Vorstellung nahe legen, dass dies alles also auch in entsprechend gesondert geordneten Kapiteln darzustellen wäre.
Ich denke aber nicht, dass dies wirklich angebracht sein könnte, und würde mich außerdem auch auf Grund der mir dabei doch immer wieder deutlich werdenden gegenseitigen Verknüpftheiten sowie auch eigener Verstricktheiten in all diese Problemfelder nur schwerlich dazu in der Lage sehen.
Ich neige eher dazu, mich diesen Haupt-Aspekten zwar zunächst in der hier angeführten Reihenfolge anzunähern, - diese Aspekte dann aber doch eher entsprechend ihrer sich gegenseitig durchdringenden Zusammenhänglichkeiten zu behandeln, wobei dann auch immer wieder andere Zusammenhänge in Bezug auf weitere Musikinstrumente und auch die jeweils ganz besonderen Verhältnisse in der DDR, eine Rolle spielen müssen.
Und außerdem werde ich mich in der entsprechenden Darstellung der hier aufgelisteten Eigentümlichkeitsrelationen wohl auch kaum aus meinen eigenen Verstricktheiten innerhalb all dieser Problemfelder herauslösen können, sowie auch kaum an meinen wiederum ganz persönlichen Eigenwilligkeiten, gerade da wo sich diese wiederum allzu offensichtlich in Relation mit den zu schildernden Eigentümlichkeiten befinden, vorbei kommen können. Vielmehr werde ich mich auch zu diesen zuweilen eingehender äußern, zumal ohnehin offensichtlich sein kann, dass bereits die hier vorliegende Herangehensweise an die Problematik eines speziellen 'ethnischen Musikinstrumentes' durchaus als Ergebnis einer bestimmten Eigenwilligkeit verstanden werden kann.
Insofern kann der Leser meiner Darstellungen wiederum auch diese selbst, als eine weitere, der hier durch ihn zur Betrachtung anstehenden "Eigentümlichkeiten im Spannungsfeld um die deutsche Cister in der DDR" ansehen. Darauf möchte ich auch in Bezug auf meine dabei vielleicht auch als 'immer wieder abschweifend' bzw. 'weit ausholend' anmutenden Darlegungen hinweisen; - Ausführungen die sich wohl oft auch als 'überflüssig' oder eben als 'weit her geholt' denunzieren lassen, da sie doch 'eigentlich' nicht zum "Thema 'Deutsche Cister'" gehören und ja auch mit dem Instrument kaum etwas zu tun haben.
Sie haben aber - so zumindest meine Sicht - etwas mit dem hier in Rede stehenden 'Spannungsfeld' zu tun, in welchem ich eben zu DDR-Zeiten (und auch danach noch) entsprechend 'verzwickt' und wohl auch 'eingezwickt' war. Dazu denke ich aber, dass diese wiederum spezielle Eigentümlichkeit (falls man ihr nicht ohnehin in voreingenommener Weise mit Ablehnung und Abneigung gegenübersteht), dem Verständnis des Inhalts einer entsprechenden Darstellung keineswegs im Wege stehen muss.

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Ich möchte mich also zunächst zu bestimmten Eigentümlichkeiten der Cistern äußern, welche mir und den entsprechend interessierten Musikanten in der DDR, damals zur Verfügung standen.
Im Unterschied zu der in der Literatur zur Waldzither zuweilen anzutreffenden Behauptung über die Häufigkeit oder auch "Üblichkeit" eines kleinen neunsaitigen Diskant-Instrumentes in hoher G-Stimmung, existierten in der von mir dazu erlebten Wirklichkeit vor allem die üblichen Tenor-Instrumente in C-Stimmung. Mir ist da unter den damaligen Spielern bzw. Interessenten dieses Instrumentes auch niemals ein solches, für hohe G-Stimmung konstruiertes Waldzitherinstrument begegnet, sowie mir auch niemals der aktuelle Gebrauch eines solchen Instrumentes, nach dem ich mich natürlich immer wieder erkundigt habe, bestätigt werden konnte.
In der von mir zusammengestellten Kollektion von deutschen Cistern befindet sich allerdings ein offensichtlich nachträglich (nicht von mir) am Hals gekürztes, ehemaliges Tenorinstrument, welches wohl eine entsprechend höhere Stimmung (vermutlich in F) ermöglichen soll. Und außerdem habe ich bei manchen meiner Tenorinstrumente, zumal bei bestimmten Exemplaren mit etwas 'kürzerer Mensur' (damit meine ich hier jeweils - mit etwas kürzerer schwingender Saitenlänge), auch versucht, mit Hilfe von besonders dünnen Stahlsaiten, wie man sie aus den in der DDR angebotenen Saitensätzen für "Five-String-Zither-Banjos" zusammenstellen konnte, höhere Stimmungen zu erreichen, was sich aber bei solchen Instrumenten auch nur bis zu einer Stimmung in hoch F als praktikabel erwies.
Eine andere, zuweilen in der Literatur zur Cister anzutreffende Behauptung läuft darauf hinaus, dass die in Deutschland dazu angeblich übliche Stimmung in G sich auf entsprechend größere Instrumente bezieht. Derartige Instrumente sind mir ebenfalls niemals begegnet. Allerdings könnten wohl auf den größeren neunsaitigen Cister-Instrumenten, welche ich in Markneukirchen extra (quasi als 'vergleichsanalytische Experimentalmodelle')(01) mit verlängertem Hals anfertigen ließ (bzw. verlängerte Hälse an die Klangkästen von vormals normal dimensionierten Tenorwaldzithern anfügen ließ), auch entsprechende stärkere Saiten für tiefere Stimmung aufgezogen werden - was ich aber für diese Instrumente nicht anstrebte und mir auch nicht als sonderlich effektiv erscheinen konnte.
Neben derartigen, mit der Realität schwerlich in Einklang zu bringenden Behauptungen aus der musikinstrumentenkundlichen Literatur, muss aber noch eine andere zuweilen erwähnte Tenorvariante der deutschen Cister bedacht werden, welche tatsächlich existiert, auch wenn sie meiner Erfahrung nach damals kaum noch gespielt wurde. Ich meine die vierzehnsaitige Tenor-Waldzither, welche also nicht wie das neunsaitige Instrument entsprechend doppelsaitig, sondern entsprechend dreisaitig, und dann an der Basssaite wiederum doppelsaitig, bespannt ist. Derartige Instrumente sind mir persönlich nur dreimal begegnet, wobei deren Hälse jeweils deutlich verzogen waren und sich dann auch nur eines von diesen in einem noch einigermaßen spielfähigen Zustand befand.
Ich denke, dass bei der Waldzither die Neunsaitigkeit (bzw. eine dementsprechende Fünfstimmigkeit) dieses deutschen Cister-Instrumentes seine vorzügliche Eigentümlichkeit darstellt. Diese wird in der Regel dadurch begründet, dass die Basssaite sich ursprünglich als Einzelsaite neben dem mit vier Chören doppelsaitig überspannten Griffbrett befand, und erst später - und dann eben immer noch als Einzelsaite - ebenfalls über das Griffbrett gespannt wurde. Auch in der von mir zusammengestellten Sammlung neunsaitiger Cistern ist dieser ältere Entwicklungszustand an einem Exemplar gut zu erkennen. Die für die moderne deutsche Cister typische Form mit einer einzelnen Basssaite wird also von der Entwicklungsgeschichte des Instrumentes und seiner entsprechenden Tradition her begründet und legitimiert und sollte auch insofern als ein spezifisch deutsches Merkmal dieser Cisternvariante erhalten bleiben. Von meinen Spielererfahrungen zu diesem Instrument ergibt sich dabei aber außerdem noch eine andere, mir viel wichtigere Begründung für den Erhalt dieser Besonderheit. Da ich bei diesem fünfstimmigen Instrument für eine Spieltechnik plädiere, bei welcher sowohl bei der Greifhand als auch bei der Zupf- bzw. Anschlaghand durchaus alle fünf Finger einbezogen werden sollten, so erscheint mir diese Einzel-Basssaite gerade auch für entsprechende Daumengriffe an der Oberseite des Griffbrettes als sicherer und meiner Erfahrung nach auch als entsprechend vorteilhaft beim Spiel von bestimmten Melodieläufen auf dieser Saite. Insbesondere eben wenn an ein Zupfen mit den Fingern und nicht nur einfach an das Spiel mit dem Plektrum gedacht wird. Angesichts der gegenwärtigen (auch in Deutschland zu vermerkenden) Zunahme des Gebrauchs von zehnsaitigen Cisterinstrumenten, erscheint mir diese 'Neunsaitigkeits-Eigentümlichkeit' nun auch deswegen als besonders erhaltenswert, weil sich damit vielleicht auch die Möglichkeit des Erhalts von Fingerzupf-Spieltechniken für dieses Instrument begünstigt. Die nunmehrigen zehnsaitigen Instrumente werden wohl zumeist als 'obligatorische Plektruminstrumente' verstanden, und das Verständnis für sensibleres Fingerzupfen findet sich schließlich auch nicht bei allen Spielern der neunsaitigen Instrumente.(02)
In der Neofolkszene der DDR wurde diese Spielmöglichkeit - also das Anzupfen bzw. Anschlagen des Instrumentes nur mit den Fingern bzw. mit dafür entsprechend 'zurechtgemachten' (aber eben ansonsten nicht weiter bestückten) Fingernägeln - jedoch von verschiedenen Musikanten intensiv genutzt.(03)
Ich meine nun, dass Derartiges bereits zu dem von mir eingangs als 'zweiter Haupt-Aspekt' umrissenen Problemfeld gehört, welches sich von meinen Lebenserinnerungen her vielleicht am besten in der Sicht auf ein vergleichsanalytisches Spannungsverhältnis von vier ganz unterschiedlichen Volksmusik-Saiteninstrumenten her darstellen und betrachten lassen wird. Ich denke da an amerikanisches Banjo, russische Balalaika, deutsche Cister und deutsche (d.h. "Münchener-" bzw. "Wiener-") Griffbrett-Tischzither.
Obwohl ich mich als stets aktiver Musikant wohl doch in erster Linie immer als Bläser empfunden habe und auch schon während meiner Schulzeit vorwiegend mit Trompete und Klarinette sowie zuvor auch schon mit den verschiedensten Flöteninstrumenten und später immer wieder auch mit vielen anderen Blasinstrumenten befasste, hatte mich alsbald auch schon der Klang und bestimmte Spielweisen des amerikanischen Banjos in besonderer Weise fasziniert. Ich begeisterte mich in Hinsicht auf Folkmusic für Earl Skruggs und Bluegrass, sowie später für Pete und Mike Seeger, und in Hinsicht auf die "Skiffle Welle" der fünfziger Jahre, sowie dem damaligen "Old-Time-Jazz-Revival", auch für das Banjospiel von Lonnie Donegan, und interessierte mich insofern zunächst überhaupt nicht für die ansonsten doch schon damals alles beherrschende Gitarre. Und das erste Banjo, welches mir dann in einem Leipziger Musikgeschäft begegnete, musste ich auch unverzüglich erwerben und begann nun heftig, aber alsbald auch verzweifelnd, damit zu üben. Natürlich hatte ich eines dieser damals allgemein üblichen Tenorbanjos erworben, welches mir nun die ohnehin als geradezu 'übernatürlich virtuos' erscheinenden Tonfolgen von Earl Skruggs und anderen US-amerikanischen Banjovirtuosen als noch rätselhafter erscheinen ließ. Da es damals in der DDR keinerlei Lehrmaterialien für Banjo gab, mir aber von Leipziger Musikhandels-Fachleuten mehrfach versichert wurde, dass ein entsprechendes Lehrmaterial für dieses Instrument (ALBA-Schule für Banjo) "im Westen" erhältlich sei, musste ich mir dieses, auch ansonsten immer wieder erwähnte Werk, also unbedingt von meiner Verwandtschaft aus Westdeutschland besorgen lassen, und konnte mich dann also auch ganz sicher wähnen, damit auf dem 'richtigen Weg' zu sein…Aber letztlich steigerte sich gerade angesichts dieser, von mir alsbald auch nicht mehr ernst genommenen Banjo-Schule, meine Verzweiflung. Mit dem dort, als 'Plektrum-Tremolo-Lernbeispiel' - empfohlenen fleißigen Üben der "Träumerei" von Schumann konnte man offensichtlich niemals so Banjo spielen erlernen, wie ich es eben damals schon aus den Folk und Country-Sendungen des amerikanischen Mittelwellen-Militärsenders in Berlin erlebt hatte. Die "Träumerei" hingegen hatte ich vom häuslichen Klavierspiel meiner Mutter im Ohr und empfand dann eine solche, wohl typisch deutsche Übungsempfehlung für das Tenorbanjo eher als barbarisch. Das führte auch eine Zeit lang dazu, dass ich mein Banjo wieder zur Seite legte und mich doch mit Gitarre und dann auch mit Mandoline zu befassen begann. Aber noch mehr interessierte ich mich dann wieder für die erste Balalaika, die mir mein Bruder, welcher damals in Leningrad studierte, zusammen mit einer russischen Balalaika-Schule besorgt hatte.
Damit hatte ich nun - im Gegensatz zu meinen damaligen Banjobemühungen - ein Original-Instrument und eine entsprechend authentische Instrumentenschule in der Hand, welche mir beide auch sofort ermöglichten, aus jeder in dieser Schule empfohlenen kleinen Balalaikaübung immer einen jeweils realen Bezug zu den klanglichen und virtuosen Feinheiten der von mir ebenfalls als faszinierend empfundenen Balalaikamusik (insbesondere hinsichtlich der solistisch angelegten Stücke für dieses Instrument) zu erkennen, die ich damals über Radio Moskau, welches für mich auf Langwelle auch überall gut zu empfangen war, immer wieder an meinem Radiogerät einstellte.(04)
Vor allem konnte ich mir dabei sicher sein, dass dieses dreisaitige Instrument sowohl im "Pizzicato" als auch im "Tremolo" tatsächlich am besten mit den Fingerkuppen gespielt werden kann, auch wenn mir zuvor schon mehrfach deutsche Balalaikaspieler begegnet waren, die dies, natürlich von ihren Mandolinenerfahrungen her, mit dem Plektrum taten. Damals wurden in der DDR (vielleicht auch um einer derart vorgeprägten deutschen Neigung besser entgegen zu kommen) auch entsprechend mandolinenartig-doppelsaitig bespannte, also sechssaitige, Balalaikas hergestellt und im Musikinstrumentenhandel angeboten. Und im weiteren spielerischen Umgang mit meinem dreisaitigen Original-Instrument konnte ich dann auch die Erfahrung machen, dass sich damit nicht nur die "Träumerei" akzeptabler als auf meinem Banjo gestalten ließ, sondern sich eben auch ganz bestimmte Instrumental-Tricks sowie manche Griffkombinationen, sowohl mit Daumengriffen von der Halsseite her als auch mit über dem Griffbrett besonders weitgespreizten Fingerpositionierungen, günstig verwirklichen lassen. Sowohl das flinke Einzeltonzupfen mit den Fingern als auch das Tremolieren mit auf- und abschlagenden Fingerkuppen wurde dabei für mich immer selbstverständlicher, so dass sich für mich auch eine ganz andere Spielkultur, als man es ansonsten vom Mandolinenspiel mit dem Plektrum gewohnt war, ergab. Spielererfahrungen, die ich dann erst nach vielen Jahren auch wieder für mein späteres Spiel mit der deutschen Cister fruchtbar nutzen konnte. Aber damals war ich noch weit entfernt davon, etwa die Thüringer Waldzither irgendwie ernst zu nehmen, obwohl ich mich doch nun, mit 'Banjo und Balalaika', gerade genau dort in Thüringen (wo ich damals eine Lehre als Maschinenschlosser begonnen hatte) befand.(05)
Und ich war auch weit entfernt davon, etwa schon zu erkennen, dass sich gerade hinsichtlich der Eigentümlichkeiten dieses scheinbar schlichten deutschen Volksmusikinstrumentes und der speziellen Raffinessen der von mir bewunderten US-amerikanischen Banjovirtuosen unleugbare Zusammenhänge vermerken und bedenken lassen.
Auch in meinem damaligen Thüringer Umfeld wurde dieses traditionelle deutsche Volksmusikinstrument im Allgemeinen leichtfertig als ein 'im Bequemlichkeits-Akkord eingestimmtes Primitiv-Instrument' angesehen. Ganz anders verhielt es sich da hingegen in Hinsicht auf die von mir bereits ebenfalls erwähnte 'deutsche Griffbrett-Tisch-Zither'. Auch dieses Instrument, welches ich bereits aus meiner Kindheit in Erinnerung hatte, konnte ich damals in Thüringen wieder öfters persönlich erleben.
Von manchen Spielern dieses Instrumentes war ich auch beeindruckt, aber aus verschiedenen Gründen dann doch nicht motiviert, mich damit in einer verbindlicheren Weise zu beschäftigen.(06) Im Vergleich zur Waldzither war aber unübersehbar, dass diese 'Griffbrett-Tischzither' damals in bestimmten Musikantenkreisen allerhöchste Achtung genoss. Ein schwierig zu erlernendes und in der Regel auch recht teures "Virtuosen Instrument". Ein Instrument, welches damals dort auch noch an den öffentlichen Musikschulen unterrichtet wurde, - was wohl in Hinsicht auf die Waldzither kaum oder überhaupt nicht der Fall war.
Aus heutiger Sicht scheint es mir auch als erinnerungswürdig und bedenkenswert, dass damals (also Anfang der sechziger Jahre) dort, sowohl unter meinen älteren Arbeitskollegen, als auch unter den mir gleichaltrigen Lehrlingen und Jungfacharbeitern, derartige Zitherspieler zu finden waren, welche in der Regel sowohl "Das Lied vom Dritten Mann" als auch andere Standardtitel für dieses Instrument beherrschten. Meiner Erfahrung nach eigneten sich solche Musikanten aber kaum für ein sich eher schnell und spontan zusammenfindendes gemeinsames Aufspielen oder für einfühlsames musikantisches Improvisieren.
Wenn ich nun alle diese, hier zunächst vielleicht nur mich persönlich tangierenden 'Kulturkonflikte', die sich im Zusammenhang mit diesen, aus meiner Sicht durchaus 'symbolisch-beispielhaften' ausländischen und inländischen Saiteninstrumenten damals in Thüringen für mich abzeichneten, hinsichtlich ihrer weiteren Entwicklungen und Wandlungen überdenke, so kann ich, bezogen auf mich, aber dann auch bezogen auf die allgemeinere Entwicklung in der DDR, dazu Folgendes resümieren:
Erst ein gutes halbes Jahrzehnt nach meinen ersten Bemühungen, das Banjospiel anhand einer empfohlenen deutschen Banjo-Schule zu erlernen, lernte ich dann als Soldat der NVA(07) den kanadischen Banjospieler Perry Friedmann persönlich kennen und konnte dann auch die Besonderheiten des Five-String Banjos hinsichtlich dessen Stimmungen und Spielweisen begreifen. Das war für mich wiederum die Voraussetzung dafür, nun auch die offensichtlichen Ähnlichkeiten, aber dann auch entsprechende Verwandtschaftsbeziehungen, die es hinsichtlich dieses nordamerikanischen Volksmusikinstrumentes und der deutschen Cister gibt, zu erkennen(08) und ernst zu nehmen, dann auch eingehender in diesem Sinne zu bedenken, und so letztlich also auch erproben zu wollen, in welcher Weise sich dementsprechende Gemeinsamkeiten dann wohl auch hinsichtlich bestimmter Spieltechniken ausbauen und nutzen lassen könnten.
In diesem wechselseitigen Prozess spielten nun für mich offenbar wiederum meine Erfahrungen mit der russischen Balalaika eine besondere Rolle, denn ich denke, dass die Tatsache, dass ich dann sowohl auf dem Five- String- Banjo, und später auch auf der deutschen Cister, doch immer vorgezogen habe, mit 'unbestückten' Fingern zu spielen und dann wiederum von der Waldzither her immer bestrebt war, auch auf dem Five-String-Banjo nicht nur die "Dreifingerspielweise" von Earl Skruggs nachzuahmen, sondern eben auch auf andere, nicht unbedingt bereits US-amerikanisch vorgenormte Art und Weise mit meinen Instrumenten umzugehen, sich auch von daher erklärt.
Es hat dann freilich fast bis zum Ende der DDR gedauert, dass auch dort letztlich eine Banjoschule für dieses fünfsaitige Instrument erschienen ist.
Zuvor war hier allerdings bereits ein Schulwerk für Tenorbanjo erschienen, zu welchem für mich wiederum ganz andere spezifische 'DDR-Erinnerungen' relevant sind.(09)
Hinsichtlich der weiteren Entwicklungen zu diesen hier von mir betrachteten Saiteninstrumenten können dann aber noch weitere Eigentümlichkeiten vermerkt werden.
Was das Banjo in seinen beiden wichtigsten Erscheinungsformen - also einerseits das ältere, traditionell folkloristische fünfsaitige Instrument und andererseits die historisch spätere, viersaitige Tenor-Banjo-Erscheinungsform als 'Jazz- und Salon-Instrument' (welche dann allerdings wiederum einen hochinteressanten Funktionswandel innerhalb europäischer, insbesondere irischer, Folkloreentwicklungen absolvieren konnte) - betrifft, so können diese beiden wohl als typischer und auch 'obligatorischer' Instrumental-Bestandteil bestimmter Musikszenen in der DDR angesehen werden(10) Das viersaitige Instrument schon allein auf Grund seiner Unverzichtbarkeit innerhalb bestimmter traditioneller Jazzformationen, und das fünfsaitige dann vor allem, nachdem Perry Friedmann damit in der DDR zu wirken begann und dann auch Pete Seeger hierzulande immer populärer wurde. Insofern spielten dann auch beide Instrumentalvarianten in der dann immer bedeutungsvoller werdenden "FDJ-Singebewegung", welche sich hinsichtlich ihrer ursprünglichen Entstehungsbedingungen ja ohnehin auch immer auf Perry Friedmann berufen konnte, eine unübersehbare Rolle und waren später ebenso unübersehbar, wenn auch in etwas anderer Weise, innerhalb des Instrumentariums der neu entstehenden Jugend-Folk-Bewegung der DDR präsent.
Andererseits kann dann zur Balalaika vermerkt werden, dass diese demgegenüber keineswegs auf eine vergleichbare Karriere in der DDR verweisen konnte, obwohl sie in dieser primär politisch organisierten Singebewegung, natürlich im Sinne eines 'Symbolinstrumentes der Freundschaft zur Sowjetunion', als höchst passend und stets angebracht anmuten musste und zuweilen wohl auch in dieser Weise zur Wirkung kam. Aber letztlich wurde dieses Instrument innerhalb der Singebewegung nicht nur in einer in der Regel doch nur mittelmäßig bleibenden Weise als gelegentliches Hintergrund-Instrument zur Liedbegleitung bzw. einfacherer Zwischenspiele eingesetzt, (wie auch ich es etwa damals bei Jack & Genossen und später dann auch bei Windbeutel, - da allerdings sowohl zur Begleitung russischer, als auch bestimmter, mir dazu besonders geeignet erscheinender deutscher Volkslieder, - zuweilen tat), sondern es konnte innerhalb des Umkreises der Singebewegung und unter gleichem politischem Vorzeichen, auch in herausgehoben solistischer Weise, als ein entsprechend zu bestaunendes Virtuoseninstrument zur Wirkung kommen.
Wenn ich nun in Hinsicht auf diese in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre in der DDR entstandene, besondere 'Singebewegungs-Musikantenszene', auch nach Cister und Griffbrett- Tischzither frage, so ergeben sich wiederum ganz andere Antworten. Die Griffbrett-Tischzither wäre da, gerade auch im Zusammenhang mit den dort so verheerend wirkenden ideologisch-dogmatischen Borniertheiten gegenüber deutschen Folkloretraditionen, wohl ohnehin stets als ein 'Ding der Unmöglichkeit'(11) angesehen worden, und von der Existenz einer "Thüringer-Waldzither" wusste man dort (zumal in Berlin - also im Zentrum des politischen Organisierens und kulturellen Agierens dieser "Bewegung" bzw. des Oktoberklubs und seines Anhangs) wohl auch kaum irgend etwas Genaueres. Für diese Musik-Szene war - ebenso wie auch generell für viele DDR-Bürger (was ich dann insbesondere im Umkreis Berlins immer wieder erleben musste) - damals doch eher typisch, beim Wort "Zither" eben nur an die verschiedensten Varianten von kastenförmigen Tischzithern zu denken. Dementsprechend wurde dabei dann bei jugendlichen Musikinteressenten die Bezeichnung "Zither" für ein doch eher mandolinenartig anmutendes Hals-Instrument auch für gänzlich unangebracht angesehen.
Diese deutsche Eigentümlichkeit erweist sich in der weiteren Entwicklung dann als noch eigentümlicher, sobald man bedenkt, dass dieses damals zweifellos auch allen jüngeren Musikanten durchaus noch bekannte, aber doch vorwiegend missachtete Tischzither-Instrument in deren Musizierpraxis so gut wie überhaupt nicht existierte, aber das bislang dort nahezu unbekannte Cistern-Instrument dann gerade dort alsbald wieder als interessant empfunden wurde und auch zunehmend wieder in Gebrauch kam.(12) Dieser eigentümliche Wandel wurde in der DDR allerdings erst mit der Herausbildung der jugendlichen 'Neofolklore-Bewegung' offensichtlich.
Im deutlichen Unterschied zur DDR-Singebewegung, welche sich in den meisten ihrer Gruppen ohnehin eher durch eine geradezu charakteristische Instrumentalarmut auszeichnete und dabei dann in ihrer weiteren Entwicklung wiederum eher zu bestimmten modernen und dann auch zu 'elektrifizierten Instrumenten' aus der Rock- und Pop-Musikszene tendierte und in zunehmender Weise auch gerade dort nach Vorbildstrukturen oder 'ästhetischen Orientierungen' suchte, zeichneten sich die dann entstehenden neofolkloristischen Musikantengruppen doch eher durch demonstrative Instrumentenvielfalt, Berufung auf Traditionen sowie experimentierfreudiges akustisches Musizieren aus. Und dabei konnte die deutsche Cister, als ein in derartigen Sphären vormals nahezu unbekanntes Instrument, dann dort auch wieder eine ganz neue Bedeutung erlangen.
Die ersten Ansätze für diesen Wandel, und die dann folgende intensivere Beschäftigung mit diesem traditionellen Instrument, können aber sicherlich schon vor der Entstehung dieser ostdeutschen "Neofolk-Szene", wiederum innerhalb der DDR-Singebewegung, vermerkt werden. Ich kann mich dabei deutlich auf zumindest zwei Musikantenformationen - einerseits auf die Gruppe Jack & Genossen und andererseits auf die Gruppe MTS - beziehen, die allerdings beide, in Bezug auf die damals vorwiegend auf "DDR-konkret" orientierende, offizielle 'Singebewegungsrichtlinie', in gewisser Hinsicht als 'peripher' angesehen werden können. Die Gruppe Jack & Genossen sowohl im Sinne ihres immer wieder politisch deutlich betonten internationalistischen Auftretens und ihres eben auch von daher rührenden singebewegungs-untypischen Strebens nach Instrumentenvielfalt, und die Gruppe MTS eher im Sinne ihrer zwar auch als "DDR-konkret" zu verstehenden Programmgestaltung, welche allerdings auch als scheinbar völlig unpolitisches Herumblödeln interpretiert werden konnte, wobei dann auch das dortige Agieren mit den unterschiedlichsten Instrumenten im Sinne eines vorwiegend auf entsprechende Lacherfolge angelegten Bühnenauftretens erscheinen konnte.
Um dabei die jeweiligen 'Waldzitherbesonderheiten' in beiden Gruppen zu verdeutlichen, möchte ich hier zunächst auf meinen Freund Helmut Eggebrecht eingehen. Er war, in ähnlicher Weise wie ich, schon lange vom Spiel auf dem fünfsaitigen Banjo fasziniert und wollte damit innerhalb des Oktoberklubs wirken. Er hatte dabei auch schon lange vor mir Jack Mitchell und dessen Studenten-Singegruppe Larkin kennen gelernt, und war dann später auch auf mich und meine Instrumentensammlungsaktivitäten aufmerksam geworden. Und wir fachsimpelten dann also auch ständig über die verschiedenartigsten Banjos und verschiedenartigste Spieltechniken. Ihm war aber in seiner damaligen Tätigkeit als Musikinstrumentenverkäufer auch schon diese seltsame neunsaitige "Thüringer Waldzither" begegnet, welche damals noch in verschiedenen Varianten im Musikhandel der DDR angeboten wurde, und welche ich ja bereits in Thüringen erlebt hatte. Wir waren uns nun über die offensichtlichen Ähnlichkeiten in Hinsicht auf das Five-String-Banjo sofort einig und beschäftigten uns alsbald in verschiedener Weise auch mit diesem Instrument, wobei wir beide jeweils eine bestimmte Ausführung mit flachem Boden (so wie ich das Instrument auch in Thüringen kennen gelernt hatte) bevorzugten. Helmut, der sein Banjo, so wie er das im Oktoberklub bei Perry Friedmann erlebt hatte, immer schon mit entsprechend 'bewaffneten Fingern' (also mit entsprechenden Finger-Aufsätzen aus Metall oder Kunststoff) spielte, entschied sich, dies in gleicher Weise auf seiner Waldzither zu tun und veränderte sein Instrument in diesem Sinne, indem er auf die Doppelsaitigkeit verzichtete und an Stelle der Basssaite auch eine entsprechend halblange Diskantsaite anfügte. In dieser Weise spielte er diese 'Five-String-Cister' dann in der Gruppe MTS, mit welcher das Instrument alsbald bei vielen Auftritten dieser professionell agierenden Gruppe und dann auch entsprechend bei verschiedenen Rundfunk- und Schallplatten-Aufnahmen, zu hören war.
Ich wiederum wollte zwar auch sofort bestimmte Banjospielweisen mit diesem Instrument nutzen, zog aber doch (eben ebenso wie auf allen meinen Banjos, auf welchen ich dementsprechend immer wieder, sowohl mit Stahlsaiten als dann auch alternativ mit Nylonsaiten, experimentierte)(13) vor, lediglich mit Fingerkuppen bzw. entsprechend zurechtgemachten Fingernägeln zu spielen, und dabei auch die Besaitung meiner Waldzithern wiederum unverändert zu lassen.
In der eher im Amateur-Status(14) agierenden Gruppe Jack & Genossen setzte ich diese deutsche Cister dann zunächst vor allem zur Begleitung von deutschen Volksliedern ein.
In dieser Weise konnten wir (J&G) das Instrument dann auch einmal in einer speziellen 'Politlied-Festival-Fernsehsendung' ausführlicher vorstellen. Meiner Erfahrung nach wurde es dann aber innerhalb der Singebewegung letztlich doch nicht ernst genommen und konnte dann eben erst mit der Entstehung der ostdeutschen Neofolklorebewegung wieder zu einer gewissen Bedeutung innerhalb jüngerer Musikantenformationen gelangen, denn alsbald setzten mehrere dieser jugendlichen Musikfolkloristen auch die Waldzither immer wieder in ihren Programmen ein. Dabei denke ich, dass es sich dabei um eine Entwicklung handelte, welche dort sozusagen 'in der Luft lag', und sicherlich auch ohne Helmut Eggebrechts und meine damalige nähere Zuwendung zu diesem Instrument zustande gekommen wäre, - auch wenn ich persönlich darauf hinweisen kann, schon lange vor der Entstehung solcher "neuerer Jugend-Folk-Gruppen" sowohl bei den vielfältigen Auftritten von Jack & Genossen als auch bei allerlei anderen möglichen Gelegenheiten immer wieder besondere 'Reklame' dafür gemacht zu haben. Ich denke aber, dass derartige Initiativen bestenfalls als förderliche Begleitbedingungen, aber wohl keinesfalls etwa als grundlegend auslösendes Moment (oder etwa als 'Trend setzend') zu bewerten wären.(15)
Damals (also auch schon Jahre vor meinen dann verstärkten Selbstbauaktivitäten zu deutschen Dudelsäcken) habe ich es zuweilen auch an bestimmte, besonders interessierte und mir dabei besonders sympathische Musikanten verschenkt(16) wobei freilich bedacht werden kann, dass dieses Instrument in diesen Singebewegungszeiten noch allgemein in den Musikläden der DDR herumstand und für weniger als 100.- DDR Mark zu haben war. Dies änderte sich allerdings in den folgenden anderthalb Jahrzehnten. Das Instrument wurde zwar (wie auch so viele andere Waren in der DDR) im staatlichen Handel im Verlaufe von Jahrzehnten nicht wesentlich teuerer, aber eben doch wesentlich seltener, wobei sich dann das Angebot auch zunehmend auf einen bestimmten Instrumententyp mit einem in besonderer Weise lautenförmig- ausgebauchten, und nicht mehr cisternförmig- abgeflachten Korpus, beschränkte. In den achtziger Jahren ist mir im Musikinstrumentenhandel der DDR dann auch niemals wieder eine in der DDR hergestellte Waldzither mit flachem Boden begegnet.
Insofern schien mir hier auch ein geradezu 'zweischichtiger' Veränderungsprozess vorzuliegen, welcher dann wohl auch im Zusammenhang mit anderen Bedeutungswandlungen zu diesem Instrument gesehen werden sollte: Einerseits konnte vermerkt werden, dass das Kaufinteresse an diesem Musikinstrument in der DDR zunahm, aber der Musikinstrumentenhandel diesem Bedürfnis immer weniger nachkommen konnte - was im Vergleich zu anderen derartigen Entwicklungen in der DDR, freilich keineswegs als Besonderheit gelten konnte. In diesem Falle konnte aber andererseits noch vermerkt werden, dass das unbefriedigende Angebot an diesen Instrumenten nun auch hinsichtlich der vormals größeren Typen-Vielfalt entsprechend angebotener Instrumente, deutlich verarmte, was mir persönlich sicherlich weitaus mehr auffallen musste, als den nunmehrigen neueren Waldzitherinteressenten, welche da über keine entsprechenden älteren Erfahrungen verfügten. Und aus meiner notorisch 'vergleichsanalytisch' orientierten Sicht auf mir relevant erscheinende Musikinstrumentenentwicklungen mussten mir dabei auch noch weitere damit zusammenhängende Dimensionen diesbezüglich bedenklicher Entwicklungen und 'Wandlungsvorgängen' als bemerkenswert erscheinen. So kam ich hier auch immer mehr zu der Meinung, dass es sich eben gerade bei diesem in so spezieller Weise 'ausgebauchtem' Waldzithermodell, welches inzwischen das Angebot in der DDR beherrschte, in verschiedener Hinsicht (insbesondere aber gerade unter verschiedenen 'Cister-Aspekten') doch eher um eine letztlich ungünstige Instrumentalkonstruktion und in bestimmter Weise sogar um eine unglückliche Fehlentwicklung handeln könnte. Eine Problematik, welche mir gerade mit Blick auf die künftig doch auch weiter zu entwickelnde Produktion derartiger Instrumente in der DDR natürlich als wichtig erschien, und zu der ich mich - wie ich bereits einleitend verdeutlicht habe - dann im Zusammenhang mit dem dritten Hauptaspekt meiner 'Eigentümlichkeiten-Darstellung' eingehender äußern möchte.
Aber beides - also sowohl diese dann dominierende, aus meiner Sicht aber doch ungünstig- eigenartige Bauform als auch die Eigenarten des allzu deutlich völlig unüberlegten planwirtschaftlichen Agierens hinsichtlich der Produktion und des Verkaufs eines solchen traditionellen deutschen Volksinstrumentes - waren für mich dann steter Anlass zu weiterem kritischen Nachfragen sowie zur Entwicklung von entsprechenden 'Gegenkonzeptionen' und einer dann auch in aller Öffentlichkeit immer wieder dazu vorgetragenen kritischen Haltung.
In Hinsicht auf den bereits angestellten Vergleich mit der erwähnten Tischzither muss ich den entsprechenden Gesamtkomplex hier zu vermerkender Wandlungen aber auch noch von einem anderen Blickwinkel her für überaus bemerkenswert und 'bedenkenswert' halten, da wir es hier, bei diesen beiden traditionellen deutschen Volksmusikinstrumenten, sowohl mit einem jeweiligen Bedeutungswandel bzw. geradezu mit einem bestimmten Prozess der 'Umkehrung' ihrer Bedeutung für die musikfolkloristische Praxis in der DDR als dabei auch mit einem deutlichen Prozess überaus stringenter Missachtung sowie der nahezu vollständigen 'Ausmerzung' bzw. 'Vermeidung' eines bestimmten traditionellen deutschen Musikinstrumentes innerhalb einer bestimmten jugendlichen Musikantenszene zu tun haben, welche sich aber ansonsten eben, zumal im Gegensatz sowie in gewisser Weise auch im 'Nachfolge-Anschluss' zur vorhergehenden FDJ-Singebewegung, dann sowohl durch musikinstrumentelle Vielfalt als auch ganz deutlich durch die demonstrative Wiederaufnahme von 'fast vergessenen' und dabei insbesondere auch 'traditionellen deutschen' Volksinstrumenten auszeichnete, und sich auch immer wieder selbst gerne in dieser Weise darstellte und verstanden werden wollte. Als weiterführenden 'Vergleichsaspekt' möchte ich mich da keineswegs nur auf die dabei gänzlich neu entstandenen und so deutlich ins Auge springenden und auch stets symbolträchtigen 'Schalmeien - und Dudelsack-Aktivitäten' beziehen, sondern denke da vielmehr auch an die geradezu notorische Wiederaufnahme der verschiedensten Harmonika-Balginstrumente, welche von musikinteressierten Jugendlichen zuvor noch in durchaus gleicher Weise wie eben auch diese hoch entwickelte Griffbrett-Tischzither, einfach missachtet wurden.
Und in einer noch eingehenderen spezielleren Vergleichsoptik zu wieder anderen Saiteninstrumenten kann dabei auch bedacht werden, in welch wieder ganz anderer Weise nun doch auch solche 'Tischinstrumente' wie etwa Hackbrett oder auch manchmal bestimmte Streichzithern oder auch andere Formen einfacherer Kastenzithern, ja zuweilen sogar bestimmte Harfeninstrumente, wieder in den verschiedensten dieser 'Neo-Folk-Gruppen' liebevoll erwogen und auch verwendet wurden, - dabei aber eben dieses spezielle 'Instrument des Liedes vom Dritten Mann', gerade unter jugendlichen Musikanten, immer wieder einer bestimmten Art von demonstrativer Missachtung, bis hin zu offener Verachtung, ausgeliefert war und in erstaunlich stringenter Weise 'konsequent vermieden' wurde.
Ein Vermeidungsvorgang zu einem durchaus gekannten deutschen Instrument, innerhalb dessen eben andererseits ein so überaus deutlicher Vorgang der 'Neu-Aufnahme' eines dort zuvor nahezu ungekannten und auch mit keinerlei besonderem 'Symbol- und Bedeutungs-Hintergrund' verbundenen deutschen Volksinstrumentes zu verzeichnen war. Ich halte diese Tatsache einer derartigen 'Totalnegation' eines solchen deutschen Volksinstrumentes innerhalb einer ansonsten durchaus durch bestimmte Formen von Revitalisierungsbestrebungen und Traditionsbeanspruchungen zu kennzeichnenden jüngeren deutschen Musikantenszene für ein besonders beachtenswertes Phänomen, - für eine eigentlich von der Musikethnologie speziell zu bedenkende und vielleicht auch aufzuklärende oder zumindest doch zur 'Aufhellung' anstehende Problemlage.
Aus meiner Sicht ein überaus eigentümlicher Vorgang, der sich meiner Erfahrung nach allerdings auch allzu leicht in oberflächlicher Weise kommentieren und so auch allzu einfach abtun lässt. Zumal dann, wenn dieses Phänomen lediglich weiterhin innerhalb der bislang zu dieser Form von Tischzither üblichen Mentalitäten zur Kenntnis genommen wird. Aus einer solchen Sicht betrachtet, scheint sich da freilich auch überhaupt kein besonderes Problem abzuzeichnen… Es wäre eben - so wie auch die Musikwissenschaft dies offenbar zuweilen in einer aus meiner Sicht freilich schändlich-verantwortungslosen und eben auch problem-negierenden Weise tut - lediglich die Ablösung einer "musikinstrumentellen Modeerscheinung" durch eine andere zu vermerken; oder eben auch entsprechend zu behaupten.(17)
Um hier meine, einer solchen Haltung entgegenstehende Aufforderung zum Ernstnehmen derartiger Problemlagen sowie die entsprechende Hoffnung einer künftig demgemäß konsequenten wissenschaftlichen Analyse solcher Entwicklungen im Sinne eines besseren und verantwortungsvolleren Verständnisses von derartigen musikkulturellen 'Wandlungs- Entwicklungen' bzw. entsprechenden 'Verlust- und Verfalls-Prozessen' noch deutlicher zu machen, möchte ich noch auf eine weitere, dabei ebenfalls vergleichend zu betrachtende 'Karriere' eines wieder ganz anderen Saiteninstruments zu sprechen kommen, welches innerhalb dieser 'Wandlungsprozesse' in der DDR ebenfalls auf das zunehmende Interesse von jüngeren Folk-Musikanten gestoßen war.
Ich meine hier die entsprechende 'Karriere' der Bouzouki. Ein zuvor eher 'euroregionales', bzw. griechisches 'Nationalinstrument', welches dann, insbesondere wohl auch im Zusammenhang mit bestimmten Kompositionen von Mikis Theodorakis,(18) zunehmend auch weltweit bekannt wurde. Wäre dieses Instrument für die Neo-Folk-Musikanten in der DDR erhältlich gewesen, so hätte es sicherlich auch in den dortigen jüngeren Folk-Gruppen eine deutliche Rolle spielen können. Es gibt dabei aber auch wieder einen anderen, hochinteressanten, vergleichsanalytisch zu bedenkenden Zusammenhang zur deutschen Waldzither, der damals auch in der DDR, mit Blick auf das damals so erfolgreiche und interessante griechische Saiten-Instrument zuweilen diskutiert und erwogen worden war, letztlich aber wohl doch nur in Westdeutschland ab und an auch musikinstrumentell realisiert werden konnte. Verschiedentlich wurden damals alte Waldzitherinstrumente (speziell wohl Instrumente aus der Produktion der Hamburger Firma Böhm) mit entsprechend längeren Hälsen nachgerüstet, und also in Richtung auf eine Art von 'Flachkörper-Bouzouki-Instrument' umgewandelt.(19) Aber die Bouzouki konnte (so meine ich ) trotz ihrer damaligen, auch Europa überschreitenden Bekanntheit, wohl doch niemals eine solche weltweite Verbreitung und musikkulturell feste internationale 'Einnischung in aller Welt' erreichen, wie wir sie beispielsweise seit Längerem schon bei der Mandoline, oder (um hier eben auch wieder ein ganz anderes, moderneres Beispiel zu nehmen) auch etwas später (und da eben in deutlicher Weise bis heute) etwa hinsichtlich der unterschiedlichen Arten von Banjos, weltweit bemerken können. Die Bouzouki ist (oder
war?) in dieser Hinsicht unter den Musikinstrumenten der Welt wohl doch eher dem Schicksal einer alsbald wohl tatsächlich wieder 'vorübergehenden Mode' ausgeliefert.(20)
Ganz anders aber muss Derartiges doch wohl hinsichtlich der Entwicklung dieses Instrumentes in seiner Heimat selbst gesehen werden.(21)
Man stelle sich vor, dass etwa auch dort einmal bestimmte, zuvor schwerlich vorstellbare und dann auch spezifisch aktuell zeitpolitisch geprägte 'Neo-Folklore Bestrebungen' unter Jugendlichen entstehen, innerhalb derer dann etwa eine ganze Generation junger Musikanten sowohl nach verschiedenen allbekannten internationalen als auch nach ganz spezifisch national-traditionellen Musikinstrumenten und dabei dann auch nach entsprechend 'fast vergessenen griechischen' Instrumenten greift, dabei aber die Bouzouki vollkommen umgeht und letztlich auch ausschließt und sich insofern also auch etwa so verhalten würde, wie es die jüngeren Musikfolkloristen dereinst in der DDR in Hinsicht auf die deutsche Griffbrett-Tischzither taten.
In einem solchen Vergleichs-Beispiel schiene es mir dann eben schwerlich denkbar, dass dortige Musikwissenschaftler Derartiges dann etwa einfach im Sinne einer 'nun zu Ende gehenden Bouzouki-Mode' zu interpretieren hätten. Freilich kann man bei derartigen Überlegungen und entsprechend differenzierenden Gedankenexperimenten sofort auch mit einem ganzen Berg von Einwänden zu derartigen 'ausgedachten' und also dann auch als 'unrealistisch' zu diffamierenden Vergleichen aufwarten und sich damit auch vor den
methodologischen Konsequenzen des dabei eben erforderlichen genaueren Differenzierens weiterhin schützen, aber ich denke, dass trotzdem bestimmte vergleichend angelegte Fragen in Richtung auf eben nicht nur 'ausgedachte', sondern eher entsprechend zur Kenntnis zu nehmende Realitäten weiterhin zu stellen sein werden: Welche anderen, hier dann real zu vergleichenden bzw. 'objektiv-analogen' (oder möglicherweise eben auch 'homologen') Fälle derartiger musikinstrumenteller Selektionsprozesse gab es in der bisherigen Geschichte? Wie wären diese von der Musikwissenschaft nun innerhalb entsprechend neu entstandener Phänomene, und von daher neu zu bedenkender Zusammenhänge zu interpretieren und zu werten? Und wie wäre dabei dann wiederum das damalige Zustandekommen derartiger Phänomene in der DDR zu interpretieren und zu werten? Und in welcher Weise könnte oder sollte dies dann alles wiederum sowohl für das eingehendere Verständnis der DDR, als auch anderer, von daher wiederum vergleichend zu betrachtender geschichtlicher Entwicklungen, eingeschätzt und wissenschaftlich genutzt werden?
Mit diesen Vergleichen und Fragen könnte also vielleicht auch deutlich gemacht werden, dass eine derartige Betrachtungsweise im Sinne von unvermeidlicherweise wieder vorübergehenden 'Modeentwicklungen' zu bestimmten Folkloreinstrumenten durchaus in bestimmten Fällen und Zusammenhängen legitim sein kann, aber eine von daher dann (wie etwa bei E. Stockmann & O. Elschek) so prinzipiell demonstrierte Auffassung, dass es sich da eben nur um modeanaloge Entwicklungsbewegungen handele, wollte ich doch eher für inadäquat und wissenschaftlich unfruchtbar bzw. untauglich sowie letztlich eben auch für wissenschaftlich verantwortungslos halten.(22)
Und unter diesen Vorzeichen und entsprechenden persönlichen Erfahrungen mit der Musikethnologie und der Musikinstrumentenkunde in Deutschland sind dann auch meine Hoffnungen bzw. mein Vertrauen darauf, dass sich die europäische Musikethnologie derartiger Fragestellungen und Problemlagen auch tatsächlich ernsthaft analytisch annimmt, letztlich doch nur sehr gering. Ich denke vielmehr, dass sich vielleicht eher eine etwa speziell audioorganologisch vergleichend orientierte Kulturanthropologie einmal generell mit derartigen Phänomenen befassen könnte. Und ich denke, dass diese dann, so betrachtet, hier als speziellen Gegenstand wiederum auch 'das Fremde' definieren könnte. Freilich eben nicht in der letztlich doch so eropäisch-überheblich-überhobenen (und aus meiner Sicht eben auch stets überaus fatalen) Weise wie dereinst C. Sachs "das Fremde" als den eigentlichen Gegenstand der Vergleichenden Musikwissenschaft(23) bestimmt haben wollte, sondern eben eher auch mit Blick auf das entsprechend eigene 'Fremde' in Europa und hierzulande, welches uns aus vergleichsanalytischer Sicht eben auch immer wieder in besonders 'befremdlicher' Weise bei uns selbst und dem uns selbst zuweilen wieder fremd werdendem 'Eigenen', begegnen kann.
Haben wir es hier einfach nur mit einem vorurteilsgeladenen 'Reinigungsprozess' zu tun, der vielleicht in der DDR, insbesondere im Zusammenhang mit der in bestimmten ablehnenden Folklore-Dogmatismen so fest verfangenen Singebewegung, bereits in so perfekter Weise vorbereitet oder 'vororganisiert' worden war, dass dem dann auch von den dann eigentlich doch eher gegensinnig ausgerichteten Folk-Musikanten gar nichts mehr entgegengesetzt werden konnte? Oder ist dies eher aus einer wiederum szenetypischen Vorurteilshaltung innerhalb gerade dieser 'neofolkloristischen Nachfolge Bewegung' selbst zu erklären, - oder vielleicht auch wieder nur ganz anders wirklich adäquat zu verstehen?
Vielleicht kann man dabei auch wieder vergleichend bedenken, dass es in der DDR durchaus gängig war, ein doch eher schlicht anmutendes russisches Volksinstrument als pflichtverbundenes Symbol der politischen Freundschaft mit der Sowjetunion zu empfinden und zu handhaben, es dabei aber völlig fern lag, etwa auch den besonderen musikantischen Umgang mit der vergleichsweise hochkomplizierten deutschen Tischzither als politisch ebenfalls bedenkenswertes Beispiel, oder gar noch als 'symbolhaft', im Zusammenhang mit einer besonderen antifaschistischen Widerstandsaktivität wahrnehmen zu können? Denn schließlich hatte gerade H. Elser, dieser immer wieder allzu leicht vergessene Hitlerattentäter, genau dieses Musikinstrument gespielt. Dieser schwäbische Arbeitermusikant, ein ansonsten eher stiller Einzelgänger, wurde auch während seinen, sich heimlich und unermüdlich über Jahre hinziehenden akribischen Bemühungen zu wohlüberlegt gezielten Attentatsvorbereitungen in Richtung auf die unbedingte Vernichtung eines politischen Ungeheuers, unter einigen seiner Zeitgenossen eben dadurch als bemerkenswert wahrgenommen, dass er als Tüftler zuweilen auch auf seiner Zither spielte. Er ist uns aber heute (wenn überhaupt noch) des Gedenkens lediglich als vielleicht allzu außenseiterischer, aber doch bemerkenswert raffiniert-zielstrebiger Bombenbastler und Antifaschist wert, dem wir dabei aber kaum als Spieler dieses traditionellen Volksinstrumentes gedenken. Dieses Instrument steht dabei freilich auch bis heute, zumal in seiner Heimat selbst, sehr stark im Lichte dieser wiederum spezifisch deutschen 'Volkstümlichkeits-Mentalität', innerhalb derer eben gerade solche Zithern wiederum eher in einem in selbstverständlicher Weise 'völlig unpolitischen Volksmusikanten-Zusammenhang' (mehr vielleicht noch im Wortsinne von wiederum 'volkstümelndem Musikantentum') eingebaut und betrachtet werden, innerhalb dessen man dann gottlob völlig sicher sein kann, dass dortiges musikantisches Tun, in offiziell-medial abgesegneter Weise, gottseidank überhaupt gar nichts mit Politik zu tun zu haben hat…
Wobei ich eben hoffe, dass auch meine hier so umständlich niedergeschriebenen Wortkombinationen doch vielleicht deutlich machen können, wie leicht und wie so oft auch leichtsinnig (oder eben auch 'leitsinnig') manche von uns sich doch ohne weiteres dem verheerenden Einfluss von bestimmten, apologetisch konstruierten Vorurteilen auszuliefern vermögen und sich dabei dann auch selbst für humanere Realitäten allzu leicht blind machen.
In der DDR aber hätte gerade auch ein derartiger antifaschistischer Bedeutungsbezug zu einem solchen Instrument und dabei eben auch zu einem in diesem Sinne 'auch in aller Stille mitwirkenden Musikantentum' eigentlich doch auch in anderen Wertungszusammenhängen wahrgenommen werden können, wobei dabei eben vergleichsweise zu bedenken sein kann, mit welchen doch wieder ganz anderen Musikinstrumenten wohl in den Kreisen derer umgegangen wurde, die nun heute in Deutschland in immer wieder besonders hervorgehobener Weise als die eigentlich bedeutungsvollen Bomben-Attentats-Helden des Widerstandes gegen das Hitlerregime bedacht und geehrt werden, und deren Verdienst dabei eben vor allem immer wieder in Hinsicht auf die Bedeutung ihrer aus spätem Gesinnungswandel bzw. aus 'Gesinnungsveränderungen' (bzw. bestimmter Umproportionierungen ihrer Gesinnungsstrukturen) erfolgenden Anti-Hitler-Handlungen für die 'Ehrenrettung Deutschlands', im Sinne eines Elite-orientierten und letztlich eben doch elitären bürgerlichen Politik- und Geschichtsverständnisses, betont werden. Also eben Denk- und Würdigungsformen, die einem eher kommunistisch orientierten, plebejischen Zither-Spieler einfach nicht 'zustehen' und in dieser Weise freilich auch nicht zugeordnet werden könnten.(24)
Dazu muss ich natürlich wieder anmerken, dass eben gerade in der DDR in derartiger Hinsicht bereits gänzlich andere, also nicht nur auf einseitig bestimmten Eliten zuzuordnende Aktivitäten orientierte Denk- und Würdigungsformen zu geschichtlichen Vorgängen möglich - wenn auch keineswegs immer in kulturvoller Weise üblich - waren. Wenn ich dabei dann - so wie ich schließlich gerade eben noch formuliert und auch verschiedenartig kommentiert habe - auch an das 'besondere Licht' denke, in welches bestimmte Musikinstrumente innerhalb bestimmter Mentalitätszusammenhänge geraten oder auch gestellt werden können, so muss ich dabei auch sofort daran denken, dass wiederum gerade die Waldzither manchmal in bestimmten Darstellungen als ein Vorzugsinstrument der antifaschistisch gesinnten "Edelweiß-Piraten" hervorgehoben wird, was man - ob diese 'Edelweiß-Piraten-Waldzither-Darstellungen' nun als zutreffend gelten können oder nicht - etwa von einem solchen Instrument wie der hier bedachten Griffbrett-Tischzither doch wohl kaum jemals in dieser politisch prounoncierten Art und Weise hören oder etwa sagen könnte. Aber auf eine solche Art von zwar manchmal durchaus möglicher, aber eben allzu leicht auch nur 'angelegentlich-angefügter' und subjektiv aufgesetzt-oberflächlicher Polit-Positionierung eines Musikinstrumentes will ich eben gerade nicht hinaus.(25)
Mir waren da bezüglich der Waldzither eben doch gänzlich andere Erkenntnisse und Bedeutungsbelegungen wichtig, die allerdings ebenfalls in politischen Zusammenhängen gesehen werden müssen und, meiner Auffassung nach, eben auch in entsprechend kulturpolitischer Weise bedacht werden sollten. Und - wie ich auch heute noch meine - eben gerade auch in der DDR eingehender in diesem Sinne hätten bedacht werden können.
Und insofern wollte ich dann auch die Optik, in welcher ich die Waldzither in der DDR letztlich, sowohl als politisch engagierter Musikant als auch als ebenso politisch engagierter Wissenschaftler, sah, und so auch anderen Menschen sowie eben auch meinem Staat entsprechend nahe legen wollte, auch in einer ganz bestimmten Weise ausrichten. Ein Blickwinkel welcher freilich wiederum - wenn auch in durchaus anderer Weise als soeben an bestimmten Beispielen geschildert und kommentiert - von dezidiert politischer Art war. Meine Ansichten und Argumentationen liefen dabei im Wesentlichen auf Folgendes hinaus:
Wenn wir die Geschichte Europas betrachten, so können wir insbesondere in der Renaissance, neben der bereits seit dem Mittelalter etablierten, gebauchten Knickhalslaute, welche wir wohl wesentlich dem Vordringen des Islams bzw. den Arabern zu verdanken haben, auch eine andere besondere europäische Instrumentenentwicklung vermerken, welche in spezieller Weise zur Cister geführt hat. Ein ganz besonderes und neuartiges "Hals-Saiteninstrument" - in der robusten Konstruktionsform eines Klangkastens mit flachem Boden und (meiner Auffassung nach gerade auch dadurch umso besser und sicherer möglich gewordener) überständiger Metallsaitenbespannung -, welches damals auch weitgehend ins Zentrum des musikalischen Geschehens vorrücken konnte und dem dabei dann, neben seiner robusteren Existenzweise als spezifisches "Laien-Instrument", auch eine durchaus 'höfische' Karriere' als wiederum filigran gestaltetes Musikinstrument im Sinne eines höheren kulturellen und musikantischen Stellenwertes bzw. als ein 'an Fürstenhöfen anzutreffender Kunstgegenstand' zugemessen werden kann. Ein Instrument, welches in diesem Zusammenhang damals auch in einer zuweilen bis heute unübertroffenen kunsthandwerklichen Perfektion hergestellt und auch dementsprechend hervorgehoben wurde, und in diesem Sinne dann wohl auch nicht einfach als "Volksmusikinstrument" gelten könnte. Heute können wir bei dieser spezifischen Instrumentalkonstruktion jedoch davon ausgehen, dass sie hinsichtlich ihrer jeweiligen Instrumentalformen im Verlaufe der weiteren Entwicklung dann wiederum von der Gitarre verdrängt wurde und dabei auch ihre Position als spezifisch höfisches und sozial 'höhergestelltes' Musikinstrument zunehmend verlieren musste. Aber diese immer noch bemerkenswert spezielle Musikinstrumentenkonstruktion ist nun als einfacheres Volksmusikinstrument in den verschiedenen Regionen Europas, insbesondere auch in Deutschland, anzutreffen. So kann man durchaus sagen, dass die Cister, als ein ehemaliges Instrument aus der Musikkultur sozial höher rangierender Herrschaftsschichten, inzwischen eher als Volksinstrument, und so eben auch als ein Instrument von Arbeitern und Bauern weiterexistiert, wobei man diesen grundsätzlichen Sachverhalt freilich auch (etwa wenn man solche, politisch vielleicht allzu verdächtigen Begriffskombinationen wie "Arbeiter und Bauern" lieber vermeiden möchte) in andere Worte kleiden kann, mit denen dann vielleicht auch die mit diesem Musikinstrument im Verlaufe der historischen Entwicklung umgehenden 'niederen Stände und Schichten' historisch jeweils noch differenzierter zu erfassen sind.
Wenn wir diese spezifisch europäische Instrumentalentwicklung nun insbesondere in Hinsicht auf Deutschland bedenken wollen, so treffen wir hier wiederum unweigerlich auf die von mir bereits hervorgehobene organologische Besonderheit der Neunsaitigkeit unserer deutschen Variante von europäischer Cister, - dann aber unvermeidlicherweise auch auf bestimmte weitere Besonderheiten sozialökonomischer und sozialpolitischer Art(26) die dann, wenn man auch gewillt ist die Wirklichkeit geschichtlicher Entwicklungen entsprechend ernst zu nehmen, letztlich auch den 'ersten Arbeiter und Bauern Staat auf deutschem Boden' in besonderer Weise betreffen. Und da kommen dann wiederum bestimmte Besonderheiten zusammen, welche insofern auch in besonderer Weise zu bedenken sind. Ich habe dabei immer wieder Wert darauf gelegt, deutlich zwischen eher 'politisch abstrakten' und 'sozialökonomisch konkreten' Erwägungen, Abwägungen und Forderungen zu unterscheiden. Denn die politisch zwar irgendwie 'konsequent' anmutende, aber letztlich eben doch wieder abstrakt bleibende Vorstellung oder auch Forderung, dass sich also ein deutscher "Arbeiter- und Bauernstaat" letztlich doch auch eines deutschen 'Arbeiter- und Bauern- Musikinstrumentes'(27) ernsthaft und kulturfördernd annehmen müsse, könnte in dieser Form wohl letztlich nur von solchen politischen Verantwortungsträgern ernst genommen werden, welche dabei von dem entsprechenden Musikinstrument selbst wohl wiederum weniger verstehen und also letztlich eben auch selbst dabei wiederum nicht ernst zu nehmen wären. Ganz anders aber - so sah ich hier die Lage der Dinge - verhält es sich nun, sobald man die konkreten Verhältnisse und Bedingungen zu diesem Instrument in der DDR genauer bedenkt und dann auch Entsprechendes zu bedenken geben möchte.
Da kommen dann zumindest die folgenden besonderen Faktoren zusammen:
Gerade in der DDR existiert doch die besondere Instrumentalvariante der "Thüringer Waldzither", welche eben in Thüringen, aber auch im Harz und im Vogtland durchaus noch bekannt ist. Zudem gibt es gerade im Vogtland eine alte Tradition des Musikinstrumentenbaus, innerhalb derer eben auch dieses Instrument ständig produziert wurde. Und im Zusammenhang mit der inzwischen dann doch so offensichtlich 'DDR-amtlich' geförderten Neofolk-Bewegung gibt es nun auch ein verstärktes Interesse jugendlicher Musikanten an diesem Instrument. Was sollte der Staat also tun? Sollte er bei dieser Lage der Dinge einfach weiterhin diese der staatlich organisierten Planwirtschaft unterliegende vogtländische Produktion traditioneller deutscher Volksmusikinstrumente, so wie bislang vorwiegend gehandhabt, vornehmlich im Sinne eines schnellen Devisenerwerbs organisieren, um diese Instrumente dann weiterhin außerhalb des Landes zu verkaufen, oder aber nun Planung, Produktion und Verkauf solcher Instrumente auch im Sinne einer DDR-angemesseneren und strategisch durchdachteren Kulturpolitik organisieren, wobei dann doch gerade auch das inzwischen neu entstandene Interesse traditionell orientierter, jüngerer inländischer Musikanten sowohl befriedigt als auch, im Sinne der Erhaltung und Pflege nationaler kultureller Werte, genutzt und weiterentwickelt werden könnte… Und da kann man sich dann auch entscheiden, ob diese inzwischen doch so offensichtlich erforderliche Veränderung von Planung, Produktion und Verkauf zu diesem Musikinstrument nun lediglich aus dem Blickwinkel einer taktisch gebotenen 'Befriedigung aktueller jugendlicher Musikinstrumentenkaufwünsche' oder eher im Sinne der verfassungsgemäß bestehenden Verpflichtung zur Wahrnehmung staatlicher Verantwortung im Sinne einer generell kulturvolleren und ökonomisch abgesicherten Pflege und Erhaltung bedeutungsvoller Werte nationaler Kulturtraditionen, oder eben auch aus der vielleicht eher als 'revolutionär-proletarisch' zu verstehenden, prinzipiellen Verpflichtung eines Arbeiter- und Bauern Staates, seinen Arbeitern und Bauern auch solche besonderen 'Arbeiter- und Bauern- Musikinstrumente' zur Verfügung zu stellen, zu begründen und zu konzipieren sei…
In diesem unterschiedlich zu polarisierenden Spannungsfeld verschiedenster Betrachtungs- und Begründungsmöglichkeiten sowie verschiedenartigster Bedeutungsbelegungen, habe ich immer wieder versucht, dazu eine besondere 'Windbeutelei' einzubringen, in dem ich dieses besondere Musikinstrument oft und gerne, sowohl bei Jack & Genossen, innerhalb der damaligen Strukturen der Singebewegung als dann auch bei der Gruppe Windbeutel, innerhalb der alsbald auch zunehmendere Aufmerksamkeiten auf sich ziehenden 'Neofolklore-Szene', immer wieder in einer ganz bestimmten Weise, als das 'eigentliche DDR-Nationalinstrument' vorgestellt und kommentiert habe: Ein in seiner Eigenart eigentlich besonders beachtenswertes, dabei aber auch immer leicht zu verwechselndes und in seiner Bedeutung oft unterschätztes und missverstandenes traditionelles deutsches Volksmusikinstrument, welches allein schon von dieser mehrschichtigen Konflikt-Sicht her, als überaus 'DDR-typisch' und 'DDR-symbolisch' gelten kann, - insbesondere aber auch insofern in einem solchen Lichte gesehen und hervorgehoben werden sollte, als dass die DDR selbst dies alles offenbar noch gar nicht so richtig weiß und begriffen hat…
Und dies ermöglichte mir dann auch immer, all die hier bereits kommentierten Problemkonstellationen und Konfliktpositionen sowohl mit kritischer Sicht auf offensichtlich völlig 'verständnislose' Verantwortungsträger als auch den von daher erfolgenden, letztlich völlig 'unverständlich' bleibenden 'staatspolitischen Weichenstellungen' deutlich zu machen, und dabei auch für jedermann offen zu lassen, ob dies nun lediglich als übertriebener 'politischer Gag' und 'quasi kabarettistische Zwischenanmerkung' zu einem dann von mir mit diesem Instrument vorgetragenen Musikstück, oder doch eher als ein ernsthaft zu bedenkendes Beispiel von bestimmten, immer wieder unbewältigt bleibenden DDR-typischen Problemkonstellationen zu verstehen ist, die aber eben doch im Sinne der DDR zur Auflösung und zur kulturvoll-progressiven Weiterentwicklung gebracht werden sollten und müssen, was dann eben auch durch die auf diesem Instrument vorgetragene Musik unterstrichen und gefördert werden kann…Also auch eine Windbeutelei, welche sich, innerhalb des allgemeinen Spannungsfeldes der politischen Verhältnisse in der DDR, in besonderer Weise im Konfliktfeld unterschiedlicher Haltungen und Tendenzen von FDJ-Singebewegung und jugendlicher Neofolk-Bewegung bewegte, denn beide tendierten wohl jeweils zu ganz anderen Wegen und Formen des 'Auf-die-Bühne-Stellens' oder auch des 'Zur-Sprache- Bringens' von konkreten DDR-Widersprüchlichkeiten, und - wie ich bereits deutlich machen wollte - eben auch zu einer dementsprechend jeweils ganz unterschiedlichen Musizierkultur.
Gemessen etwa am Credo der FDJ-Singebewegung würde da ja immer wieder der politische Auftrag an möglichst profilierte Lyriker und/oder Liedermacher anstehen, jeweils einen auf hohem künstlerisch-ästhetisch-agitatorisch-propagandistischen Niveau gestalteten Text zu entsprechend anstehenden Problemen zu erarbeiten, als dessen "musikalisches Transportmittel" dann vielleicht auch mal eine traditionelle deutsche Volksliedweise akzeptiert werden könnte und dabei nur zu begrüßen wäre, wenn diese auch noch hoch qualifiziert und virtuos dargeboten werden könnte, wohingegen die Neofolkloristen wohl eher dazu tendierten, eben auch Waldzithern einfach für ihr rebellisches musikantisches Tun zu nutzen, ohne sich dabei in erster Linie um die Selbstherstellung kulturvoll-ästhetischer Texte, und auch nicht immer um die handwerklich-musikantische Kultivierung ihres Instrumentalspiels, zu sorgen.
Und in den Extremfällen solch unterschiedlicher Tendenzen konnte es dann innerhalb der konkreten DDR-Wirklichkeit letztlich auch alsbald geschehen, dass die Leute den 'politisch bewusst nach vorne und in die Zukunft schauenden' Liedermacher-Poeten allmählich davonliefen, um dann lieber zu den Folklore-Event-Orten zu eilen, wo eher Mittelalterliches und längst Vergangenes zelebriert wurde, dabei aber auch geschehen konnte, dass dortige Musikanten, als Höhepunkt ihres Auftretens, auch mal ihre Musikinstrumente vor den Augen aller Zuhörer zerschmetterten, um ihren Fans zu demonstrieren, dass sie ihre Vorbilder auch in den Gegenwärtigkeiten des internationalen Musikbetriebes zu finden wissen; - alles Tendenzen und Realitäten, die einem in dem auch immer wieder irgendwie von bestimmten Minderwertigkeitskomplexen belasteten Kulturgeschehen in der DDR auch tatsächlich begegnen konnten.
Mein Waldzither-Anliegen konnte dabei, nicht nur in beiden Extremen, sondern auch in beiden unterschiedlichen Musikszenen, aber eben auch in manchen Institutionen, nicht nur zuweilen auf Unverständnis, sondern auch auf Unwilligkeiten und Abgeneigtheiten stoßen. Denn meine Ambitionen zu diesem Musikinstrument in der DDR waren in untrennbarer Verknüpfung mit bestimmten musikantischen Vorlieben eben stets auch aus unverhohlen dargelegten kulturpolitischen Auffassungen gespeist und dann eben auch in entsprechender Weise fokussiert.
Um all dies, was ich bislang dazu in eher grundsätzlicher und zuweilen wohl auch methodologisch abstrakter Weise zu verdeutlichen versucht habe, nun auch wieder mit konkreten persönlichen Einzelerfahrungen und Erlebnissen innerhalb des von mir umrissenen spezifischen 'DDR-Spannungsfeldes' zu illustrieren und zu belegen, möchte ich jetzt auf bestimmte ausgewählte Erfahrungsbeispiele aus unterschiedlichen Bereichen meines Engagements zu diesem Volksinstrument zu sprechen kommen, von denen ich jeweils meine, dass sie wohl alle nur unter Beachtung ihrer 'DDR-Spezifik' angemessen verstanden werden können und gerade in diesem Sinne eben auch zu den hier zu behandelnden 'Eigentümlichkeiten' des Umgangs mit diesem Instrument in der DDR zu zählen sind.
Da ich dies nun auch ganz unverhohlen aus meiner subjektiven, also 'objektiv-persönlichen' Erinnerungssicht und im Rückgriff auf meinen spezifisch zustande gekommenen eigenen 'Erfahrungsschatz' unternehme, möchte ich dazu auch wieder auf eine dementsprechend grundsätzliche Haltung verweisen, zu der ich mich bereits in meinen Erinnerungen zu Jack Mitchell erklärt hatte.(28)
In diesem Sinne möchte ich also nun in detaillierterer Form auf einige ausgewählte Erlebnisse und Erinnerungen bzw. bestimmte 'Vergleichsbeispiele' zu meinem entsprechenden Wollen und Argumentieren innerhalb verschiedenartiger Wirkungsebenen der DDR-Gesellschaft eingehen und mich dabei insbesondere zu meinen diesbezüglichen Erfahrungen
  1. hinsichtlich des Rundfunks der DDR,
  2. hinsichtlich des Leipziger "Zentralhauses für Kulturarbeit" und der dort angesiedelten "Zentralen Arbeitsgemeinschaft für Musikfolklore der DDR",
  3. aus einer diese Probleme in spezieller Weise tangierenden "Beratung" in der Kulturabteilung des ZK der SED sowie
  4. dann auch aus meinen entsprechenden Aktivitäten und Vorstellungen im Zusammenhang mit der "ZAG -Arbeitsgruppe Musikfolkloristisches Instrumentarium" äußern.
Dabei lassen sich die hier genannten ersten drei Erinnerungskomplexe immer noch dem eingangs genannten zweiten Haupt-Aspekt meiner 'Eigentümlichkeitsdarlegungen' zuordnen, wohingegen der vierte hier genannte Komplex dann bereits zum eingangs genannten dritten, und dann auch zum vierten Haupt-Aspekt überleitet.
*
Zur Schilderung des aus meiner Erfahrung charakteristischen Verhaltens von Mitarbeitern des Rundfunks der DDR möchte ich mich zunächst auf ein Beispiel beziehen, welches zwar mit wichtigen Instrumenten, aber noch nicht mit Musikinstrumenten zu tun hat.
Ich denke da an ein bestimmtes Friedenskonzert mit verschiedenen Folkloregruppen, welches im Hofe des Berliner HdJT`s, stattfand. Eine Veranstaltung, welche gerade in der Zeit organisiert wurde, als bestimmte Kirchenfunktionäre in der DDR (aus meiner Sicht in durchaus ähnlicher Art und Weise wie ansonsten auch manche kampagnenfixierte FDJ-Funktionäre agierten) zunächst bestimmte kirchlich gesinnte Jugendliche, dann aber eben auch viele andere, durchaus weniger kirchenorientierte Jugendliche, mit den alsbald von viel Aufsehen und nachfolgender Aufregung begleiteten "Schwerter zu Pflugscharen"-Ärmelaufnähern ausstatteten. Diese dann immer unübersehbarer werdende Aufregung war dabei allerdings keineswegs einfach das Ergebnis des Wirkens von cleveren Kirchenfunktionären, sonder eher das Ergebnis eines überaus dogmatisch-bornierten und eben auch reichlich unüberlegten Verhaltens von bestimmten Staatsfunktionären, gegen deren offensichtlich völlig unangemessene Reaktionen auf derartige Aktivitäten der DDR-Kirche dann zwangsläufig auch immer mehr Jugendliche mit diesen, inzwischen umso effektiver von Kirchenfunktionären verteidigten und verteilten Symbolen, protestierten. Und dementsprechend 'friedensengagierte' Folk-Fans saßen natürlich auch unter dem damaligen Publikum im Hofe des HdJT. Die Gruppe Windbeutel hatte dazu - durchaus im deutlichen Unterschied zu anderen damals auftretenden Folk-Gruppen - auch bestimmte traditionelle Arbeiterlieder vorbereitet. Und in der Ansage zu einem unserer Lieder (Brüder seht die Rote Fahne) sprach ich dann darüber, wie sich hier ein amerikanisches Kriegs- und Soldatenlied zu einem internationalen Arbeiterlied gewandelt hat, in welchem eine alte Friedens-Forderung der Arbeiterbewegung besungen wird, nämlich: "Schwerter künftig umzuschmieden"… und hier wurde natürlich sofort deutlicher Beifall hörbar, welcher dann auch weiter aufbrauste und letztlich von allgemeinem Gelächter begleitet und unterstützt wurde, als ich diesen kurz unterbrochenen Satz dann mit den Worten: "… umzuschmieden zu Hammer und Sichel" beendete.
Dieses offiziellerseits zweifellos als besonders wichtig angesehene Friedenskonzert wurde damals natürlich vom Rundfunk der DDR zur alsbaldigen Ausstrahlung mitgeschnitten, und die dort mit ihrem Technikwagen anwesenden Rundfunkleute sagten mir dann (ebenso wie viele andere meiner dortigen Bekannten und Freunde), dass sie unser Auftreten "genau richtig und wunderbar…" empfunden hätten, wobei mir seitens dortiger Sendungsverantwortlicher des DDR-Rundfunks aber auch sofort mitgeteilt wurde, dass meine Friedenslied-Ansage "in der gegenwärtigen politischen Situation" allerdings keinesfalls gesendet werden könne…
Soweit zur Vorgeschichte dessen, was ich nun wiederum im analogen Medien-Zusammenhang zu den 'Eigentümlichkeiten des Umgangs mit der Waldzither in der DDR' schildern möchte.
Dazu möchte ich zunächst auf Veranstaltungssituationen, die ich vor allem mit Jack & Genossen erlebt habe, eingehen. Veranstaltungen, welche dann auch wieder von ganz anderer Art sein konnten. Diese Gruppe des in der DDR zweifellos in besonderer Weise geschätzten und auch dementsprechend spezifisch bekannten Liedermachers und Sängers Jack Mitchell wurde zuweilen auch zu bestimmten, durchaus 'hoch angebundenen', nahezu 'staatsoffiziellen' Auftritten eingeladen oder eben auch 'eingesetzt'. So wirkten wir beispielsweise auch in einer für mich persönlich in besonderer Weise bedeutungsvollen,(29) Konzertveranstaltung mit, die in der Akademie der Künste der DDR zu Ehren von Mikis Theodorakis, im Zusammenhang mit einer dort an ihn verliehenen Auszeichnung, veranstaltet wurde, und - um auch noch andere Beispiele von 'DDR-Hochangebundenheit' zu nennen - wir traten verschiedentlich auf Großveranstaltungen, etwa zusammen mit Dean Reed oder Manfred Krug usw., auf. Hier geht es mir nun wieder um eine besondere 'Staatsfeiertags-Festveranstaltung', die vom ZK der SED im Zusammenhang mit der Verleihung von Orden und Auszeichnungen an verdiente Parteiveteranen veranstaltet wurde und in einem festlich ausgestalteten Saal stattfand, welcher nun voller feierlich gekleideter älterer Frauen und Männer war, die alle auch aus diesem Anlass ihre verschiedenen älteren, aber nun eben auch frisch verliehenen neuen Orden und Auszeichnungen trugen. Jack hatte wieder ein internationalistisch ausgerichtetes Liederprogramm zusammengestellt, und als die Reihe an das erste deutsche Volkslied kam,(30) nahm ich natürlich wieder die Gelegenheit war, nun genau alles das über die Waldzither zu erzählen, was ich auch auf sonstigen kleineren Konzertveranstaltungen, ob nun in Jugendklubs oder in Altersheimen etc., zur DDR-Spezifik dieses Instrumentes bzw. zu diesem 'DDR-Nationalinstrument' gerne in meinen Ansagen unterbrachte. Der Unterschied auf dieser Veranstaltung bestand dabei freilich für mich darin, dass ich mir hier dafür viel mehr Zeit nehmen konnte und da außerdem - ähnlich wie auf der erwähnten Festveranstaltung zu Ehren von Mikis Theodorakis(31) - in besonderer Weise von dem sicheren Gefühl des 'Unter-sich-und-gemeinsam-Seins' getragen war, in welchem ich hier dann auch während meiner Erklärungen durch ein vielfaches freundliches Lächeln und zuweilen aufleuchtende Augen aus Gesichtern älterer Menschen, die den deutschen Faschismus in der Emigration, im deutschen Widerstand und/oder in deutschen Gefängnissen und Konzentrationslagern überstanden hatten, bestärkt wurde. Und gerade aus diesem sicheren Gefühl heraus sprach ich dann auch hier in der gleichen Weise und mit den gleichen Worten, wie ich das auch ansonsten zu diesem Thema bevorzugte…Ich sagte also auch hier wieder, dass dieses besondere DDR-Instrument aber leider in der DDR nur schwer zu haben ist, weil es eher 'für Devisen verhökert' wird, und sprach dann also auch weiter darüber, wie "typischerweise blöd wir uns als DDR doch manchmal anstellen, wenn unsere eigenen wertvollen Besonderheiten und Möglichkeiten von uns nicht mehr als entsprechend wertvoll erachtet werden und uns dabei doch auch ansonsten allzu oft die manchmal letztlich doch wirklich wichtigen Dinge, auf die es ankommt, aus den Augen geraten können…" Und natürlich wurde dies alles mit deutlichem Beifall unterstützt, in den hinein wir dann auch wieder zu singen begannen.
Im Anschluss an diese Veranstaltung sprachen mich noch zwei von diesen älteren Genossen meiner Partei an, um mir ihre Freude über die Wiederbegegnung mit diesem Instrument mitzuteilen und erzählten berührt über die Waldzithererinnerungen aus ihrer Jugend.(32) Heute gehört natürlich diese damalige Begegnung auch zu meinen, mich in besonderer Weise berührenden, Waldzither-Erinnerungen, zu welchen ich aber nicht losgelöst von wieder anderen Erinnerungen nachsinnen kann. Denn sofort rückt mir wieder, gerade im Zusammenhang mit genau dieser damaligen 'Generationen-Begegnung', auch eine einige Jahre später stattfindende besondere 'Rundfunk-Situation' zur Waldzither in den Sinn.
Ich muss dabei an eine dieser damals durchaus häufigen Jugendfolklore-Sendungen des DDR-Rundfunks denken innerhalb derer bestimmte dazu eingeladene 'Folk-Spezialisten' über besondere Ereignisse und Entwicklungen innerhalb der damaligen DDR-Folkszene sowie über bestimmte Lieder und besondere Musikinstrumente berichteten und diskutierten.(33)
Dazu wurde auch ich immer wieder eingeladen, um dann dort über jeweils von mir zu diesen Sendungen mitzubringende selbstgebaute Musikinstrumente wie Quenas, Bambusquerflöten, Mirliton-Flöten, Slide-Whistles, Brummtöpfe, Maultrommeln, Panflöten, Schalmeien und Dudelsäcke usw. zu sprechen.
Zu der von mir hier bedachten Rundfunksendung ging es diesmal aber auch um die Waldzither, denn die Redaktion hatte für diese Sendung eine besondere Aufnahme der Gruppe Windbeutel herausgesucht und vorgestellt. Ein von Gabi Martin gesungenes und mit ihrem Gitarrenspiel begleitetes, italienisches Arbeiterlied, zu welchem ich zusätzlich begleitend Waldzither spielte. Also auch eine Aufnahme, welche meinen Anliegen und Vorstellungen, sowohl in Hinsicht auf die inhaltliche Konzeption unserer Gruppe als auch in Hinsicht auf meine Auffassung, wie dabei die Waldzither eingesetzt werden kann, in besonderer Weise entgegenkam. Mir war es immer wichtig zu verdeutlichen, dass dieses 'DDR-Nationalinstrument' eben nicht nur für deutsche Lieder besonders gut geeignet sein kann, sondern sowohl in Hinsicht auf seine umfassendere europäische Vorgeschichte als auch in Hinsicht auf seine spezifischen musikantischen Möglichkeiten (ähnlich wie die Gitarre - insbesondere aber in 'musikantischer Zusammenarbeit' mit dieser) auch für internationale Volkslieder in besonderer Weise geeignet sein kann und beispielsweise in unserer Gruppe insbesondere auch für die von Gabi Martin immer wieder gesungenen italienischen, spanischen, portugiesischen, lateinamerikanischen, aber eben auch slowakischen, bulgarischen und russischen Volkslieder eingesetzt wird. Und dabei konnte ich mir natürlich auch nicht verkneifen, dabei anzumerken, dass es vielleicht gerade auch in diesem 'besonderen internationalistischen Sinne als ein spezifisches DDR-National-Instrument' angesehen werden sollte. Außerdem konnte ich an diesem, nun im Rundfunk vorgestellten Beispiel, auch die Gelegenheit nutzen, hier auf ganz unterschiedliche Spieltechniken zu diesem Instrument aufmerksam zu machen, denn gerade bei dieser, hier vom Rundfunk ausgewählten Aufnahme war gut zu vernehmen, dass ich meine Waldzitherbegleitung von Strophe zu Strophe jeweils anders (also anfangs eher 'rhythmisch schlagend' und dann in unterschiedlicher Weise 'rhythmisch zupfend') angelegt hatte. Und letztlich konnte ich es mir dann auch hier nicht verkneifen, anzumerken, dass dieses traditionelle deutsche Volksinstrument inzwischen zwar von verschiedenen jüngeren Folk-Gruppen in der DDR wieder verwendet wird, aber im Musikinstrumentenhandel des Landes leider nur selten anzutreffen ist, da es - so drückte ich mich diesmal aus - "eher für Devisen ins Ausland verscheuert wird"…
Im Unterschied zu der hier verglichenen früheren Veranstaltung mit Jack & Genossen ergab meine nunmehrige Anmerkung zu diesem notorischen 'Waldzither-Missstand', der sich inzwischen ja auch weiter verschärft hatte, nun völlig andere Reaktionen. Seitens des Rundfunks wurde ich hier sofort 'zurechtgewiesen', dass man "so etwas doch nicht in einer Live-Sendung sagen könne" - unter anderem von der gleichen Moderatorin, die mir auch zu meiner 'Hammer und Sichel Ansage' mitgeteilt hatte, dass diese nicht gesendet werde könne. Und diese Kritik wurde auch sofort von den eingeladenen Gesprächspartnern (zu denen neben den auch ansonsten beim Rundfunk arbeitenden "Folk-Spezialisten" wie Manfred Wagenbreth und Hanni Bode auch verschiedene Mitglieder der ZAG-Musikfolklore gehörten) unterstützt. Mir konnte zwar nicht widersprochen werden, als ich dann (nun freilich nicht mehr 'auf Sendung') von einem doch offensichtlich 'devisenpolitisch organisierten Musikinstrumentenmangel' sprach, aber mir wurde eben auch vorgehalten, dass ich mit solchen Äußerungen doch nun auch "die ganze Folklorebewegung in der DDR gefährden" würde…usw.(34) Innerhalb derartiger, in der Realität immer widersprüchlicher werdender und dann auch bis zu offensichtlichen Widersinnigkeiten ausartenden Entwicklungen, konnte bzw. musste es dann auch wieder als 'logische Konsequenz' erscheinen, dass dann in der verantwortlichen Rundfunkredaktion beschlossen wurde, mich künftig für solche Sendungen nicht mehr einzuladen, - was mir alsbald 'inoffiziell-intern' zugetragen wurde und ich ohnehin dann auch in der weiteren Entwicklung erfahren konnte. Eine derartige Akzeptanz von 'logischen Konsequenzen' innerhalb realer Widersinnigkeiten schien mir dabei gerade bei den in spezieller Weise 'rundfunkgebundenen Gesprächsteilnehmern' dieser Sendung vorzuliegen. Sie konnten ihre mir vorgehaltenen Befürchtungen ja auch stets mit dem Verweis auf entsprechende "politische Erfahrungen" belegen. Erfahrungen, über welche auch immer wieder gerne in einer ganz bestimmten Art und Weise und einer dabei eben auch unübersehbar bzw. unüberhörbar 'elitär-eingeweihten' und in besonderer Weise als 'wohl-wissend' aufgemachten Form gesprochen wurde. Da mir die hier vielleicht als nahe liegend erscheinende Bezeichnung 'Doppelzüngigkeit' als nicht genügend zutreffend erscheint, möchte ich, ebenso wie ich dies auch damals, angelegentlich derartiger, in der Regel auch ganz unverbindlich spontan entstehender 'small-talk'-Entwicklungen' zuweilen in provokant angelegter Weise getan habe, derartiges Gebaren eher als 'scheinrebellisch-realsubaltern' bezeichnen, wobei ich natürlich (zumal aus einer Vielzahl entsprechender sonstiger Erfahrungen in der DDR) wusste, dass genau eine solche geistige Unkultur der Akzeptanz von solcherart 'logischen Konsequenzen' innerhalb einer in deutlicher Weise immer widersinniger und inkonsequenter geratenden Wirklichkeit von Unterordnungswilligkeit, sich dann auch in Form von weiteren Bewusstseins- und Verhaltens-Deformierungen auswirken wird. Aus dieser Sicht möchte ich - immer noch bezogen auf diese damalige 'Waldzither-Rundfunksituation' - nun auch noch auf eine entsprechende andere Vorgeschichte dazu eingehen, indem ich meine Bemühungen zur Waldzither aus der Zeit, als ich noch Vorsitzender der damals frisch eingerichteten (36) "Zentralen Arbeitsgemeinschaft für Musikfolklore der DDR" war, schildere.
Im Zusammenhang mit der damals von mir eingeleiteten Gründung einer speziellen ZAG Arbeitsgruppe "Musikfolkloristisches Instrumentarium" wurde in deren Konzeption damals natürlich auch die Beschäftigung mit der Waldzither fixiert und, ebenso wie das für die Beschäftigung mit Dudelsäcken inzwischen als selbstverständlich galt, nun auch beschlossen, für jede künftig von der ZAG vorzubereitende DDR-Folklorewerkstatt jeweils ein dazugehöriges besonderes Treffen der teilnehmenden Waldzither-Interessenten einzuplanen. Und derartige spezielle 'Waldzitherspieler-Workshops' gab es von da an dann ja auch regelmäßig zu allen diesen DDR-Folklorewerkstätten. In Hinsicht auf diese besondere "Arbeitsgruppe Musikfolkloristisches Instrumentarium" beschäftigte mich aber bereits damals schon, noch ein anderes, weiterreichendes 'Waldzitherprojekt', auf welches ich, wie bereits angemerkt, hier später noch, insbesondere im Zusammenhang mit dem dritten und vierten Haupt-Aspekt meiner Darstellungen, näher eingehen möchte.
In Hinsicht aber auf die "Gesamt-ZAG" (also nicht nur hinsichtlich dieser speziellen AG 'Instrumentarium') ergab sich nun, schon kurze Zeit nach deren Gründung, eine wiederum besondere 'Musikinstrumentensituation' für mich. Ich wurde eines Tages vom Zentralhaus in Leipzig mit der Forderung überrascht, nun, in meiner Funktion als Vorsitzender dieser ZAG, einen hier amtlich vorliegenden Fragebogen zum aktuellen Bedarf an Musikinstrumenten bei den von dieser ZAG zu erfassenden Jugend-Folkloregruppen auszufüllen und umgehend wieder abzugeben…Und als ich die völlige Unsinnigkeit einer derartigen Aufforderung deutlich machen wollte,(35) wurde mir wiederum verdeutlicht, dass ich aber als nunmehriger ZAG-Vorsitzender dazu verpflichtet sei. Und da mir hier doch offenbar gegenwärtig keine unmittelbar aktuellen Musikinstrumentenanforderungen seitens konkreter Gruppen bekannt seien, könne ich diesen Fragebogen-Bericht doch auch "guten Gewissens" in diesem Sinne ausfüllen und unterschreiben. Denn dieser Bericht müsse nun umgehend ordentlich weitergeleitet und "abgerechnet" werden.
Dazu habe ich natürlich die Frage gestellt, welchen Sinn dann aber ein solcher, hier als 'büroamtlich notwendig' ausgegebener Berichtsfragebogen überhaupt noch haben solle?
Ich gebe zu, dass ich damals durchaus wütend auf diese mir als besonders offensichtlich unsinnig erscheinende Form von 'offizieller Berichts-Anforderung' reagierte. Es kam dabei aber auch hinzu, dass ich mit dieser Art von bürokratisch fest eingebundenen, und dann auch bestimmten Funktionsinhabern immer wieder fest zugeordneten 'Berichterstattungsverpflichtungen' bereits meine Erfahrungen in verschiedenen anderen Bereichen der DDR-Gesellschaft gemacht hatte, und sich bei mir dazu bereits eine besondere persönliche Verhaltensweise herausgebildet hatte: Ich neigte generell zu der Ansicht, dass in dieser Art von in der DDR häufig anzutreffendem Selbstlauf eines bereits weitgehend sinnentleerten Berichtswesens offensichtlich schon ein derart fataler Zustand von perpetuierenden Selbsttäuschungsvorgängen in Gang gesetzt worden war, dass sich Derartiges - zumal in dem Verselbstständigungszustand, wie er sich offensichtlich bereits in diesem "Zentralhaus für Kulturarbeit" eingespielt hatte - letztlich nur noch tödlich auswirken könne, und mit sozialistischer Planung oder strategisch klug abgewogener Kulturpolitik ohnehin überhaupt nichts mehr zu tun haben kann, sondern sich letztlich nur noch weiter korrumpierend für alle daran Beteiligten auswirken wird. Beteiligte, welche dann dazu neigen, sich in derartigen Vorgängen immer wieder in spezifisch subaltern-gedankenloser Weise bestimmten Anforderungen von immer abstrakter werdenden Gremien und Obrigkeitsinstanzen zu beugen, ohne dass aber diese Obrigkeiten selbst noch in der Lage sein dürften, mit dieser gedankenlos gepflegten Unkultur der Fortführung sinnentleerter Berichteschreiberei irgend etwas wirklich Sinnvolles oder sonst irgendwie Effektives anfangen zu können.(36)
Gegenüber derartigen, immer wieder möglichen 'Anfechtungen' bzw. entsprechenden 'Berichtsanforderungen' hatte ich also auch schon seit Jahren eine speziell ausgeprägte Abwehrstrategie entwickelt, die ich persönlich für die richtige, wenn auch keineswegs immer für die dann dazu auch mühelos durchzuhaltende Position hielt: Immer da, wo ehrliche und sinnvolle Antworten offensichtlich nicht mehr möglich waren, versuchte ich auf derartige 'Berichtsaufforderungsanfechtungen' mit einer möglichst genau fixierten Gegenkonzeption zu reagieren, zu welcher ich mir aber auch selbst stets genügend sicher sein wollte, diese auch dann weiter vertreten und gegebenenfalls auch weiter durchhalten und verfolgen zu können, falls die mich befragende Instanz sich dazu dann vielleicht doch auch tatsächlich einmal 'nachfragend' äußern sollte, - was freilich nur sehr selten geschah.
In diesem Sinne machte ich dann also auch gegenüber dem Zentralhaus wieder deutlich, zu welchem 'Gegenvorschlag' ich nun gelangt bin, und dass ich diesen auch der ZAG vortragen bzw. zur Zustimmung vorlegen werde: Wenn also von mir hier, in dieser doch offensichtlich ganz unsinnigen 'Berichtsformular-Weise', verlangt wird, Auskunft über den derzeitigen Musikinstrumentenbedarf bei "Jugend-Folk-Gruppen" zu geben, so möchte ich für die Zukunft darauf bestehen, solche Bedarfswünsche nicht durch 'Berichtsnachfragen' bei der ZAG, sondern sinnvoller Weise doch bei den einzelnen Gruppen selbst zu ermitteln. Was aber den gegenwärtigen Zustand, insbesondere den aktuell so offensichtlichen Bedarf (bzw. den entsprechenden offensichtlichen Mangel) an Waldzithern betrifft (zu welchem ich mich schließlich schon seit Jahren immer wieder geäußert hatte), so bin ich mir sicher, dass beispielsweise durch die sofortige Bereitstellung von zehn Waldzithern sicherlich auch zehn Folk-Gruppen in der DDR unmittelbar geholfen werden könnte, und ich möchte in diesem Sinne der ZAG also vorschlagen, das Zentralhaus für Kulturarbeit entsprechend aufzufordern (bzw. 'zu bitten'), unverzüglich und ganz offiziell, zehn solcher Instrumente in Markneukirchen zu bestellen. Als Privatperson könnte ich dies ja ebenso wenig, wie eben auch jeder andere Waldzither-Interessent so etwas in der DDR nicht einfach selbst könnte. Aber eine zentralleitende, staatliche Kultureinrichtung wie das Leipziger Haus (oder anderenfalls dann eben das Kulturministerium, welches doch offenbar derartige Berichte anforderte) müssten dies doch können. Zumal dann, wenn sie dazu ausdrücklich von einem besonderen musikfolkloristischen Gremium, dessen gesetzlich klar formulierter Auftrag doch darin besteht(37) die staatlichen Kulturinstitutionen zu den Problemen und Fragen der Förderung dieser in der DDR neu entstandenen "Jugend-Folklore-Bewegung" zu beraten, entsprechend aufgefordert wurden.
Dabei wäre ich persönlich, falls sich hier tatsächlich spezielle büro- und finanztechnische Schwierigkeiten bei der dann erforderlichen unverzüglichen Bezahlung dieser zehn zu bestellenden Instrumente seitens der jeweiligen Interessenten abzeichnen sollten, sofort bereit, persönlich 1000,- DDR Mark(38) (also etwas mehr als den damaligen Musikladen-Preis für zehn solcher Instrumente), quasi als 'Darlehen' zur Verfügung zu stellen, um eventuelle Zahlungsverzögerungen oder möglicherweise andere 'finanztechnisch-bürotechnische' Schwierigkeiten von vornherein zu vermeiden. Diese Summe könnte ich in diesem Sinne auch unverzüglich an das Zentralhaus, oder eben auch an den dann vom Zentralhaus beauftragten Hersteller dieser Instrumente überweisen.
Dazu war ich mir nun nicht nur sicher, dass diese zehn Instrumente sofort von entsprechend interessierten Musikanten bezahlt worden wären und also keinerlei Gefahr für mein 'Darlehen' bestehen könnte, sondern auch, dass dieser nun von mir der ZAG vorzulegende Vorschlag, sowohl im Sinne meiner offensichtlichen Kritik an dem allgemein üblichen Unwesen entsprechend verlogen-sinnloser Berichterstattungen als auch im Sinne einer aus dieser Kritik dann konkret abzuleitenden realen Hilfe für bestimmte Folk-Musikanten, auf Zustimmung seitens der ZAG stoßen müsste. Dabei machte ich dann auch deutlich, dass eine künftig doch anzustrebende genauere 'vor Ort-Erfassung' von konkreten Musikinstrumentenbedürfnissen letztlich bei den entsprechenden Gruppen wohl nur dann erstgenommen werden wird, wenn dort auch die konkrete Erfahrung gemacht werden konnte, dass der solche 'Bedarfsberichte' einfordernde Staat auch tatsächlich gewillt ist, auf derartige Bedürfnisse zu reagieren. Und am Beispiel dieser nun von der ZAG einzuleitenden 'Waldzitherinitiative' könnten solche Erfahrungen dann ja - wenn sich das Zentralhaus dabei entsprechend einsetzt - tatsächlich einmal gemacht werden usw…
Diesem Vorschlag sowie meinen dazu vorgetragenen Argumenten wurde dann auch in der dann turnusgemäß anstehenden nächsten ZAG-Sitzung mit keinem einzigen Gegenargument irgendwie widersprochen. Es wurden ihm dann aber doch - auf eine für mich damals völlig überraschende und auch bis heute nur schwierig zu interpretierende Art und Weise - jegliche weitere Diskussions- und Verwirklichungschance verbaut. Er wurde sozusagen (mir scheint, mittels eines letztlich gut vorbereiteten 'Tricks') einfach unter den Tisch gespielt. Da dieser damalige Vorgang für mich nicht nur schwierig zu interpretieren, sondern immer noch auch schwierig zu 'erklären' ist, kann und muss ich mich insofern hier auf eine zunächst wohl eher möglichst kaltblütige 'Vorgangs-Schilderung', entsprechend meiner Erinnerungen dazu, beschränken.
Natürlich implizierte meine dargelegte Haltung eine deutliche Kritik an einer bestimmten Berichterstattungspraxis des Zentralhauses. Eine Praxis, welche offensichtlich mit den in Hinsicht auf diese "Jugendfolklorebewegung in der DDR" gerade neu entstandenen gesetzlichen Grundlagen zur Verantwortung dieser ZAG nicht vereinbar war. So konnte meiner kritischen Position also auch nicht einfach widersprochen werden. Weder seitens des Zentralhauses noch seitens der ZAG. Allerdings - und das war mir natürlich klar - war man seitens des Zentralhauses weiterhin darauf aus, an den von mir dabei angestrebten Konsequenzen aus meiner Kritik doch irgendwie vorbei zu manövrieren und dies wohl vor allem in dem Sinne, dass derartige Kritik möglichst nicht weiter um sich greifen solle.
Ich erwartete also auch entsprechende Gegenargumente oder vielleicht auch 'Diskussions-Eingriffe' von dem an diesen ZAG Sitzungen obligatorisch teilnehmenden Vertreter des Zentralhauses. Es geschah aber nichts dergleichen. Ich konnte meine Argumente und meinen Vorschlag, der zwischendurch auch durch zustimmende Zwischenbemerkungen von manchen ZAG-Mitglieder unterstützt wurde, ungestört vortragen und begründen. Bis dann plötzlich Hanni Bode einfach erklärte, dass es doch wohl besser sei, dass sich jeder Folklorist seine Instrumente lieber selber besorgen solle, und dabei dann sofort in frappierender Weise von Eric Kross unterstützt wurde, der nun lauthals, und in der ihm eigenen rüden Art, welche ich auch später oft bei ihm erlebt habe, davon sprach, dass man sich nur entsprechend pfiffig anstellen müsse, um auch an die Musikinstrumente heran zu kommen, die man haben will, und er könne da auch noch ein paar praktische Tipps geben usw. Aber (so argumentierte er dann in demonstrativ an mich gerichteter Weise weiter) die ZAG solle sich hier nicht mit "allgemeinem Gelabere zum Inhalt von DDR- Gesetzen" aufhalten lassen, denn "was in der Zeitung steht, können wir dort alleine nachlesen, das wollen wir hier nicht noch mal hören" usw. In diese 'Diskussions-Situation' hinein konnte dann auch der bislang lediglich stillschweigend anwesende Vertreter des Zentralhauses nun 'zusammenfassend' verkünden, dass der Vorschlag von Bernd Eichler damit also abgelehnt sei; - worauf dann auch niemand wagte etwa zu widersprechen.(39)
Und die weitere Diskussion drehte sich dann auch sofort um bestimmte, von Eric Kross eingebrachte Folklore-Veranstaltungsprojekte, welche er offensichtlich bereits zuvor mit bestimmten Experten im Zentralhaus und wohl auch mit Hanni Bode, besprochen hatte.
Damals war dieser Vorgang für mich noch einigermaßen überraschend, aber alsbald zeigte sich immer deutlicher, dass bestimmte ZAG-Mitglieder ganz offensichtlich nicht an Diskussionen oder Beratungen interessiert waren, die eher die Interessen und Bedürfnisse anderer Menschen betrafen.
Meine ohnehin allbekannten Initiativen zu bestimmten Musikinstrumenten, konnten dabei natürlich auch als besonders lästig empfunden werden.(40) Was aber die dabei tangierte Waldzitherproblematik anbelangt, so möchte ich hier dazu vor allem deutlich machen, dass dieser 'durchgefallene Vorschlag' von mir keineswegs in erster Linie aus strategischen Erwägungen zu diesem Instrument, sondern damals eben eher aus einer ganz anderen, eher taktisch motivierten Haltung des 'jederzeitigen Bereitseins' zur Abwehr bestimmter administrativ-politischer Zumutungen, erfolgt ist. Meine prinzipiellen Vorstellungen zur Überwindung entsprechender Waldzither Missstände in der DDR waren bereits damals völlig anderer Art. Sie bezogen sich nicht auf mögliche Diskussionen in einer, meiner Einschätzung nach jederzeit leicht von bestimmten Kräften und Institutionen zu manipulierenden ZAG oder einem offensichtlich bereits zum primär bürokratisch orientierten Ausführungs- und Erfüllungs-Apparat verkommenen "Zentralhaus für Kulturarbeit", sondern vielmehr auf die künftigen Möglichkeiten von sachlichen Beratungen und entsprechend zu erarbeitenden Empfehlungen in einer von mir angestrebten "AG Musikfolkloristisches Instrumentarium". Ich muss hier also wieder auf meine dazu noch ausstehenden Darlegungen im Zusammenhang mit dem dritten und vierten 'Hauptaspekt' verweisen.
Was jedoch meine damaligen Vorstellungen und Hoffnungen zu diesem meinem ZAG-Vorschlag betraf, so war dieser wiederum in anderer Hinsicht für mich von prinzipieller Natur. Wenn die ZAG tatsächlich eine derartige Bitte oder auch Empfehlung an das Zentralhaus ausgesprochen hätte, so wäre damit ein klares Beispiel für das eigentlich anzustrebende Verhältnis zwischen diesen beiden, vom Staat installierten "Kultureinrichtungen" geschaffen worden. Die ZAG als ein "Beratungsorgan" für alle mit Musikfolklore befassten staatlichen Einrichtungen, unter denen dann gerade das "Leipziger Haus", als das zentrale "Organisations- und Leitungs-Organ" für bestimmte "volkskünstlerische" Kulturentwicklungen in der DDR, ein besonders enges Verhältnis zu diesem "Musikfolklore-Beratungsgremium" entwickeln sollte. In Wirklichkeit hatte sich jedoch bereits damals ein eher 'obrigkeitsgnädig-subalternierendes' Verhältnis zwischen Zentralhaus und der Folkländer-orientierten Szene eingestellt, innerhalb dessen wohl auch die Mehrheit der ZAG-Mitglieder alsbald eher geneigt war, von dieser Machtinstitution weitere unmittelbare Funktionsvorteile und entsprechende Vergünstigungen zu erwarten, als etwa dort mit Forderungen oder Vorschlägen anzutreten, die eher für andere Musikanten und konkurrierende Musikgruppen oder gar noch für eher abstrakt anmutende Kulturentwicklungen des Landes von Vorteil gewesen wären, sich aber hinsichtlich eines eigenen einvernehmlichen Verhältnisses zur Obrigkeit ungünstig auswirken könnten…
Ich aber dachte damals eher daran, dass die Sache gewiss spannend werden könnte, wenn eine derartige 'Bitte oder Empfehlung' seitens der ZAG ausgesprochen wird. Meine Hoffnungen in Richtung auf tatsächlich alsbaldig verfügbare Instrumente waren dabei weitaus geringer als meine Hoffnung, dass damit das Verhältnis zwischen ZAG und Zentralhaus zumindest in diesem Falle, und eventuell auch nur in 'quasi symbolischer' Art, doch entsprechend 'zurechtgerückt' werden könnte. Diese ZAG hätte sich damit in ihrer doch eigentlich gesetzlich festgelegten Position als Beratungsorgan für die Arbeit staatlicher Kulturinstitutionen im Sinne der konkreten Förderung der vielfältig vorliegenden Initiativen neuerer "Jugend-Folkloregruppen" stärken können und hätte dann auch nicht so einfach (was ich damals bereits befürchtete und sich später bestätigte) immer wieder nur als Erfüllungsorgan von obrigkeitsgewollten Vorhaben und Aktionen des Zentralhauses, oder aber eben auch anderer Kräfte, verkommen müssen.
Das Maximum meiner damaligen Hoffnungen war in diesem Sinne auf die politische Stärkung der ZAG im Sinne der dazu vorliegenden gesetzlichen Grundlagen der DDR ausgerichtet, - das Minimum bestand lediglich in der eher privaten Hoffnung, künftig nicht mehr von entsprechend verlogen-sinnlosen Berichtsanforderungen behelligt zu werden und mich dabei außerdem auch vor anderen ansonsten doch stets lauernden 'Vorteils-Offerten', die einem auf der Ebene meiner damaligen "Vorsitzenden-Funktion" geradezu unweigerlich ständig widerfahren konnten, von vornherein deutlich zu distanzieren.
Und dieses Minimum konnte ich damals wohl auch erreichen.
In diesem Sinne möchte ich nun auch zu bestimmten Erinnerungen aus einer viel späteren "Jugend-Folklore-Beratung" in der Kulturabteilung des ZK der SED Stellung nehmen.
Dazu entsinne ich mich, dass (im Unterschied zu ähnlichen vorherigen Beratungen an diesem Ort) damals auch mehrere Personen teilnahmen, die uns als Musikwissenschaftler von der "Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED" vorgestellt wurden und mir damals allesamt unbekannt waren. Andererseits waren dazu natürlich einige SED-Mitglieder aus der ZAG geladen, zu denen ich mich allerdings in genauerer Weise nur noch an Horst Traut (der mir dabei, an der Seite der verantwortlichen Kulturfunktionärin dieser ZK-Abteilung und der erwähnten Gruppe von Musikwissenschaftlern, direkt gegenüber saß) und an Stephan Kraftcyk (der unmittelbar neben mir saß) erinnern kann, was wohl damit zusammenhängt, dass mir auch nur deren jeweils höchst bemerkenswertes Verhalten während dieser Beratung in besonderer Erinnerung geblieben ist. Damals war ich schon lange nicht mehr Mitglied der ZAG und auch insofern nicht näher 'vorinformiert', um was es auf dieser Beratung genauer gehen könne. Ich war also auch sehr gespannt und - zumal angesichts der nun auch eingeladenen Musikwissenschaftler - voller Erwartungen darüber, welche Probleme wohl auf dieser Zusammenkunft beraten werden sollten. Horst Traut aber befand sich offensichtlich in einer ganz anderen Situation. Er, als der von dieser ZK-Abteilung eigens ernannte "ZAG-Partei-Verantwortliche", begann sogleich mit grundsätzlichen Darlegungen zur "gegenwärtigen Situation der Jugendfolklore in der DDR", zu denen ich mir nicht sicher war, ob ihm dies nun aufgetragen worden war oder er hier eher aus eigener Initiative, im Sinne seiner ihm auferlegten Partei-Verantwortlichkeit, oder auch wieder aus ganz anderen Motivationen heraus, das Wort ergriff, zumal er sich dann auch - für mich völlig überraschend - über die "Musikinstrumentensituation" in der Neofolk-Szene der DDR äußerte. Da musste ich nun sofort daran denken, dass er damals verschiedentlich und durchaus unüberhörbar solche Bemerkungen wie "Es kann sein, dass ich nun von Prof. Stockmann den wichtigen Auftrag erhalten werde, eine wissenschaftliche Arbeit über die Musikinstrumente der Jugendfolklorebewegung in der DDR zu schreiben", fallen ließ. Was er nun hier, offenbar um seine besonderen Initiativen und seine Kennerschaft auf diesem Gebiet zu unterstreichen, dazu vortrug, musste mir wiederum als besonders erstaunlich, aber auch als durchaus typisch für seine auch ansonsten immer wieder völlig unrealistischen Zweckbehauptungen, mit denen er zuweilen argumentierte, erscheinen. So etwa, dass sich nun "die Möglichkeit abzeichnet, polnische Dudelsäcke" für DDR-Folk-Gruppen einzuführen, und außerdem "zur Bereicherung des musikinstrumentellen Spektrums der DDR-Folk-Gruppen die Einführung der osteuropäischen Tanbura zu empfehlen sei".
Bei diesen, mir ohnehin als unsinnig und verwunderlich erscheinenden Behauptungen, verwunderte mich nun aber auch, dass dabei wiederum kein einziges Wort zur Waldzither gesagt wurde und außerdem derartige Behauptungen zu polnischen Dudelsäcken und osteuropäischen Tanburas auch niemals in der "AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium", an deren Besprechungen ich ja immer teilgenommen hatte, irgendwie diskutiert oder vorgetragen worden waren.
Horst Traut (der ja kein Mitglied dieser AG war) könnte Derartiges damals (etwa in Vorbereitung auf seine 'Berichterstattung vor der Kulturabteilung des ZK') höchstens persönlich mit Jochen Schmidt vom ASMW Markneukirchen oder eben auch mit dem ihn ständig protegierenden E. Stockmann abgesprochen haben, was ich inzwischen umso mehr vermuten muss, wenn ich dazu heute auch die damals in dieser "AG-Musikinstrumentarium" von E. Stockmann initiierte, und dann offenbar gerade auch von Jochen Schmidt mitgetragene, spezifische Obstruktionspolitik zur Waldzither deutlicher bedenken kann. Bezüglich der damaligen Situation in dieser 'ZK-Beratung' kann ich aber nur über meine damaligen Einwände und Argumente berichten.
Ich sprach also auch wieder zur 'Waldzither-Problematik' und wies darauf hin, dass ich dies auch in diesem Gebäude hier schon seit vielen Jahren immer wieder getan habe, und also nun auch um so verwunderter sein muss, wenn plötzlich hier der ZAG-Parteiverantwortliche mit völlig irrealen Konzepten und einem offensichtlich hohen Mangel an Verständnis und konkreten Wissen zu den wirklichen Musikinstrumenten-Problemen bei Musikfolkloregruppen auftritt. Vielleicht kennt er tatsächlich einige Gruppen, die auch an polnischen Dudelsäcken interessiert sind, zumal dabei natürlich sofort auch von entsprechenden "Niedrig-Preisen" die Rede war, aber hinsichtlich der Tanbura halte ich seine Behauptung für besonders unsinnig und unrealistisch. Die Folk-Musikanten in der DDR, die sich etwa für eine "Langhals-Laute" interessieren, denken da ganz offensichtlich eher an die allgemein bekannte griechische Bouzouki und wohl kaum an die in der DDR ganz unbekannten osteuropäischen Tanburas, und die von ihm beschworene "Bereicherung des musikinstrumentellen Spektrums von DDR-Folk-Gruppen" muss ich für eine leere Floskel halten, solange immer noch dieser doch so offensichtliche Mangel an Waldzithern konstatiert werden muss. Ein Musikinstrument, welches hierzulande seine Tradition hat, hierzulande produziert wird, aber immer noch viel zu wenig an hierzulande interessierte Folk-Musikanten ausgeliefert wird. Und Horst Traut waren schließlich, sowohl meine 'Waldzitherinitiative' aus den Anfangszeiten der ZAG als auch die seither zu jeder DDR-Folklorewerkstatt stattfindenden Waldzitherspieler-Treffen als auch die von mir doch immer wieder monierte grundsätzliche Mangelsituation zu diesem Instrument in der DDR bekannt. Ich musste mich also wundern, in welcher Weise er an dieser Situation vorbeiredete. Gerade so, als ob er beauftragt sei, ein solches offensichtliches Problem-Instrument wie die Waldzither möglichst nicht zu erwähnen. Und ich musste mich auch wundern, in welch leichtfertiger Weise er dabei über die "Einfuhr von Volksmusikinstrumenten aus dem sozialistischen Ausland" daherredete.
Da verfügte ich nun wiederum über ganz spezielle Erfahrungen, die mich auch hier verleiteten, einem besonderen grundsätzlichen Ärger etwas Luft zu verschaffen und mich entsprechend zu äußern. Ich konnte dazu auch auf einen besonderen Tatsachenhintergrund verweisen, welcher mich schon seit vielen Jahren, als eine der besonderen Peinlichkeiten von DDR-Kulturpolitik in Hinsicht auf Musikinstrumentenbeschaffung aus dem Ausland und dem ansonsten doch immer plakativ hochgehobenen Anliegen der kulturellen Vermittlung von Völkerverständigung zwischen sozialistischen Ländern, permanent verärgerte.
Ich sprach also auch über meine entsprechenden Vergleichs-Erfahrungen, sowohl in Hinsicht auf die DDR-Kulturpraxis bei Jazz, Rock und Pop als auch den im Gegensatz dazu ganz anderen Verhältnissen hinsichtlich DDR-Musikfolklore, und konnte dabei dann auch über meine Erfahrungen als wissenschaftlich interessierter Sammler von Volksmusikinstrumenten aus aller Welt sprechen und mich zu der in dieser Hinsicht ebenfalls zuweilen völlig unverständlichen Kulturpraxis in der DDR äußern: So bestand beispielsweise für bestimmte Schlagersänger oder auch profilierte Jazz- oder Rock-Musiker durchaus die Möglichkeit, auf 'offiziellem' bzw. 'DDR-vermitteltem Wege', in der DDR bestimmte hochwertige Musikinstrumente aus dem kapitalistischen Ausland zu erwerben.
Man konnte sich dabei sogar an den entsprechenden Katalogen von weltbekannten westlichen Musikinstrumentenfirmen vorinformieren und orientieren.
Es war aber andererseits einem DDR-Bürger völlig unmöglich, etwa ein besonderes tschechoslowakisches, ungarisches oder polnisches, oder etwa ein spezielles ukrainisches oder kasachisches, russisches oder mongolisches, aserbaidschanisches oder kirgisisches usw. Musikinstrument auf offiziellem Wege in der DDR zu erwerben.
Zur Beschaffung westlicher Musikinstrumente für "Berufskünstler" gab es im Kulturapparat der DDR eigens eingerichtete, offiziell zuständige Institutionen, - für den Wunsch nach eher östlichen Musikinstrumenten gab es hingegen überhaupt keinen Ansprechpartner in diesem Lande. Und auch die eventuell touristisch mögliche private Einfuhr solcher Instrumente konnte sich immer wieder als überaus bürokratisch gefährdet erweisen, wobei ich natürlich auch dazu auf eine Vielzahl von persönlichen Erfahrungen aus meinen musikantischen, aber eben auch meinen wissenschaftlichen Bemühungen als Musikinstrumentensammler verweisen konnte.
In Hinsicht auf diesen meiner Meinung nach letztlich unverantwortlichen, aber zumindest doch 'eigenartigen' Kulturzustand, wandte ich mich dabei auch wieder an die anwesenden Musikwissenschaftler von der "Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED", denen ich dabei aber noch andere Fragen stellte. Ich hatte mich schon zuvor in der Diskussion zu einer bestimmten, in der DDR-Presse erschienenen Schilderung zur DDR-Jugendfolklorebewegung geäußert, die ich allein schon insofern für unwissenschaftlich halten musste, als dass der Autor da in einer mir völlig unhaltbar erscheinenden Weise über folklorerelevante "Ansichten von Marx und Lenin" geschrieben hatte, ohne dies jeweils zu belegen. Also in einer durchaus ähnlich 'willkürlich-absichernden' Weise agierte, wie ich dies auch schon bei E. Stockmann zuweilen erlebt hatte, der immer wieder gerne, und ganz allgemein, auf Marx und Engels verwies, ohne dass da aber jemals ein wirklich konkreter Bezug oder etwa auch ein zuzuordnendes Zitat o. Ä. zu erkennen war. Der nunmehrige Autor schien mir aber eher ein professionell geschulter Spezialist für einen derartigen, 'alles belegenden' Umgang mit den "Ansichten von Marx und Lenin" zu sein, zu dem ich dann erfuhr, dass er ebenfalls Mitarbeiter an dieser "ZK-Akademie für Gesellschaftswissenschaften" war. In der damaligen Diskussion habe ich dann auch betont, dass ich die in diesem Presseartikel vertretene Folklorekonzeption keineswegs für sozialistisch, sondern doch eher für konterrevolutionär halten muss. Und selbst nachdem ich dieses scharfe Wort benutzt hatte (bei dem, meiner Erinnerung nach, nicht nur der neben mir sitzende Stephan Kraftzyk verwundert aufgemerkt hatte), ergab sich dazu keine weitere Diskussion.
Insbesondere interessierte mich damals aber auch ob es bei den Musikwissenschaftlern dieser "Akademie für Gesellschaftswissenschaften" auch eine kritische Sicht auf bestimmte Publikationen von Prof. Stockmann gäbe. Beispielsweise hinsichtlich seines von mir als überaus fragwürdig empfundenen Schallplattentextes zur damals erschienenen "Folks-Tanz-Haus- LP"(41) welcher ja auch die Probleme betraf, die nun zu dieser Beratung hier anstanden, - aber eben auch hinsichtlich seiner Position zur Systematik der Musikinstrumente(42) und auch zu dem seit Jahren ausstehenden 'Deutschland-Band' im Rahmen des doch von ihm in der DDR herausgegebenen "Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente"(43) usw.
Und diese Fragen habe ich dann auch deutlich wiederholt.
Das daraufhin von dieser Seite erfolgende 'Statement' habe ich noch heute als besonders unangenehm in Erinnerung.
Das klang plötzlich wie eine von 'offizieller Stelle' verlesene politische Verlautbarung, aus der in einer entsprechend 'amtlich formulierten' Sprache hervorging, dass, "die wissenschaftlichen Ergebnisse und das verdienstvolle internationale musikwissenschaftliche Wirken von Prof. Stockmann für die Musikwissenschaftler an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED als eine der wissenschaftlich gesicherten Grundlagen ihrer Arbeit angesehen werden"… Und nach dieser (eigentlich doch überaus lächerlichen) 'Erklärung' fand dann auch keinerlei weitere Diskussion zu den zuvor an- und ausgesprochenen Problemfeldern mehr statt. Aus heutiger Erinnerungssicht ergibt sich für mich dazu natürlich noch eine ganz andere 'Eigentümlichkeit' dieses damaligen Geschehens. Außer dem Herunterbeten derartiger 'Statements' verhielten sich diese mir hier gegenüber sitzenden Vertreter der "Akademie für Gesellschaftswissenschaften" damals nahezu ebenso schweigsam, wie der neben mir sitzende Stephan Kraftzyk, der damals überhaupt kein einziges Wort sagte, - den ich ansonsten doch aber aus derartigen DDR-Jugend-Folklore-Beratungen und Diskussionen, ob nun in kleineren Spezialistenkreisen wie den erwähnten Rundfunkgesprächen, oder in größeren, 'höherangebundenen' Gesprächsrunden, etwa im Beisein von Vertretern des Zentralhauses, des ZK und des Kulturministeriums, bei denen wohl jeweils schwerlich auf diesen "vom Minister ausgezeichneten" Vorbild-Künstler verzichtet werden konnte und wo er als höchst prominente und vorzüglich zu beachtende Persönlichkeit stets das Wort ergriff, oder es eben auch zugeordnet bekam.(44) Hier aber war er - was ich noch nie erlebt hatte - vollkommen schweigsam und begann erst nach Beendigung dieser Beratung mit der verantwortlichen ZK-Kulturfunktionärin zu sprechen, mit welcher er, wie sich dann zeigte, bereits zu einer weiteren (wohl nur ihn betreffenden) Sonder-Besprechung verabredet war.
Eine Eigentümlichkeit, die zu den von mir hier besonders hervorgehobenen 'Waldzither -Eigentümlichkeiten' wohl nur in wieder weitergefassten Verpflechtungen bedacht werden könnte, aber hier vielleicht in dem Sinne als bemerkenswert gelten kann, als dass es eben signifikant unterschiedliche Formen und auch ganz unterschiedliche Inhalte bei bestimmten, dann wohl auch in jeweils ganz anderer Weise als unvermeidlich empfundenen Widerstrebenshaltungen geben kann, auch wenn diese ganz unterschiedlichen Haltungen, und entsprechende Verhaltensweisen jeweils aus gleichen Verhältnissen (aber eben wohl doch nicht aus gleichen Motivationen) erwachsen.(45)
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Meine spezifischen Motivationen in Hinsicht auf die Waldzither in der DDR kann ich nun wohl am besten dadurch verdeutlichen und umfassender darstellen, indem ich jetzt auch auf die von mir erwogenen Veränderungen zu diesem Instrument und zu dessen Produktion in der DDR zu sprechen komme, und dies im Zusammenhang mit der von mir innerhalb der ZAG gegründeten "AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium"(46) darzulegen versuche. Ich ging damals von der, mir als Gewissheit erscheinenden Vorstellung aus, dass sich mit Hilfe und mit der entsprechend zu organisierenden Kraft einer solchen mit bisherigen vielleicht ähnlichen staatlich gestützten AG's in der DDR letztlich doch nicht gleichzusetzenden neuartigen Arbeitsgruppe dann kollektiv abgesprochene bzw. gemeinsam erarbeitete Vorschläge zur Veränderung bzw. 'Optimierung' dieses Instrumentes entwickeln und so dann auch in der Vogtländischen Musikinstrumentenindustrie vorlegen lassen können und solche Vorschläge dann dort auch beachtet und gegebenenfalls umgesetzt werden könnten. Im Unterschied zu den Verhältnissen im Zentralhaus für Kulturarbeit und der von daher doch stets korrumpierten ZAG, sah ich in dieser "AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium" (also einem Gremium welches letztlich nicht nur aus 'höhererseits-bevorzugt-berufenen', sondern eher 'persönlich-engagierten' Mitgliedern bestand) viel mehr realistische Möglichkeiten, sich für Veränderungen einzusetzen.
Da ging es mir also weniger um die Forcierung der eher schlichten Forderung nach 'mehr Waldzithern in der DDR', sondern viel mehr um eine dort zu beratende und entsprechend abzuwägende Verbesserung bzw. Veränderung der in der DDR produzierten Instrumente, wobei meiner Meinung nach unbedingt auch an die Wiederaufnahme der planeingebundenen Produktion von Waldzithern mit flachem Boden zu denken war. Dem konnte letztlich ja auch nicht widersprochen werden, da derartige Instrumente wiederum einfacher und preisgünstiger herzustellen waren. Die Forderung nach mehr Instrumenten im Musikinstrumentenhandel der DDR war letztlich eher von alltäglich-aktueller Natur. Aber die Vorstellungen zur Veränderung, bzw. zur 'Optimierung' dieses Volksinstrumentes und einer dabei entsprechend zu verändernden Produktion, waren natürlich insgesamt eher im Sinne eines strategisch-längerfristig anzugehenden Vorhabens zu verstehen. In diesem Sinne hatte ich auch ein damals von mir immer wieder diskutiertes 'Zwölf-Punkte-Programm zur Waldzither' entwickelt. Quasi ein zusammengefasstes Ergebnis meiner damaligen Erfahrungen und Überlegungen zu diesem Instrument, welches im Zusammenhang mit den vielfältigsten Begegnungen mit anderen Waldzitherspielern, aber eben auch mit einer Vielzahl von verschiedensten Waldzitherinstrumenten bei Freunden und Bekannten sowie entsprechenden Instrumenten in Museen, insbesondere aber den verschiedensten Saiteninstrumenten meiner Sammlung (welche ich dabei dann auch ständig vergleichend analysieren konnte), entstanden war. Dieses 'Zwölf Punkte Programm' setzte sich damals also sowohl aus Elementen der unmittelbaren Kritik am damals in der DDR planmäßig produzierten Waldzither-Modell als auch aus zunächst nahe liegenden Vorschlägen zu entsprechenden Detail-Verbesserungen sowie aus Überlegungen zu weiter greifenden Veränderung dieses Modells zusammen, und leitete dann auch zu Vorstellungen über, welche ein sicherlich nur in weiterer Sicht zu realisierendes, möglicherweise gänzlich neu zu konzipierendes Waldzither- Modell betrafen. Dabei war dann freilich auch stets die Möglichkeit eines weiteren erfolgreichen Exports eines solchen, dann aber eben auch ganz anders bzw. neuartig zu konzipierenden, deutschen Cisterinstrumentes mit zu bedenken. Es ging da also um Vorschläge, Vorstellungen und Vorhaben, die sowohl zur unmittelbaren Erwägung und eventuell sofortigen Berücksichtigung anstanden als auch um Vorschläge und Vorstellungen, die zunächst nur in längerfristiger Weise zu bedenken und zu beraten waren, und in diesem Sinne vielleicht erst im Verlaufe eines längeren, von dieser AG induzierten und auch kontinuierlich weiter zu tragenden Beratungsprozesses mit jeweils möglichst vielen Waldzitherspielern des Landes und den wichtigsten (oder eben den 'interessiertesten') Herstellern derartiger Instrumente, Berücksichtigung in der Musikinstrumentenindustrie der DDR finden könnten.
Meine diesbezüglich ständig neu abzuwägenden Vorstellungen zur Verbesserung der gegenwärtig produzierten, als auch dann zu neuartig konzipierten Waldzithermodellen, änderten sich dabei dann natürlich auch im Laufe der folgenden Jahre. Aus heutiger Sicht, wo einem solchen, in dieser komplexen Weise damals bedachten Veränderungswunsch (der sich ja - um hier weiterhin deutlich zu bleiben - keineswegs nur auf die Veränderung eines Musikinstrumentes, sondern eben auch auf die Veränderung bestimmter Verhältnisse, innerhalb derer ein solches Instrument sowohl produziert als auch genutzt und dabei dann eben auch weiterentwickelt werden kann, bezog) der reale Boden entzogen (oder eben 'verloren gegangen') ist, möchte ich mich dazu nun in zweierlei Hinsicht äußern. Zum einen, indem ich zunächst meine kritische Position zum damals im Handel der DDR angebotenen Cistern-Typ sowie zum Fehlen anderer, zuvor noch angebotener Cisternvarianten verdeutliche, und dabei auch auf bestimmte, dem ASMW in Markneukirchen vorgetragene, eigentlich eher problemlos zu verwirklichende Verbesserungs- und Veränderungsvorschläge eingehe.
Zum anderen aber, indem ich dann auch meine grundsätzlichen Vorstellungen zur Entwicklung eines durchaus neuartigen Typs von "Deutscher Cister", den ich eben auch in hoffnungsvoller Sicht auf die entsprechende 'Verwirklichungshilfe' zu einem solchen Projekt seitens der "AG Musikfolkoristisches Instrumentarium" konzipiert hatte, detaillierter darzustellen versuche.
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Meiner Erinnerung nach wurden noch in den siebziger Jahren im Musikinstrumentenhandel der DDR drei unterschiedliche Waldzithertypen angeboten:
  1. Einfacher bzw. vielleicht auch 'traditioneller' erscheinende Instrumente mit flachem Boden.
  2. Anspruchsvoller bzw. 'weiterentwickelt' erscheinende Instrumente mit 'ausgebaucht-gespäntem' Boden und rechtwinklig von der Klangdecke abgehenden Zargen(47)
  3. und dann auch Instrumenten mit ebenfalls 'ausgebaut-gespäntem' Boden aber eher spitzwinklig von der Klangdecke abgehenden Zargen.
Letztere Instrumente konnten nun beim genaueren Hinschauen durchaus als wiederum besonders 'ungewöhnlich' oder auch als vergleichsweise 'raffinierter', und in diesem Sinne vielleicht auch als ein wiederum noch 'weiter entwickeltes' Waldzithermodell, angesehen werden, denn die spezielle Korpusform mit 'spitzwinkligen' Zargen war bei diesem Instrument durchaus etwas Ungewöhnliches. Aus meiner Sicht eine vielleicht erst in Markneukirchen erfolgte spätere Entwicklung der Gestaltung lautenförmig ausgebauchter Klangkästen von Waldzitherinstrumenten.(48) Zuvor dominierten bei diesen ausgebaucht gestalteten Waldzithern doch die rechtwinklig abgehenden Zargen, und derartige Instrumente wurden ja auch von verschiedenen Instrumentenbauern in der DDR und (soweit ich das an mir bekannten Einzelbeispielen beurteilen kann) auch damals in Westdeutschland weiterhin hergestellt. Im Musikinstrumentenhandel der DDR begegnete mir dann aber in den achtziger Jahren nur noch dieses 'Vogtländische Modell' mit spitzwinklig abgehenden Zargen und parallel gestalteter Spananordnung.(49)
Mit dieser speziellen Instrumentenkonstruktion hatte ich aber folgende Erfahrungen gemacht:
Im Vergleich zu den flach gestalteten Cister-Instrumenten waren diese Instrumente einfach deutlich unpraktischer, obwohl sie ansonsten, mit ihrem ungewöhnlichen und eben auch aufwändig gestalteten Korpus, als attraktiv und sicher auch als 'besonders wertvoll' erscheinen konnten. In dieser speziell gebauchten, und damit ohnehin schon unhandlicheren Form, konnte gerade dieses zargenspitzwinklige Modell doch immer wieder allzu leicht während des Spiels vor dem Körper des Spielers verrutschen und dabei auch Probleme hinsichtlich der sicheren Fingerpositionierung des Spielers verursachen. Ähnlich wie auch bei anderen lautenförmig-ausgebauchten Instrumenten, wird man da eher in Richtung auf eine "fest justierende" sitzende Spielerposition genötigt, während ein eher flaches Instrument weitaus mehr Haltungs- und Bewegungsfreiheit bietet und auch eher eine sichere Spielhand-Positionierung sowie das Spielen im Stehen ermöglicht. Außerdem hatte ich auch beim Vergleich mit 'gebauchten' Instrumenten, die nicht über spitzwinklige, sondern rechtwinklige Zargen verfügen, den Eindruck, dass sich bei den spitzwinklig konstruierten keineswegs besondere klangliche Vorzüge vermerken lassen.(50)
Als eine in gewisser Weise vorteilhafte Besonderheit erschien mir dabei aber wiederum, dass sich durch die dabei auch am Halsansatz entsprechend spitzwinklig angelegte Zargengestaltung die Möglichkeit ergab, ein solches Instrument in diesem Hals-Korpus-Übergangsbereich entsprechend schlank zu gestalten, so dass sich dort auch noch bestimmte Griffe mit 'Daumen-Finger-Umfassung', bis unmittelbar an den Korpus heran, realisieren lassen, was bei den Instrumenten mit rechtwinklig angelegten Zargen wiederum unbequemer oder letztlich eben weitaus weniger möglich ist.
Aber bei dieser zargenspitzwinkligen Konstruktion schien mir eine besondere Schwäche darin zu bestehen, dass die so gebauten Instrumente doch allzu leicht dazu neigen, sich gerade in dem von mir soeben beschriebenen 'Halsansatzbereich' zu verziehen, so dass sich sowohl die Saitenlage über dem Griffbrett als dann auch die Form der Klangdecke (zumal im Bereich des Schalloches) deutlich veränderte. Hinzu kam für mich dabei noch eine andere Bedenklichkeits-Erwägung, welche mir wiederum im Vergleich mit vielen anderen aus meiner Sammlung, aber auch aus sonstigen 'Instrumentenbegegnungen' vorliegenden Erfahrungen, für unabweisbar erschien: Die Gefahr des Halsverziehens in diesem Bereich ist gerade bei all den Hals-Saiteninstrumenten, bei welchen die Halsansatz-Verbindung ohne eine vom Boden her ununterbrochen weitergeführte Leimverbindung von Bodenmaterial und Halsansatz erfolgt, größer. Ich habe in den entsprechenden Diskussionen dazu niemals geleugnet, dass entsprechend 'nur angesetzte' Hals-Korpus-Verbindungen, d.h. lediglich durch die Verleimung von Halsansatz am Korpus und dem Griffbrett an Hals und Klangkasten hergestellte Verbindungen, nicht auch hinreichend stabil ausgeführt werden können. Eine gegenteilige Behauptung hätte auch allzu leicht als eine Beleidigung in Richtung auf all die Musikinstrumentenbauer aufgefasst werden können, welche Derartiges schließlich jeden Tag taten. Aber ich wollte dabei doch darauf bestehen, dass eben ein in den Korpus (etwa in 'Schwalbenschwanzform') eingelassener und dann nicht nur von der Griffbrettseite her mit einem weiterlaufenden Stück Griffbrett, sondern auch von der Bodenseite her mit einem jeweils entsprechend weiterreichenden Stück Bodenmaterial fest verleimter Hals, in jedem Falle eine sicherere Konstruktion darstellt. Eine Konstruktionsweise, die zumal bei Cisterinstrumenten mit flachem Boden nicht nur traditionellerweise häufig anzutreffen ist, sondern dort eben auch ganz unkompliziert verwirklicht werden kann.
Bei der in Markneukirchen damals üblich gewordenen Technologie für das ausgebauchte Modell mit spitz abgewinkelten Zargen war diese Art von sicherer Verbindung nun aber nicht mehr üblich, und es wäre, falls dies dann doch eventuell zusätzlich hätte erfolgen sollen, wiederum nur in einer reichlich umständlichen und dann auch wieder unökonomischen Weise möglich gewesen.(51)
Die Anfälligkeit für derartige Verformungen, welche mir bei den zargenspitzwinkligen Modellen weitaus öfter begegnet ist als bei entsprechend rechtwinkligen Zargenkonstruktionen, hielt ich nun für die Hauptschwäche dieser in Markneukirchen allerdings bereits üblich gewordenen Waldzither-Konstruktion. Natürlich war es überaus schwierig, dies dann dort auch entsprechend zur Sprache zu bringen.(52)
Ich konnte dabei letztlich nur in dreierlei Hinsicht argumentieren:
Erstens mit dem Verweis auf die auch anderen Spielern und Interessenten bereits aufgefallene Häufigkeit von entsprechend verzogenen Instrumenten dieser Bauart. Zweitens, indem ich dann auch auf die Möglichkeit verwies, dazu vielleicht einmal alle zu einer der kommenden Leipziger Folklorewerkstätten einzuladenden Waldzitherinteressenten aufzurufen, derartig gebaute, insbesondere aber eben auch entsprechend verzogene Waldzithern mitzubringen, um diese dann zusammen vergleichend betrachten zu können.
Außerdem verwies ich immer wieder auf die Möglichkeit, mittels einfacher, aus Pappe und Papier zusammengeleimter 'Zargenwinkel-Modelle' das jeweils unterschiedliche Biegeverhalten entsprechend zu vergleichender Modell-Konstruktionen zu untersuchen, und sprach dabei dann auch über die Möglichkeit der Durchführung von vergleichend angelegten Laborversuchen mit entsprechend anzufertigenden Experimentalmodellen aus den in Markneukirchen verwendeten instrumentenspezifischen Holzmaterialien. Derartiges wäre in der eigens für die Musikinstrumentenindustrie der DDR geschaffenen Forschungseinrichtung in Zwota zweifellos möglich gewesen, - hätte aber wieder die kaum als realistisch anzusehende Überwindung vieler amtlicher und bürokratischer Hürden sowie eben auch besondere Kosten erfordert. Dazu vertrat ich dann (einfach mit der Gewissheit, die ich auch aus meinen Versuchen mit den aus Pappe zusammengeleimten 'Biege-Modellen' gewonnen hatte) die Position, dass ich 'jede Wette darauf eingehen kann', dass sich die spitzwinklige Zargenkonstruktion bei solchen exakten Laborversuchen sicherlich als die prinzipiell weniger biegestabile Verbindung erweisen würde.(53)
Ich plädierte dabei dann also auch unter diesem Aspekt ganz prinzipiell dafür, möglichst umgehend wieder Cistern mit flachem Boden zu produzieren und konnte dazu auf die Vielzahl entsprechend noch existierender älterer Instrumente entsprechender Bauart verweisen, welche sofort als Vorlage für die Wiederaufnahme einer solchen Produktion hätten genutzt werden können. Dazu wären zunächst keinerlei einschneidende Veränderungen oder etwa 'Produktions-Umstellungen' hinsichtlich der Beschaffung bzw. 'Bereitstellung' der entsprechenden Ausgangs-Materialien erforderlich gewesen. Und es lag auf der Hand, dass dies sowohl hinsichtlich ihrer einfacheren als auch ihrer insgesamt viel kostengünstigeren und dabei eben auch stabileren Grundkonstruktion eigentlich ohne weiteres möglich gewesen wäre. Insofern musste mir damals auch das diesbezügliche 'Zurückhaltungs-Verhalten' des Leiters des ASMW in Markneukirchen zunächst als völlig unverständlich erscheinen.(54)
Er argumentierte bei nahezu jedem Veränderungs- bzw. Verbesserungsvorschlag, und so auch schon bei den allerkleinsten Veränderungsbestrebungen, immer wieder aus seiner Position der Übersichtskenntnis zu vorhandenen Materialien und Produktionskapazitäten und der dann von daher begründeten bzw. behaupteten Unmöglichkeit von Veränderungen.
Die für mich naheliegendste Verbesserungs-Veränderung an den damals produzierten Waldzithern betraf zunächst nur die Anzahl der Bünde und die Verbesserung der allzu oft schwergängigen bzw. auch unpräzisen Mechaniken, zu denen ich vorschlug, sie möglichst durch dann auch austauschbare Einzelmechaniken zu ersetzen, welche damals bereits in guter Qualität nicht nur für den Instrumentenbaubedarf in der Industrie, sondern auch allgemein in den Musikinstrumentengeschäften der DDR angeboten wurden. Prinzipiell wichtiger aber war mir die Erhöhung der Anzahl von Bünden auf dem Griffbrett der ausgelieferten Instrumente. Die für Waldzithern zu verwendenden Griffbretter wurden den Instrumentenbauern genormt vorgefertigt und bereits 'bundeingesägt' geliefert, woraus sich dann ergab, dass die bis in den Schallochbereich aufgeleimten Griffbretter in ihrem dortigen oberen Bereich einfach über keine Bünde mehr verfügten, was ich bei jedem dieser so verkauften Instrumente natürlich für einen Mangel halten musste.(55)
Ein Mangel, welcher allerdings seitens des ASMW damit legitimiert und verteidigt wurde, dass sich ansonsten "eine nicht mehr zu verantwortende Umstellung des Produktionsablaufes" erforderlich machen würde. Eine so kleine, aus meiner Sicht aber für jeden interessierten Spieler durchaus nützliche Veränderung bzw. Erweiterung erwies sich da also schon in Hinsicht auf das lautenförmig ausgebauchte Instrument aus der laufenden Produktion als schwierig.
Ich wollte dabei aber auch darauf bestehen, dass bei der doch nun aktuell besonders zu empfehlenden Wiederaufnahme der Produktion von Flachkörper-Cistern, bei den dann entsprechend neu vorzubereitenden Einzelteilen doch von vornherein an mehr Bünde auf den in der Regel doch bis ans Schalloch heranreichenden Griffbrettern gedacht werden sollte und dementsprechend dann also auch die dafür bereitzustellenden Griffbrettrohlinge grundsätzlich über mehr Bundeinsägungen verfügen müssten.
Damals wollte ich aber auch schon in Richtung auf einen für diese Instrumente dann wiederum anders zu gestaltenden Hals und eine neuartige Kopfform weiterdenken.
Ein solcher weitergehender Veränderungswunsch würde dann aber auch eine deutliche Gestaltveränderung des gesamten Instrumentes mit sich bringen.
Ich wollte bzw. musste in dieser Hinsicht also auch wieder zwischen eher kurzfristig zu erreichenden einfachen Veränderungen zur Waldzither-Situation in der DDR einerseits und der zweifellos nur längerfristig anzustrebenden, und dabei eben auch notwendigerweise verschiedenen 'Zwischenprüfungsverfahren' seitens verschiedener Personen oder auch bestimmter Gremien zu unterziehenden Neuentwicklung eines prinzipiell andersartigen Cistern-Modells andererseits, unterscheiden.
Diese Unterscheidung beinhaltete für mich aber auch einen wiederum schwerwiegenden Konflikt, der sich im Zusammenhang mit der mir bei den vorliegenden Waldzitherinstrumenten generell erforderlich erscheinenden Veränderung ihrer Kopfform ergeben musste. Ein mir in besonderer Weise wichtig erscheinender Kritikpunkt, der sich letztlich auf alle entsprechend üblichen 'moderneren' Waldzitherinstrumente bezog.
Meiner Meinung nach sollte der Übergang von Halsende zum Kopf deutlich anders gestaltet werden. Er sollte grundsätzlich länger ausgeformt und auch entsprechend schlank-weiterführend angelegt werden, um dann auch einen größeren Abstand zwischen Nullbund und dem Mechanikwirbel für die höchste Saite auf der unteren Kopfseite des Instrumentes zu ermöglichen.(56) Das heißt also auch, dass die für den Übergang von Hals zu Kopf bislang eher unmittelbar ansetzende Verbreiterung bzw. Abwinkelung des Halses nicht, wie bislang üblich, schon kurz nach dem Nullbund, sondern dann erst nach einigen Zentimetern weitergeführter Halsform ansetzen sollte. Mit dieser Kopfgestaltung könnte dann auch der für ein kulturvolles Spiel auf diesem Instrument eigentlich im ersten Bund nahe liegende f-moll-Akkord in bequemeren Kombinationen bzw. auf verschiedene Weise gegriffen werden, zumal sich damit eben auch dort die Möglichkeit von ungehindert 'umfassenden' (also auch den Daumen mit einbeziehenden) Griffen besser ausnutzen ließe.(57)
Ein solches Instrument sähe mit dieser Formveränderung im Kopfbereich dann auch deutlich anders als bisherige Waldzithern (oder auch die ansonsten, mit diesen immer wieder leicht zu verwechselnden Mandolineninstrumente) aus. Eine Kopfformgestaltung, die sich zudem auch an Kopfformen historisch älterer Cistern anlehnen könnte. Es müssten dafür dann allerdings auch wieder grundsätzlich anders vorgefräste Halsrohlinge vorbereitet werden.
Mein Konflikt bestand damals also darin, dass ich natürlich ständig für die Wiederaufnahme der Produktion von traditionell bekannten Flachkörper-Cistern plädierte (was ja auch keine besonderen Probleme für die DDR-Musikinstrumenten Produktion, sondern eher deutliche ökonomische Vorteile mit sich gebracht hätte)(58) dabei aber auch nicht einfach verdrängen wollte, dass auf diese Weise dann auch weiterhin viele neue Cistern mit einer, meiner Meinung nach eben immer noch nicht besonders durchdachten, Kopfform entstehen würden.
Dabei konnte aber das Plädieren für diese von mir für nötig gehaltene Veränderung des Kopfes nicht nur allzu leicht als 'irrelevante Vorliebe eines Außenseiters', sondern auch noch, wie damals allzu üblich, als 'Traditionsverletzung' und auch als 'ökonomisch unvertretbare Produktionsumstellung' usw. auf Widerstand und feindselige Ablehnung stoßen, womit dann auch wieder die eigentlich doch nahe liegende Möglichkeit der Entstehung neuer Flachkörper-Cistern gefährdet wäre. Ich plädierte also damals sozusagen 'auf dem Wege möglichster Vermeidung weiterer Widerstände' zunächst für die einfache Neuproduktion eines älteren Flachkörper-Waldzither-Modells, auch wenn ich ein solches Modell in Hinsicht auf seine Kopfform doch weiterhin als veränderungsbedürftig ansehen musste.(59)
Heute stehe ich nun ganz anderen Problemkonstellationen gegenüber und kann in Hinsicht auf dieses Instrument nur noch in einer eher abstrakte Möglichkeiten bedenkenden Weise für bestimmte grundsätzliche Veränderungen plädieren, wohingegen ich im Sinne meines damals eben eher unmittelbar konkret entwickelten Vorschlages auch reale Möglichkeiten zur Entwicklung eines gänzlich neuen Modells von 'deutscher Cister' vor Augen haben konnte.
Denn schließlich befinde ich mich nun in Verhältnissen, wo für ein so konzipiertes 'Waldzither-Projekt' kaum realistische Chancen bestehen können und dazu auch kaum noch entsprechend grundsätzlich zu interessierende Partner denkbar sind. Deutlicherweise weder solche, die wirkungsvoll-freundlich an meiner Seite stehen könnten, noch solche, die vielleicht in einer eher kritischen oder auch bestimmte Aspekte von Instrumentenveränderungsvorstellungen weiterhin ablehnenden, aber eben doch 'wirkungsmächtigen' Weise, vielleicht doch zur Mitwirkung an bestimmten Weiterentwicklungen dieses Instrumentes motiviert werden könnten.
Nun stehe ich eher dem Problem gegenüber, die damalige Lage der Dinge unter den jetzigen Verhältnissen überhaupt noch genügend deutlich darstellen zu können.(60)
Ich meine aber, dass alle diese aus DDR-Zeiten stammenden besonderen Konflikte und Konzepte in all ihren Eigentümlichkeiten doch auch in einem doppelten Sinne weiter bedacht werden sollten. Einerseits um damit eben auch ein besseres Verständnis zur konkreten Geschichte dieses Instrumentes unter jeweils konkreten geschichtlichen Verhältnissen gewinnen zu können und andererseits dann eben auch in dem Sinne, dass dieses von mir damals konzipierte, durchaus neuartige Modell einer deutschen Cister, sowohl hinsichtlich seines konkreten 'audioorganologischen Inhalts' bzw. seines 'musikinstrumentellen Sinngehaltes' als auch hinsichtlich seines 'Utopiegehaltes' immer noch bzw. auch 'künftig noch' - genauer bedacht werden sollte. Ein solches Bedenken wird dann freilich von entsprechenden politischen Dimensionen nicht mehr zu trennen sein. Dass ich all meine 'Waldzither-Überlegungen' in DDR-Zeiten letztlich als Konzept im Sinne einer hoffnungsvoll anzugehenden 'Real-Utopie' aufgefasst habe, konnte niemals bedeuten, dass ich es damals - bei allen immer wieder zu konstatierenden Feindseligkeiten gegenüber meinem Denken und meinem Handeln - etwa jemals im pejorativen Sinne als 'utopisch' angesehen hätte. Und ob dessen 'hoffnungsvoller' oder eben zuweilen auch 'hoffnungslos' anmutender, 'Utopiecharakter' bzw. entsprechend reale Verwirklichungschancen, unter den Bedingungen in der DDR oder unter den nunmehrigen Bedingungen innerhalb eines sich dann vielleicht auch wieder ganz anders gestaltenden Gesamtdeutschlands, nun jeweils größer oder kleiner zu veranschlagen sind, wäre eine Frage, deren Beantwortung wohl erst nach eingehenderer Zurkenntnisnahme der damals entstandenen und dann innerhalb ganz bestimmter Verhältnisse auch immer wieder neu abgewogenen Verwirklichungsvorstellungen möglich sein könnte, wobei deren dann möglicher Wahrheitsgehalt so auch immer wieder nur im Zusammenhang mit dem Wahrheitsgehalt von generell zu erarbeitenden Erkenntnissen zur entsprechenden Wirklichkeit der DDR hinsichtlich deren systemspezifisch eben grundsätzlich anderen Verwirklichungsmöglichkeiten zu derartigen Projekten, erhöht werden könnte.(61)
In diesem Sinne möchte ich jetzt also genauer auf meine damaligen (und freilich auch noch heutigen) Vorstellungen zu einem solchen 'Instrumenten-Neuentwurf' sowie auf meine damaligen, heute freilich weitgehend obsolet gewordenen Vorstellungen zu den Wegen, die damals im Sinne der Verwirklichungsmöglichkeiten eines solchen Neuentwurfs meiner Auffassung nach zu beschreiten gewesen wären, eingehen.
Ich denke, dass sich dies vielleicht entsprechend der nachfolgend angeführten Schwerpunkte-Gliederung darstellen lässt:
  1. Kopfform
  2. Konstruktionstyp
  3. Griffbrettbesonderheiten und Bundanordnungen
  4. Generelle und spezielle Proportionsgestaltungen
  5. weitere "gestaltungsrelevante" Elemente und Faktoren
  6. speziell zu erprobende und vergleichend zu ermittelnde Qualitätsbesonderheiten und
  7. weiterführend zu bedenkende Projekte.
Entsprechend diesen Schwerpunktsetzungen kann ich dann auch meine Veränderungsvorstellungen detaillierter darlegen, wobei ich dann auch im Einzelnen jeweils Stellung zu meinen damals dazu entwickelten Verwirklichungsvorstellungen beziehen kann.

1. Kopfgestaltung
Ich möchte, im Sinne der hier (aber eben auch damals immer wieder) erläuterten Veränderungsvorstellungen bzw. der von daher möglich werdenden Erweiterung bzw. Verbesserung von cisterspezifischen Griff- und Spielmöglichkeiten im Bereich des ersten Bundes, weiterhin eine grundsätzliche Neugestaltung der Kopfform des Instrumentes als empfehlenswert ansehen.
Da sich dabei unweigerlich ein entsprechend längeres 'Hals-Materialstück' erforderlich machen wird, wäre bereits von daher jeweils darauf zu achten, dass ein entsprechend stabiles (nötigenfalls eben auch entsprechend 'stabil zusammengesetzt verleimtes') Hals-Materialstück Verwendung findet.
Dazu möchte ich vornehmlich einen 'nicht-angesetzten', sondern aus dem Halsmaterial herausgearbeiteten Kopf in Schaufelform mit Einzelmechaniken empfehlen, welcher dabei auch unsymmetrisch angelegt werden könnte. In weiteren Erwägungen dazu, wäre aber immer auch das Gewicht der Mechaniken zu bedenken, da insbesondere das Gesamtgewicht des Kopfes auch Auswirkungen auf den Klang und im Weiteren auf bestimmte spieltechnischen Eigenschaften eines solchen Musikinstrumentes haben kann.(62)

2. Konstruktionstyp
Vor die Wahl gestellt, sich bei diesem Instrument eher für einen flachen oder eher für einen ausgebauchten Konstruktionstyp zu entscheiden, möchte ich sowohl aus den bereits erläuterten Gründen einer besseren Spielbarkeit als auch aus Gründen der prinzipiell stabiler zu gestaltenden Grundkonstruktion eines entsprechenden Instrumentes weiterhin eine Flachkörperkonstruktion favorisieren.
Dabei wollte ich vor allem auf zwei mir dabei besonders geeignet erscheinende Exemplare aus der von mir zusammengestellten Cisternkollektion zurückgreifen, welche mir auch in ihrer etwas kleiner angelegten Gesamtform sowie ihrer dabei etwas kürzeren schwingenden Saitenlänge stets als besonders vorteilhaft erschienen. Es handelt sich dabei um den bereits erwähnten Instrumententyp, den in den siebziger Jahren Helmuth Eggebrecht bei der Gruppe MTS und ich damals bei Jack & Genossen gespielt hatten.(63)
Dieses Modell verfügt auch über eine entsprechend zu empfehlende Zargenform, welche sich in Richtung auf den Saitenhalter hin allmählich verbreitert (bzw. erhöht), und so dem Korpus dann in seinem sich ohnehin verbreiternden Mittelbereich, aber eben dann auch im unteren Bereich, zunehmend mehr Volumen verleiht, ihm aber in seinem oberen Teil, also im entsprechend 'griffig' bzw. 'schlank' zu gestaltenden Bereich des Halsansatzes, eine Form ermöglicht, welche dem Spieler auch dort jeweils genügend Platz für weitergehend hohe 'Umfassungsgriffe' lässt…
In Hinsicht auf den dabei dann entsprechend flach (bzw. höchstens leicht gewölbt) zu gestaltenden Boden dieses Korpus, sollte dabei dann auch die Möglichkeit genutzt werden, dass dessen Material wiederum mit dem unteren Ende des Halsansatzes fest verleimt-verbunden wird. Hier neige ich dazu, einen symmetrisch zusammengeleimten Boden zu favorisieren. Einerseits aus Gründen der optischen Attraktivität solcher entsprechend effektvoll exakt zusammengeleimter Bodenteile, andererseits aber auch aus der Erfahrung, dass entsprechend ungeteilt angeleimte Böden doch eher (z.B. bei optisch stets attraktivem 'geflammten' Ahorn) zu Rissen, bzw. auch später noch, zur Entwicklung von schwer überschaubaren Spannungen neigen können.

3. Hals- und Griffbrettbesonderheiten / Bundanordnungen.
In Hinsicht auf das Griffbrett möchte ich zunächst darauf bestehen, dass das Instrument weiterhin mit einem Nullbund ausgestattet wird und auch weiterhin über ein gerades, also nicht gewölbt geformtes Griffbrett verfügen sollte.
Für einen Nullbund, welcher ohnehin bei derartigen Instrumenten oft üblich ist, plädiere ich im Sinne der damit zu begünstigenden Möglichkeit eines genaueren Einrichtens bzw. nötigenfalls auch noch jederzeit nachträglichen Korrigierens bzw. Neueinrichtens des gegenseitigen Saitenabstandes und dann auch des genauen Abstandes der Saiten über dem Griffbrett, insbesondere über dem ersten Bund.
Für ein gerades, d.h. nichtgewölbtes Griffbrett, plädiere ich aus meinen entsprechenden Spielererfahrungen an entsprechend unterschiedlich hergerichteten Waldzithern, aber auch aus entsprechenden Vergleichserfahrungen bei Five-String-Banjos, bei denen es ebenfalls entsprechende Experimente mit gewölbten Griffbrettern gegeben hat. Auch bei diesen Instrumenten haben sich letztlich glatte Griffbretter durchgesetzt. In Hinsicht auf die deutsche Cister möchte ich meine dementsprechende Meinung aber besonders betonen, da hier auch die portugiesische Cister mit ihrem, gerade bei modernen Instrumenten doch oft so deutlich gewölbten Griffbrett zum Vergleich angeführt werden kann. In einem solchen Vergleich möchte ich jedoch eher die hohe Anzahl von Bünden auf den portugiesischen Instrumenten als vorbildlich hervorheben. Was aber derartige, für bisherige deutsche Cistern durchaus ungewöhnliche Bestrebungen zur Erhöhung der Anzahl von Bünden betrifft, so ergäbe sich aus einem solchen Wunsch dann auch die Notwendigkeit, über weitere Gestaltungs- und Proportionsveränderungen hinsichtlich des Griffbrettes nachzudenken. So würden entsprechend konzipierte Griffbretter mit ihren letzten Bünden dann auch (in entsprechend auslaufend zu gestaltender Form) in das Schallloch hinein oder auch über dieses hinaus reichen können, - etwa so, wie es bei bestimmten Mandolineninstrumenten (und auch hier konnte ich stets auf entsprechende Exemplare aus der von mir zusammengestellten Instrumenten-Kollektion verweisen) oft zu finden ist.
In Hinsicht auf Griffbrettlänge und Bundanordnung möchte ich aber vor allem zwei mir grundsätzlich als wichtig erscheinende Proportionsveränderungen vorschlagen.
Im Sinne der Verbesserung der 'Handlichkeit' des Instrumentes plädiere ich - wie bereits betont - ohnehin für eine Verringerung der schwingenden Saitenlänge, aber, in Hinsicht auf eine Verbesserung von Griffmöglichkeiten im Bereich der unteren Oktave seines Griffbrettes, für die entsprechende Erhöhung der Anzahl von Bünden im entsprechenden Bereich seines Halses, - also für eine entsprechend länger zu konzipierende Halskonstruktion.
Wenn man nun all dies, also die Vergrößerung der Bundanzahl bei Verringerung der schwingenden Saitenlänge und die entsprechende Proportionsveränderung des Halses im Sinne dortiger Erweiterungen der Griffmöglichkeiten bis zur Oktave, bedenkt, so liegt auch auf der Hand, dass dies letztlich nur im Zusammenhang mit weiteren Proportionsveränderungen eines derartigen 'Gesamtinstrumentes' realisierbar sein wird.
Und in diesem Sinne vertrat ich dann auch immer die Meinung, dass das Griffbrett einer solchen neuartigen Cisterkonstruktion dann auch eine deutlichere Funktion im Sinne der Sicherung der Gesamtstabilität eines in dieser Weise neu zu konzipierenden Instrumentes übernehmen müsse.
Als nahe liegend aufschlussreiche Vergleichsbeispiele habe ich dazu immer wieder sowohl auf ältere Cistern mit überdeutlich starken Griffbrettkonstruktionen (wie sie auch in meiner Kollektion zu finden sind) als auch auf bestimmte moderne portugiesische Cisternkonstruktionen mit entsprechend keilförmig eingebauten Griffbrettern (welche ich aber für meine damalige Sammlung leider niemals erwerben konnte) hingewiesen. In diesem Sinne habe ich dann auch bei verschiedenen von mir entsprechend 'vergleichsanalytisch' konzipierten Cister-Experimentalmodellen meiner Kollektion jeweils prinzipiell dickere Griffbretter, in einer Stärke von bis zu 9mm auf Hälse mit bereits entsprechend neu konzipierten Kopfformen aufgebracht, um damit sowohl eine möglichst gerade als auch eine möglichst stabile (also auch bei späterer Erprobung eventuell stärkerer Saiten bzw. größerer Saitenspannungen eine 'nicht nachgebende') Hals-Griffbrett-Verbindung zum Korpus und ein entsprechendes 'Nichtverbiegen' des Halses (also eine insgesamt stabilere Halsgestaltung) zu gewährleisten. Und natürlich sollte in diesem Sinne nicht nur darauf geachtet werden, ein möglichst stabiles Griffbrettmaterial (also etwa Ebenholz) zu verwenden, sondern ich wollte auch Wert darauf legen, die Stabilität eines solchen Griffbrettes dann auch dadurch zu gewährleisten, dass ich die entsprechenden 'Bundeinsägungen' möglichst nur so tief ausführte, dass die Stabilität des Griffbrettmaterials dabei nicht wesentlich beeinträchtigt wurde. In diesem Zusammenhang musste ich auch immer wieder darauf hinweisen, dass sich bestimmte, damals in der Vogtländischen Musikinstrumentenindustrie bundeingesägt-vorgefertigte Griffbretter dort zuweilen auch entsprechend nachteilig auswirken konnten. Insbesondere bei Waldzithern, aber auch immer wieder bei Mandolineninstrumenten oder auch Gitarren konnte man da auf folgendes Phänomen treffen: Bei entsprechend dünnen und dann auch entsprechend bundeingesägt vorgefertigten Griffbrettern ergab sich nach dem Einbringen (bzw. auch dem 'Einschlagen') des Bundmaterials, dass sich nun das gesamte Griffbrett in Richtung auf die dann zu verleimende Seite hin verbogen hatte. Diese durch das Einbringen des Bundmaterials immer wieder erzeugte Verspannung wirkte sich dann insbesondere im Bereich der enger zusammenliegenden Bünde in der Nähe des Schallloches aus. Wenn es dann gerade in diesem Bereich mit etwas stärkerem Druck auf die Decke aufgeleimt werden musste, konnte sich dabei auch allzu leicht ein Instrument mit entsprechend eingebogenem Griffbrett ergeben, welches also schon von vornherein, quasi produktionsbedingt, mit einem in diesem besonders sensiblen Griffbrettbereich später kaum noch zu behebenden 'Geburtsfehler' behaftet war. Mir selbst sind sehr viele, derartig 'verkrüppelt' zur Welt gekommene Saiteninstrumente begegnet. Ich wollte also bei den von mir gefertigten Griffbrettern auch in diesem Detail besonderen Wert auf deren Stabilitätserhaltung legen. Heute würde ich in dieser Hinsicht noch akribischer verfahren wollen, indem ein entsprechend speziell anzufertigendes (oder eben an seiner 'Unterschiene' dann entsprechend abzuschleifendes) Bundmaterial generell nur bis zu einer wenige Zehntel-Millimeter reichenden Tiefe in das entsprechend geringfügig einzusägende Griffbrettmaterial mittels moderner Klebewerkstoffe einzulassen wäre.
Eine Methode, welche mit entsprechend spezifischen Klebern bzw. dazugehöriger Anwärmtechnologie sicherlich sowohl für das Einlassen als auch für ein späteres Auswechseln bzw. Erneuern derartigen Bundmaterials sowohl ein präziseres als auch ein stets gewaltfreies und auch das Material des Griffbrettes weiterhin schonendes Arbeiten ermöglichen würde.(64)
Da ich aber in Hinsicht auf das Griffbrett nicht nur an entsprechende Stabilisierungsverbesserungen, sondern natürlich vor allem an die Erweiterung und Verbesserung von Spielmöglichkeiten für solche Instrumente denken möchte, plädiere ich also auch für eine Anzahl von jeweils möglichst 24 Bünden bei einer schwingenden Saitenlänge von möglichst höchstens 42 cm für das Tenorinstrument und einer Halskonstruktion, bei der sich der 12te Bund am Hals/Korpus-Ansatz des Instrumentes befindet.
Diese Vorschläge - also sowohl die im Vergleich zu den üblichen Tenorinstrumenten deutlich höhere Bundanzahl als auch die vergleichsweise deutliche Verringerung der schwingenden Saitenlänge und dabei die wiederum zur Halsverlängerung führende Positionierung des 12ten Bundes am Halsansatz - haben sich für mich letztlich als Konsequenzen aus meinen Spielererfahrungen bzw. meinen Spielerwünschen ergeben. Zum näheren Sinn und den möglichen Vorteilhaftigkeiten derartiger Konsequenzen ließe sich letztlich freilich nur im Kreise von wiederum erfahrenen Cisterspielern effektiv kommunizieren. Wenn ich mich aber nun - immer noch auf dem Wege, hier über bestimmte 'DDR-Eigentümlichkeiten im Denken und Handeln zur Waldzither' zu berichten - auch ohne einen derartigen kollektiv-kollegialen Hintergrund und der doch eigentlich nur dort und nur dabei existierenden Möglichkeit der konkret-sinnvollen Erwägung alternativer Detail-Vorschläge, alternativer Instrumentalkonstruktionen und entsprechend dabei alternativ zu bedenkender Spielweisen äußere, so muss ich dabei zugleich verdeutlichen, dass diese hier zunächst an Kopf und Griffbrett erläuterten Proportionsveränderungen zwangsläufig zu wieder weiteren Proportionsveränderungen führen müssen, welche dann eben auch die Form des ganzen Instrumentes betreffen werden. Die von mir als Erstes vorgeschlagene Veränderung von 'Kopfproportionen' scheint sich zunächst nur auf den oberen Teil des Instrumentes, d.h. seinen Hals und seinen Kopf, zu beziehen; - sobald man sie aber ernster nimmt und also dann in Hinsicht auf die Gesamtform des Instrumentes erwägt, wird sie, vermittelt über das Griffbrett, dann auch weitere Proportionen im Korpusbereich betreffen können. Und in wieder weiterer Sicht habe ich dabei freilich auch stets an die dabei zu verändernden Verhältnisse denken wollen, welche nicht nur die Möglichkeiten einer entsprechenden Instrumental-Konstruktion, sondern eben die weiteren Möglichkeiten hinsichtlich der Veränderung seiner Herstellung, seiner allgemeinen Nutzung und auch seiner wiederum weiteren künftigen Optimierung innerhalb der besonderen Wirklichkeit betreffen, innerhalb derer wir uns eben selbst mit solchen Musikinstrumenten konfrontieren.

4. Generelle und spezielle Proportionsgestaltungen
Mit der von mir empfohlenen schwingenden Saitenlänge von 42cm wird sich dieses Maß des Instrumentes im Vergleich zu den ansonsten üblichen Tenor-Waldzithern zwar um mehrere Zentimeter verkürzen, aber meine Empfehlungen zur Kopfgestaltung, sowie dann auch zur Position des 12te Bundes, werden demgegenüber zu einer Halsverlängerung weitaus größeren Ausmaßes führen.
Dies würde sich für die Gesamtgestalt des Instrumentes dann also in Richtung auf ein deutlich längeres 'Hals-Instrument' auswirken. Andererseits könnte sich hinsichtlich der Formveränderung des Korpus als empfehlenswert erweisen, diesen, im Sinne des Erhalts oder auch des Gewinns von genügend Volumen bzw. von genügend 'Klangdecken-Resonanzkraft', möglicherweise zu verbreitern. Eine solche 'Verformungstendenz' mag auch angesichts der breiter ausladenden Form, die wir bei der portugiesischen Cister finden können, als nahe liegend erscheinen. Es wäre da vielleicht aber auch an eine eher 'wappenförmige' bzw. an eine dann auch unsymmetrische Ausformung des Korpus zu denken. Insbesondere vielleicht auch dann, wenn sich konstruktionsbedingte Schwierigkeiten in Hinsicht auf eine effektive Dimensionierung bzw. Platzierung des Schallloches ergeben, denn beides müsste wohl im Zusammenhang mit dem im Korpusbereich verlängert aufliegenden Griffbrett überdacht werden, wobei dann vielleicht auch an eine Alternative in Richtung auf 'F-Löcher' usw. gedacht werden könnte.
Ebenso wäre sicherlich die Position des Steges im Verhältnis zur Lage der unteren 'Querbalkenverleimungen' unter der Klangdecke zu überdenken. Aus meiner Erfahrung hat sich da - ausgehend wieder von dem von mir speziell bevorzugten, bereits mehrfach genannten, kleineren Instrumenten mit 42er Mensur - die dortige Position des Steges hinsichtlich seines Abstandes zu dem unter ihm befindlichen Querbalken besonders bewährt, auch wenn diese Position ansonsten wohl so manchem Spezialisten als 'nicht spezifisch waldzithertypisch' erscheinen mag.

5.Weitere 'gestaltungsrelevante' Elemente und Faktoren
Als ein traditionell oft bevorzugtes 'Form- bzw. Gestaltungs-Element' bei Waldzithern, wäre eventuell die Beibehaltung des so genannten "Spielblattes", und dabei gegebenenfalls dessen symmetrische Form, zu bedenken. Ich persönlich würde dann neben der Anbringung eines schützenden Zierrandes im Schallloch und an der Decke des Instrumentes auch einen umlaufenden Zier- bzw. Schutzrand am Boden des Instrumentes bevorzugen, wohingegen ich wiederum Schalllochrosetten, wie sie zuweilen auch in der jüngeren Geschichte des Instrumentes anzutreffen sind, nicht für empfehlenswert halten möchte.
Falls für den Hals bereits ein in deutlicher (bzw. auch in besonders 'attraktiver') Weise, zwei- oder mehrteilig zusammengesetzt verleimtes Holzstück verwendet wurde, so sollte die Frage, ob dazu nun auch ein entsprechend zweiteiliger Boden (mit oder ohne Mittelstreifen etc.) angebracht sei, um so gründlicher erwogen werden. Außerdem kann auch berücksichtigt werden, dass entsprechend unterschiedlich gearbeitete oder auch unterschiedlich ausgestattete Stege nicht nur hinsichtlich ihrer klanglichen, sondern eben auch in Hinsicht auf ihre 'gestalterischen' Wirkungen zu erwägen sind. Und für unterschiedliche Lacksorten kann dies wohl in ebensolcher, bzw. noch stärkerer Weise gelten….

6. Speziell zu erprobende und vergleichend zu ermittelnde Qualitätsbesonderheiten
Unter den vielen Faktoren, welche letztlich auch einen Einfluss auf die Spiel- und Klang-Eigenschaften einer entsprechend konstruierten Cister haben können, wären dann vielleicht die nachfolgend genannten besonders zu beachten, da sich bei diesen die Möglichkeit erwägen lässt, eventuell innerhalb einer längeren Serie von demgemäß unterschiedlich angelegten Exemplaren letztlich auch Erkenntnisse über die von daher gegebenen Möglichkeiten der effektiven Veränderung bzw. Optimierung von bestimmten Eigenschaften des Gesamtinstrumentes gewinnen zu können.
  • Schallloch (Position, Form, Größe)
  • Griffbrett (frei ins Schallloch ragend oder überleitend fixiert)
  • Verschiedene Bundmaterialformen (Höhe; Breite )
  • Stegpositionen im Verhältnis zur Deckenbalkenanordnung
  • Stegformen und Stegmaterialien(65)
  • Klangdecke (Material, Materialstärke, Form: glatt, gewölbt, gekehlt usw.)
  • Deckenbalkenanordnungen (leiterförmig, stufenförmig, fächerförmig etc.)
  • Lacke (Sorten, Stärken)
  • Zargen (Zargenstärke, Zargenhöhe, Zargenwinkelverlauf)
  • Boden (glatt, leicht gewölbt, halbiert, mehrfach geteilt, Vollholz, Sperrholz etc.)
  • Bodenbalkengestaltung
  • Mechanik (Gewicht)
  • Kopf (Gewicht, Größe, Form)
  • Spielblatt (Klang mit und ohne)
  • Halsansatzwinkel usw…
Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich bei einem dementsprechend längerfristig angelegten Projekt des Vergleichens innerhalb einer ganzen Serie von entsprechend gezielt unterschiedlich gestalteten Instrumenten eines Grundtyps von Cister dann sicherlich auch bestimmte praktikable Ergebnisse und Erkenntnisse gewinnen lassen könnten. Dabei müsste innerhalb eines solchen 'Groß-Versuchs' auch kein einziges dieser Instrumente etwa zerstört, verschlissen oder prinzipiell entwertet werden. Im Gegenteil: Es könnten dabei viele neue, jeweils etwas unterschiedlich gestaltete Cisterninstrumente entstehen. Und in diesem Prozess würde dann auch jedes dieser Instrumente seinen individuellen, musikantisch-musikinstrumentellen Wert erhalten, und auch behalten können, oder diesen Wert dann auch innerhalb des Ensembles aller anderen dabei zu vergleichenden Instrumental-Individualitäten möglicherweise auf jeweils besondere Art und Weise steigern können. Und bei einem derartigen 'musikinstrumentellen Groß-Versuch' hinge es letztlich eben auch vom Konzept und vom Engagement der Initiatoren und der Träger dieses Experimentes ab, in welcher, auch spezifisch kunsthandwerklich-gestalterischen Qualität dabei jedes einzelne Exemplar aus der Vielzahl der dabei neu entstehenden, aber eben vorwiegend auf ihre Klangeigenschaften hin zu vergleichenden, Musikinstrumente jeweils hergestellt werden sollte. Dabei würden in der weiteren Entwicklung eines entsprechend konzipierten Groß-Versuchs dann sowohl die entsprechend beauftragten Hersteller all solcher Instrumente als auch all die mit diesen Herstellern in Kontakt stehenden Spieler solcher Instrumente, zu den eigentlichen Trägern eines solchen Experimentes werden, welche dabei sowohl die von Fall zu Fall anfallenden Vergleichsergebnisse von musikhandwerklicher und nachfolgender musikantischer Tätigkeit als auch all die von den Klangqualitäten jeweils entsprechend zu trennenden kunsthandwerklich-gestalterischen Instrumental-Besonderheiten, auswerten und absprechen können. Die weitere Entwicklung einer solchen Kultur des gegenseitigen Informierens und permanenten Vergleichens bestimmter von Instrumentenbauern entsprechend realisierter Instrumentalbesonderheiten könnte dann, im Verbund mit den sich von daher ergebenden
Spezialitäten musikantisch-spieltechnischer Art bzw. auch bestimmter Spieltechniken, auch zu einer sicheren Grundlage für die regelmäßige (und möglichst auch entsprechend öffentliche) Veranstaltung von Waldzithertreffen auch außerhalb der damals dazu speziell geförderten "Jugend-Folklore-Werkstätten" sein.
Allerdings muss ich zu all den Besonderheiten des hier erwogenen detaillierten Vergleichens von möglichen Wirkungen der oben genannten Faktoren nun wieder deutlich betonen, dass vor dem Beschreiten eines solchen Weges, zunächst grundsätzlich andere, eigentlich eher weichenstellende Vergleichsversuche unternommen werden müssen. Denn bislang war schließlich noch offen, ob sich, entsprechend meines Vorschlages zur Entwicklung einer halsverlängerten Cisternvariante, dazu nun auch ein Korpus entwickeln lassen wird, welcher sich nicht nur in grifftechnischer, sondern auch in klanglicher Hinsicht als ausreichend effektiv erweisen kann.
Falls sich dies - was ich sehr hoffe und auch für möglich halten möchte, bislang aber nicht sicher einzuschätzen vermag - dann auch so erweisen wird, so wäre auch dafür zu sorgen, dass all die hier aufgelisteten Faktoren im Sinne der weiteren akustischen Optimierung eines solchen Instrumentes immer wieder vergleichend abzuwägen wären. Falls aber die Vergleichungen der Klangeigenschaften der bereits vorliegenden Korpuskonstruktion (also das von mir favorisierte Modell mit 42er Mensur, welches mir schließlich klanglich als genügend effektiv erscheint) mit der von mir erwünschten halsverlängerten Alternative keinerlei günstiges Ergebnis erzielen könnten, so würde ich die weiteren Faktorenvergleichungen und Optimierungsbestrebungen doch eher in Richtung auf das traditionell kürzerhalsige (also dort nur bis zum 10ten Bund rechende) Cistermodell ausrichten wollen und auf die grifftechnischen Vorteile eines Halses, der bis zum 12ten Bund reicht, eher verzichten.(66)
7. Weiterführende Anliegen und Projekte
Bei all diesen, bislang unter den oben stehenden sechs Punkten angeführten Bestrebungen stand für mich in Bezug auf die Cister in der DDR auch noch eine ganz andere Überlegung im Hintergrund.
Ich hatte bereits in den siebziger Jahren an einem von der Kirche in der DDR organisierten Instrumenten-Selbstbaukurs teilgenommen. Derartige Lehrgänge, bei denen die Teilnehmer in der Regel bestimmte Fideln herstellten, wurden regelmäßig von einem Pastoren-Ehepaar, der Familie Richter, im Rahmen der "Goßner-Mission" in Buckow veranstaltet, und ich hatte immer wieder aus den unterschiedlichsten Musikantenkreisen von diesen selbstgebauten Fideln gehört. Nachdem ich dann dieses Ehepaar verschiedentlich am Ort ihres Wirkens besucht hatte und mit Ihnen auch über mein philosophisches Interesse an Musikinstrumenten sprechen konnte, wurde dort auch ein Sonder-Kurs zum Selbstbau von Gitarren eingerichtet, an dem ich dann, zusammen mit anderen mir bekannten Musikfreunden, teilnehmen konnte, und mir also dort auch selbst eine Gitarre baute. Diese Möglichkeit, sich ein solches Musikinstrument auch selbst anzufertigen, hatte mich damals tief beeindruckt und ich setzte mich seitdem auch immer wieder dafür ein, dass eine solche Möglichkeit auch einen Platz im offiziellen Kulturbetrieb der DDR erhalten sollte, um damit jedem Interessenten zur Verfügung stehen zu können. Die entsprechenden kirchlichen Aktivitäten richteten sich schließlich in erster Linie an kirchlich orientierte DDR-Bürger, und ich als konfessionsloser und zweifellos atheistisch orientierter Philosoph konnte an einem solchen Lehrgang letztlich nur auf Grund der Freundlichkeit der Familie Richter teilnehmen.(67)
Wenn ich nun die von dort herrührenden Erfahrungen zur Herstellung von Fideln und Gitarren bedachte, so lag auf der Hand, dass für derartige Selbstbau-Lehrgänge auch Cistern geeignet sein könnten, zumal in der Tradition der deutschen Cister die häuslich-amateurische Selbstherstellung solcher Instrumente schon immer eine wichtige Rolle gespielt hat - ganz anders also als bei der vergleichsweise komplizierteren Gitarre oder etwa den in Buckow hergestellten einfachen Fideln, bei denen es sich wiederum keineswegs um diesbezüglich mit der Waldzither vergleichbare 'traditionelle Volksmusikinstrumente' handelte. Um aber eine solche Vorstellung weiter durchdenken zu können, schien mir unverzichtbar, dass dazu (ähnlich wie bei den Buckower Fideln) auch ein entsprechender 'Waldzither-Selbstbausatz' entwickelt werden müsste, der gegebenenfalls dann auch später allgemein im Musikinstrumentenhandel der DDR angeboten werden könnte. Aber einen solchen, damals zweifellos sofort einer strikten Ablehnung ausgelieferten Vorschlag wollte ich den zuständigen Kulturinstitutionen in der DDR erst dann intensiver vortragen, wenn tatsächlich eine Entscheidung zur ausstehenden Wiederaufnahme der Produktion von traditionelleren 'Flachkörper-Cistern' gefallen war.
Ich wollte mich also hinsichtlich meiner 'Selbstbau-Kurs-Initiativen' zunächst auf meinen Vorschlag zur Anfertigung einer dafür problemloser geeigneten, einfacheren Kasten-Zither konzentrieren, welcher sowohl hinsichtlich der instrumentenspezifischen Einfachheit eines solchen Instrumentes als auch hinsichtlich der Beschaffung der dazu erforderlichen Musikinstrumenten-Materialien eigentlich kaum auf Ablehnung oder entsprechende Interventionen seitens 'befugter Bevollmächtigter' treffen konnte. Aber mein Engagement für einen solchen 'Scheitholt-Selbstbau-Kurs'(68) erfolgte immer mit dem Blick auf einen später auch einzurichtenden 'Waldzither-Selbstbau-Kurs'. Und die Entwicklung eines solchen, später weiterzuführenden Selbstbau-Projektes zur Waldzither sollte meiner Auffassung nach dann auch immer einen Zusammenhang mit dem hier bereits kommentierten 'Vergleichs-Projekt' zur Waldzither bilden und auch in diesem Sinne zu einer möglichst regelmäßigen Einrichtung im Kulturbetrieb der DDR werden. Zu den sich dabei von bürokratisch-machtpolitischer Seite her immer wieder auftürmenden Schwierigkeiten hatte ich allerdings im Verlauf vieler Jahre bereits eine Unzahl von zum Teil sehr üblen Erfahrungen sammeln müssen, so dass ich dann alle diesbezüglichen Vorschläge und meine entsprechenden Initiativen dazu letztlich in ein nur längerfristig zu konzipierendes und dann jeweils auch nur schrittweise anzugehendes Projekt einordnen wollte.
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Wie bereits einleitend zu den soeben erläuterten 'sieben Neuentwurfs-Schwerpunkten' angekündigt, möchte ich mich nun auch noch in Hinsicht auf meine genaueren Vorstellungen zu den besonderen Wegen, die von mir damals im Sinne der Verwirklichungsmöglichkeiten eines derartigen 'Neuentwurfs zur Waldzither' bereits angegangen wurden und dann, meiner Meinung nach, auch weiter zu beschreiten gewesen wären, eingehender äußern.
Was die von mir vorgeschlagene Veränderung der Kopfform des Instrumentes betrifft, so hatte ich schon lange damit begonnen, entsprechende Formen zu entwerfen und mir dann auch in Markneukirchen entsprechend gestaltete Halsrohlinge an verschiedene ältere Waldzither-Korpusse anbringen lassen. Dazu hatte ich mir außerdem besonders starke Griffbrettrohlinge besorgt, welche ich dann auch entsprechend der beabsichtigten schwingenden Saitenlänge des Instrumentes, mit der jeweils höchstmöglichen Anzahl von 'Bundeinsägungen' versah und dann entsprechend angepasst auf diese Halsrohlinge aufleimte. Ich ging dabei davon aus, dass nach der exakten Fertigstellung solcher entsprechend neukonzipierter Instrumente diese dann auch von anderen erfahrenen Waldzitherspielern erprobt und gestestet werden könnten.
In diesem Sinne hatte ich dann auch drei ganz unterschiedliche Exemplare mit jeweils anderer schwingender Saitenlänge in Vorbereitung: Zwei Instrumente mit ausgebauchtem Korpus, und eines mit flachem Korpus(69)
Also einerseits ein flaches Instrument mit einer in dieser Weise deutlich 'unterdimensionierten' schwingenden Saitenlänge von 40 cm, und andererseits die beiden ausgebauchten Modelle. Einmal mit der deutlich überdimensionierten schwingenden Saitenlänge von ca. 50 cm,(70) und zum anderen mit einer schwingenden Saitenlänge von ca. 44cm. Damit hätten also im Sinne von demgemäß vergleichenden Tests in meiner Waldzither-Kollektion bereits entsprechende Instrumente mit den unterschiedlichsten schwingenden Saitenlängen zur Verfügung gestanden. Von der Maximal-Tenorvariante mit ca. 50 cm bis hin zur Minimalvariante von nur 4o cm,(71) welche dann auch schon als 'Citrinchen-Instrument' aufgefasst und so dann auch mit entsprechendem Saitenmaterial bespannt werden konnte.
Für eine 'prüfende Erprobung' dieser Instrumente wäre dann zu jeder Zusammenkunft von Waldzitherspielern, so wie sie ja auch regelmäßig während der vom Zentralhaus in Leipzig organisierten "Jugend-Folklore-Werkstätten" stattfanden, Gelegenheit gewesen. Aber mit der organisatorischen Kraft der "AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium' hätten auch noch weitere und auch weiterführende Möglichkeiten dieser Art genutzt werden können, und auf diese Weise hätte dann auch ein intensiverer Kontakt sowohl zu älteren traditionellen Waldzitherspielern in der DDR als auch zu den entsprechend interessierten Waldzitherherstellern (insbesondere aus dem Vogtland) aufgebaut werden können, so dass damit auch eine für bisherige DDR-Verhältnisse völlig neue Beratungsstruktur zur Verbesserung der Herstellung eines traditionellen Volksmusikinstrumentes möglich geworden wäre. Und wenn derartige Kontakte zwischen den älteren und den jüngeren Waldzitherspielern sowie auch zu den verschiedenen Herstellern dieser Instrumente, dann zu organisatorisch festeren Formen entwickelt werden könnten (was mit Hilfe dieser staatlich unterstützten ZAG-AG wohl kaum allzu schwierig gewesen sein dürfte), so hätten etwa angesichts dieser von mir dazu entsprechend veränderten Cistern vor einem solchen, dann durch diese AG zusammengerufenen Personenkreis zunächst mindestens zwei Probleme genauer beraten und auch genauer eingeschätzt und bewertet werden können:
  • Was ist von der hier vorgeschlagenen Veränderung der Kopfform zu halten und wie weit sollte diese entsprechend 'ausgeformt' werden?
  • Wieweit kann die Erhöhung der Bundanzahl bei diesem Instrument als spieltechnisch praktikabel angesehen und entsprechend befürwortet werden?
Wenn ich bisher mit Waldzitherspielern über diese beiden Fragen sprechen wollte, so konnten mir, neben einem ohnehin oft anzutreffenden Unverständnis, wenn es um die Veränderung eines traditionellen Musikinstrumentes gehen soll, immer wieder auch ganz bestimmte, überaus unsachliche Abneigungshaltungen zu diesen Problemfragen begegnen. So etwa die Behauptung, das man sich bei 24 Bünden doch bereits in der Nähe des Steges befände und die Bünde dann dort auch viel zu eng beieinander lägen, um noch bespielt werden zu können usw…Und angesichts meiner Argumentationen zur ungünstigen Kopfform bisheriger Cistern fanden sich auch immer wieder bestimmte eifernde Traditionalisten, die mir sofort vorführen wollten, dass sie selbst aber doch in der Lage sind, auch auf ihrem traditionellem Instrument im unteren Bund "alle Griffe bequem zu beherrschen". Im Gegensatz zu solchen Erfahrungen war ich mir aber sicher, dass sich ein entsprechend von der "Instrumentarium AG" fachlich orientiert einzuberufendes Beratungsgremium dann, angesichts der von mir dort vorgelegten und auch entsprechend spieltechnisch vorgeführten 'neuproportionierten' Waldzithern, zu diesen Fragen sachlicher äußern müsste. Weder die Erhöhung der Anzahl von Bünden noch meine Vorschläge zur Veränderung der Kopfform hätten da einfach abgelehnt werden können. Jeder Befragte hätte entsprechende Vorteile und Besonderheiten auch sofort vor Ort am realen Instrument selbst erproben können.
Und eine derartig kollektive 'vor Ort Vergleichung' der unterschiedlichen schwingenden Saitenlängen meiner unterschiedlich dimensionierten Experimental-Modelle hätte ebenfalls zu weiterem Nachdenken und zu entsprechenden Einschätzungen und Bewertungen führen können. Zunächst aber ging ich davon aus, dass die Wiederaufnahme der Produktion von Flachkörper-Waldzithern wohl kaum zu umgehen sei, und also auch alsbald zu erwarten sein wird.(72)
In diesem Sinne hätte ich dann auch ganz speziell für dieses besondere, etwas kleiner proportionierte Instrument plädiert, welches ich damals schon seit vielen Jahren immer wieder gespielt hatte - ein in der DDR hergestellter und bis in die siebziger Jahre auch im Inland verkaufter Tenor-Waldzithertyp mit 42cm schwingender Saitenlänge und soliden Klangeigenschaften. Sowohl die ersten Fernsehaufnahmen zur Waldzither mit Jack & Genossen als auch eine Vielzahl weiterer Rundfunkproduktionen sowohl mit dieser Gruppe als auch später mit der Gruppe Windbeutel, sind mit diesem Instrument erfolgt. Insbesondere aber sind in dieser Gruppe dann auch eine Reihe von rein instrumentalen Waldzitherstücken entstanden, von denen einige auch im DDR-Rundfunk produziert und dann des öfteren gesendet wurden.
Ich wollte also mit Blick auf diesen Instrumententyp(73) davon ausgehen, dass ein eventuell dazu entsprechend zu befragendes 'AG-Beratungsgremium' eher zur Zustimmung als zur Ablehnung neigen würde, wobei sich dann die produktionstechnisch-ökonomischen Vorteile bei der Herstellung eines solchen, kleineren und auch konstruktionstechnisch grundsätzlich 'einfacheren' Instrumentes immer wieder selbst verdeutlicht hätten.(74)
Sobald aber eine derartige Zustimmung bzw. eine entsprechende 'Entscheidungstendenz' deutlich geworden wäre, hätte ich mich deutlicher dafür eingesetzt, dass nun auch die Beratung einer weitaus schwieriger zu entscheidenden Problemlage ansteht.
Denn nun hätte ich mich vor allem dafür eingesetzt, dass mein Vorschlag zur Erhöhung der Anzahl von Bünden am Hals des Instrumentes im Sinne der dortigen 'Spielfreiheit bis zur Oktave' gründlich zu erwägen sei. Wie bereits verdeutlicht, ginge es in dieser Frage um die Alternative zwischen einem eher langhalsigen Cisternmodell, auf dessen Griffbrett sich der 12te Bund am Halsansatz befindet, und einem eher 'traditionell-normal- proportionierten' kürzerhalsigen Modell, an dessen Halsansatz sich der 10te Bund befindet. Wenn man diese Problemlage nun etwas genauer betrachtet, so kann eine weitere Konzeptionsalternative deutlich werden.
Es könnte nun die Frage gestellt werden, was mir letztlich bei dem hier in einer bestimmten Korpusgröße vorliegenden Instrument wohl wichtiger sei: Die von mir am Hals erwünschte Spielfreiheit bis zur Oktave (also mit dem 12ten Bund am Halsansatz) oder die von mir zuvor schon favorisierte schwingende Saitenlänge von 42cm?
Falls die geschilderte Spielfreiheit bis zum 12ten Bund das Wichtigere sei, so könnte das Problem leicht dadurch gelöst werden, dass der Hals des vorliegenden 42ger-Instrumentes einfach um zwei Bünde verlängert würde und alle anderen Proportionen, insbesondere der Korpus, dabei unverändert bleiben könnten. Dadurch würde sich dann auch eine schwingende Saitenlänge in der gleichen Größenordnung ergeben, wie wir sie normalerweise bei den bislang üblichen Tenor-Waldzithern antreffen können. In der von mir zusammengestellten Kollektion von Cisterinstrumenten befinden sich bereits verschiedene Exemplare, an denen ich genau dies bereits versucht hatte, indem ich verschiedentlich mit entsprechend längeren Hälsen konzipierte bzw. entsprechend nachgerüstete Cister-Instrumente in Markneukirchen anfertigen ließ. Diese Versuche sind für mich aber keineswegs sonderlich effektiv ausgegangen. Die Stabilität dieser nun überdimensioniert langen Hälse, schien mir stets gefährdet, und von den Klangeigenschaften der damit ausgestatteten Instrumente war ich dann auch immer irgendwie enttäuscht. Alle diese 'Versuchsinstrumente' hätten dann auch in der "AG Musikfolkloristisches Instrumentarium" für entsprechende Beratungen vorgelegt werden können.
Letztlich wollte ich also weiterhin den Klang meiner kleineren Cister mit '42er Mensur' vorziehen. Zudem hatte ich immer wieder den Eindruck, dass eben auch die spieltechnischen Vorteile der 42er Mensur nicht aufgegeben werden sollten und dass gerade auch die spieltechnischen Vorteile der '12-bündigen Hälse' wohl nur in Kombination mit wiederum dieser schwingenden Saitenlänge voll zur Geltung kommen könnten.
Insofern plädiere ich also schon lange und sehr deutlich für ein 42ger-Modell mit 'Oktav-Freiheit' (d.h. einem Hals dessen 12ter Bund sich am Korpus befindet) und dementsprechend einem Modell mit einem demgemäß umzugestaltenden Korpus. Und diese Problemlage hätte dann also von einem solchen, dann aber möglichst auch aus entsprechend erfahrenen Instrumentenbauern bestehenden, Beratungsgremium geprüft und diskutiert werden sollen. Falls dabei dann seitens der Instrumentenbauer auch die Möglichkeit der Herstellung eines solchen Instrumentes - also mit einem entsprechend formveränderten, aber die Klangeigenschaften des ursprünglichen 42er Modells doch möglichst bewahrenden Korpus - bestätigt werden könnte, so hätte ich persönlich sofort ein solches Instrument privat auf meine Kosten anfertigen lassen. Dabei hätte sich dann - sowohl aus den nun bereits entsprechend engeren Beziehungen von besonders interessierten Waldzitherspielern untereinander als auch von den nun jeweils engeren Beziehungen zu den professionellen Herstellern solcher Instrumente her - sicherlich auch die Möglichkeit ergeben können, dass auch andere Interessenten, außer mir ebenfalls ein solches, in bestimmten Details auch wieder etwas anders proportioniertes Instrument, mit den entsprechend angestrebten gleichen Grundeigenschaften bei möglicherweise einem jeweils wieder anderem Instrumentenbauer bestellt hätten, so dass dann auch wieder Vergleichsberatungen zu derartigen Instrumentalvarianten angestanden hätten. Und erst, wenn auf diese Weise auch ein sachliches Urteil über eine solche Waldzithervariante (d.h. ein 42/12-Modell) erarbeitet worden wäre, hätte dann auch eine Entscheidung zu der Frage, für welches Modell man sich nun hinsichtlich einer von der Musikinstrumentenindustrie planmäßig bzw. dann auch serienmäßig zu erfolgenden Herstellung entscheiden sollte, sinnvoll möglich sein können.
In Hinsicht auf einen dementsprechend anzustrebenden Entscheidungszustand hatte ich dann folgende Möglichkeiten im Sinn:
  • Falls sich - worauf ich natürlich in erster Linie hoffte - das Modell 42/12 als klanglich erfolgreich erweisen würde, so hätte ich natürlich dafür plädiert, dieses dann auch in die 'planmäßig-serienmäßige Produktion' aufzunehmen, so dass diese neue Form von deutscher Cister dann auch als entsprechende 'Musikinstrumentenneuheit' sowohl für den Bedarf in der DDR als auch für den Export angeboten werden könnte.
  • Falls sich diese 42/12 Variante hingegen als klanglich eher ineffektiv oder auch als 'produktionstechnisch zu schwierig' erwiesen hätte, so wäre dann die planmäßig-serienmäßige Produktion des traditioneller Weise bereits vorliegenden Modells (42/10) zu empfehlen; - allerdings nun mit veränderter Kopfform, einer entsprechend erhöhter Anzahl von Bünden und verschiedenen Detailverbesserungen.
  • Ein letztlich ebenfalls serienmäßig zu produzierender 'Waldzither-Selbstbausatz' sollte dann natürlich auch nach den Maßen des entsprechend planmäßig hergestellten Modells ausgerichtet sein.
  • Alle weiteren Optimierungsbestrebungen im Sinne der bereits unter Punkt 6 angeführten Qualitätsbesonderheiten sollten dann auf das in der serienmäßigen Produktion befindliche Modell ausgerichtet sein. Und falls die Entscheidung letztlich doch zu Gunsten von 42/10 ausgefallen wäre, so hätte ich trotzdem weiterhin gerne (vielleicht wieder in anderer Weise und auf anderen Wegen) für die weitere Auslotung der klanglichen Möglichkeiten eines 42/12 Modells plädieren wollen; - möglicherweise dann auch wieder in Richtung auf einen doch wieder deutlicher ausgebauchten, und damit möglicherweise auch insofern wieder klangkräftigeren Korpus. Aber in Bezug auf das Modell, zu dem bereits eine Entscheidung zur vielfachen, serienmäßigen Herstellung getroffen wurde, hätte dann eben die Möglichkeit bestanden, unter der Verantwortung und der Übersicht der AG Musikfolkloristisches Instrumentarium', eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Vergleichskultur im Sinne der bereits beschriebenen Optimierungsbestrebungen zu entwickeln und diese dann auch entsprechend zu dokumentieren. Daraus ergäbe sich später vielleicht auch die Möglichkeit, mit der Publizierung eines derartigen Verfahrens und aller dabei konkret differenziert gewonnenen Herstellungserfahrungen, auch differenzierte Offerten für besondere Spezialisten und Liebhaber dieses Instrumentes vorzulegen - Angebote zu unterschiedlichen Varianten eines in besonderer Weise optimierten Instrumententyps, zu welchem dann eben auch ein entsprechend optimierter 'Selbstbau-Satz' angeboten werden kann.
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Soweit zunächst zu meinen entsprechenden Hoffnungen und Veränderungs-Vorstellungen zu diesem deutschen Musikinstrument unter den Verhältnissen in der DDR.
Dabei denke ich, dass vielleicht auch deutlich werden konnte, inwieweit sich solche Hoffnungen damals nicht nur auf das in bestimmte Verhältnisse eingebundene Instrument, sondern eben auch auf die Veränderung und Gestaltung von mit solchen Hoffnungen und Wünschen untrennbar verbundenen Verhältnisse bezogen, wobei sich die Spezifik entsprechender Veränderungsvorstellungen eben wiederum nur aus diesen, inzwischen freilich vernichteten, Verhältnissen erklärt.
Wenn man gewillt ist, bei der Betrachtung eines Musikinstrumentes sowie seiner Entwicklung und seiner weiteren spezifischen Entwicklungsmöglichkeiten, derartige Verknüpfungen ernst zu nehmen, und dabei dann auch davon ausgehen könnte, dass in diesem Sinne, alle diesbezüglich, für die immer wieder neue Entstehung und ständige Weiterentwicklung von entsprechender Instrumentalmusik, zweifellos bedeutungsvollen musikinstrumentellen und sozialökonomischen Bedingungen, auch Gegenstand von bestimmten 'musikberücksichtigenden' Wissenschaftsfachrichtungen sein sollten, so könnte dann auch nahe liegen, die dabei entsprechend relevanten Wissenschaftsverhältnisse in der DDR mit zu bedenken.
Sobald man sich aber darauf einlässt, so geraten diese 'DDR-spezifischen Waldzitherbemühungen', und insbesondere dabei das diesbezügliche Wirken von E. Stockmann, sofort in einen wiederum ganz anderen Dunst von Eigentümlichkeit, innerhalb dessen mir zwar nach wie vor vieles als rätselhaft, aber manches eben auch einfach nur als offensichtlich schändlich erscheinen kann.
In Hinsicht auf diese Wissenschaftler-Persönlichkeit habe ich zuweilen ja auch schon von einem besonderen 'Kriminalfall der Wissenschaftsgeschichte' gesprochen und gerade auch in den hier vorliegenden Darstellungen bereits entsprechende Nebenbemerkungen zu seiner spezifischen Obstruktionspolitik gegenüber der AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium formuliert.(75)
Meine 'Kriminalfall-Formulierung' bezog sich vor allem auf sein wissenschaftsschädigendes, aber eben wissenschaftsbetrieblich-machtpolitisch offenbar gut abgesichertes Verhalten zur "Systematik der Musikinstrumente", bei dem er weder vor der Unterschlagung bereits vorliegender Wissenschaftsergebnisse, noch vor der eloquenten Verkündung bzw. Verbreitung von bestimmten Unwahrheiten sowie der Propagierung bestimmter Lügen, zurückschreckte und auch ansonsten eine intensiv betriebene Intrigenkultur gegen bestimmte Vertreter nichtgenehmer Ansichten entwickelte, und dementsprechend auch ständig an der Ausweitung und Aufrechterhaltung eines ganzen Netzwerkes von dementsprechend subaltern abhängigen bzw. auch anderweitig korrumpierbaren Personen webte und wirkte. Wer sich innerhalb dieser Strukturen dann vielleicht nicht in der Lage sah, ihn als niveauvollen und schöpferisch denkenden Wissenschaftler mit bemerkenswerten eigenen Ideen und originären Forschungsergebnissen zu preisen, konnte ihn dann immer noch - und das ist eben auch immer wieder geschehen - für seine bedeutenden "wissenschaftsorganisatorischen Leistungen" loben.
Und zweifellos kann eben gerade auch das Schaffen derartiger letztlich aber doch wissenschaftsfeindlich wirkender Netzwerke als eine Art von 'Wissenschaftsorganisation' angesehen werden und dann gegebenenfalls eben auch auf Akzeptanz und entsprechende Unterstützung stoßen. Dass ich all dies in diesem Falle dann auch als einen besonderen 'Kriminal-Fall der Wissenschaftsgeschichte' bezeichnet habe, bedeutet dabei nicht, dass ich etwa der Meinung wäre, dass dementsprechende Verhaltensweisen vor allem als in streng juristischer Weise eindeutig als kriminell zu beurteilende Vergehen aufzufassen wären. Vielmehr möchte ich Derartiges, also Unterschlagen, Fälschen, Verhindern und Untergraben von wissenschaftlichen Erkenntnissen und entsprechendes Lügenverhalten, als letztlich verbrecherisch innerhalb der Wissenschaft auffassen, - als Vergehen gegen Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens.
Insofern hatte ich auch bereits in der Überschrift zu all den hier zu schildernden 'Eigentümlichkeiten', nicht einfach von 'akademisch-wissenschaftlichen', sondern eben von 'akademisch-wissenschaftlerischen' Bemühungen geschrieben. Denn die dabei nun zu behandelnde Eigentümlichkeit besteht vor allem darin, dass es hier auch um Bemühungen und Aktivitäten von Wissenschaftlern geht, welche ihre entsprechenden Aktivitäten in Richtung auf 'akademischen Erfolg' in bewusster Weise zu Ungunsten von wissenschaftlicher Erkenntnis ausgerichtet haben.
Nicht nur ein wissenschaftsorganisatorisch-akademisches Verhalten zum gezielten Nachteil anderer Kollegen oder Konkurrenten (was meiner Erfahrung und meiner Kenntnis nach in der Realität des Wissenschaftsbetriebes und in der Wissenschaftsgeschichte schließlich keineswegs ungewöhnlich wäre),(76) sondern ein innerhalb des Wissenschaftsgeschehens bewusst organisiertes 'Erfolgs-Verhalten' auf Kosten von Erkenntnis.
Ein eher auf akademische Positionierung, Reputation, Einflussnahme und profane Machtausübung usw. ausgerichtetes, und weniger auf wirklich weiterführende Erkenntnis orientiertes Verhalten, dem dann eben auch gezielte Erkenntnisverhinderung nicht fremd ist. Also eine Verhaltensweise, die eher als typisch und wohl auch als wesentlich für bestimmte Erfolgsgestalten innerhalb des machtkämpferisch-politischen Geschehens gelten kann und dort etwa auch als 'betriebsbelebend' und wohl auch als 'unvermeidlich' angesehen werden mag, sich allerdings innerhalb eines erkenntnisorientierten Wissenschaftsgeschehens eher als tödlich erweisen wird.
Dass aber derartige 'Erfolgsverhaltensweisen' gerade im Herrschaftsbereich E. Stockmanns zu entsprechender Wirksamkeit gelangen konnten, begründet sich sicherlich wiederum vor allem aus den ihn protegierenden machtpolitischen Hintergründen seiner akademischen Existenz und hängt insofern wohl auch mit einer sich immer wieder selbstbestätigenden, aber letztlich eben auch immer sinnloser werdenden systemspezifischen 'Berichterstattungs-Unkultur' zusammen, welche ich hier bereits bei der Schilderung meiner ersten ZAG- Waldzither-Initiative als letztlich tödlich bezeichnet hatte. Und damit im Zusammenhang steht dann auch meine Formulierung zu seiner insbesondere auch die "AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium" betreffenden Obstruktionspolitik.
Indem ich mich nun dem einleitend genannten vierten Haupt-Aspekt, also den Eigentümlichkeiten der 'akademisch-wissenschaftlerischen Bemühungen' zur Waldzither in der DDR, zuwende, werde ich auch auf dementsprechendes Obstruktionsverhalten näher eingehen müssen. Dabei steht aber nahezu alles, was ich dazu akzentuieren möchte, unweigerlich in einem besonderen methodologischen Spannungsfeld von Objektivem und Subjektivem, welches sich für mich wiederum als eine besondere Art von Zwickmühle auswirken kann. Da ich in all den damit zusammenhängenden Sachverhalten und dazu vorliegenden Querelen in objektiver Weise auch subjektiv persönlich betroffen bin und also auch in subjektiver Weise, d.h. aus meinen persönlichen Erinnerungen und Kenntnissen (und damit also auch jeweils von 'meinen Betroffenheiten' her) zu berichten und Stellung zu nehmen habe, ist dieser 'Zug von Subjektivität' meinerseits wohl kaum zu leugnen. Demgegenüber besteht ein wesentlicher Zug des von mir in dieser dementsprechend zweifellos in subjektiver Weise monierten Obstruktionsverhaltens gerade darin, dass dort bestimmte Dinge und Sachverhalte gezielt umgangen oder eben auch in scheinheilig- unberührter Weise nicht behandelt bzw. eben einfach (obwohl sie zweifellos bekannt sind) 'nicht zur Kenntnis genommen' werden, womit sich dann auch viel eher der Eindruck von unvoreingenommener Objektivität erzielen lässt. Denn gerade eine auf durchaus unsachlicher Voreingenommenheit und spezifischer 'Renommee-Verlustangst' beruhende, subjektiv erfolgende Orientierung auf eine derartige Nichtzurkenntnisnahme des objektiv Problematischen, oder des entsprechend 'Konzeptionsbedrohlichen', kann damit auch, in scheinbar ganz unproblematischer Weise, den umso effektiveren Eindruck von 'sachlicher Objektivität' erzielen.
Während sich der Verfechter von Problemlösungen in seinem persönlichen Engagement für eine Sache sowie in seinen Gewissheiten zu bestimmten verleugneten Sachverhalten, in der Regel viel eher sowohl zu innerer Aufgeregtheit wie auch zu äußerlich unverkennbarem Eifern und einem 'ständigen Einsetzen' hinreißen lässt und sich auch damit viel eher dem Eindruck des persönlichen Übertreibens und des dementsprechenden 'Nicht-mehr-objektiv-Seins' ausliefert und damit auch sein Insistieren eher als erregt oder gar aufgeregt erscheinen mag und er dabei stets der Gefahr unterliegt, nun gewissermaßen als 'bereits selbst beschmutzt' zu erscheinen, kann sich sowohl jeder seiner Widersacher als auch jeder ansonsten Unbedarfte in entsprechender 'Absetzung vom Umstrittenen' bzw. der 'Umgehung des Problematischen', viel leichter mit dem nüchternen Schein von sachlicher Objektivität umgeben, was ihm zumal auch dann besonders leicht und kaltblütig gelingen kann, wenn ihn die anstehende Angelegenheit ohnehin nur im Sinne der vor ihm liegenden akademischen Erfolgsaussichten, und nicht im Sinne des vor ihm liegenden Problems, des vor ihm liegenden Untersuchungsobjektes oder gar noch im Sinne der Menschen, die damit leidenschaftlich interessiert umgehen oder dabei auch leidvoll betroffen sein können, interessieren muss.
So kann er innerhalb eines entsprechenden Diskursgeschehens dann auch stets problemlos mit der weißen Weste der Unbetroffenheit auftreten.
Solche Vorgänge können letztlich umso leichter entstehen und absolviert werden, wenn die Orientierung auf das, was 'nicht zu interessieren hat', dabei auch 'per akademischer Empfehlung' oder mittels einer fachbereichs-spezifisch verordneten Konzeption erfolgen.
Es macht eben doch stets einen Unterschied aus, ob man sich als Wissenschaftler einem solchen Forschungsobjekt lediglich nach den vorgegebenen Maßstäben eines akademischen Reglements bzw. den vorliegend ersichtlichen Gepflogenheiten bisherigen Arbeitens zu diesem Gegenstand richtet oder sich eher von den Maßstäben, die sich aus dem Gegenstand selbst ergeben, sowie aus den Interessen derer, die ihn hervorgebracht haben und auch weiter damit umzugehen haben, leiten lässt, und dabei dann auch ungebunden und frei, nach Maßgabe eigener Liebe und persönlicher Interessiertheit an dem Gegenstand, handeln kann.
Im Sinne des Schutzes vor dem Problematischen und dem nur schwerlich zu Lösenden könnten solche Zuneigungen dann freilich auch wieder als eher störend wirkend empfunden, oder eben auch demgemäß diffamiert. werden. Und gerade auch derartig angelegte Diffamierungen werden dann natürlich wieder gerne im Gewande der Verteidigung eines 'objektiven Herangehens' daherkommen…
Ich kann nun nicht verhehlen, dass ich hier in Bezug auf dieses besondere Musikinstrument Cister ebenfalls zu einer entsprechenden musikantischen Zuneigung und zu einer besonderen audioorganologischen Interessiertheit neige und außerdem, gerade auch damit im Zusammenhang, eine durchaus deutlich zu definierende, spezifische Abneigung gegenüber bestimmten Formen wissenschaftlerischer Korruptheit entwickelt habe.
Insofern wird dann eben eine ganz bestimmte 'Subjektivität' meiner diesbezüglichen Erinnerungen und Erfahrungen als auch meiner dazu dann vorliegenden Auffassungen und Darstellungen, innerhalb derer sich wohl auch meine entsprechenden Zuneigungen und Abneigungen wiederum verdeutlichen, keineswegs zu leugnen sein. Zuneigungen und Abneigungen, von denen ich weiß, dass ich diese weder ablegen kann noch etwa irgendwie von ihnen 'absehen' könnte oder wollte. Aber, entsprechend meiner Auffassung zu den Prinzipien von Wissenschaft und Integrität, denke ich eben eher daran, diese subjektiven Haltungen im Sinne von mehr konkreter Objektivität zu bestimmten eigentümlichen Sachverhalten, deren Eigentümlichkeiten ansonsten eben genau in dem speziellen Dunst und Nebel wissenschaftsfremder Subjektivität verbleiben würden, innerhalb dessen sie sich herausbilden konnten, in aufhellender Weise einzusetzen; - also eben auch meine Subjektivität im Sinne einer deutlicher zu entfaltenden Objektivität wirksam werden zu lassen.(77)
Und, genauer besehen, würden sich ja gerade genau die wissenschaftlerischen 'Eigentümlichkeiten in der Beschäftigung mit der Waldzither', die nun hier innerhalb des vierten Haupt-Aspektes von mir zu behandeln sind, kaum als solche, oder etwa auch als etwas 'tatsächlich Besonderes' und wohl auch kaum als etwas 'besonders Fatales', deutlich machen lassen, wenn sie nicht im Zusammenhang mit all den bereits geschilderten Eigentümlichkeiten vorgestellt und beleuchtet werden könnten.
Aber gerade das dementsprechend absichtliche Verweisen auf solche Zusammenhänge und Vernetzungen ist natürlich wieder ein durchaus subjektiver Akt eines mit diesbezüglich subjektiven Neigungen und Abneigungen ausgestatteten Subjekts.
Ich schrecke also nun auch keineswegs davor zurück, hier sogleich mit der Schilderung der wohl ersten Begegnung, die Erich Stockmann mit einigen meiner Waldzithern hatte, zu beginnen, um dann auch auf damit zusammenhängende Begegnungen mit wieder anderen Volksmusikinstrumenten und ihm einzugehen, wobei mir diese erste Waldzitherbegegnung zunächst als überraschend-aufschlussreich und später auch immer wieder als bezeichnend-typisch erscheinen musste.
Kurz nachdem er mich als neues Mitglied in sein "DDR-Nationalkomitee beim International Council for Traditional Music" berufen hatte, bat er mich ganz überraschend um einen Besuch meiner Instrumentensammlung in meiner Wohnung in Berlin- Prenzlauer Berg. Schon beim dortigen Eintreten, bzw. beim Betreten meines Wohnungsflurs, sagte er: "Oh, da haben sie ja auch die 'Große Thüringer'" und wies dabei auf ein achtsaitiges Mandolon-Chello mit Zargen und ausgebauchtem Boden(78)
Ich fragte natürlich, was er mit "Große Thüringer" meine, und er fing dann an über das "immer seltener werdende Instrument aus Thüringen, von dem nur wenige wissen" zu sprechen.
Da wollte ich ihm nun zumindest insofern entgegen kommen, als dass ich sofort betonte, dass das von ihm gemeinte Instrument tatsächlich inzwischen immer seltener im Musikinstrumentenhandel der DDR angeboten wird, versuchte aber dann, ihm zu verdeutlichen, dass sich in meinem Korridor, in welchem wir uns gerade befanden, gegenwärtig nur Mandolinen-Instrumente (von kleinen "Pikkolo-Mandolinen" bis zu den verschiedensten Mandolon-Chellos) untergebracht sind, wobei sich unter den letzteren hier auch ein ungewöhnliches zehnsaitiges Exemplar befindet, wohingegen sich die neunsaitigen Instrumente (also meine Waldzithern) und auch andere, dazu ähnliche zwölfsaitige Instrumente nicht im Korridor, sondern im Zimmer befinden, wohin wir dann auch gingen. Dort versuchte ich, mit ihm über bestimmte Probleme, die ich bei den Waldzithern sah, zu sprechen, wobei ich dachte, dass es für jemanden, der hier eintritt und sofort von der "Grossen Thüringer" spricht, doch interessant oder auch aufschlussreich sein müsste, wenn ich hier auf die realen Größen meiner Thüringer Waldzithern, von denen ich damals schon mehr als zwanzig Exemplare in meiner Sammlung hatte, aufmerksam mache. Insbesondere aber sprach ich über die von mir schon damals als außergewöhnlich und ungünstig empfundene spitzwinklige Anordnung der Zargen bei manchen dieser neueren Instrumente, verwies dabei aber auch darauf, dass gerade diese Formgestalt ebenso bei manchen Mandolineninstrumenten anzutreffen ist, was ich sofort an solchen Instrumenten meiner Sammlung demonstrieren konnte. Insbesondere auch an zwei Mandolainstrumenten, die auch hinsichtlich ihrer sonstigen Gestaltung wie Waldzithern anmuten mussten, aber eben doch nur mit acht Wirbeln - wie eben auch das nahezu flach gestaltete Mandolon-Cello aus meinem Flur -, und nicht mit neun Waldzithersaiten, ausgerüstet waren. Ich äußerte also meinen Verdacht, dass solche Instrumentalkonstruktionen möglicherweise erst kurz vor dem Verlassen der Instrumentenbauer-Werkstatt der Entscheidung ausgeliefert waren, ob sie nun für ein Leben als Waldzither oder als Mandola vorgesehen werden, was mir insbesondere auch insofern wieder als interessant und bemerkenswert erschien, als dass beiden Instrumenten im Weiteren auch wieder eine entsprechend umkehrende Umwandlung innerhalb der ihnen jeweils bevorstehenden musikantischen Praxis widerfahren kann, denn ich habe schließlich mehrfach erlebt, dass gerade entsprechend ausgebauchte Mandola-Instrumente später von Spielern, die doch lieber eine Waldzither haben wollten, in Richtung auf entsprechende Neunsaitigkeit mit einem weiteren Wirbel ausgestattet wurden,(79) und wiederum andere derartige, ursprünglich neunsaitige Instrumente dann wieder als Mandolas mit nur acht Saiten gespielt wurden. Außerdem sprach ich natürlich (was ich auch ansonsten immer wieder tat, da es mir als eine besonders bemerkenswerte organologische Evolutionsproblematik erschien), im Zusammenhang mit meinen Waldzithern, auch über die Vielzahl meiner, im gleichen Zimmer untergebrachten. Mandriolas, bei welchen, meiner Meinung nach, eine hochinteressante, geradezu gegenläufige Tendenz von Formentwicklungen wie bei den Cistern zu vermerken ist. Während die ursprünglich vornehmlich flach hergestellten Waldzithern, wie sich hier zeigt, inzwischen zunehmend 'gebaucht', also durchaus 'mandolinen- bzw. mandolaförmig' gestaltet werden, kann man in meiner Sammlung, bei den doch eigentlich zu den Mandolinen zu zählnden Mandriolas, nun eine Vielzahl von Instrumenten finden, die sich geradezu offensichtlich (bis hin zur Übernahme formgestalterischer Elemente im Kopfbereich) wieder an die traditionellere Form der ursprünglich doch flachen Cister angenähert haben. Daraus können sich dann auch Fragen nach dem eigentlichen 'Wesen einer Instrumentalkonstruktion', und im Weiteren auch nach der Sinnhaftigkeit und Exaktheit von historisch entstandenen Begriffen, für solche sich historisch verändernde Musikinstrumente ergeben… Denn eigentlich könnten doch manche meiner Mandriolas von ihrem Konstruktionsprinzip her auch als Cisterinstrumente angesehen werden. Allerdings spiele ich diese mit jeweils dreisaitiger und zumeist oktavierender Bespannung versehenen Instrumente notwendigerweise mandolinengemäß mit dem Plektrum, wohingegen ich die vornehmlich doppelsaitig bespannten Waldzithern ohne Plektrum, nur mit den Fingern, spiele, und dementsprechende Spielhinweise auch in manchen älteren Spielanleitungen für dieses Instrument finden kann.(80)
Ich zeigte ihm dann auch alle anderen Instrumente meiner Sammlung, wobei ich insbesondere wieder auf mein Interesse an Dudelsäcken und Schalmeien, aber auch allen Arten von Flöten, insbesondere aber auch auf Maultrommeln, die mir aus wieder anderen Gründen besonders wichtig waren, zu sprechen kam. Diese Instrumente hatte ich schon damals gerne als 'Archaeopteryx der Audioorganologie' bezeichnet und kam damit im Zusammenhang auch auf die, meiner Meinung nach, völlig falschen, aber eben oft üblichen Darstellungen zu diesem Instrument zu sprechen, wie sie auch im Musiklexikon der DDR zu finden sind. Bei diesen kritischen Bemerkungen zu diesem Lexikon stimmte mir Erich Stockmann allerdings sofort deutlich zu.(81)
Was nun sein sonstiges damaliges Verhalten betrifft, so war ich zunächst erstaunt darüber, dass er anfänglich so überhoben über die "Große Thüringer" gesprochen hatte, sich dann aber eher als weitgehend unkundig zur Waldzither erwies, und ich war dann auch enttäuscht darüber, dass sich mit diesem allgemein gerühmten Spezialisten für Volksmusikinstrumente, dem Herausgeber des "Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente",(82) offenbar überhaupt nicht über dieses deutsche Volksmusikinstrument reden ließ. Seine Reaktion auf meine vielen Erläuterungen und die von mir aufgeworfenen Problemstellungen zu diesem Instrument lief dann - ohne dass er sich aber auf die von mir aufgeworfenen Fragen und Problemen irgendwie einließ - darauf hinaus, dass er mir erklärte, dass die wissenschaftliche Musikinstrumentenkunde da eben doch mit "ganz anderen, sehr genauen, wissenschaftlichen Methoden zu arbeiten habe, wobei eben auch genaueste und hochkomplexe Untersuchungen historischer, ethymologischer, ergonomischer Art usw." unternommen werden müssten und er außerdem "gegenwärtig versuche, insbesondere auch kybernetische Methoden auf diesem Wissenschaftsgebiet fruchtbar zu machen …". Außerdem ließ er immer wieder solche Bemerkungen fallen wie: "Ja, ja, ihr Sammler seid eben doch ein ganz besonderes Völkchen mit immer wieder neuen Liebhaberfragen…Das kenne ich… Aber Sie sind für unser Arbeitsgebiet natürlich auch sehr wichtig…". Und er beteuerte damals auch immer wieder sein Interesse an "weiterer Zusammenarbeit", lobte dabei dann auch mein "offensichtliches Interesse an methodischen Fragen". Kurze Zeit später nahm er darauf nochmals Bezug und verwies mich in diesem Sinne dann auch auf seine zusammen mit Oskar Elschek verfasste Arbeit "Zur Typologie der Volksmusikinstrumente"(83)
Spätere Stockmann-Erlebnisse ähnlicher Art betrafen wiederum ganz andere Musikinstrumente und hatten dann auch ganz andersartige Entstehungshintergründe.
Während einer Sitzung seines ICTM Nationalkomitees hatte ich ihn mit der Frage nach weiterführender Literatur zum Dudelsack angesprochen, und er versicherte mir sofort seine Hilfe, denn dazu verfüge er über sehr viel Spezialliteratur. Wir machten also einen Besuchstermin in seiner Wohnung aus, und er legte mir dort sofort verschiedene Arbeiten und Bücher vor, um dann speziell auf eine Arbeit zum rumänischen Dudelsack einzugehen. Dazu bemerkte er dann, dass uns die "politischen Aussagen dieser Arbeit vielleicht nicht gefallen mögen", aber die Akribie und die Exaktheit dieser musikinstrumentenkundlichen Untersuchung auch für uns als vorbildlich gelten müsse. Da ich die entsprechende Arbeit von Dr. G. Habenicht bereits kannte, konnte ich nun nicht anders, als deutlich zu widersprechen, und bemerkte also, dass ich hier eher genau gegenteiliger Meinung sein muss: Die dort getroffene politische Aussage, dass die Aktivitäten zum Egerländer Dudelsack in Westdeutschland wohl vor allem im Zusammenhang mit seiner "an die Heimat gemahnenden Funktion" zu sehen sind, kann ich nicht für falsch oder unexakt halten, auch wenn ich die dahinter stehende Politik für falsch halten mag. Aber gerade die Exaktheit dieser politischen Aussage steht für mich in einem eigenartigen Gegensatz zu bestimmten Unexaktheiten in der dortigen Darstellung des Instrumentes, wobei ich unter anderem auf die Darstellung des Tongenerators verwies. Dazu sagte ich dann auch, dass der Autor dieser Arbeit das Instrument, so wie es hier dargestellt ist, wohl kaum jemals selbst gespielt hat, und bemerkte dazu weiter, dass ich ihn auch schon Jahre zuvor (als er noch in Rumänien lebte) in Timisoara besuchen wollte, aber damals leider nur seine Familie angetroffen hatte, und mir also auch von daher bekannt ist, dass er zwar zweifellos zu den dortigen Interessenten von bestimmten rumänischen Volksmusikinstrumenten gehört, aber wohl kaum als Spieler des dortigen Dudelsackes gelten kann.(84)
Ich kam dabei auch wieder auf die Maultrommel-Darstellung aus dem Musiklexikon der DDR zu sprechen. Auch der Verfasser dieses Beitrages hatte da eine Darstellung dieses Tongenerators veröffentlichen lassen, welche ein offensichtlich weitgehend insuffizientes, funktionsuntüchtiges Exemplar zeigt. Hätte er sich hingegen auch als Maultrommelspieler mit dem Instrument intensiver befasst, so wäre wohl auch eine bessere zeichnerische Darstellung der Maultrommel zustande gekommen.
Außerdem bemerkte ich dazu, dass es für mich immer wieder sehr verwunderlich ist, wie viele musikwissenschaftliche Arbeiten es ohnehin zu Musikinstrumenten gibt, deren Autoren das behandelte Musikinstrument ganz offensichtlich selbst überhaupt nicht spielen können. Ich könnte mir zwar durchaus vorstellen, dass sich aus vergleichsanalytischer Sicht auch ein besonderer Erkenntnisgewinn ergeben könnte, wenn ein Volksmusikinstrument sowohl von einem Musikwissenschaftler, der es bislang überhaupt noch nicht kannte, als auch von einem entsprechend qualifizierten Spieler des Instrumentes, der es intensiv kennt, näher untersucht und eingehend beschrieben würde, um dann auch die Unterschiedlichkeiten solcher Untersuchungen und auch deren unterschiedliche Ergebnisse auszuwerten. Ich würde mir jedenfalls auch mal eine Arbeit zum rumänischen Dudelsack von einem rumänischen Instrumentalisten bzw. einem entsprechenden Kenner & Spieler des dortigen Instrumentes wünschen und denke außerdem, dass die Zeiten vorbei sein sollten, in denen man davon ausgehen wollte, dass zu derartigen Wissenschaftsleistungen ohnehin insbesondere die Deutschen befähigt sind. Dazu bemerkte er dann, dass sich vielleicht die Philosophen in solche Ideal-Vorstellungen hineinsteigern mögen, aber "wir Musikethnologen haben konkrete Aufgaben zu erfüllen; vor uns liegt - auch hier in Europa - ein noch ungeheueres Feld unbewältigter Aufgaben…".
Während dieses Gesprächs verstärkte sich bei mir ein Eindruck, den ich bereits bei seinem ersten Besuch in meiner Wohnung gewinnen musste und der sich auch im Weiteren immer wieder bestätigte und verstärkte: Sowohl meine grundsätzliche Herangehensweise an bestimmte, insbesondere auch methodologische Problemlagen als auch meine Auffassungen zu bestimmten Musikinstrumenten, stießen bei ihm auf immer größere Ablehnung und führten dann offenbar auch immer wieder eher zu einer bestimmten Verärgerung, als etwa zu weiteren ernsthaften Diskussionen. Das Ergebnis meines 'Dudelsack-Literatur-Besuches' bestand dann auch darin, dass er mir letztlich zwei Bücher mit eher feuilletonistischen Aufsätzen zu Bordunmusik und Dudelsack mitgab, in denen ich dann auch nichts wirklich ernsthaft Wissenschaftliches zu diesem Instrument finden konnte. Und genau dazu widersprach er mir dann auch nicht, als ich ihm diese entliehene "Dudelsack-Spezial-Literatur" mit entsprechenden Bemerkungen später wieder zurückgab.
Von einer derartigen bei ihm offenbar schon damals entstandenen Verärgerungshaltung in Kombination mit einem dabei immer wieder durchschimmernden, akademisch kultivierten Verächtlichkeitsgebaren konnte ich mir dann auch seine spätere Reaktion auf meinen Dudelsack-Beitrag, den ich damals auf Grund einer von dort an mich erfolgten Bitte für die Zeitschrift URANIA geschrieben hatte, besser erklären. Dazu habe ich mich an anderer Stelle bereits eingehender geäußert,(85) wobei ich hier aber auch noch auf weitere, dann mein Interesse an der Maultrommel betreffende Konfliktkonstellationen verweisen kann,(86) welche ich wiederum für das Verständnis seiner späteren 'Obstruktionspolitik' im Zusammenhang mit der AG Musikfolkloristisches Instrumentarium für aufschlussreich halten muss, die mir aber letztlich auch im Zusammenhang mit weiterreichenden Eigenarten des deutschen Wissenschaftsverhaltens zu diesem Musikinstrument, - insbesondere auch mit Blick auf bestimmte, mir erst später dazu entsprechend deutlich werdende Ost- West- Unterschiedlichkeiten, und dabei dann auch hinsichtlich eines dabei wieder in eigenartiger Weise deutlich werdenden Spannungsverhältnisses von vorliegenden Wissenschaftsergebnissen und dazu entgegenstellend vorgeschobenen Wissenschaftsvorstellungen - von Bedeutung zu sein scheint.
Dazu muss ich zunächst aber verdeutlichen, dass die hier geschilderten Besuche und Gespräche noch in einer Zeit stattfanden, als er mich immer wieder aufforderte, ihn doch über alle meine wissenschaftlichen Arbeiten sowie über meine musikkulturellen Aktivitäten zu informieren(87) und er dann auch immer wieder mit mir über spezielle, von ihm geplante "Rundfunkgespräche zur neueren Folklorebewegung in der DDR" sprach und außerdem bereits damit begonnen hatte, mit mir regelmäßige Informationsgespräche zur 'Neo-Folklore-Bewegung' in der DDR zu führen, die dann, auf seinen Wunsch hin, mal in meiner und mal in seiner Wohnung stattfanden.(88) In diesen, von ihm dann immer als "Feldforschungssitzungen" bezeichneten Vieraugengesprächen, ging es ihm zunächst um eine genauere Dokumentation der Entwicklung der Gruppe Windbeutel, im Zusammenhang mit einem - wie er wiederholt erklärte - von ihm begründeten "Forschungsprojekt zur Untersuchung aktueller städtischer Musikfolkloreentwicklungen".(89)
Ich hatte also damals sowie auch später noch, auch außerhalb der jeweils von ihm einberufenen Zusammenkünfte seines ICTM Nationalkomitees und der dann auch später noch von mir jeweils zu leitenden Sitzungen der ZAG-Musikfolklore beim Leipziger Zentralhaus, immer wieder mit ihm zu tun, wobei die Initiative dafür ganz zweifellos vorwiegend von ihm ausging, aber eben auch immer ganz deutlich mit dem Versuch der Installierung von subalternierenden Abhängigkeitsverhältnissen und spezifischen Verpflichtungen 'ihn über bestimmte Entwicklungen zu informieren', verbunden war. Damals hatte ich aber auch schon begonnen, mich intensiver mit der Maultrommel zu befassen, für welche ich mich damals nicht nur als Musikant, sondern zunehmend auch als Wissenschaftler (und dies zunächst auch unter dem Blickwinkel der Humanethologie)(90) immer mehr zu interessieren begann.
So hatte ich zu diesem Instrument auch ein Konzept zur Durchführung von verschiedenartigen physikalischen Laborexperimenten verfasst, welches ich dann auch mit einem damals befreundeten Physiker genauer absprechen wollte. Zuvor wollte ich dazu aber Erich Stockmann informieren und um seine Meinung bitten. Außerdem wollte ich nun mit ihm auch über den entsprechenden Maultrommelabschnitt aus dem inzwischen erschienenen Band "Die Volksmusikinstrumente der Tschechoslowakai /Teil 2" des von ihm herausgegebenen "Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente" sprechen, wo mir nun ganz ähnliche Unkorrektheiten, wie sie üblicherweise in der Literatur (so wie eben auch in dem bereits erwähnten Maultrommelbeitrag aus dem DDR-Musiklexikon) zu finden waren, auffallen mussten. Dabei stand für mich aber auch noch ein weiteres Anliegen im Hintergrund.
Immer wieder hatte er auf den Tagungen des ICTM Nationalkomitees über die von ihm (wie er sich da stets ausdrückte) "gemanagten" internationalen Arbeitskreise des ICTM zu bestimmten Musikinstrumenten gesprochen. Ich fragte ihn also, ob dort auch über die Maultrommel diskutiert würde und bekundete ihm mein dringendes Interesse, dazu gegebenenfalls auch einen eigenen kritischen Beitrag vorlegen zu wollen. In diesem Sinne hatte ich ja auch das ihm nun vorgelegte Konzept zu bestimmten physikalischen Maultrommel-Untersuchungen entwickelt. Bemerkenswert an dieser Besuchssituation war diesmal, dass er mich zwar wieder mit einem ganzen Stapel von eigens herausgesuchter Maultrommelliteratur empfing, welche er dann auch Stück für Stück kommentierte(91) und mir dazu auch ein besonders hübsches Maultrommelinstrument zeigte,(92) dann aber auf meinen wiederholten Versuch, nun auch über den Handbuch-Abschnitt zur slowakischen Maultrommel und mein ihm vorliegendes Untersuchungskonzept zu sprechen, ausgesprochen ungehalten reagierte, darauf dann auch(93) nicht einging und mir diesmal auch keinerlei Maultrommel-Literatur ausleihen wollte.
Es war ganz offensichtlich, dass er sich keinesfalls mit mir auf irgendwelche Diskussionen über konkrete Musikinstrumente sowie zu Fragen der Evolution von musikinstrumenteller Technik oder auch zu den 'verwandtschaftlichen' und systematischen Beziehungen zwischen solchen - wie ich immer wieder betonte - 'besonderen Objekten von Technikentwicklung' - einlassen wollte.
Weitere Besuche in seiner Wohnung haben sich ab da dann auch nicht mehr ergeben,(94) und auch sein sonstiges Verhalten mir gegenüber änderte sich alsbald in demonstrativer Weise.
Er sprach mich dann auch nie wieder wegen der doch von ihm geplanten Rundfunkgespräche und auch nicht zu seinem von ihm zuvor noch so vehement deklarierten Forschungsprojekt zu "städtischen Neofolkloreentwicklungen" an.
Wie weit seine dann erfolgende Missachtungs- und Verweigerungshaltung zu den von mir aufgeworfenen Problemen dann aber tatsächlich ging, wurde mir erst zu einem viel späteren Zeitpunkt deutlicher.
Als ich, entsprechend einer Bitte des Verlages Zentralhaus-Publikation, damit begonnen hatte, ein Büchlein über das "Hümmelchen", mit einer entsprechenden Bauanleitung für dieses altdeutsche Dudelsack-Instrument, zu schreiben, musste ich natürlich davon ausgehen, dass er nun (insbesondere eben auch nach unserem Konflikt hinsichtlich meines Dudelsackartikels für die Zeitschrift URANIA),(95) nicht mehr sonderlich geneigt sein würde, mit mir wieder über dieses Instrument zu sprechen, und ich wollte ihn dazu nun auch nicht wieder befragen oder behelligen. Aber im Verlaufe meiner Dudelsack-Darstellungen hatte ich mich entschlossen, auch einige von mir für unverzichtbar gehaltene Anmerkungen zu bestimmten prinzipiellen Unterschieden, aber auch zu bestimmten Verwandtschaftsbeziehungen von speziellen Dudelsacktongeneratoren auch in Bezug auf andere musikinstrumentelle Schallerzeugungsmöglichkeiten zu machen, war mir damals aber immer noch unsicher über meine bis dahin entwickelten Vorstellungen zu dieser Problematik. Vor allem war ich mir unsicher darüber, ob ich in meiner nunmehrigen Darstellung auch tatsächlich alle audioorganologisch relevanten Möglichkeiten des Vergleichens bedacht hatte.(96)
Darüber konnte ich zwar auch mit verschiedenen anderen Musikwissenschaftlern in der DDR zuweilen sprechen, musste da aber allzu oft feststellen, dass diese in der Regel über keinerlei genaueres Wissen zur physikalischen Funktionsweise von Musikinstrumenten verfügten und die meisten von ihnen daran offenbar auch überhaupt nicht interessiert waren. Mir wurde dabei aber auch immer wieder gesagt, dass dazu doch eigentlich nur Erich Stockmann genaueres sagen könne. Es ging dabei um die entsprechenden Darlegungen in meinem Abschnitt "Problematik der Tonerzeugung bei Dudelsäcken".(97)
Ich wartete also eine Gelegenheit ab, wo ich ihm im Beisein anderer Mitglieder des ICTM- Nationalkomitees meine Bitte um kritische Durchsicht dieses Abschnittes vortragen und die entsprechenden Seiten meines Manuskriptes übergeben konnte, wobei ich auch darüber sprach, dass ich von anderer Seite immer wieder auf ihn verwiesen worden sei. Er konnte da also auch der Entgegennahme dieses Teils meines Buchmanuskriptes nicht einfach ausweichen, auch wenn er dann allen meinen späteren Fragen dazu immer wieder auswich und sich letztlich mir gegenüber niemals dazu geäußert hat.(98)
Damals hielt ich dies zunächst noch für einen weiteren Ausdruck seiner offensichtlichen Verärgerungs- und Missachtungshaltung zu meiner Person und zu meinen Ansichten, später aber musste dann auch deutlicher werden, dass es dabei zweifellos auch um die viel grundsätzlichere Frage nach der Haltung zur "Systematik der Musikinstrumente" und den von entsprechenden Auffassungen abzuleitenden, methodologischen Wegen bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Musikinstrumenten ging. Gemessen an dem, worüber ich also immer wieder mit ihm diskutieren wollte, und dabei unweigerlich auch bestimmte methodologisch-philosophisch begründete Positionen deutlich machen musste, kann bei ihm dann wohl außer von Verärgerung und Missachtung, offenbar wohl noch eher von Verunsicherung, und dann wohl auch von dem Gefühl des akuten Bedrohtseins durch eine offensiv vorgetragene und letztlich wohl auch fachlich begründete Gegenkonzeption zu der von ihm vertretenen und verteidigten Systematisierungskonzeption, und seiner damit zweifellos zusammenhängenden Wissenschaftsposition, die Rede sein.
Dies konnte bereits in Hinsicht auf die Maultrommel (die natürlich auch in diesem Abschnitt meiner Dudelsackdarstellungen wieder zu bedenken war) deutlich werden, musste aber angesichts meiner doch nun noch grundsätzlicher angelegten Anmerkungen zu den entsprechenden Unterschiedlichkeiten und Verwandtschaftlichkeiten verschiedenartiger Tongeneratoren noch deutlicher werden. Stockmann wusste also, dass sich da ein offenbar eigenwilliger Philosoph mit Problemen und Problemlösungswegen beschäftigte, deren fachliche Wahrnehmung sich sowohl für die von ihm behaupteten Dogmen als auch für die von ihm besetzte Position im Musikwissenschaftsbetrieb, als überaus störend und grundsätzlich 'in Frage stellend', auswirken konnte. Und diese Gefahr hat er dann wohl auch in einer Weise abzuwehren versucht, zu welcher er vermutlich schon auf den Wegen der Erringung seiner Wissenschaftsposition die entsprechenden Erfahrungen zu deren Effektivität innerhalb eines entsprechend autoritätsorientiert strukturierten Wissenschaftsbetriebes machen konnte. Eine aus der Sicht meiner Kenntnisse zur Wissenschaftsgeschichte, aber eben auch aus Sicht meiner persönlichen Wissenschafts-Erfahrungen in der DDR, freilich keineswegs ungewöhnliche Vorgehensweise innerhalb bestimmter akademischer Strukturen, bei der es einfach darauf ankommt, die innerhalb eines Beziehungsnetzwerkes möglichst gezielt missachtend und verächtlichmachend zu betreibende Marginalisierung all der Kräfte und Tendenzen, die fachlich gefährdend wirken könnten, in geschickter Weise mit der Förderung bzw. Protegierung von solch subaltern willigen Kräften zu verbinden, welche sich vor allem im Sinne der Sicherung und Stärkung der gefährdeten Wissenschaftsposition organisieren lassen, wobei dann auch die fachliche Qualifizierung entsprechend williger Kräfte, so unwesentlich deren Ausgeprägtheit dabei zunächst auch sein mag, letztlich sowohl hinsichtlich ihrer weiteren Profilierung als auch ihrer künftigen Weiterentwicklung innerhalb des Wissenschaftsbetriebes, weit möglichst nach Maßgabe ihrer demgemäßen Netzwerkgeeignetheit und entsprechender 'Netzwerkwilligkeiten' zu erfolgen hat.
Wenn ich nun das soeben Formulierte hier auch als 'vermutlich' gekennzeichnet habe, so lassen sich dem im Nachhinein doch eine Reihe von keineswegs mehr nur als 'vermutlich' einzuschätzende Vorgänge bzw. 'Fallbeispiele' zuordnen. Da kann dann wohl auch kaum an dem besonderen Förderungs-Beziehungsgeflecht vorbei gesehen werden, welches Erich Stockmann alsbald (später dann auch mit wesentlicher Unterstützung durch Hanni Bode) innerhalb der Neo-Folkloreszene in Hinsicht auf die stets gelobten 'Feld-Forschungsaktivitäten' von Horst Traut, insbesondere aber auch zu Jo Meyer, in Hinsicht auf dessen Dudelsackspieler-Status, dessen immer wieder betontem Spezialistentum für entsprechende Doppelrohrblattherstellung, dessen später aufgebauter 'Tanzhaus-Folk-Gruppe', sowie dessen weiterer Medien- und Gremien-Karriere als Folk-Musiker und entsprechend ausgewiesener Folklorespezialist bzw. dann auch als eines speziellen "Musikjournalisten", entwickelt hat. Und in gleichem Zusammenhang ist dann später auch der Status, den letztendlich Horst Traut als repräsentativer 'DDR-Volksliedspezialist' und Liederbuchverfasser etc. erlangen konnte, zu bedenken.
Aber mein hier erklärtes Vorhaben der Schilderung bestimmter Eigentümlichkeiten bezog sich nun doch eher auf die Spezialitäten seiner Obstruktionspolitik in Richtung auf die "AG Musikfolkloristisches Instrumentarium" (welcher ja weder Hanni Bode, noch Jo Meyer oder etwa Hort Traut angehörten), und da sind dann eher solche signifikanten Fallbeispiele wie seine so offensichtlichen Einbindungs-Aktivitäten in Richtung auf Hans Walz, auf Frieder Schlütter, und dann insbesondere auch in Hinsicht auf Andreas Michel, zu nennen und zu bedenken.
Dazu möchte ich zunächst eine typische Stockmann-Situation während einer kleinen Musikinstrumenten-Selbstbau-Ausstellung schildern, welche im Rahmen einer der damals regelmäßig in Leipzig stattfindenden Folklorewerkstätten organisiert worden war.
Ein Raum, in welchem sich mehrere, jeweils von vielen Interessenten dicht umlagerte Stände zur Demonstration der Selbstherstellung verschiedener Volksmusikinstrumente, darunter auch ein Stand von Hans Walz, befanden.(99)
Dieser demonstrierte dort auch seinen noch nicht ganz geglückten Versuch der Kopie eines bestimmten ungarischen Blasebalg-Dudelsackes entsprechend einer Abbildung aus dem von Erich Stockmann herausgegebenen "Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente". Damals wurden in der DDR bereits alle deutschen Dudelsacktypen, also Bock, Schäferpfeife und Hümmelchen, wieder als von den verschiedensten Musikanten selbstgebaute Instrumente gespielt. Aber der vorliegende Versuch von Hans Walz musste nun natürlich eine besondere Stockmann-Würdigung erfahren. Als dieser dann in Begleitung von Hanni Bode den Raum betrat, wurden auch alle anderen Stände und Instrumente demonstrativ von ihm ignoriert, um dann, letztlich nur am Stand von Hans Walz umso eindrucksvoller verdeutlichen zu können, welche große Bedeutung doch gerade diesem "Stockmann-Buch" für die Instrumenten-Selbstbau-Aktivitäten in der DDR zugeordnet werden müsse. Und diese Bedeutungsverdeutlichungen konnten dann auch sowohl von der stets an seiner Seite subaltern-gleichsinnig engagierten Rundfunkmoderatorin als auch von allen anwesend zu beeindruckenden Instrumentenselbstbau-Interessenten aufgenommen und weiter getragen werden.
In gleichem Sinne - aber ebenso an der Wahrheit und der Wirklichkeit vorbei - hatte ja auch schon Jo Meyer in einem vorhergehenden Folklore-Rundfunkgespräch mit Erich Stockmann(100) ganz unbelegbare Behauptungen zur besonderen Bedeutung dieser Stockmann-Publikation für die Musikinstrumenten-Selbstbau-Aktivitäten in der DDR-Folk-Szene verkündet, welche allerdings nun, am Stand von Hans Walz, als belegt erscheinen konnten.
Ich meine dazu, dass dabei dann auch ein stockmannvermittelter Zusammenhang in Richtung auf ein späteres 'Waldzither-Geschenk' an Hans Walz bedacht werden kann.
Auch in dessen Folk-Gruppe gab es, ganz ebenso wie bei vielen anderen Folk-Musikanten in der DDR, schon längere Zeit ein ausgeprägtes Interesse an diesem inzwischen im Musikinstrumentenhandel der DDR nicht mehr so einfach zu erwerbenden Instrument. Aber Hans Walz konnte alsbald in der AG-Instrumentarium stolz berichten, dass er bei Gelegenheit eines Besuches im Musikinstrumentenmuseum der Leipziger Universität eine wertvolle ältere, dort als "entbehrlich" eingestufte Original-Waldzither aus dem dortigen Sammlungsbestand als Geschenk erhalten habe. Andererseits aber klagte er danach in dieser AG auch darüber, dass dann eines Abends Erich Stockmann und Hanni Bode völlig unverhofft und unangekündigt vor seinem Haus standen und um eine gemeinsame Übernachtungsmöglichkeit nachsuchten, da sie während ihrer gegenwärtigen Dienstreise keinen Hotelplatz mehr finden konnten…
Ein ähnliches, offenbar ebenfalls auf einem derartigen 'Stockmann-Verständnis von Gegenseitigkeit' bzw. unausweichlichem Verpflichtetsein nach erfolgter 'Auserwähltheit' beruhendes Verhältnis installierte er dann auch in Richtung auf Frieder Schlütter, welcher schon damals als Hersteller sehr solider Maultrommeln bekannt war.
Ich hatte zu diesem Instrument damals bereits Zeitungsartikel geschrieben und dabei auch schon mit bestimmten Laborversuchen im Physikalischen Institut der Humboldt-Universität begonnen(101) und - wie bereits geschildert - auch schon vor Jahren Erich Stockmann dazu mit bestimmten Fragen und entsprechenden Untersuchungs-Konzepten sowie entsprechend konträren Systematisierungsvorstellungen konfrontiert, welche ihn, zumal in Hinsicht auf meine damals klar ausgesprochene Bitte um Teilnahme bzw. Mitwirkung in einem entsprechenden internationalen Arbeitskreis, offensichtlich in Bedrängnis gebracht und wohl auch entsprechend verunsichert hatten, so dass er gerade in Richtung auf Frieder Schlütter nun ein besonderes Interesse im Sinne seiner Abwehrstrategien gegenüber derartigen Verunsicherungsgefahren entwickeln musste. Er delegierte diesen also in persönlicher Absprache (zutreffender wäre hier aber wohl zu sagen 'in geheimer Absprache') zu einem dieser von ihm "gemanagten" internationalen ICTM-Arbeitskreise zum Thema Maultrommel,(102) wobei offensichtlich genau abgesichert war, dass dies keinesfalls zuvor in der AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium - insbesondere wohl auch keinesfalls mir gegenüber - bekannt werden dürfe.
Erst nach seiner Rückkehr von dieser Tagung klagte Frieder Schlütter dann offen darüber, dass ihn Erich Stockmann nun beauftragt habe, seine ausgelegten Reisekosten jetzt mit Hilfe einer, seinem ICTM- Nationalkomitee doch keineswegs zugehörigen oder etwa untergeordneten Einrichtung (in diesem konkreten Falle also nun im Namen dieser "ZAG-AG") beim Zentralhaus in Leipzig einzufordern.(103) Und mit Hilfe des damals bereits vom Zentralhaus 'kommissarisch' eingesetzten Leiters dieser AG, Jochen Schmidt, wird dies dann wohl auch in dieser Weise gelungen sein.
Erich Stockmann konnte sich in seiner Position schließlich eine derartige 'unbürokratische', allen sonstigen Gepflogenheiten in der DDR freilich vollkommen widersprechende Verfahrensweise ohne Weiteres leisten, und ich hatte auch immer wieder den Eindruck, dass er seinen Nimbus als unanfechtbare internationale Wissenschaftsautorität eben genau auch in dieser Weise des Verhaltens gegenüber bestimmten Leitungs- und Verwaltungsebenen in der DDR immer wieder sehr eindrucksvoll zu verfestigen vermochte, und sich dann gerade auch auf Grund derartiger, sich wohl auch immer wieder erfolgreich bestätigender Erfahrungen, letztlich umso offensiver und prinzipieller in dieser Weise verhielt, und in dieser Weise dann also auch "international managte", wofür ihm die DDR doch letztlich auch immer wieder zu Dank verpflichtet sein musste…
In diesem konkreten Maultrommelfall kam es ihm aber offensichtlich auch auf einen ganz bestimmten, in spezifischer Weise weitere fachliche Gefährdungen abwehrenden Effekt an. Mit dem dortigen Auftreten von Frieder Schlütter konnte gerade auch den von meiner Maultrommelauffassung her drohenden Gefährdungen seiner Musikinstrumentenkonzeption, insbesondere in Hinsicht auf die von daher deutlich werdenden Fragwürdigkeiten der von Erich Stockmann dogmatisierten Sachs/Hornbostelschen Systematik, ein entsprechend gegenwirkendes 'Wissenschaftsereignis' lanciert werden. Frieder Schlütter trat in den damaligen Diskussionen um dieses Instrument mit seiner (von mir freilich eher als 'wirrköpfig' zu interpretierenden) Meinung auf, dass die Maultrommel doch ein "Aerophon" sei. Aber gerade eine solche, damals freilich schon vor mehr als zwanzig Jahren innerhalb der Musikwissenschaft deutlich dargelegte Interpretation dieses Instrumentes(104) konnte Erich Stockmann nun, im Sinne der von ihm stets propagierten Vierklassensystematik, letztlich nur recht sein. Dabei konnte ihm allerdings auch klar sein, dass wiederum ich eine derartige Auffassung eigentlich nur als komplette Unsinnigkeit und letztlich als konsequente Fortführung unlogischen Argumentierens im Sinne der weiteren Verteidigung spezifischer Unsinnigkeiten und Inkonsequenzen des Sachs/Hornbostelschen Aerophonbegriffes innerhalb deren ohnehin unlogischer Vierklassensystematik auffassen konnte.
Frieder Schlütter erzählte in der Folgezeit immer wieder, dass er dort, in diesem internationalen Arbeitskreis, mit der von ihm plötzlich vertretenen Auffassung, die internationale Fachwelt in Erstaunen und Aufregung versetzt habe…
Also ein offenbar unübersehbar 'bedeutender Wissenschaftsbeitrag der DDR' auf dem Gebiet der internationalen Maultrommelforschung, der insofern auch offiziell als 'Stand diesbezüglicher Forschungen in der DDR' international zur Kenntnis zu nehmen war und dessen Verkündung und Zurkenntnisnahme dann auch zweifellos als ein spezifischer Verdienst Erich Stockmanns und seines spezifischen Wissenschafts-Managements auf internationaler Ebene angesehen und entsprechend 'berichtet und abgerechnet' werden konnte.
Ich musste dies freilich eher als einen seiner geschickt eingefädelten 'Wissenschaftsstreiche' ansehen, welcher für das positionsabsichernde Wirken dieses Wissenschaftlers wohl keineswegs untypisch war.
Wenn ich, unter dem Blickwinkel einer solchen Vermutung, dann auch noch all die sonstigen persönlichen Erfahrungen, die ich mit ihm machen musste, bedenke, so liegt diese für mich auch in Hinsicht auf die offensichtliche Diskrepanz nahe, welche bei ihm immer wieder hinsichtlich der, - auch von ihm selbst immer wieder - offensiv und überdeutlich zelebrierten 'internationalen Wissenschaftsbedeutung' und seiner ansonsten de facto immer wieder zu vermerkenden, offensichtlichen Unkundigkeiten zu vielen konkreten Musikinstrumenten sowie seinem methodologischen Unverständnis für spezifische Notwendigkeiten einer genaueren Analyse bestimmter Instrumente, bestimmter Instrumentenentwicklungen und entsprechender Untersuchungen zu dieser besonderen Art von Technik, sowie seinem unverhülltem Dogmatismus hinsichtlich der Sachs-Hornbostelschen Systematik, deutlich werden konnte. Freilich nur deutlich für diejenigen, welche auch gewillt und interessiert waren, sich auf die spezifische Problematik dieser besonderen Technik gründlicher einzulassen, sich dabei ein ausreichendes Maß an Skepsis und Distanz in Hinsicht auf bestimmte, keineswegs immer verschleierte, besondere Methoden von 'Wissenschaftsmanagement' sowie eine sachlich-nüchterne Haltung hinsichtlich des Zustandekommens seiner Wissenschaftsposition und der dann dabei jeweils aktuell zu realisierenden Funktionsverantwortlichkeiten, zu bewahren.
In dieser Hinsicht verfügte ich allerdings über eine wohl doch ganz andere Mentalität und auch über eine wohl durch meine philosophische Arbeit gänzlich anders ausgeprägte Wissenschaftsvorstellung(105) als der ihn offenbar akzeptierende Umkreis von Fachkollegen oder sonstigen Bewunderern.
Die ursprünglich im Zusammenhang mit den an mich gerichteten Einladungen zu den Tagungen des DDR-ICTM-Nationalkomitees erfolgte Begegnung mit Erich Stockmann, welcher damals zunächst auf mich (und nicht etwa ich auf ihn) zugegangen war, erschien mir anfangs als ein überaus glückliches Zufallsereignis, zu welchem ich annahm, dass mir damit nun auch ein direkterer Zugang zu qualifizierteren Meinungen und Informationen über Musikinstrumente sowie zu entsprechenden Diskussionen über diese Technik, möglich sein kann.
Diese Hoffnungen in Richtung auf qualifizierten Meinungsaustausch zu Dingen, die mich bereits seit vielen Jahren persönlich beschäftigten, mussten sich dann aber schon nach kurzer Zeit, bedingt durch meine Erlebnisse zu seiner immer wieder deutlich werdenden Unkenntnis zu bestimmten von mir für besonders wichtig gehaltenen Symbolfällen musikinstrumenteller Technikentwicklung sowie auch zu seinem offenbar generellen Unverständnis zu bestimmten mir ebenfalls als grundlegend wichtig erscheinenden methodologischen Problemstellungen und dann eben auch zu seinem mir immer wieder als schein-freundlich-arrogant bzw. abgefeimt intrigant-subalternierend begegnenden Verhaltensweisen gegenüber anderen Menschen, als weitgehend unreal erweisen.
Dass für mich all die dann auch später damit zusammenhängenden weiteren Entwicklungen seines entsprechend spezifischen Obstruktionsverhaltens mit seinem erstmaligen Besuch in meiner Musikinstrumentensammlung begannen und ab dort dann auch die Waldzither immer wieder in derartige, durch ihn geprägte Zusammenhänge geraten musste, kann nun ganz zweifellos als ein besonderer, in bestimmter Weise wiederum eigentümlicher Zufall angesehen werden. Ein Zufall, welcher dann aber wohl auch als prägend für spätere, stockmannobstruierte Eigentümlichkeiten seiner Art von "Wissenschaftsmanagement" zu diesem Instrument angesehen werden kann. Dazu meine ich auch, dass dann, nach diesem 'Waldzither-Besuch', wohl nicht mehr so einfach nur von diesbezüglichen weiteren Zufällen die Rede sein kann, auch wenn sich alle damit dann verbundenen weiteren Entwicklungen von Fall zu Fall natürlich auch immer wieder als 'lediglich zufällig' umdenken und entsprechend zwangsinterpretieren lassen.
Aber - ob nun etwa nur 'ganz zufällig' zustande gekommen, oder doch eher (wie ich eben meine) entsprechend 'gezielt gemanagt' - die dabei wiederum später zu vermerkenden 'waldzitherbezüglichen Besonderheiten' sind, zumal wenn man gewillt ist, diese auch im Zusammenhang mit anderen, dabei zu beachtenden Entwicklungen und entsprechenden 'Einzeltatsachen' zu betrachten, eben doch wieder in besonderer Weise 'eigentümlich' und in gewisser Weise eben auch spezifisch 'DDR-eigentümlich'.
Eine dabei vielleicht besonders zu beachtende Entwicklungslinie dieser spezifisch 'wissenschaftlerisch' geleiteten Eigentümlichkeit von 'Waldzithermanagement' wird dabei wohl im Zusammenhang mit dem überaus eigenartigen Erscheinen von Andreas Michel in der "AG Musikfolkloristisches Instrumentarium" anzusetzen sein, an deren Zusammenkünften er (wie er damals erklärte) fortan "im Auftrage von Prof. Stockmann im Zusammenhang mit der Erarbeitung einer Dissertation teilzunehmen hatte".
Dazu habe ich mich bereits an anderer Stelle und in einem etwas anderen Zusammenhang(106) eingehender geäußert.
Zuvor hatte ich mit Andreas Michel vor allem in seiner damaligen Funktion als Redakteur einer Zeitschrift des Verlages Zentralhauspublikation zu tun, wo er mich immer wieder um Beiträge für seine Zeitschrift gebeten hatte.(107) Dafür war ich ihm auch ganz zweifellos zu besonderem Dank verpflichtet, da ich ansonsten damals kaum andere Arbeiten publizieren konnte. Verschiedene kleinere philosophische Abhandlungen oder auch von mir auf entsprechende Anforderungen hin erarbeitete Beiträge zu verschiedenen 'Sammelband-Projekten' wurden damals immer wieder einfach nicht gedruckt. Bei Andreas Michel musste ich mich dann aber auch immer wieder über bestimmte Entstellungen und überaus fatale Kürzungen meiner dort veröffentlichten Texte beschweren. Veränderungen und Kürzungen die zuvor nicht mit mir abgesprochen worden waren und zuweilen auch auf eine deutliche Entstellung meiner Ansichten und Anliegen hinausliefen. Derartiges musste bei mir natürlich zu heftigen Vorhaltungen und zu prinzipiellen Diskussionen führen, welche sich dann aber bei ihm immer wieder in die Form von eher verallgemeinernden Disputen 'weiterentwickelten'. Dispute, innerhalb derer man sich dann letztlich doch gemeinsam über derartigen 'politischen Kleinkram' erheben sollte, und dann auch niemals irgendwie nahe liegen konnte, nun etwa anzuzweifeln, dass er, obwohl zwar verantwortlicher Redakteur, doch aber letztlich wohl niemals für solche politischen oder auch einfach nur unfachlichen Eingriffe, die doch letztlich nur seitens schwer fassbarer höherer Mächte erfolgt seien, etwa verantwortlich zu machen sei. Und das Verweisen auf das Wirken solcher letztlich unfassbarer Einwirkungen konnte sich dann bei ihm wiederum über eine geradezu unheimlich breite Palette erstrecken, welche von unvermeidlichen 'oberen Parteiinstanzen' und in unvermeidlicher Weise ständig einwirkenden 'Kontrollfunktionären innerhalb des Leipziger Hauses' bis hin zum ohnehin irrationalen Wirken von sowieso niemals völlig zu kontrollierenden einfachsten Angestellten und Arbeitern in beauftragten Druckereien reichte, welche dort schon des öfteren kurz vor (oder gar während des Druckvorganges) einfach Buchstaben oder Worte vertauscht und Sätze umgestellt oder entfernt hatten usw. und dann auch kein Mensch jemals genau sagen könne, wie Derartiges doch immer wieder zustande kommen könne usw.…
Ich hatte also schon bestimmte Erfahrungen mit der bei ihm doch schon fest eingespielten Art und Weise der Bewältigung bestimmter Konfliktsituationen machen können, auf die ich auch nun gefasst sein konnte, welche aber auch später niemals zu irgendwelchen offensichtlichen Unfreundlichkeiten ausarten mussten. Letztlich also auch ein viel geschmeidigeres Verhalten, als man es etwa von anderen Funktionären des Leipziger Zentralhauses oder etwa auch von Erich Stockmann erleben oder erwarten konnte. Und in dieser Weise war es auch möglich, mit ihm immer wieder - letztlich über Jahre hinweg - über die Instrumente meiner Sammlung sowie den Fundus dortiger Waldzithern (der ihm natürlich von mehrfachen Besuchen in meiner Wohnung bekannt war und damals bereits mehr als dreißig Waldzithern umfasste) zu sprechen und dabei gleichzeitig immer wieder versichert zu bekommen, dass sich sein Dissertations-Auftrag aber keineswegs auf die Waldzither bezöge (was ich ihm ja von Anfang an - schon mit meinem damaligen, der Arbeitsgruppe vorgelegten '12-Punkte-Programm zur Waldzither' - nahe legen wollte und ihm dann auch immer wieder vorschlug), sondern er sich im Auftrage Stockmanns "nun mit allen europäischen Saiteninstrumenten" und dann auch wieder mal "mit den in der neueren Musikfolkloreszene der DDR verwendeten Saiteninstrumenten" zu befassen habe…
Erst wenige Wochen(108) vor der Verteidigung seiner Dissertation, zu der ich natürlich eine freundliche Einladung erhielt, aus der dann auch hervorging, dass es sich da doch ganz speziell um genau dieses Instrument handeln wird, versuchte er mir zu erklären, dass er auf Anweisung von Prof. Stockmann gezwungen und verpflichtet war, das genaue Thema seiner Dissertation bis zur Festlegung des Termins der Verteidigung seiner Arbeit entsprechend geheim zu halten, weil ansonsten seine Promotion gefährdet sei und diese letztlich nur in dieser Weise gelingen könne, denn, wie Stockmann ihm erklärt habe, gäbe es da auf den unterschiedlichsten Ebenen, sowohl innerhalb der Akademie als auch außerhalb dieser, die verschiedenartigsten Verhinderungsbestrebungen und Gefährdungen.
Und ebenso wie er vor Jahren schon in Hinsicht auf meine Nachfragen zur entstellenden Publikation meiner Texte eine breite Palette von verschiedenartigsten Erklärungsgründen und eingreifenden 'Kontrollinstanzen' anzuführen wusste, konnte er nun auf eine Vielfalt von Promotionsgefährdungen, auf die ihn E.Stockmann immer wieder hingewiesen habe, verweisen, welche hier von der Schilderung bestimmter akademischer Kleinquerelen, über das ohnehin stets vorauszusetzende Unverständnis von akademieverantwortlichen Parteifunktionären sowie wissenschaftlich inkompetenten SED-Mitgliedern aus dem Kollegenkreise von Erich Stockmannn,(109) bis hin zu den allgegenwärtig-hochpolitischen Gefährdungen seitens bestimmter, alle Akademie-Einrichtungen ohnehin permanent observierender, Kräfte des Ministeriums für Staatssicherheit reichten. Und auch alle diese Darstellungen wurden nun von ihm nicht etwa vertreten oder irgendwie als real-glaubwürdig dargestellt, sondern lediglich verhaltensbegründend, als das von Stockmann dazu Vorgebrachte, übermittelt, so dass auch dabei stets alle Freundlichkeit unserer Kommunikation erhalten bleiben konnte, zumal er mir jeweils nur ganz vage zu widersprechen suchte, wenn ich dabei immer wieder auf die doch eigentlich ganz offensichtlichen Unredlichkeiten(110) von Erich Stockmann und die Unwahrhaftigkeit vieler seiner Behauptungen verwies. Ein besonderer Beleg für diese Art von 'akademisch geformter Freundlichkeit' kann dabei vielleicht auch darin gesehen werden, dass ich dann, schon vor seiner Verteidigung dieser Arbeit, auch ein Exemplar seiner Dissertation als Geschenk erhielt. Damals habe ich mich dann auch jeder spezielleren, auf Details eingehenden Diskussion dazu enthalten, - aber in einem Punkte dann doch etwas näher bei ihm angefragt.
Ein besonderer Punkt, den ich hier auch in einer besonderen Weise für 'symbolisch' halten, und von daher entsprechend hervorheben, möchte:
Da wird in dieser Arbeit(111) ein spezielles Waldzitherinstrument als Repräsentant für die Cisternproduktion in Markneukirchen besprochen, welches sowohl Erich Stockmann als später dann auch Andreas Michel schon seit Langem aus meiner Sammlung bekannt sein konnte. Ich hatte ein solches Instrument schon vor vielen Jahren bei einem meiner Besuche in Markneukirchen in der Werkstatt von M. Roth für meine Instrumentensammlung, aber eben auch für das weitere Sammeln von musikantisch-konkreten Spielerfahrungen auf unterschiedlichen Waldzithern, und eben auch im Sinne des weiteren Sammelns von entsprechenden Erkenntnissen, erworben.
In Andreas Michels Arbeit wurde nun eine genau solche Waldzither mit dem Quellenhinweis "Sammlung Stockmann"(112) behandelt. Da nun auch Erich Stockmann bei einem meiner früheren Besuche in seiner Wohnung mir gegenüber bereits mit diesem Instrument, aber ansonsten nur noch mit zwei, drei weiteren Kleininstrumenten (einer konischen Birkenrinden-Schalmei und der von mir bereits erwähnten Maultrommel sowie auch einer winzigen Souvernir-Panflöte)(113) renommiert hatte, wollte ich Andreas Michel nun fragen, wie es sich hier eigentlich mit dieser "Sammlung Stockmann" verhält - ich hatte bei ihm schließlich nur diese vier Exemplare gezeigt bekommen, wohingegen er sich bei mir doch bereits mehrmals viele hunderte, und darunter weit über fünfzig cisternartige Musikinstrumente anschauen konnte.
Andreas Michel wies mich zunächst darauf hin, dass in Stockmanns Wohnung (wie mir freilich ebenfalls lange bekannt war) aber doch auch noch die Gitarrenlaute von Doris Stockmann an der Wand hing…
Die Waldzither von Erich Stockmann aber habe er natürlich in seine von diesem betreute Dissertationsschrift entsprechend aufnehmen müssen, wobei Stockmann dazu aber die ursprüngliche Anmerkung "Privatbesitz von Erich Stockmann", nicht dulden wollte, und da mit der Bemerkung, "dass dies wissenschaftlich so üblich sei", auf dem Quellen-Hinweis "Sammlung Stockmann" bestanden habe.
Freilich eine letztlich nur kleine Anmerkung, welche man entweder als belanglose Lächerlichkeit oder auch als tatsächliche "wissenschaftliche Üblichkeit" abtun oder auch akzeptieren kann, und angesichts derer es wohl auch kaum angebracht sein könnte, hier etwa mit dem Vorwurf einer 'offensichtlichen Unwahrheit' zu reagieren. Aber die von mir hier unterstellte Symbolträchtigkeit dieser Anmerkung kann wohl doch eine letztlich eher offensichtliche Wahrheit verdeutlichen. Nämlich die auch an dieser Stelle deutlich werdenden und eben entsprechend zu bedenkenden spezifischen Wissenschaftler-Verkommenheiten innerhalb eines derartigen "Wissenschaftsmanagements", wo ein einzelner Wissenschaftskapitän offenbar die Macht erlangen konnte, mittels ihm untergeordneter Kräfte nach Beliebigkeit zu entscheiden, welche Einzelobjekte oder Sammlungen überhaupt in einer wissenschaftlichen Untersuchung als der wissenschaftlichen Beachtung für wert zu erachten seien, und er dann auch einfach festlegen kann, was dabei dann in der wissenschaftlichen Literatur jeweils als "Sammlung" auszugeben ist, - auch wenn da von einer solchen doch eigentlich keine Rede sein kann. Und wenn sich die Möglichkeit sowie die weitere Tendenz zu einem derartigen Wissenschaftsmanagement erst einmal herausgebildet hat, und so innerhalb eines weiteren Netzes autoritätsorientierter Machtstrukturen auch auf entsprechende Akzeptanz stoßen kann, lässt sich dann um so leichter auch ein entsprechend weiter verflochtenes Netzwerk zur geheimhaltenden Absicherung des Nichtbekanntwerdens sowohl entsprechender Manipulationen als auch der innerhalb derartiger Manipulationen bereits aussortierten nichtgenehmen und also auch entsprechend wissenschaftlich nicht zur Kenntnis zu nehmenden bzw. entsprechend 'wissenschaftlich zu umgehenden' anderen Objekten und Sammlungen sowie eben auch entsprechender Subjekte und entsprechend nichtgenehmer Konzeptionen usw. entfalten.
So leicht und vielleicht auch weitgehend ungehindert, sich da ein solches Netzwerk unter entsprechenden Umständen aufbauen und weiterweben lassen wird, so schwierig kann sich wiederum die Aufrechterhaltung dieser Art von Wissenschaftsmanagement ohne ein solches Netzwerk erweisen. Und in diesem Sinne kann sich, bei allen damit untrennbar verknüpften Verlogenheiten, hier auch eine wiederum schwer zu leugnende Wahrheit verdeutlichen:
So verlogen und so offensichtlich unglaubwürdig die Geheimhaltungsbegründungen von Stockmann da auch im Einzelnen jeweils gewesen sein mögen - generell betrachtet hatte er seinem Doktoranden da in dieser Verlogenheitsweise doch etwas überaus 'Wahres' mitzuteilen: Wer sich innerhalb meines erfolgreichen Wissenschaftsmanagements an die von mir aufgestellten Regeln und Anordnungen hält, kann auch erfolgreich sein, wobei angeraten ist, auch bestimmten vielleicht doch fragwürdigen Anweisungen (sowohl zur besonderen Beobachtung als auch zur spezifischen Nichtbeachtung) - bis hin zur Gestaltung spezifisch aufgeblasener Kleinstformulierungen - tunlichst Folge zu leisten.
Und gerade diese Art von wiederum schwerlich anzuzweifelnder 'Wahrheit' kann dann innerhalb eines dementsprechend stukturierten akademischen Betriebes, gerade auch mit Blick auf ihren zweifelsfrei mit vielen Lügnereien verbundenen Hintergrund, als eine besondere Art von 'höherer Weisheit' ausgegeben oder letztlich auch von den in dieser Weise Reglementierten selbst als eine solche empfunden werden. Eine ganz besondere Qualität von 'Weisheit', die dann freilich auch nur bestimmten damit etablierten und also 'in höherer Weise organisierten' Eliten zustehen und jeweils zukommen kann.
Wer sich derartigen 'Wahrheiten' zunächst vielleicht nur unterordnet, um erfolgreich sein zu können und sich dann, auf dem Wege eines so gestützten Erfolges, diesen auch zuordnet und so dann auch in entsprechende Zusammenhänge einordnet, dem kann das letztliche Erreichen solch 'höherer Weisheit' entweder als moralische Erleichterung bzw. 'Erlösung' und Rechtfertigung, oder eben auch als intellektuelle 'Erleuchtung' eines von banalen Alltäglichkeiten ohnehin bereits weit abgehobenen Elite-Daseins erscheinen…
Ich halte nun diesbezügliche Überlegungen zu solchen 'Teufelskreisen' (bzw. entsprechenden 'Spiralen' usw.) keineswegs für unangebracht, auch wenn ich es hier natürlich für völlig müßig halten möchte, nun etwa darüber zu spekulieren, welches Stadium einer solchen Entwicklung etwa jeweils bei Erich Stockmann oder dann etwa auch bei Andreas Michel vielleicht angemerkt werden könnte.
Aber es erscheint mir keineswegs müßig, hier deutlich anzumerken, welchen fatalen Selbstverständlichkeitsstatus im Wissenschaftsmanagement von Erich Stockmann offenbar damals solche speziellen Mittel wie Beobachtungsanweisungen, Verschwiegenheitsverpflichtungen, Fehldarstellungen, Geheimhaltungen sowie auch bestimmte Unterschlagungs- bzw. 'Vermeidungs-Manöver' usw. im Zusammenhang mit der Maultrommel und dann auch in Hinsicht auf meine (zunächst doch eigentlich nur schlichten) Systematisierungsbemühungen zu Dudelsacktongeneratoren erlangt hatten, und sich Derartiges dann eben auch in Hinsicht auf die Waldzither weiter entfalten konnte.
Natürlich muss eine derartige Entwicklung dabei im Zusammenhang mit den politischen Verhältnissen in der DDR(114) und dabei wohl auch in Hinsicht auf die eben auch aus diesen Verhältnissen resultierenden Differenzierungen wissenschaftspolitischer Ansichten und Auffassungen sowie davon begleiteter gegensätzlicher Verhaltensweisen, bedacht werden. Was dabei aber die, meiner Meinung nach, eben gerade hier wieder anzumerkenden DDR-spezifischen 'Waldzithereigentümlichkeiten' betrifft, so möchte ich diese natürlich vornehmlich in Hinsicht auf die entsprechenden Umstände sowie die Entstehung und Forcierung entsprechender Umgangs-, Verhaltens- und "Management"-Weisen hervorheben, und mich dabei nun nicht einfach nur kurzschlüssig auf die Inhalte der in diesen Zusammenhängen zustande gekommenen Dissertation zu diesem Instrument beziehen wollen.
Denn diese nun keineswegs besonders eigentümliche Doktorarbeit zu Cisterinstrumenten (aber dann auch zu weiteren, von ihrem Konstruktionsprinzip her eigentlich überhaupt nicht als Cistern zu verstehende Hals-Saiteninstrumente) könnte vergleichsweise wohl besser als 'tümlich' bezeichnet werden, da sie hinsichtlich Methodologie und inhaltlicher Gestaltung in durchaus gewissenhafter Weise einem bestimmten akademischen Brauchtum und auch ganz den hochentwickelten Formgepflogenheiten zuvoriger ähnlicher musikinstrumentenkundlicher Arbeiten folgt, und wohl kaum einfach unterstellt werden kann, dass diese gewissenhafte Folgsamkeit etwa lediglich als das zwangsläufig korrupte Produkt einer gewissenlosen Art von "Wissenschaftsmanagement" bzw. spezifischer Gestaltung der Bedingungen ihres Zustandekommens angesehen werden muss. Schließlich kamen die hier zur entsprechend 'tümlichen' Vergleichung anstehenden wissenschaftlichen Arbeiten zu Musikinstrumenten wohl auch unter ganz anderen politischen und wissenschaftsorganisatorischen Bedingungen zustande.
Inwieweit nun aber diesbezüglich mögliche Wechselbeziehungen von Zustandekommensbedingungen und der jeweiligen Gestaltung des näheren Inhalts dieser Dissertation zur Cister auszumachen sein werden, scheint mir dann eine analytisch ganz anders geartete Fragestellung zu sein, welche über die hier von mir zunächst nur beabsichtigte Darstellung von bestimmten 'DDR-spezifischen Eigentümlichkeiten' im Umgang mit diesem deutschen Volksmusikinstrument wiederum hinausgeht. Derartige weitergehende Fragestellungen kann schließlich jeder, der diese Arbeit dann auch zur Kenntnis nimmt, selbst im Sinn behalten und auch selbst erwägen.(115)
Wer sich aber eher für dieses deutsche Volksmusikinstrument, dessen Besonderheiten und dessen mögliche Perspektive, interessiert, der sollte sowohl diese Arbeit von Andreas Michel zu bestimmten in bestimmter Weise ausgewählten Objekten und Sammlungsbeständen, sowie auch andere Abhandlungen zu bestimmten geschichtlichen Hintergründen, aber eben auch weitere Sammlungsbestände und sonstige weitere 'Privatbesitz-Exemplare' dieses Instrumentes, und letztlich möglichst viele der Menschen zur Kenntnis nehmen, welche mit diesem Instrument auch aktuell musikantisch umgehen.(116)
*
Quellen / Anmerkungen:

(01)
Zur Problematik "vergleichsanalytischer Experimentalmodelle" siehe auch meinen Vortrag "Ausgewählte Thesen und Anmerkungen zur 'Vergleichsanalytischen Musikinstrumentenforschung'(VAO)", In: www.bhje.de

(02)
Darauf bin ich auch in meiner zunächst vom Zentralhaus für Kulturarbeit in Leipzig 1986 als Manuskript gedruckten Schrift "Einige Hinweise zum musikantischen Umgang mit der Thüringer Waldzither" (in: www.bhje.de) eingegangen und habe da vor allem die Spielweise des Zupfens und Schlagens mit den Fingern empfohlen.
Ich verdanke es Martina Rosenberger, dass sie dann im Jahre 2003 eine Neuauflage dieser Arbeit unternommen hat, wobei ich dazu der Auffassung war, dass es wohl am unaufwändigsten sei, einfach das alte Original wieder in gleicher Form zu drucken. Ihre letztlich aber weitaus nobler angelegte Neuauflage erforderte dann aber doch viel mehr Arbeitsaufwand, wobei es sich wohl auch erforderlich machte - was mir erst später mitgeteilt wurde - meinen alten Text, Zeichen für Zeichen, erneut abzutippen. Wenn ich dies gewusst hätte, so hätte ich natürlich vorgeschlagen einen ganz bestimmten Satz aus dieser Schrift zu korrigieren, bzw. dessen Worte ein bisschen zu verändern, um ihn damit‚ 'richtig zu stellen'.
Denn, dass ich da beim ursprünglichen Schreiben meiner 'Hinweise' doch tatsächlich eine Formulierung zustande gebracht hatte die einfach das genaue Gegenteil dessen beinhaltet, was ich offensichtlich eigentlich sagen wollte, ist mir erst nach dem bereits erfolgten Druck dieser Abhandlung 1986 aufgefallen und war mir damals natürlich überaus ärgerlich. Und da es sich in diesem Falle auch keineswegs etwa um einen Druckfehler oder etwa eine der sonstigen Veröffentlichungs-Nachlässigkeiten aus dem Verlag des Leipziger Zentralhauses für Kulturarbeit, sondern fraglos um eine eigentlich nur schwer entschuldbare Fehlleistung von mir, handelte, habe ich dies dann auch immer wieder deutlich zu machen versucht.
Damals hatte ich mich in meinem Ärger über mich selbst, aber auch entschlossen nun abzuwarten, wann dieser 'Detail-Fehler' wohl auch von anderen Interessenten des Instrumentes gefunden würde und in diesem Sinne auch immer wieder im Kreise von Waldzitherfreunden einen 'Finderlohn' bzw. einen kleinen Preis (Saiten für Waldzither etc.) für den 'Entdecker' meines Formulierungs- Fehlers auszusetzen. Ich war dann aber verwundert, dass mir immer wieder gesagt wurde, dass da doch aber "Nichts zu finden sei…".
Ab da wurde die Angelegenheit für mich spannend, und ich kann auch heute noch sagen, dass mir bislang immer noch kein Entdecker und Richtigsteller meiner so eindeutigen Fehlformulierung bekannt ist.
Nach dem Untergang der DDR und dem letzten Verteilen von Restexemplaren dieser Hinweise wurde diese Angelegenheit ja auch wieder langweilig und dann eben belanglos.
Zu den später von Martina Rosenberger organisierten Waldzither-Symposien stand mir dann auch nicht mehr der Sinn nach der Wiederholung eines entsprechenden 'Preisausschreibens', welches zu DDR-Zeiten ja auch nur unter der Vorraussetzung damaliger persönlicher Bekanntschaften unter den betreffenden Musikanten des kleinen Landes DDR sinnvoll sein konnte, - und nun wollte ich mich mit einem solchen 'Gag am Rande' auch nicht aufblasen oder 'vorlaut melden' und schon gar nicht als jemand erscheinen, der etwa glauben könnte ein besonders pfiffiges Kontrollverfahren erfunden zu haben um rauszukriegen ob seine 'Hinweise' auch mit angemessener Gründlichkeit gelesen und zur Kenntnis genommen werden…
Jetzt aber, nachdem ich mich im Zusammenhang mit meinen 'Eigentümlichkeitsschilderungen' zur deutschen Cister entschlossen habe, diese 'Hinweise' auch ins Internet stellen zu lassen (was ich zuvor nie vorhatte), stehe ich damit doch vor einer ganz anderen Situation als damals im kleinen Kreise von spezifisch interessierten DDR-Musikanten. Insofern möchte ich nun beim Schreiben dieser Zeilen auch sofort die Bitte formulieren, dass derjenige der vielleicht beim Lesen dieser Zeilen hier den Entschluss fasst sich unter www.bhje.de auch diese 'Hinweise' anzuschauen und dabei dann auch 'fehler-fündig' werden kann, sich bei mir melden möge, auf dass ich ihm gratulieren, und ihn vielleicht auch kennen lernen kann. Zu dieser Neuherausgabe meiner damaligen Hinweise möchte ich aber noch eine andere Anmerkung machen:
In dieser Anleitung, welche zu DDR-Zeiten ja vornehmlich für die Interessenten gedacht war, welche sich bislang noch kaum intensiver mit diesem Instrument befasst hatten, bin ich noch nicht näher auf den Konflikt, der sich beim Spiel dieses Instrumentes hinsichtlich des f-moll Griffes in der untersten Griffbrett-Lage ergeben kann, eingegangen. Da gibt es letztlich doch verschiedene Möglichkeiten, die sich aber alle irgendwie als 'nicht besonders griffig' erweisen.
Eine Problematik zu welcher ich mich im Zusammenhang mit den nun darzulegenden 'Eigentümlichkeiten' zu diesem Instrument jetzt freilich eingehender äußern muss.
Was aber die nun vorliegende Neuherausgabe meiner Hinweise betrifft, so finden sich dort auch einige nachträglich eingefügte und mit mir zuvor nicht abgesprochene Zusätze, - unter anderem eben auch in Bezug auf das Spiel in F-Dur.
Wie Martina Rosenberger dazu schreibt, sind von ihr bestimmte "…in der Originalausgabe nicht vorgesehen(e)" …"Akkorde und Griffvarianten…ergänzend aufgenommen worden…", zu denen sie betont, dass diese "aber spieltechnisch dazugehören."… Ergänzungen mit denen ich allerdings nicht so ohne weiteres glücklich sein kann.
Im Rahmen meiner, damals eher im Sinne einer komprimierten Grunddarstellung konzipierten Darlegungen müssen mir diese Ergänzungen in bestimmter Weise als disproportioniert erscheinen.
Denn wenn man derartige ins spieltechnische Detail gehende Erweiterungen im Sinn hat, so sollte Derartiges zumindest auch in Hinsicht auf andere nahe liegende 'Grundgriffe' dieses Instrumentes bedacht und berücksichtigt werden, um eben nicht weiterhin das doch so weit verbreitete Vorurteil, dass sich bei diesem Instrument doch immer wieder alles nur in den Dur-Tonarten C, F, G etc. abspielt, zu bestärken.
Es müssten also zumindest hinsichtlich der 'unteren Griffe', bzw. der eben besonders nahe liegenden 'ersten Griffe', auch entsprechende andere, ebenfalls nahe liegende Übergänge und Bassläufe, welche eben ebenfalls "spieltechnisch dazugehören" dargelegt werden. Denn zweifellos gibt es entsprechend geeignete (also die entsprechenden Harmoniegriffe verbindende) bzw. entsprechend überleitende Läufe auf den beiden unteren Basssaiten, auch für Akkordkombinationen der unteren Lage in Richtung auf den G-, den D-, den A-Akkord, aber dann eben auch in Richtung auf den Bb- oder auch den untersten H- oder E- Akkord... Und dabei würde ich dann auch wieder gerne gegen den immer noch dominierenden Dur-Gebrauch des Instrumentes angehen wollen und in diesem Sinne eben gerade auch die entsprechenden Harmoniekombinationen die sich bei diesem Instrument in natürlicher - oder eben in "spieltechnisch dazu gehörender" - Weise, nicht nur um den a-moll und d-moll Akkord usw., sondern insbesondere eben auch um den f-moll Akkord ranken können, hervorheben wollen.
Dass das Instrument, so wie es dem Anfänger begegnet, vornehmlich als C-Dur Instrument anmuten kann, mag nahe liegend sein. Man muss diese, im 'eingestimmten Akkord' vorliegende Grundstimmung des Instrumentes aber nicht unbedingt als das 'Tonika-Angebot' dieser Instrumentalkonstruktion ansehen, sondern kann diese Grundstimmung - so wie man es aus der Ergänzung von Martina Rosenberger ja auch entnehmen kann - auch als einen für die nahe liegende Nutzung des Instrumentes entsprechend grundlegenden Dominant-Akkord auffassen. Und wenn dabei dann schon so schön bequem von einer geschickten F-Dur - Bass-Überleitung die Rede ist, so hätte eben auch (in einem durchaus ähnlichem Bass-Überleitungssinne) von f-moll, als einer der doch eigentlich ebenfalls durchaus nahe liegenden Grundtonarten dieses Instrumentes die Rede sein müssen…
Wobei damit dann freilich auch all die besonderen Probleme weiter zu bedenken sind, welche ich hier im Zusammenhang mit dem dritten Haupt-Aspekt meiner 'Eigentümlichkeitsdarlegungen' darzustellen habe.
Inzwischen (was eben 1986 noch nicht der Fall war) stehen mir auch bestimmte, von mir mit veränderten Kopfformen neukonzipierte Cisterninstrumente zur Verfügung, mit denen ich (sozusagen in Fortsetzung der bislang bereits im Internet zu meinen 'Hinweisen' angeführten spieltechnischen Klangbeispielen zur deutschen Cister "Musik aus dem Museum"; siehe dazu auch Anmerkung Nr.3) vorhabe möglichst auch noch die entsprechend verbesserten Griffmöglichkeiten innerhalb dieser besonderen Grundtonart des Instrumentes zu dokumentieren. Ein entsprechendes Musizieren in f-moll muss dann auch unweigerlich wieder zu ganz anderen nahe liegenden und "spieltechnisch dazu gehörenden" Akkorden und Tonartkombinationen, wie eben dann auch zu Bb-moll, zu Eb-Dur und Db-Dur usw. usf. führen. Also zu Tonartbeziehungen die uns ansonsten von der Gitarre her als keineswegs ungewöhnlich, sondern eher als 'gängig' und weitgehend üblich und gebräuchlich gelten.
Und - wie gesagt - sobald man ein solches ergänzendes Vorhaben des "spieltechnisch Dazugehörenden" grundsätzlich ins Auge fassen würde (wozu ich eben eher neigen möchte), so sollte dies eben keinesfalls weiterhin einfach im 'gängigen Dur-Bereich' verbleiben, um damit dann auch bestimmten, allzu üblichen vereinfachenden Auffassungen zu diesem Instrument keinen weiteren Vorschub zu leisten.
Die nun fixierte Hervorhebung einer entsprechend "geschickt bereichernden" und "spieltechnisch dazu gehörenden" Bassüberleitung in Richtung F-Dur, musste mir in diesem Sinne als eher ungeschickt, oder eben spezifisch 'vereinseitigend' bzw.- 'einengend' anmuten.
Ein ganz ähnliches Problem scheint mir auch hinsichtlich anderer zusätzlich in meine ursprünglichen Griffbrettdarstellungen eingefügter Barre-Griffe vorzuliegen.
Bei meinen ursprünglichen Griffdarstellungen habe ich versucht mich zunächst auf das Wesentliche zu beschränken und wollte insofern diese entsprechend auf Grundgriffe konzentrierte Grifftabelle auch nicht mit zusätzlichen Barre-Griffen überladen. Dass das jeweils gezielte Höhersetzen, bzw. Verschieben bestimmter Griffe und/oder Fingerpositionen, eine Voraussetzung für das Ermitteln und Gestalten weiterer Akkorde und Harmoniekombinationen ist, konnte wohl auch jedem Leser meiner Hinweise klar werden und ihm also dann auch selbst überlassen bleiben. Letztlich gehören eben alle auf dem Instrument möglichen Griffe "spieltechnisch dazu"…
Insofern hatte ich damals aus Gründen der Übersichtlichkeit bewusst darauf verzichtet, die abgebildeten Tabulatur-Darstellungen von Grundgriffen in der unteren Griffbrettlage weitergehend mit Abbildungen von harmonisch in gleicher Weise aufgebauten Griffkombinationen in oberen Lagen zu belasten.
Wer einmal begriffen hat in welcher Weise das Höhersetzen bestimmter unterer Griffe zwangsläufig zu ganz bestimmten weiteren Tonarten führt, hat mehr gelernt, als Derjenige, der sich dann vielleicht eher über das 'erweiterte Angebot' "spieltechnisch dazugehörender" Griffabbildungen in den oberen Griffbrettlagen (bzw. entsprechender Barre-Griffe) aus der vorliegenden Grifftabelle entnehmen zu können, freuen wird und dies vielleicht auch als wegweisend und erleichternd empfinden mag…

(03)
In den Gruppen Jack & Genossen, Windbeutel und Volkslied wurde die Waldzither immer nur mit 'unbewaffneten' Fingern gezupft oder geschlagen.
Ich habe dies in den verschiedensten Spieltechniken sowohl zur Begleitung der Lieder von Jack Mitchell oder Gabriele Martin, als auch bei verschiedenen Instrumentalstücken, welche dann zumeist mit Gitarre und Kontrabass, aber zuweilen auch mit Bandonion, begleitet wurden, getan. Einige dieser dann bei Windbeutel auch ganz neu entstandenen Waldzitherstücke wurden damals im DDR-Rundfunk produziert und verschiedentlich gesendet. Später wurden dann weitere Waldzitherstücke auch auf eine von dieser Gruppe selbst aufgenommenen Dokumentations CD gebrannt, welche während der Zeit der Ausstellung meiner Instrumentensammlung in der Schostakowitsch Musikschule in Berlin dort von den Besuchern zu erwerben war. (Deutsche Cister /Musik aus dem Museum/Gruppe Windbeutel; siehe dazu die entsprechenden Anhänge zu dem Beitrag "Einige Hinweise zum musikantischen Umgang mit der Thüringer Waldzither" In: www.bhje.de).
Außerdem wurde die Waldzither in der Gruppe Windbeutel zur Begleitung verschiedener Dudelsäcke (Schäferpfeife / Bock) von Gabriele Martin (in Kombination mit Akkordeon durch Reiner Waldow) gezupft und geschlagen, wo wiederum ihre, auch aus der Beschäftigung mit lateinamerikanischer Folklore stammenden Finger-Spielerfahrungen mit den Instrumenten Gitarre, Charango und Quadro für ihr Waldzitherspiel zur Geltung kommen konnten.

(04)
Der US-amerikanische Militärsender AFN-Berlin war mir erst begegnet, als meine Eltern in den fünfziger Jahren von Leipzig in die Nähe Berlins zogen, so dass ich dann immer wieder auch diesen Sender, im nunmehrigen Vergleich mit meiner bereits in Leipzig gewonnenen und unvermeidlich weiterlaufenden Vorliebe für Radio Moskau, hörte. Dieser amerikanische Soldatensender war damals nur im Umkreis von Berlin auf Mittelwelle zu empfangen, wohingegen 'Radio Moskau' (und später 'Radio Wolga') wohl überall in der DDR auf Langwelle zu empfangen war. Meine - so glaube ich mich erinnern zu können - bereits in Leipzig entstandene Abneigung gegen deutschsprachige Rundfunkprogramme, verfestigte sich dann an unserem neuen Wohnort, wo man, gerade was damalige Radiosendungen anging, den Aggressivitäten des kalten Krieges nur schwerlich entkommen konnte. Über meine aus Schwaben in den vierziger Jahren in die damalige SBZ umgezogenen Eltern und über das was ich damals als Schüler bereits von Politik verstand und verstehen wollte, war ich mir sicher, dass ich mit meiner Haltung für die DDR eine richtige, mich auf der Seite der Humanität und des Fortschritts aktiv engagierende Entscheidung getroffen hatte: Ein Land in dem eine entsprechende politische Revolution stattgefunden hatte, die es zu verteidigen und weiterzuführen galt. In Radiobegegnungen mit deutschsprachigen Sendern aber, fühlte ich mich, gerade auch bei aller dabei offensichtlich werdenden Unterschiedlichkeiten von Ost und West, als Schüler doch stets behelligt und in meinen Vorlieben gestört und oft eben auch einfach so wie schon ansonsten schon jeden Tag in der Schule behandelt, - wo ich damals auch noch ein durchaus hervorstechend schlechter Schüler war.
Bei AFN und Radio Moskau, deren Unterschiedlichkeiten zwar ganz offensichtlich waren, auf mich aber eben nicht als unterschiedliche Arten von Behelligungen zukamen, sondern die ich mir als ganz reale und mit Gewissheit genussvoll weltöffnende Bereicherungen meines Musikinteresse selbst auswählen konnte, war ich mir auch sicher, dass diese Sender aus der Kultur ferner Länder vielleicht ihre Leute behelligen mögen, es aber doch wohl kaum (wie ansonsten etwa auch hiesige Lehrer oder Institutionen usw.) auf mich abgesehen haben können. Bei den sowjetischen Musiksendungen konnte ich mich immer wieder für die dort (ganz anders als etwa bei deutschsprachigen Sendern) ausgewählte klassische Musik begeistern und eine ansonsten nirgendwo zu hörende Vielfalt an unterschiedlichster Musikfolklore eines riesigen Landes erleben, und bei den Amerikanern dann eben viel Jazz und gerade damals den mich sofort faszinierenden Rock n' Roll als Original, aber eben auch schon Einiges von bestimmten Formen US-amerikanischer Folk-Music vernehmen, die erst viele Jahre später in anderer Weise Mode wurden. Aber die Musikprogramme beider Sender begegneten mir auch in anderer Hinsicht als sehr unterschiedlich. Der Anteil an für mich schwer erträglicher und von mir als belanglos und 'seicht' empfundener Musik, war bei Radio Moskau weitaus geringer als bei AFN, wo ja auch die so genannte klassische Musik weitaus seltener zu hören war, aber doch in geringer Menge und einer auch mir durchaus sympathischen Form vorkam. Aber AFN war eben ausgesprochen 'gut sortiert' bzw. sehr übersichtlich strukturiert. Ich wusste damals alsbald immer ganz genau, wann dort das gesendet wurde, was ich hören wollte. Und so betrachtet - also mit Sicht auch auf die Strukturen der Musikkultur die da aus fernen (wenn auch militärisch jeweils ganz nahen) Weltreichen am Radio zu hören war, bestand die merkwürdigste Unterschiedlichkeit darin, dass es so etwas wie Schlager, oder etwa auch Schlagersendungen, bei Radio Moskau offenbar einfach überhaupt nicht gab. Welch kolossaler Unterschied zu den Strukturen deutscher Musikkultur. Schließlich war ich damals ja auch vor den Schlagerauswüchsen deutscher Sender auf andere Wellenlängen ausgewichen, wo mir dann aber unweigerlich deutsche Klassik begegnen musste… Aber diesem Ausweichen verdanke ich dann doch wohl auch die Entstehung meiner besonderen Zuneigung zu den beiden Volksmusikinstrumenten Banjo und Balalaika. Und in Hinsicht auf die Entstehung meines Interesses und meiner späteren Beschäftigung mit letzterem Instrument, ist mir später dann auch zuweilen die Auffassung begegnet, dass dies wohl doch als ein recht klares Beispiel von "Russifizierungsauswirkungen" im Osten Deutschlands gelten kann.
Falls man nun wirklich - was ja vielleicht eine interessante Fragestellung sein könnte - bedenken möchte, inwieweit sich in meinem Falle, der ja in der Affinität zu diesen beiden Radiosendern gewiss nicht als 'DDR-typisch' gelten kann, nun möglicherweise bei mir mehr "Russifizierung" vermerkt werden könnte, als vielleicht ansonsten im Osten Deutschlands zu vermuten sei, so wird sich aus meinem Verständnis dementsprechender kultureller Nachkriegsentwicklungen in Deutschland, eine Antwort auf ganz anderer Ebene ergeben:
In meinem damaligen (aber eben auch heutigen) Bestreben, bestimmten von mir eher als kulturlos und aggressiv empfundenen Behelligungen kultureller und sonstiger ideologischer Art auszuweichen, ohne sich dabei aber entstehenden anderen Zuneigungen zu verweigern, bin ich in Hinsicht auf meine Musikvorlieben und gemessen an meinen auch von daher motivierten späteren konkreten Musikaktivitäten, doch wohl auch in der DDR mehr "amerikanisiert" worden als die Mehrzahl der Ostdeutschen, aber wohl auch mehr als die meisten Deutschen in Westdeutschland. Wenn man diese Optik aber über persönliche Musikvorlieben hinaus erweitert und etwa auch bestimmte Alltagswerte sowie allgemein verbreitete Vorurteile von Lebensgestaltung und letztlich auch die Vielfalt von Druckwirkungen denen man innerhalb sich ändernder kultureller Verhältnisse immer wieder ausgesetzt sein kann, mit bedenkt, und nicht nur auf bestimmte in Kindheit und Jugendjahren entstandene Musikvorlieben aus ist, so denke ich, dass ich auch in diesem Sinne bereits als DDR-Bürger stets einem größeren Amerikanisierungsdruck, als etwa jemals ernsthaft irgendwelchen Tendenzen einer "Russifizierung", ausgeliefert war. Und mein mich sicherlich mit prägendes damaliges Verhältnis, sowohl zu AFN als auch zu Radio Moskau, sowie entsprechende von daher rührende Erfahrungen, zählen für mich in Sicht auf mein späteres und auch jetziges Leben, wiederum zu den Persönlichkeitsgrundlagen um auch gegenwärtigen destruktiven Anfechtungen von "Amerikanisierungs-Behelligungen" und Anderem, in persönlicher Würde widerstehen zu können. Allerdings meine ich dazu grundsätzlich, dass die meines Erachtens ganz unreale Vorstellung (die einem freilich auch als Behauptung und Vorwurf begegnen kann), dass die Ostdeutschen wohl einer "Russifizierung" unterlegen waren, sich (auch abgesehen von ihrer ohnehin offensichtlichen Unsinnigkeit) im Komplex der nunmehrigen politischen Realitäten in Deutschland, durchaus destruktiver auswirken kann, als die realen Anfechtungen aus weiterlaufenden Tendenzen von Amerikanisierung.
Mein damaliges Bestreben, den immer wieder unüberhörbar kalt-kriegerisch gestalteten Musikprogrammen deutscher Sender generell, und dabei insbesondere auch den mir als offensichtlich besonders aggressiv und auch gezielt kalt-kriegerisch eingebettet anmutenden "Schlagerparaden" (aber eben auch manchen unübersehbar gleichsinnig eingebetteten Jazz-Sendungen) von westdeutscher- und westberliner Seite, auszuweichen, musste natürlich innerhalb des ohnehin konfliktvollen alltäglichen Kulturdrucks unter den Verhältnissen des Kalten Krieges für mich da auch zu einer sozusagen 'erweiterten' bzw. ‚intensivierten' Konfliktlage führen, von der ich heute allerdings meine, dass sie vielleicht auch für ein sensibilisierteres Verständnis dessen geeignet sein konnte, was in der Nachkriegsgeschichte der Deutschen alsbald zu einer immer signifikanter werdenden Unterschiedenheit von 'Westdeutschem' und 'Ostdeutschem' geführt hat. Aus meiner Sicht ist diese Differenzierung aber nicht nur für das Verständnis der deutschen Verhältnisse in der Nachkriegs-Vergangenheit, sondern wohl auch für bestimmte gegenwärtige (und nun eben auch für weiterführende und zukünftige) Verhältnisse relevant. Damit kann ich nun auch leicht zu den Ostdeutschen gezählt werden, denen aufgrund Ihrer weiterhin kritischen Haltungen nach der nunmehrigen Einheit Deutschlands vorgeworfen wird, offenbar immer noch nicht "in der neuen Gesellschaft angekommen zu sein" - sich also einem spezifisch westdeutschem Vorwurf (der freilich nun auch von bestimmten Ostdeutschen mit Vorliebe - so etwa auch als Beleg für ihr jeweils eigenes spezifisches "Angekommensein" - formuliert wird), ausgesetzt sehen. Im Vergleich zu den erwähnten Russifizierungsbedenken eine weitaus kompliziertere Problemlage, zu der ich mich wiederum nur auf einer ganz anderen, als der hier unterstellten Ebene von 'Ankommensanforderungen' sinnvoll äußern kann.
Ich persönlich möchte ein solches, wie das hier geforderte "Ankommen" in dieser, nach meiner Ansicht gerade auch nach der deutschen Staatseinheit keineswegs neuen, sondern eben in alt-westdeutscher Art alten Gesellschaftsordnung, keineswegs anstreben und versuche zugegebenermaßen eher diesen Ankommens-Behelligungen, die zweifellos auch die Freiheitsbedingungen meines Nachdenkens über Musikinstrumente in Deutschland beschädigen und weiter einschränken können, auszuweichen. Insofern ist diese Sachlage vielleicht auch vergleichbar mit meinem Radio-Verhalten während meiner Schülerzeiten in der DDR, - aber eben keinesfalls gleichsetzend-vergleichbar mit meinen dann damals, doch wohl auch durch dieses Verhalten mitbegründeten Erweiterungsmöglichkeiten meiner konkreten Freiheiten in der DDR. Denn gerade diese sind mir im Verlaufe der auf die Erweiterung des Geltungsbereiches von 'bewährt Alt-Westdeutschem' ausgerichteten Wiedervereinigungspolitik genommen worden. In meinem speziellen Falle in einer fraglos besonders verheerend- einschränkenden Weise.
Ich versuche also eher in den mir nun aufgezwungenen Verhältnissen, in denen mir auch die Möglichkeiten einer normalen Fortführung meiner wissenschaftlichen Arbeiten, aber auch anderer meiner sonstigen Lebens-Aktivitäten, versagt sind, insofern zurecht zu kommen, als dass ich unter anderem auch über die hier behandelten Eigentümlichkeiten zu einem deutschen Volksmusikinstrument und damit im Zusammenhang über meine - nun sicherlich ebenfalls als 'eigentümlich' oder etwa 'utopisch-ostdeutsch' anzusehenden - Vorstellungen zum Realitätsgehalt meiner mir damals eben doch möglichen und auch durchaus als aussichtsreich und keineswegs von vornherein als aussichtslos und unmöglich anzusehenden Bemühungen um dieses Instrument, berichte und reflektiere. Und dabei kann ich dann, mit dem Verweis auf die mir in der DDR dazu eben mögliche Freiheit meines Denkens und den mir dort auch möglichen Freiheiten der weiterreichenden philosophischen Forschungen und des generellen wissenschaftlichen Nachdenkens über Musikinstrumente gerade auch im Zusammenhang mit meinem besonderen Wissenschaftskonzept, wieder darauf hinweisen, dass es auf dem Gebiet der Erforschung musikinstrumenteller Technik, eben ganz deutliche 'Denk-Unterschiede' hinsichtlich des Wissenschaftsbetriebes in der Bundesrepublik Westdeutschland und dem in der DDR gab. Und ich muss dann unvermeidlicherweise auch darauf hinweisen, dass es gerade auf diesem Gebiet innerhalb des vergangenen Jahrhunderts zweimal geschehen ist, dass auf politischen Druck von neuen Machthabern hin, ganz bestimmte Wissenschaftler gezielt aus dem akademischen Betrieb in Deutschland entfernt wurden: Unmittelbar nach der Errichtung der Diktatur der deutschen Faschisten und unmittelbar nach der Errichtung der Wiedervereinigung in Deutschland. Aus meiner Sicht gingen diesen fatalen Entwicklungsbrüchen aber auch schon andere verfehlte Weichenstellungen innerhalb deutscher Wissenschaftsentwicklung voraus. Und all dies bedenkend, meine ich nun, dass im Zusammenhang mit bestimmten Tendenzen der politischen Verwestdeutschung Ostdeutschlands, und den damit verbundenen Beschädigungen von Wissenschaftsinitiativen und Wissenschaftspotentialen aus der DDR, möglicherweise noch viel Zeit vergehen wird, bis spätere deutsche Musikinstrumentenwissenschaften auf der Ebene der Freiheitsmöglichkeiten des Nachdenkens über Musikinstrumente 'ankommen' werden, die ich mir in der DDR innerhalb meiner Tätigkeit am Zentralinstitut für Philosophie an der Akademie der Wissenschaften, aber eben vor allem auch innerhalb der gesellschaftlichen Bedingungen dieses Staates, erarbeiten konnte.

(05)
Wie weit meine Banjo-Begeisterung damals währen meiner Lehre in Gera gegangen sein muss ist mir zunächst aus meiner Erinnerung an ein damals aus den Resten einer Geige und einer kleinen Handtrommel, in der Lehrlingswerkstatt des Betriebes selbst hergestellten kleinen Pikkolo-Banjos erinnerlich, welches dann auch auf Schulausflügen und Wanderungen, immer eine Rolle spielte. Dieses 'Selbstbau-Instrument' ist heute Bestandteil der Musikinstrumentensammlung an der Musikhochschule des Saarlandes. Ein mir unvergessliches Erlebnis ganz anderer Art scheint mir aber mein damaliges, eben auch von meinen Kollegen nicht zu übersehendes Banjo-Interesse, noch deutlicher zu belegen.
Darauf möchte ich nun auch deswegen eingehen, um der vorherigen eher schwerwiegend angelegten Anmerkung (Nr.4) hier eine eher 'leichtfüßige' nachfolgen zu lassen.
In Vorbereitung auf das Abitur, um welches ich mich damals neben meiner Facharbeiterausbildung bemühte, war ich zwar im Laufe der Jahre ein besserer Schüler geworden, schleppte mich aber vor allem in zwei Fächern weiter mit denkbar schlechten Noten von Schuljahr zu Schuljahr: Sport und Russisch. Das ebenfalls als Pflichtfach fürs Abitur anstehende Englisch bereitete mir da weniger Schwierigkeiten. Im Zusammenhang mit meiner Anmerkung Nr.4 mögen meine Russisch-Leistungen nun seltsam und verwunderlich erscheinen, aber mir erscheinen eher die späteren "wissenschaftlichen Untersuchungen" westdeutsch/westberliner Politologen und Sprachwissenschaftler als verwunderlich, in denen dann schlechte Russischzensuren in der DDR als deutlicher Ausdruck des antisowjetisch geprägten Freiheitswillens der ostdeutschen Jugend interpretiert wurden. Also zumindest in meinem Falle lässt sich das wohl nicht auf diese Weise erklären.
Aber für meine Abitur-Russischprüfung, der ich nicht entkommen konnte, drückte mein Russischlehrer, welcher mir zuvor schon große Teile meiner Balalaikaschule übersetzt hatte, dann alle Augen zu. Anders im Fach Sport, wo weitaus exakter und nach Punkten genau gemessen wurde. Da war es mit mir immer wieder hoffnungslos, weil ich mich in der Kombination von offensichtlicher Unsportlichkeit und (im Sinne meines Freiheits- und Individualitätsverständnisses) eines permanent sportfeindlichen Argumentierens (insbesondere gegen alle Formen von veranstaltungs-orientiertem Leistungssport) angegriffen und behelligt fühlte und da manchmal durch meine Verweigerungshaltungen auch alle meine Kollegen und meinen Sportlehrer, gegen mich aufbringen musste. Hier verhielt ich mich in meiner tatsächlichen Unsportlichkeit auch noch in Wort und Verweigerungstat eindeutig sportfeindlich, was zu Weilen auch zu schwerwiegenden politischen Diskussionen führen musste, denn in einem "fest mit der Sowjetunion verbundenem Sportpolitik-Land" wie der DDR, konnten letztlich auch Verächtlichkeiten über "Russen-Sportler" oder auch Russen überhaupt, eher durchgehen, als etwa das 'Schlechtmachen von Sport'. Was bei mir natürlich nur weiteres Anti-Sport-Eifern hervorbringen konnte. Mein Sportlehrer, ein auch mir keineswegs unsympathischer Kerl, war mir aber - wohl auch aus unseren vielen Diskussionen zu meiner Sportabneigung - doch irgendwie gewogen und hatte mir vor den Sportprüfungen dann genau vorgerechnet wie viel Punkte ich mindesten in den verschiedensten Disziplinen erreichen musste um auch in Sport eine für das Abitur erforderliche 'Mindestnote' zu erhalten. Es gab da nur noch eine Chance für mich:
  • Ein Mutsprung ohne vorgeschriebenen Stil vom höchsten Sprungbrett des Schwimmbades,
  • und die Bewältigung einer für mich ungewöhnlich langen Schwimmstrecke (ich weiß nicht mehr über wie viele Bahnen des Schwimmbades), für welche ebenfalls kein Schwimmstil und auch kein Zeitlimit vorgegeben war.
Für beides gab es jeweils eine sehr hohe Punktzahl - man musste es nur schaffen.
Mir wurde also genauestens erklärt in welcher Körperhaltung ich mich vom höchsten Sprungbrett herabzustürzen habe, um einen Unfall zu vermeiden. Und das gelang mir dann auch. Vor dem "Langstreckenschwimmen", bei dem viel fraglicher war ob ich das schaffen werde, wurde mir dann auch besonderer Mut gemacht, indem nochmals dargelegt wurde, dass ich mich zwischendurch auch frei im Wasser, aber eben niemals am Beckenrand festhaltend, ausruhen könne, um dann wieder in aller Ruhe bis zum Ende der vorgeschriebenen Gesamtstrecke weiter zu schwimmen…
Als ich mich dann wieder ins Wasser stürzte und langsam zu schwimmen begann, tat ich das mit dem Gefühl, nun sicher wieder allen Unmut meiner stets sportlichen Lehrlingskollegen auf mich zu ziehen, welche nun wieder mal auf diese langweilige 'lahme Ente' zu warten hatten.
Aber es geschah etwas ganz Anderes.
Plötzlich schrie einer meiner Kollegen: "Eichler, da vorne hängt ein Banjo!" Und alsbald verfielen alle Anwesenden in das rhythmische Rufen: Banjo, Banjo, Banjo, Banjo… welches dann, nicht nachlassend, solange erklang, bis ich nach vollbrachter Tat völlig erschöpft aus dem Wasser gezogen wurde. Damals war völlig klar, dass ich das Abitur nur mittels dieser Schwimmleistung erlangen konnte, und ich denke heute noch, dass ich diese Schwimmstrecke nur mittels dieser solidarischen Banjo-Rufe geschafft habe.

(06)
Sosehr mich dieses Instrument damals auch interessierte, - in Hinsicht auf meine sonstigen musikantischen Aktivitäten erwies es sich schon als 'Tischinstrument', einfach als zu unpraktisch für mich.
Ich hatte mich damals ja vorwiegend mit Instrumenten befasst, welche man 'in die Hand genommen' auch im Stehen und im Freien spielen konnte. Und bei den mir stets besonders wichtigen Blasinstrumenten, wurde vielleicht ein Tisch zum abwechselnden Ablegen benötigt, - da ich ja auch ansonsten immer wieder zu den unterschiedlichsten Instrumenten zu greifen hatte, - aber eben kein Tisch für das eigentliche Instrumentalspiel. Und gerade in Hinsicht auf all die dann auch später von mir, entsprechend in die Hand genommenen Saiteninstrumente, ergaben sich noch weitere Vergleichskonflikte. Meine Blasinstrumente waren (abgesehen freilich von den dann doch zunächst problematischen Dudelsäcken, welche ich erst später mit eigens dafür entwickelten Feinstimmeinrichtungen an der Melodiepfeife ausrüstete) letztlich ohne große Probleme ein- und nach- zu stimmen. Ganz anders die Saiteninstrumente. Da erwies sich gerade das Instrument unter den mir zunächst zugänglichen Kasten-Zithern, welches mir als einziges klanglich zusagte, als ein letztlich besonders umständliches und insgesamt eben nur mit einem besonderen Schlüssel einzustimmendes Exemplar, welches noch nicht einmal mit den ansonsten bereits üblichen extra Stimm-Mechaniken für die Griffbrett-Melodiesaiten ausgerüstet war. Ein Instrument welches auch ansonsten die Stimmung nur schlecht hielt. Und eben ein 'Tischinstrument' welches nicht einmal im Sitzen auf den Knien - wie ich dies später mit dem einfacheren Scheitholz doch immer noch machen konnte - zu spielen war.
Es wäre also für mich, da ich eigentlich in allen musikantischen Instrumental-Kombinationen auf die ich mich einließ (oder eben auch entsprechend eingefordert wurde) als Mehrfach-Instrumentalist wirkte, zu einem zusätzlichen Problem geworden. Ich hätte mir damit, neben anderen eben nur schwierig einzustimmenden Saiteninstrumenten, wie meiner zwölfsaitigen Mandoline, oder auch der zwölfsaitigen Gitarre (zumal in einer Zeit wo es noch keine elektronischen Stimmgeräte gab), ein weiteres unpraktisches Probleminstrument aufgeladen. Dabei wäre es mir auch undenkbar gewesen, mich nun etwa nur auf dieses Saiteninstrument zu konzentrieren, - es etwa als Hauptinstrument oder gar als das einzige Instrument meiner musikantischen Aktivitäten zu erwählen.
All solche, vielleicht auch nur spezifisch persönlichen Gründe, mögen in unterschiedlichen Gewichtungen auch jeweils bei anderen, vielleicht an diesem Instrument interessierten Neo-Folkloristen eine Rolle gespielt haben. Ich sehe aber in diesem Konfliktfall von persönlichen Instrumentenentscheidungen noch eine ganz andere Instrumentenbesonderheit, welche für mich, und sicherlich auch für viele andere Instrumentalisten die bereits die Bekanntschaft mit den ansonsten üblichen Saiteninstrumenten gemacht hatten, eine Rolle gespielt haben wird.
Wenn man diese weitaus üblicheren Instrumente etwa zitherartig auf den Knien oder einem entsprechenden Tisch in eine entsprechende Kasten-Zither-Position bringt, so kann der auf eine solche Weise experimentierende Instrumentalist immer noch ohne weiteres die Übersicht darüber behalten, wie seine Gitarre o. ä, nun gegriffen werden muss, wenn sein Instrument nun also von oben her zu bespielen ist und dabei vielleicht auch wie eine Hawai-Gitarre oder eine Dobro (welche ja gerade als "Slide-Instrument" genau auf diese Weise gehandhabt wird) behandelt werden muss. (Wobei ich hier sogleich anmerken möchte, dass sich gerade eine dementsprechende "Slide-Spielweise" schließlich auch auf der Waldzither ohne weiteres, und in überaus effektvoller Weise, gestalten lässt.)
Der Tischzither-Spieler findet an seinem Instrument, aber eine genau entgegen gesetzte Saitenanordnung für die Melodiesaiten vor, und dies kann sich nun auch als besondere Hürde für alle die Interessenten erweisen, welche den Umgang mit bestimmten anderen Saiteninstrumenten bereits gewohnt sind.
Mir hat jedenfalls, bei meinen Tischzither-Bemühungen, das jeweils entsprechend unvermeidliche, Umdenken bzw. die entsprechende 'Umstellung', immer wieder Schwierigkeiten bereitet.
Das Erlernen dieses Instrumentes erfordert wohl doch eine ganz spezifische Lehr- und Lern-Kultur.
Und um diese Problematik noch etwas eingehender zu illustrieren, möchte ich dazu die These aufstellen, dass beispielsweise für einen Mandolinenspieler das zusätzliche Erlernen oder auch das 'Umsteigen' auf die Gitarre oder etwa auch auf das Banjo oder die Waldzither, sicherlich problemloser verwirklicht werden kann, als eine vielleicht ähnlich angestrebte zusätzliche Beherrschung der Tischzither.
Zu einer hier vielleicht ergänzend zu erwartenden These darüber, wie es sich vielleicht verhalten könnte, wenn ein als 'Nur-Zitherspieler' ausgebildeter Instrumentalist, später auch Interesse an Gitarre und Mandoline usw. entwickelt, werde ich mich aber, - aus Mangel an entsprechenden Beobachtungen und Erfahrungen, - nicht hinreißen lassen, denke aber, dass sich dazu wiederum andere Tendenzen vermerken und wohl auch wissenschaftlich objektivieren lassen würden.
Bei meinen, im Zusammenhang mit dem hier erwähnten Scheitholz-Selbstbaukurs anzubietenden Vorschlägen zum möglichen Umgang mit diesem Kasten-Zither-Instrument (also einer der Urformen der modernen Tischzither) hatte ich entsprechende Zither-Besonderheiten und entsprechende Möglichkeiten ebenfalls zu bedenken, wollte dabei aber weniger Rücksicht auf diese Besonderheit der modernen Tischzither nehmen und also auch entsprechende Konfliktmöglichkeiten vermeiden. So hatte ich für das Scheitholz dann an eine Nutzung sowohl im Sinne eines Borduninstrumentes, als auch eines Instrumentes welches über die harmonischen Einschränkungen von Bordunmusik hinaus, auch zu vielfältigsten Akkordbildungen und weiterführenden Harmonie-Kombinationen in der Lage sein sollte, gedacht. Siehe dazu meine entsprechenden Darlegungen in der Zeitschrift Praktik Nr.2/89: "Das 'Scheitholz'"; auch in: www.bhje.de

(07)
Siehe dazu auch meinen Beitrag "Denke ich heute an Jack Mitchell…" in: www.bhje.de

(08)
Zu diesen musikinstrumentellen Zusammenhängen habe ich mich auch in verschiedenen anderen Vorträgen und Abhandlungen geäußert, die zum Teil auch auf meiner Internetseite zu finden sind. Dazu möchte ich wiederum unterstreichen, dass es gerade in der DDR eine ganze Reihe von Banjo-Spielern gegeben hat welche sich dann auch mit der Waldzither beschäftigt haben. Derartige Zusammenhänge sind mir aber auch später wieder begegnet. Unter den Westberliner Freunden von Helmuth Eggebrecht konnte ich nach 1989 auch Rolf Sieker als brillanten Five String Banjo-Virtuosen kennen lernen, dem ich dann auch in Markneukirchen den Kauf einer Waldzither von Günter Penzel vermittelte und der dann anfing sich wieder mit einem solchen, von der Stimmung eben für einen Five String Banjospieler nahe liegendem, Instrument zu beschäftigen, - welches er allerdings bereits in seiner Kindheit bei seinem Vater kennen gelernt hatte. Siehe dazu auch die Anmerkungen Nr.9 & 12.

(09)
In den sechziger Jahren wurde ich in der DDR - wie bereits geschildert - mit dem Dogma konfrontiert, dass es für mein Banjointeresse eben nur die "ALBA-Schule aus dem Westen" gäbe. In den siebziger Jahren begegnete mir dann in der DDR ein wieder anderer 'Banjo-Dogmatismus' bei dem dann auch ein politisch nun wieder etwas anders eingefärbter Kompetenzanspruch, in unverhohlener Kombination mit einem offensiv verächtlich-rigidem Machtgebaren, deutlich wurde. Dazu muss ich wieder etwas weiter ausholen.
Während meiner Lehrlingszeit hatte ich auch einen meiner Freunde, der zunächst - wie eben allenthalben üblich - heftig mit der Gitarre hantierte, überredet sich auch mit dem Banjo zu befassen um mich damit auf der Klarinette, welche ich dann damals vorwiegend spielte, zu begleiten. Wir fanden unter unseren Freunden noch einen schlagzeugwilligen Mitstreiter und gründeten also ein Trio, mit dem wir zuweilen auch mit entsprechenden Klarinettennummern oder auch 'Banjo-Duos' in Geraer Kneipen und zu verschiedenen anderen Gelegenheiten öffentlich auftraten und zuweilen auch Geld dafür erhielten. Eine kleine Band auf unterem Niveau, der es niemals gelang etwa auch eine offizielle staatliche "Spielerlaubnis" zu erlangen. Solche Papiere waren in der DDR aber die Grundlage dafür, dass einem Amateurmusikanten auch gesetzlich gesichertes Geld für sein Tun zustand. Die Höhe dieses Honoraranspruches wurde dabei auf dieser Spielerlaubnis jeweils als 'Einstufung' vermerkt. Damals hatte ich mich aber auch zum Besuch einer dortigen Musikschule im Fach Klarinette entschlossen (was schließlich kostenlos für mich war) und wurde so alsbald auch als Klarinettist an das Militärorchester der dortigen "Betriebs-Kampfgruppen" vermittelt, wo ich dann auch eine Reihe von altgedienten Militärmusikern kennen lernte. Alles interessante Leute. Mein dortiges, keineswegs schon genügend qualifiziertes Mitwirken, war natürlich auch 'kostenlos' weil ich dort auch kein Honorar erhielt. Später als Soldat war ich dann unvermeidlicher Weise wieder Mitglied einer aus Soldaten unserer Kaserne bestehenden Tanzmusik-Combo wo ich neben Banjo und Klarinette, vor allem Saxophon und E-Gitarre zu spielen hatte. In dieser alsbald im Umkreise unserer in der Lausitz gelegenen Kaserne in allen Dörfern beliebten Tanzkapelle, konnten die beteiligten Soldaten mühelos mehr Geld einspielen, als ihnen etwa der monatliche Wehrsold einbrachte. Oft wurden wir von den Veranstaltern auch ohne weiteres wie sonstige Musiker bezahlt, obwohl keiner der Beteiligten dafür eine entsprechende Spielerlaubnis mit 'Einstufung' vorlegen konnte. Wir waren also alsbald gezwungen uns auch einer entsprechenden staatlichen Kommission zu stellen und vorzuspielen, wobei ich dann mit Baritonsaxophon, Pikkoloflöte, Klarinette und notwendigerweise - was damals geradezu notorisch immer von Veranstaltern und Publikum verlangt wurde - mit "Elektro-Gitarre", beteiligt war. In dieser Kommission waren nun - wie mir dann deutlich wurde - auch zwei ältere Herren, die ebenfalls eine Karriere als altgediente Militärmusiker hinter sich hatten, und sich nun überaus wohlwollend dazu äußerten, dass man hier endlich mal wieder eine ordentliche Tanzkapelle erleben konnten - denn immer wieder hatten sie als 'Einstufungskommission' doch mit diesen sich nun vordrängenden, lautstarken "Beat Bands" zu tun, welche doch nur aus lautem Schlagzeug und mehreren noch lauteren elektrischen Gitarren bestanden. Und "diese Krachmacher wollten auch auf ihre überlangen Haare einfach nicht verzichten"... Unsere beiden 'Big-Beat-Gitarren' wurden uns sozusagen verziehen, zumal wir ja auch alle als Soldaten mit militärisch kurzem Haarschnitt angetreten waren… Und besonders einer dieser beiden altgedienten Musiker, konnte sich vor Begeisterung kaum fassen, in mir einen "Kampfgruppen-Musiker-Kameraden" zu erleben, der tatsächlich mit Klarinette, Barytonsaxophon und Pikkoloflöte moderne Tanzmusik macht…Ich persönlich erhielt also eine Spielerlaubnis mit einer überdurchschnittlich guten Einstufung, Dieses vorteilhafte Papierstück mit seiner genau fixierten Nummer, konnte dann auch von der studentischen Jazzband in der ich während meines Philosophiestudiums und danach, mit Theologen und Medizinern (siehe dazu wiederum Anmerkung Nr. 6) musizierte, längere Zeit effektiv vorgelegt werden, um damit allen Bandmitgliedern ein vernünftiges Honorar zu sichern. Aber in Berlin konnte so etwas nicht lange gut gehen. Wir wurden also seitens der staatlichen Kontrollinstanzen, die in diesem Falle durch Vertreter der Musikschule-Friedrichshain aktiv wurden, aufgefordert, uns einem Vorspiel zu stellen, um nun als Band ordentlich eingestuft zu werden.
Diese Musikschule war meiner Kenntnis nach eine der insbesondere auf die Entwicklung und Kultivierung von Jazz und Tanzmusik in der DDR, spezialisierte Ausbildungseinrichtung, an der man, falls man als Berliner auf diesem Gebiet amateurisch oder dann auch professionell tätig sein wollte, nicht vorbeikam. Eine wohl auch über die Grenzen der DDR hinaus hoch gelobte Einrichtung, mit - meiner Erinnerung nach - auch von den aktiven Tanz- und Jazz-Musikanten immer wieder bewunderten und zumeist hoch geachteten Fachleuten.
Zu dem nun für uns anstehenden Vorspiel, in dem wir als "Berlin Feetwarmers" mit traditionellem Jazz antraten, machte es sich (aus damaligem Mangel an einem anderen Banjoisten) erforderlich, dass ich nun wieder Banjo zu spielen hatte, obwohl ich dort zuvor schon lange nur mit den auf meiner Spielerlaubnis eigentlich vermerkten Instrumenten (freilich dann ohne E-Gitarre) hantierte. In der dann folgenden Einzelprüfung bestimmter Bandmitglieder wurde ich nun mit folgender Verhaltensweise der dortigen Einstufungsbefugten konfrontiert: Als erstes hatte ich meine Spielerlaubnis vorzulegen, die mir sofort abgenommen und sogleich vor meinen Augen zerrissen und in den Papierkorb geworfen wurde. Dann hatte ich auf 'Fragen zu meiner Person' zu antworten und wurde geradezu polizeiamtlich aufgefordert 'unverzüglich alle Dokumente' zu meinen bisherigen musikalischen Tätigkeiten vorzulegen, wobei meine zunächst von mir freundlich berichteten bisherigen Aktivitäten in den verschiedensten Tanz und Jazz-Formationen - bis hin zu meiner kurzen Zeit als Kampfgruppen-Militärmusiker - als "irrelevant, wenn nicht durch Dokumente belegt", abgetan wurden, und alle dann auf meine Musikfolkloreaktivitäten hinweisenden Bemerkungen sofort mit dem Hinweis, dass "Volksmusik und Folklore doch ein ganz anderes Gebiet sei, auf welchem auch ganz andere Honorarregelungen" gelten, und es hier nur um meinen nunmehrigen Spielerlaubnisantrag für Tanz- und Jazz-Musiker gehen könne, zurückgewiesen wurden. Und dann wurde ich zu meinem Instrument befragt, zu welchem offenbar bereits aufgefallen war, dass ich es nicht mit den Griffen eines Tenorbanjos gespielt hatte. "Aha, Sie haben ihr Instrument also einfach im G-Akkord eingestimmt…" Nun versuchte ich zu erklären, dass dieses Instrument in Markneukirchen speziell als so genanntes "Plektrum-Banjo" hergestellt worden war, also eben kein Tenor-Banjo sei und dementsprechend auch über eine andere Halslänge und andere Saiten verfüge, und ich versuchte dies auch mit der an meinem Instrumentenhals zusätzlich im Bereich des achten Bundes (ich hatte damals das so genannte "Pete Seeger Modell" im Sinn) eingebrachten Bohrung zu belegen, in welche ich jederzeit einen dazu speziell eingepassten Stimmwirbel mit der zusätzlichen fünften Saite einsetzen konnte um es eben auch wie ein Five-String-Banjo nicht mit dem Plektrum, sondern dann mit den Fingerkuppen zu spielen, und sprach dabei natürlich auch über das damit offensichtlich vorliegende Verwandtschaftsverhältnis zur Thüringer Waldzither. Bei diesem Wort wurde nun in dem mich befragenden Gremium leicht spöttisch (oder vielleicht auch 'nachsichtig' ?) gelächelt, und mir wurde dann Folgendes vorgehalten: Wenn ich mich hier als Mitglied dieser Jazzband um eine Spielerlaubnis bewerbe und entsprechend eingestuft werden wolle, so könne dies nur nach den an dieser Musikschule herrschenden Maßstäben geschehen. Zu meinem Instrument sei nun in der DDR auch ein modernes Lehrwerk für Tenor Banjo erschienen, welches ich mir umgehend besorgen müsse. Der Autor dieser Banjo-Schule ist Jazz-Lehrer an dieser Musikschule und dort kann ich mich auch ohne Weiteres zum Unterricht anmelden um auf diesem Wege meine musikalischen Fähigkeiten weiter ausbilden zu lassen, denn - so die Meinung der mich Beurteilenden - ich sei ja nicht untalentiert… Man freue sich auch, mich vielleicht in einem Jahr hier wieder zu sehen, um dann vielleicht eine bessere Einstufung vergeben zu können… Die den gesetzlich gesicherten Honorarbetrag festlegende Einstufung die dann auf meiner nun neu ausgestellten Zulassung vermerkt wurde, war folglich die niedrigste die überhaupt gesetzlich möglich war...
Rückblickend ist kaum zu leugnen, dass Derartiges (sowohl das Erst- als auch das Zweit-Geschilderte) in der DDR immer wieder leicht geschehen konnte, und insbesondere diese zuletzt geschilderte Unsinnigkeit hat dann auch meine musikantischen Aktivitäten im wirklichen Alltag der DDR letztlich keineswegs irgendwie behindern können. Wenn ich diese Zulassung dann wirklich mal einem kontrollbegierigen Veranstalter vorlegen musste, wurde alsbald darüber allseitig gelacht. In der sich letztlich auch ständig ändernden DDR, konnte eben auch allerlei sich ebenfalls immer wieder Änderndes geschehen. Insofern möchte ich diese nun begonnene Erzählung hier auch, über die eigentlich anstehende Instrumentenproblematik hinaus, ergänzend weiterführen.
Nach einiger Zeit (meiner Erinnerung nach nur ein knappes Jahr später) hatte sich die gleiche Jazzformation (im Wesentlichen also mit den gleichen Musikanten) aufgerafft nun nicht mehr mit 'altem Jazz' sondern mit modernerem "Rhythm and Blues" und "Soul" usw. anzutreten und ich konnte dazu auch wieder Barytonsaxophon spielen. Außerdem hatten wir uns einen neuen Namen gegeben und die nunmehrige Gruppe "BEF" war mit ihrem neuen Sound auch einigermaßen erfolgreich. Hinzu kam dabei, dass wir jetzt offiziell als "Jazzformation des E. H. Meyer-Ensembles der Humboldt-Universität" auftreten konnten, als deren Leiter dann ich (im einvernehmlichen Interesse aller Bandmitglieder und eben auch des "Direktorats für Kulturarbeit" der Humboldt-Universität) bestimmt worden war, was dann wohl auch mit dazu beitrug, dass das doch eigentlich von "Berlin Feetwarmers" abgeleitete Kürzel "BEF" nun auch oft (durchaus gegen meinen Willen) als "Bernd Eichler Formation" verstanden wurde. Ich kann nicht einschätzen inwieweit solche Dinge, oder etwa auch die von mir dort nicht erwähnte, aber unter vielen Jazz-Bläsern eben bekannte Tatsache, dass ich schon einige Jahre zuvor, auf einer von Werner Sellhorn in Berlin organisierten "Jazz-Poll-Veranstaltung", vom Publikum als "bester Saxophonist" gewählt worden war (siehe dazu auch den Bericht über diese Veranstaltung in der in Warschau herausgegebenen Zeitschrift "Jazz Forum" aus dem Jahre 1970) und im gleichen Jahr auch in der DDR-Zeitschrift "Melodie und Rhythmus"/18 (2.Septemberheft 1970) als "vielseitiger Instrumentalsolist" dargestellt worden war, zu dieser Musikschule durchgedrungen waren und also nun eine Rolle gespielt haben könnten. Aber als wir dann mit vierstimmig arrangiertem Bläsersatz zum Vorspiel antraten, verhielten sich die gleichen Prüfer und Einstufer völlig anders. Mir wurde ohne jede weitere Einzel-Prüfung oder Befragung, sofort eine recht gute Einstufung verliehen, aber der neu bei uns mitwirkende Bassist wurde nun, mit seiner E-Bassgitarre und seinen immer noch etwas längeren Haaren, in etwa so behandelt und dann auch eingestuft, wie vor einem Jahr ich. Wieder eine unübersehbare Lächerlichkeit, wenn man etwa vergleichend seine und meine tatsächliche musikantische Leistung zu diesem Vorspiel bedenken möchte. Die Bassgitarre hatte nicht nur viel zu tun, sondern auch ungewöhnliche Harmoniebewegungen zu bewältigen, wohingegen ich dabei nur ganz wenig gefordert war. Da die Band bei der Auswahl der vorzustellenden Stücke nur auf ganz 'sichere Titel', bei denen 'nichts schief gehen kann', setzen wollte, hatte ich im diesmal vom Blatt abzuspielenden Bläsersatz, lediglich einige tiefe Töne, entsprechend der Zeitdauerangaben, die auf meinem demonstrativ aufzustellenden Notenständer, in Form von ovalen Kreisen und dicken schwarzen Punkten zwischen fünf Linien, abzulesen waren, auszuhalten. Eine Musizierweise die mir immer unangenehm war, aber dort natürlich den für eine gute Einstufung erforderlichen Eindruck hinterlassen konnte…
Diese hier bereits über die eigentlich anstehende Instrumentenproblematik hinausreichende Darstellung wäre nun aber wieder unvollständig, wenn ich nicht auch anfügen würde, dass ich einige Jahre später, nach einem Windbeutel-Vorspiel vor einer wieder ganz anders gearteten Einstufungskommission, dann auch den in der DDR unter Musikern sehr begehrten Berufsausweis erhielt und im Weiteren dann auch immer wieder selbst in solche Zulassungs- und Einstufungskommissionen berufen wurde.
Das hängt nun sicher mit meiner späteren staatlichen Berufung bzw. Ernennung zum "Vorsitzenden der ZAG Musikfolklore der DDR" zusammen und mein Mitwirken in solchen Kommissionen war dann oftmals, sowohl für die Organisatoren entsprechender Zulassungs- und Einstufungsveranstaltungen, als auch meinerseits, nicht zu umgehen.
Ich habe in solchen Situationen dann aber immer, und auch vor allen Beteiligten und Betroffenen, sehr deutlich, meine, durch meine eigenen Erfahrungen gut zu begründende Position verdeutlicht: Ich werde im Sinne der an mich herangetragenen Bitte um meine Einschätzungen, meine Meinung immer offen sagen und auch zum weiteren Meinungsaustausch außerhalb dieser "Festlegungsveranstaltungen" zur Verfügung stehen, aber ich werde mich nicht an Festlegungen zu Zulassungen und Einstufungen von Musikanten beteiligen.
Und diese meine Haltung ist über viele Jahre hinweg niemals angetastet oder in Frage gestellt worden. Und so wurde ich auch noch nach dem Niederlegen meiner ZAG-Funktion und auch dem späteren Verlassen dieser ZAG, immer wieder um entsprechende Mitwirkung in solchen Gremien gebeten.

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Im Sinne einer gründlicheren Differenzierung von viersaitigen Banjoinstrumenten könnte man vielleicht - so wie hier bereits geschehen - zunächst zwischen Tenorbanjo in der üblichen Quintenstimmung und dem Plektrum Banjo unterscheiden. Bei diesem Instrument mit längerem Hals sind wohl vor allem die vom Five-String-Banjo abgeleiteten Stimmungen im D oder im G Akkord üblich, oder es wird (meiner Erfahrung nach viel öfter) die zuweilen wohl auch von Pete Seeger für sein Five String Banjo genutzte Stimmung verwendet, bei welcher die tiefe Saite des eigentlichen G Akkordes noch um einen Ton tiefer gestimmt ist. Ich habe diese Stimmung immer als die für ein Plektrum Banjo gängigste und also auch als die 'eigentliche' Plektrum-Banjo Stimmung aufgefasst, welche eben auch in Kombination mit der fünften Saite für das Five String Instrument praktisch sein kann. Es gibt aber für dieses Instrument immer auch Spieler die einfach bestimmte Bereiche (meist eben die vier hohen Saiten) der Gitarrenbesaitung für ihr Spiel einsetzen und damit dann wiederum die gleichen Griffe nutzen die auch für modernere viersaitige Bouzoukis üblich sind, und damit also auch so etwas wie ein 'nicht-doppelsaitig bespanntes Bouzouki-Banjo' in der Hand halten (wobei einem nun sofort in den Sinn kommen kann, dass ja auch die große türkische Laute inzwischen oft mit einem Banjo-ähnlichem Klangkessel ausgestattet wird…).
Wenn man nun weiter nach viersaitigen, aber dann eben kürzerhalsigen Banjoinstrumenten Ausschau hält, und das letztlich recht häufige achtsaitige Mandolinenbanjo nicht als viersaitig interpretieren möchte, so trifft man auf das seltenere Ukulele-Banjo und dann auch auf das ebenfalls seltene "Pikkolobanjo" welches wieder wie das Tenorbanjo in Quintenstimmung gespielt wird.
Mein Freund Helmuth Eggebrecht hatte in den siebziger Jahren einige ältere Berliner Banjospieler aufgespürt und mich dann auch zu entsprechenden Besuchen jeweils mitgenommen und im Gespräch mit mindestens zweien dieser damals bereits nicht mehr aktiven Berliner Musikanten war deutlich die Rede davon, dass gerade das 'Pikkolobanjo' einst in Berliner Kneipen sehr populär gewesen sei und es zumindest einen sehr gefragten Spezialisten gegeben habe, welcher immer wieder Aufträge zur entsprechenden Umwandlung, d.h. zur Halskürzung von Tenorbanjos angenommen habe. Der Kessel des Instrumentes blieb dabei unverändert.
Die demontierten Reste eines solchen Instrumentes mit entsprechend verkürztem Hals, gehören auch zum Bestand der nunmehrigen Instrumentensammlung der saarländischen Musikhochschule.
Ich wollte dabei auch immer einen möglichen Vergleichszusammenhang zu der in meiner Waldzitherkollektion befindlichen Tenor-Waldzither mit ebenfalls offensichtlich nachträglich verkürztem Hals bedenken. Dieses nach der Halskürzung nicht mehr im C- Akkord, sondern wohl eher im F-Akkord einzustimmende Instrument, welches (wie an der Klangdecke deutlich zu erkennen ist) offensichtlich heftig mit dem Plektrum gespielt wurde, war wohl ähnlich wie ein entsprechendes Pikkolo-Banjo, zu effektiv lautstarker Begleitung von Blasinstrumenten geeignet.

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Da standen immer wieder nur die einseitigen Vorstellungen von unverbindlicher Zither-Salonmusik, von Wiener Schrammelmusik, von Zithermusik auf bayrischen Bierzeltgelagen oder eben auch die sowohl von der Politlied-Bewegung, als auch der Neofolklorebewegung in der DDR offenbar unverzichtbar als Schreckensbild behandelte Musik von Herbert Roth, im Hintergrund.
Ich hatte da immer eine ganz anders strukturierte Meinung und habe den Herbert Roth zugeschriebenen Satz "Was ich mache ist keine Volksmusik, sondern das sind meine Lieder, aber diese werden einmal Volkslieder sein..." immer für eine ganz deutlich zu erwartende Wahrheit gehalten, welche da in einer durchaus zutreffenden Form ausgesprochen wurde und es gefiel mir, dass er so etwas letztlich doch Kluges und Selbstbewusstes gesagt haben soll, - obwohl mir freilich vieles an seiner Musik keineswegs gefallen kann. Und da habe ich eben gerade auch in Hinblick auf die bei ihm zuweilen eingesetzte Tischzither wieder eine ganz andere Meinung. Dass auch dieses Instrument zu seinem Image gehört und in seiner Musik eingesetzt wird, war für viele Gegner seiner Musik schon Beweis genug für deren schlechte Qualität und deren Minderwertigkeit, wohingegen ich eher dazu neige nicht die Tatsache der Verwendung des Instrumentes, sondern die Art und Weise der unter den spezifischen Möglichkeiten dieses Instrumentes bleibenden Verwendung des Instrumentes in dieser Musik, also den dortigen minderwertigen Einsatz des Instrumentes in einer an dessen Instrumentalspezifik vorbeigehenden Weise, als ein Kritikpunkt an seiner Musik zu sehen, herauszuheben und diskutieren zu wollen. Und das auch gerne gebrauchte Argument, dass es sich da doch einfach nur um "Hinterwäldlermusik" handelt, konnte ich schon gar nicht ernst nehmen.
Was nun andererseits durchaus grosstädtische Tischzithermusik aus Wien betrifft, so konnte etwa auch das 'Lied vom dritten Mann'. welches ich nun gerade nicht für 'schlechte Musik' halten wollte, nur allzu schnell und ohne weitere Umstände auch als 'antikommunistisches Machwerk' aus den Anfangszeiten des Kalten Krieges, bewertet und abgewertet werden.
Was aber nun diverse Haltungen zu "Hinterwäldlermusik" betrifft, so muss mir hier wieder eine bemerkenswerte Analogie hinsichtlich ähnlicher Bewertungs- und Abwertungsstrukturen bezüglich keineswegs ähnlicher Musikinstrumente, auffallen: Solche, wohl vorwiegend im Osten Deutschlands anzutreffenden Verächtlichkeitshaltungen gegenüber der Tischzither als einem Instrument, welches von "Hinterwäldlern mit Rasierpinseln an ihren Hüten", gespielt wird, können einem in den USA, und da eben vorwiegend im Norden, gegenüber dem Five String Banjo, als einem Vorzugs-Instrument von "Hinterwäldlern mit breiten Krempen an ihren Hüten" wieder begegnen…


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Das dieses Interesse auch in starkem Maße von Five String Banjospielern getragen wurde hatte ich bereits verschiedentlich angemerkt. Ich möchte dabei zusätzlich anmerken, dass mir dabei das Interesse an einer 'Five String Cister', - also einem Instrument welches sich Helmuth Eggebrecht bereits für sein Wirken bei der Gruppe MTS aus einer bestimmten Waldzithervariante zurechtgebastelt hatte, später auch bei einem Five String Banjospieler in Westberlin begegnet ist. Heiner Thomas von der Gruppe "Flinkfinger", dem das vormalige Instrument von Helmuth Eggebrecht niemals begegnet ist, ließ sich nach 1989 ein solches fünfsaitiges Instrument mit halblanger Diskantsaite, extra von Günter Penzel in Markneukirchen anfertigen.

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Banjos mit derart unterschiedlichen Besaitungen, also sowohl mit Stahl- als auch mit Nylon- Saiten, habe ich damals auch zu verschiedenen Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen eingesetzt, wobei alle diese Instrumente - wie ich immer wieder gerne betone - von mir stets mit 'unbewaffneten' Fingern gespielt wurden.
Vor allem an Nylonsaiten habe ich perspektivisch auch im Zusammenhang mit der von mir entwickelten, völlig neuartigen Banjokesselkonstruktion, bei welcher sich die Spannschrauben für die Fellspannung im Innern eines oben geschlossenen Kessels befinden, gedacht. (Siehe dazu auch die Anmerkungen Nr.51 und Nr.52.)
Durch eine in dieser Weise angelegte und dadurch auch grundsätzlich stabiler zu gestaltende Kesselkonstruktion, bei welcher der Durchmesser der gespannten Membrane konstruktionsbedingt geringer als der Kesseldurchmesser ausfällt, kann auch eine besonders extreme Fellspannung erreicht werden. Damit wiederum könnte dann (mittels jeweils entsprechender Umstimmeinrichtungen für die beiden mittleren unter den vier langen Saiten des Instrumentes) auch für Nylonsaiten das problemlos schnelle Umstimmen des Instrumentes während des Spiels, ermöglicht werden. Als konkrete Belege für die Gestaltung einer solchen Kesselkonstruktion befinden sich dazu auch entsprechende von mir hergestellte 'Experimentalmodelle' in der nunmehrigen Instrumentensammlung der saarländischen Musikhochschule.
Mit dieser Auffassung zur Nutzung von Nylonsaiten beim Five-String-Banjo konnte man freilich bei manchen Banjospielern auch auf heftigen Protest bzw. völliges Unverständnis stoßen, was sich dann gerade unter den Verhältnissen in der DDR auch in besonderer Weise zuspitzen konnte. So hatte ich den in der DDR lebenden US-Amerikaner Bob Lumer das erste mal zu den Weltfestspielen 1973 persönlich näher kennen gelernt, wo er damals dann auch mein, von mir zum Five-String-Banjo erweitertes Plektrum-Banjo erprobte. Dieses nun fünfsaitige Instrument, mit seiner etwas längeren Mensur, hatte ich natürlich stets mit Stahlsaiten bespannt, da ich es auch immer wieder ohne fünfte Saite mit dem Plektrum spielte.(Siehe dazu auch die Anmerkung Nr.14.)
Als ich dann aber darüber sprach, auf anderen meiner Five-String-Banjos, auch mit Nylonsaiten zu spielen, erklärte er vor einer ganzen Gruppe von Banjo-Interessenten: "Ich bin ganz sicher, dass es in den ganzen Vereinigten Staaten kein einziges Banjo mit Nylon -Saiten gibt". Dagegen war natürlich damals und auch später, kaum anzukommen, zumal über ihn dann in den Medien der DDR auch immer wieder als amerikanischer Folk-Sänger, sowie 'Friedenskämpfer an der Seite des vietnamesischen Volkes und Mitglied der KP-USA' berichtet wurde, wobei er diese derart verkündete KP-Mitgliedschaft aber immer wieder leugnete. Der ebenfalls lange in der DDR lebende kanadische Banjospieler Perry Friedmann, mit welchem wir (Jack & Genossen) dann (ebenso wie auch mit Bob Lumer) verschiedentlich gemeinsam auftraten, verhielt sich da später schon etwas anders, konnte aber mit seiner 'Metall-Finger-Spieltechnik' auf meinem 'Nylonsaiten-Banjo' auch nicht zurecht kommen. Mein Wissen und meine Gewissheit zu den spezifischen Möglichkeiten einer solchen Besaitung von Five-String-Banjos, sowie zum Gebrauch von Five-String-Banjos mit Nylonsaiten in den USA, hatte ich damals zunächst aus spezieller Banjo-Literatur von "Mel Bay" bezogen, und konnte diese eben auch durch meine eigenen Experimentalerfahrungen, dann aber auch durch den später engeren Kontakt zu Werner Sellhorn, welcher mich in seiner Schallplattensammlung auch mit entsprechenden Banjo-Aufnahmen von Mike Seeger vertraut machte, festigen.
Im Zusammenhang mit gerade diesem international verbreiteten Instrument, seinen entsprechenden Vergleichbarkeiten zu Cistern und im weiteren Sinne auch der spezifischen Eingebundenheit beider Instrumente in die Entwicklung der späteren DDR-Jugend-Folklore Bewegung und den von daher rührenden Überlegungen zu entsprechenden Weiterentwicklungen, liegt für mich hier auch noch eine ganz andersartige Erinnerungsbetrachtung nahe, von der ich nun wiederum meine, dass sie in vielleicht aufschlussreicher Weise, ebenfalls Charakteristisches zu wieder anderen, späteren, diesbezüglichen DDR-Kulturentwicklungen mitverdeutlichen kann.
Ich denke, dass eine der vielen kleinen Kulturveränderungen die es da im Zusammenhang mit der Entstehung dieser neuen Jugend-Musikfolklorebewegung gegeben hatte, auch in der Tatsache zu sehen ist, dass im Zusammenhang damit nun auch so etwas wie eine spezielle 'Country-Music-Sendung' im DDR-Rundfunk möglich wurde.
Meine sicherlich im Zusammenhang mit jugendlichem AFN-Hören entstandene, und dann vor allem im Zusammenhang mit bestimmten Instrumental-Vorlieben und einer sich dazu auch immer stärker entwickelnden Neigung zu 'Folk-Music' verbundene Interessiertheit an dem, was sich dann zunehmend unter dem Markenzeichen "Country-Music" verbreitete, hatte sich bei mir vor allem im Zusammenhang mit meiner besonderen Faszination gegenüber Rythm&Blues und Rock&Roll, lebendig erhalten. Gerade die letztere, damals vielerseits schon fast als veraltet angesehene Musik, welche es in den wirklichen Rock&Roll-Zeiten in der DDR schließlich überaus schwer hatte, galt nun auch hierzulande als quasi 'offiziell akzeptiert'. Man konnte diese Musik jetzt im DDR-Rundfunk hören und auch entsprechende DDR-Platten kaufen. Zu Country-Music aber, bei welcher es sich meiner Meinung nach um eine der wesentlichen musikhistorischen Quellen von Rock & Roll, und zudem um eine Musik von teilweise höchster Instrumentalvirtuosität handelt, gab es meiner Rundfunkerfahrung nach in der DDR damals jedoch so gut wie gar nichts. Das erschien mir wiederum als durchaus typisch für bestimmte, von mir ohnehin immer wieder monierte Disproportionen von DDR-Kulturwirklichkeit: Ich musste immer wieder den Eindruck bekommen, dass gerade in Hinsicht auf den devisenverbrauchenden Import westlicher, insbesondere US-amerikanischer Musikprodukte, seitens der DDR-Kulturverantwortlichen, vornehmlich die bereits durch den kapitalistischen Kulturbetrieb weichgespült und marktgerecht herausgefilterten Endprodukte des bürgerlichen Music-Buisiness erworben werden, und konnte der dazu dann vorgebrachten Argumentation, dass dies aber doch den realen Bedürfnissen "unserer Werktätigen" entspräche, nie in dieser trivialisierenden Weise folgen. Da existierte sowohl innerhalb der DDR-Musikwissenschaft, als auch im verantwortlichen Apparat von Kulturgestaltung, offenbar wenig Sinn für die eigentlich proletarisch-plebejischen Wurzeln gerade auch dieser Musik. Aus meiner Kenntnis der Geschichte von früher Country-, aber beispielsweise auch späterer Bluegrass-Music, schien mir jedoch deutlich zu sein, dass es sich gerade dabei eben auch um spezifische Formen von 'Arbeiter & Bauern Musik' handelte.
Damals war ich im Rundfunk der DDR noch nicht selbst aktiv, hatte mich aber zuweilen schon in verschiedenen Interviews zu bestimmten Volksmusikinstrumenten oder auch allgemeiner zur Musikfolklore äußern können. Im Zusammenhang mit den inzwischen immer unübersehbareren Aktivitäten um die 'Deutsche Dudelsackbrüderschaft der DDR' bat mich dann eines Tages Hanni Bode um die Gestaltung einer ganzen Sendung zum Dudelsack, wofür ich mich bis heute zu besonderem Dank verpflichtet fühle: Eine ganz erstaunliche Möglichkeit zur weiteren Förderung dieser damals aktuellen DDR-Kulturentwicklung. Eine meiner mich damals überraschenden Erfahrungen bestand dabei allerdings darin, dass es im Archiv des DDR-Rundfunks kaum Dudelsackmusik gab. Aber ich besaß sowohl entsprechende Tonbandadaufnahmen als auch entsprechende Schallplatten und konnte mir auch von verschiedenen Musikerfreunden weitere Aufnahmen und Platten besorgen, so dass ich letztlich doch über genügend Material für diese, und dann auch weitere spätere Rundfunksendungen zum Dudelsack verfügen konnte. Nach dieser Sendung fragte ich Hanni Bode, ob ich nun vielleicht 'noch einen ganz anderen Wunsch frei haben könnte…?'. Ich wolle gerne im DDR-Rundfunk eine Sendung über Country-Music gestalten. Obwohl dieser Wunsch innerhalb des damaligen Musikfolklorebooms, wo es immer noch in starkem Maße um 'Irish-Folk' ging, sowohl als überraschend und wohl auch als ein 'bisschen abwegig' erschien, wurde mir dies zugesagt, und ich konnte mich dazu an die Arbeit machen, - welche mich dann allerdings viele Wochen lang beschäftigte. Denn nun musste ich die noch viel überraschendere Erfahrung machen, dass es im Archiv des DDR Rundfunks auch dazu so gut wie überhaupt nichts für meine Anliegen Verwendbares gab.
Sowohl von meiner allgemeinen persönlichen Erinnerung zu vorherigem DDR-Rundfunkgeschehen, als auch von meinen dann folgenden Archiv- und sonstigen Rundfunk- Erfahrungen her, bin ich bis heute der Meinung, dass diese damals dann auch von mir moderierte Sendung, wohl die erste "Country-Sendung" überhaupt in der DDR gewesen sein müsste. Natürlich habe ich auch in dieser Sendung meine entsprechenden Auffassungen über Folklore und die Musik werktätiger Menschen und dabei sowohl über die dortige Bedeutung bestimmter Arbeiterlieder, als auch über bestimmte, von mir entsprechend vorgestellte Interpreten, deutlich gemacht. Und insofern hat es sich da wohl auch keineswegs um eine mit sonstigen und späteren "Country-Sendungen" von anderen, politisch schließlich ganz anders eingebundenen Rundfunkstationen, einfach gleichsetzend-vergleichbare Sendung gehandelt. Aber ich wurde auch danach noch mehrfach zu entsprechender Mitarbeit in anderen Musiksendungen des DDR-Rundfunks gebeten, wenn entsprechend interessierte Hörer dann auch spezielle Wünsche und Fragen zu Country-Musik äußerten. Bemerkenswerter Weise ging es dabei dann aber vorwiegend um allgemeinere Unterhaltungsmusik-Sendungen, an denen ich letztlich weniger interessiert war. Meine dann folgenden Aktivitäten und Wünsche zur Gestaltung von Musiksendungen im DDR-Rundfunk konzentrierten sich auch viel mehr auf mein mir viel wichtiger erscheinendes Anliegen, dort auch osteuropäische Musikfolklore vorzustellen und in der DDR besser bekannt zu machen, zumal ich dazu auch über weitaus mehr Schallplatten verfügte. Die Sendungen die ich dann dazu gestalten konnte, waren aber sicher nicht die ersten dieser Art im DDR-Rundfunk, und wurden auch alsbald wieder aus dem Programm genommen - was mir, in einer freilich wieder ganz anderen Weise, als ebenfalls charakteristisch für bestimmte damalige Tendenzen von DDR-Kulturentwicklung erscheinen musste; - nicht nur weil fortan Jo Meyer entsprechende, dann natürlich auch wieder mehr in Richtung auf Irish-Folk orientierte Musikfolklore Sendungen gestaltete…
Was jedoch diese, meiner Meinung nach, 'erste Country-Sendung im DDR-Rundfunk' anbelangt, so konnte ich dazu auch andere interessante Erfahrungen machen.
Da begegneten mir nun auch demonstrativ DDR-feindlich-unsolidarische Haltungen unter den ansonsten doch wesentlich kameradschaftlich gesinnten damaligen Neo-Musikfolkloristen. So hatte sich beispielsweise Fridjof Schulz, einer der zweifellos rührigsten Folk-Aktivisten der damaligen Berliner Folk-Szene, welcher auch einige besonders exzellente Schallplatten (darunter eben auch zu Bluegrass-Music, welche wir oft zusammen angehört hatten) besaß und der sich gerade auch von mir schon verschiedentlich seltene Platten, aber auch verschiedene Musikinstrumente ausgeliehen hatte, nun entschlossen, ein solches Vorhaben für den Rundfunk der DDR nicht zu unterstützen und mir also seine Platte dafür auch nicht auszuleihen…
Außerdem wurde ich nach Ausstrahlung dieser Sendung auch mit einer ganz spezifischen Kritik konfrontiert, zu welcher dann Hanni Bode eigens mit der unanfechtbaren Autorität von Bob Lumer an mich herantrat. Mir wurde nun vorgehalten, dass zwar alle meine ausgewählten Musikbeispiele von unanfechtbar hoher musikalischer Qualität gewesen seien, dass ich aber gerade auf diese Weise versäumt hätte, deutlich zu machen, was Country-Musik doch eigentlich wirklich sei.
Eine für mich wiederum völlig unakzeptable Argumentationsweise, gegen die freilich innerhalb von DDR-Verhältnissen, und zumal angesichts eines als authentisch geltenden Fachmannes aus dem Heimatland von Banjos und Country-Music, wohl ebenso wenig anzukommen war, wie etwa gegen entsprechend autoritätsgesicherte Meinungen zu "Nylonsaiten-Banjos".
Natürlich hatte ich diese Musiksendung nicht darauf angelegt, etwa in erster Linie deutlich zu machen, dass in dieser eben auch wesentlich südstaatlerisch geprägten Musik, auch weißer Rassismus immer wieder eine Rolle spielte, oder auch in welcher Weise Country-Music innerhalb spezifisch US-imperialistischer Kulturstrategien inzwischen als global geplantes Mittel aggressiv angestrebter Weltbeherrschungsvorhaben bedacht wird und wie sich manche 'Country-Manager' in Nashville (und vielleicht auch schon in anderen US-Machtzentralen?) Gedanken darüber machen, dass diese Musik zwar in Europa erfolgreich vermarktet werden kann, aber beispielsweise in Asien leider immer noch auf zuwenig Resonanz stößt usw…
Was nun die dementsprechenden Hintergründe anbetraf, so hätte ich mich freilich darauf versteifen können, in einer solchen Musiksendung entsprechend hervorzuheben, dass die damaligen Einschätzungen zur "Country-Music-Weltlage" in Nashville, offiziell darauf hinausliefen, nun die CSSR als das inzwischen "zweitgrößte Country-Music-Land nach den USA" anzuerkennen und dabei auch auf die nunmehr besonderen Erfolge ihres entsprechenden Musikgeschäftes in Japan hinzuweisen, aber in Hinsicht auf ganz Asien eben immer noch unzufrieden sein zu müssen. (Eine Lage die sich inzwischen wohl auch wieder geändert haben mag?). Das wären damals zwar durchaus wahre Aussagen zu einer bestimmten politischen Realität gewesen, welche aber der geschichtlichen und musikantischen Realität dieser Musik, meiner Meinung nach nicht angemessen sein konnten. Entsprechende Wahrheiten, die sich gerade auch in diesem Falle wohl erst innerhalb von eingehenderen Untersuchungen zu musikhistorischen Entwicklungen ausmachen und belegen lassen, hätten meiner Ansicht nach eben auch nur im Zusammenhang mit einer längeren Sendereihe, innerhalb derer dann auch auf die Geschichte dieser Musik grundsätzlicher eingegangen würde, sinnvoll akzentuiert und hervorgehoben werden können… Ich war schon damals der Meinung auch solche Angelegenheiten nach Möglichkeit immer analytisch vergleichend und entsprechend ihrer jeweils eigenen spezifischen Entwicklungsbewegungen zu betrachten, und sich dabei stets vor allzu einfachen und vereinseitigend-disproportionierten Aussagen und Bewertungen zu hüten. Und welchen Bewertungsschwierigkeiten man auf einem solchen Wege immer wieder begegnen kann, konnte mir später wieder deutlich werden, als ich den Eindruck bekommen musste, das beispielsweise ein stärkeres Zurkenntnisnehmen bestimmter Attraktivitäten und Besonderheiten gerade auch osteuropäischer Musikfolklore, in den Medien und unter den Musikfolkloristen in Ostdeutschland, wohl erst nach dem Zusammenbruch der DDR erfolgte und - um weiter bei meinen diesbezüglichen Rundfunkerfahrungen zu bleiben - dass in den, dann politisch wiederum ganz anders eingebundenen und ausgerichteten Medien nun eben (sicherlich auch wieder in Vermittlung von Hanni Bode) gerade Bob Lumer eine der dortigen, nun freilich obligatorischen, Country-Music-Sendereihen gestalten konnte. Und meine dazu nun wieder unvermeidlichen Vergleichsbedenklichkeiten würden sich dann vielleicht auch an den Bewertungen solch unterschiedlicher, aber eben historisch auch konkret zusammenhängender (und eben in bestimmter Hinsicht auch entsprechend 'zusammenwirkender') Musikantenpersönlichkeiten wie etwa Pete Seeger und Jonny Cash, oder auch Woody Guthrie und Hank Williams etc. verdeutlichen lassen. Alle diese waren (freilich neben vielen anderen) für meine entsprechenden Musiksendungen natürlich von wesentlicher Bedeutung. Soweit ich dann die Sendungen von Bob Lumer miterlebte, spielten die drei erstgenannten nun auch in seinen Sendungen eine Rolle, wobei mir da wieder deutlich werden musste, dass seine und meine diesbezüglichen Interpretationen zu deren "eigentlich wirklichem Wirken", wieder etwa ähnlich unterschiedlich, wie auch in Hinsicht auf die Wirklichkeiten zum Five String-Banjo ausgehen konnten.
Was nun dieses spezifische 'Country-Music-Instrument' hier wiederum im Zusammenhang mit dieser ländlichen US-amerikanischen Musikgeschichte und einer entsprechenden Vergleichssicht auf die Cister betrifft, so habe ich schon verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die heute übliche Stimmung für das Five String Banjo sich aller Wahrscheinlichkeit auch von den vormals in den südstaatlerischen Sklavenhalterhaushalten durchaus gebräuchlichen Cistern, ableiten lässt, denn unter diesen gab es auch Exemplare in einer Dur-Akkord-Stimmung wie bei der nunmehrigen deutschen Cister. Die mit diesen Instrumenten erzeugte Musik war in gewissem Sinne zwar auch 'ländliche' Musik, aber noch keinesfalls besonders "amerikanisch", sondern noch wesentlich europäisch, und eben auch 'Landherren-Musik' und also auch keinesfalls gleichsetzend vergleichbar mit der späteren Country-Music ganz anderer sozialer Schichten.
Die damaligen Cistern verfügten natürlich in cisternspezifischer Weise über kompliziert und aufwändig herzustellende Metallsaiten und befanden sich wohl stets - oder zumindest vornehmlich - in den Händen vornehmer Weißer, wohingegen damalige Banjos sich zunächst wohl nahezu ausschließlich in den Händen schwarzer Musikanten befanden, - welche sich ihrerseits freilich in den Händen weißer Sklavenhalter befanden. Deren Cistern und Saitenmaterialien mussten damals noch aus Europa, und / oder eben von professionellen Instrumentenbauern erworben werden, wohingegen die mit einfachem, selbstherstellbaren Saitenmaterial bespannten Banjos, wohl auch von ihren jeweiligen Spielern zunächst selbst hergestellt wurden.
In den damaligen USA erklang die Cister in dortigen Herren Palästen und das Banjo entsprechend in den Hütten der Sklaven. Die einen verfügten dabei über Macht und Sklaven sowie Produkte komplizierter Technologien, und die anderen waren machtlos und selbst beim Selbermachen von Musik darauf angewiesen ihre Instrumente selber zu machen…
Dass das von solchen Musikanten stammende US-amerikanische Banjo nun im Musikgeschehen aller Kontinente eine unübersehbare Rolle spielt, und demgegenüber die Cister als eines der Musikinstrumente ehemaliger US-amerikanischer ländlicher Herrschaftsschichten, eine vergleichsweise unbedeutende Rolle im US-amerikanischen Musikgeschehen spielt, kann nun auch wieder ganz unterschiedlich interpretiert werden, wobei mir die Tatsache, dass ein derartiges Instrument herrschender Schichten, dann dort auch in späterer ländlicher Musik anderer sozialer Schichten nicht mehr zu finden ist, besonders bedenkenswert erscheint. Da scheint es sich in gewisser Weise wieder um einen entsprechenden Verdrängungsprozess unterschiedlicher Instrumente zu handeln, denn sobald die existierende Vielzahl von allgemein populären Banjos mit Metallsaiten ausgerüstet werden konnten, waren sie der elitären Minderheit von demgegenüber wohl nur in bestimmten Herrschaftsschichten populären Cistern, letztlich überlegen. Und dieser Prozess der Übernahme von eigentlich cistertypischen Metallsaiten (für die meisten Gitarren waren Darmsaiten zunächst ja wohl auch immer noch näher liegend) für das damalige Banjo, in entsprechender Verbindung mit der dann für dieses später fünfsaitige Instrument so typischen halblangen Bordunsaite, fand ja auch nicht mehr in Sklavenhütten, sondern nun wohl eher in bürgerlichen Häusern und Salons, und wohl auch eher auf Initiative (oder mit entsprechend absichernder Unterstützung) von weißen Musikanten statt, - was aber einer Verwendung dieses nun besser und verfeinert ausgestatteten Instrumentes, sowohl in Hütten und öffentlichen Gaststätten als auch auf Strassen und Plätzen, von wiederum auch schwarzen Musikanten, keineswegs entgegen stehen musste, sondern eher entgegenkam. Die dann bei diesem fünfsaitigen Banjo historisch wiederum später erfolgende Verwendung auch von Nylonsaiten, lässt sich aus Sicht meiner Spielerfahrungen vor allem aus dem Bedürfnis der Nutzung von wiederum anderen Eigenschaften eines solchen Saitenmaterials erklären. Denn dieses hat im Vergleich zu Metallsaiten, deutlich andere Stabilitätseigenschaften, andere Klangeigenschaften und eben auch andere spieltechnische Eigenschaften. Für meine Bevorzugung derartiger Saiten waren mir die letztgenannten Eigenschaften die wichtigsten, wobei ich denke, dass es sich bei dieser historischen "Hin- und Her- Bewegung" (also erst Darmsaiten wie etwa bei Gitarren, dann Metallsaiten wie etwa bei den Cistern und später auch manchen Gitarren, und dann auch wieder Nylonsaiten (wie ebenfalls immer noch bei Gitarren als Darmsaitensubstitut…) keineswegs um eine einfache Rückkehr im Sinne traditioneller Darmbesaitung von entsprechend vormaligen "Old-Time-Banjos" handelt, sondern dieser 'Nylonsaitenübernahmevorgang' nun auch unter der Voraussetzung von inzwischen stabileren Kesselkonstruktionen mit verbesserten Spannungsmöglichkeiten für moderne Plastemembranmaterialien, effektiv-sinnvoll erfolgen konnte. So ja auch meine Überlegungen hinsichtlich der von mir speziell konzipierten Kesselkonstruktion, zu welcher ich wieder meine, dass eben auch andere Errungenschaften entsprechender Weiterentwicklung von Five-String-Banjos - also nicht nur die stabileren Kessel, und die größere Spannung auf Plastematerialmembranen, sondern auch die inzwischen entwickelten Umstimm-Vorrichtungen für diese Instrumente - letztlich auch für die Benutzung von Nylonsaiten weiterentwickelt bzw. genutzt werden sollten.
Allerdings kann ich die hier dargelegte Sicht zur Entstehung entsprechender Nylonsaitennutzung nicht mit vielen Fakten zum wirklichen historischen Vorgang dieser 'Oszillationsbewegung' belegen, welche ja in der Wirklichkeit wiederum auch unter anderen Bedingungen und mit völlig anderen Motivationen, erfolgt sein kann. Dazu müsste die Musikinstrumentenkunde eben den entsprechenden konkreten historischen Prozess genauer untersuchen. Dass wir es gerade am Beispiel des Five-String-Banjos dabei aber auch mit einer wieder ganz anderen, vielleicht noch interessanterem 'Oszillationsbewegung' zu tun haben, nämlich der von mir ebenfalls verschiedentlich kommentierten Tatsache der in dieser Geschichte zuweilen entstehenden, banjoartig-fünfsaitigen und cisterartig-holzgefertigten "Banjo-Lute" bzw. auch entsprechend fünfsaitiger "Banjo-Dobros" oder eben auch einer entsprechend kleineren Form von 'Five- String- Cister', sollte dabei dann auch jeweils mitbedacht werden.
Hier könnte man nun kurzschlüssig zu der Vermutung neigen, dass angesichts dieses bisherigen Spannungsverhältnisses in der Entwicklung von Banjo und Cister und der dabei entsprechend zu beachtenden Oszillationsbewegungen, nun möglicherweise auch eine künftige Nylonbesaitung von traditionell hölzernen Cisterinstrumenten als realistisch denkbar, oder vielleicht sogar als 'vielleicht zu erwarten' erscheinen könnte…Ich würde eine solche Überlegung für ein typisches Beispiel einer nur abstrakten, aber eben in keinerlei Hinsicht konkret begründeten Übertragung, und letztlich eben für eine entsprechend nicht-rationale Entwicklungsvermutung halten, die mit dem eigentlichen methodologischen Inhalt der hier dargelegten Überlegungen zu musikinstrumentellen Entwicklungsrealitäten, überhaupt nichts mehr zu tun hat. Zu der etwa dann einfach willkürlich aufzustellenden Behauptung, 'dass so etwas aber vielleicht doch einmal möglich sein könnte' mag man dabei stehen wie man will; - für das wirkliche Verständnis von Cisterinstrumenten und deren wirklicher Geschichte, wird eine solche Behauptung letztlich ebenso wenig dienlich sein können, wie für das Verständnis und die Förderung all der Überlegungen, die im Sinne real möglicher Weiterentwicklungen solcher Instrumente, auch weiterhin betrieben werden sollten.

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Zur Frage der Unterscheidung von Amateuren und Professionellen unter den in der DDR aktiven Musikanten auf den Gebieten Jazz- und Tanzmusik sowie eben auch sonstiger musikantischer 'Unterhaltungskunst' (zu der dann de facto eben auch die Musik der neueren Jugend-Musikfolklorebewegung gezählt werden musste) gab es zuweilen sowohl zu DDR-Zeiten, als dann eben auch danach, verschiedene Auffassungen und Argumente und eben auch immer wieder bemerkenswert unwahre Behauptungen, welche mir insbesondere wieder im Umfeld von Erich Stockmann - sowohl bei ihm selbst, als eben auch in dem von ihm beherrschten 'Hoheitsgebiet festgelegter Ansichten' - begegnet sind.
Da es sich dabei um eine durchaus komplex-komplizierte und zwangsläufig inhaltlich weitergreifende Problematik handelt, welche wiederum die spezifischen kulturpolitischen, aber eben auch damit verbundene wissenschaftspolitische Verhältnisse in der DDR und die dabei spezifischen Manipulationsmöglichkeiten (letztlich dann eben auch in Hinsicht auf bestimmte musikinstrumentelle Entwicklungen und die entsprechenden Wirkmöglichkeiten von dabei speziell berührten Instrumenten) betrifft, möchte ich mich hierzu wiederum ausführlicher, und auch in entsprechend 'ausholender' Weise äußern.
So wurde in der Vorbereitung auf einen nun nach dem Zusammenbruch der DDR wieder anstehenden internationalen Musikethnologenkongress, von einem seiner damaligen Mitarbeiter, ein für diesen Kongress vorgesehenes Referat zu einem (wie deutlich betont wurde) "von Erich Stockmann begründeten" und nun von diesem Mitarbeiter weitergeführten Projekt zur Erforschung städtischer Musikfolklore, vorgetragen, und im damals von Prof. Baumann geleiteten Internationalen Institut für Vergleichende Musikforschung in Berlin Dahlem, zur Diskussion gestellt. Inhalt des Referates war das Musikfolkloregeschehen in Ostberlin.
Ich konnte dabei natürlich nicht davon absehen, dass er gerade zu dem vormaligen, 1987 in der damaligen Hauptstadt der DDR stattgefundenem internationalen Kongress von Musikethnologen, mit den übelsten Methoden von politisch strukturierten Wissenschaftsintrigen, ganz gezielt verhindert hatte, dass damals dort zu aktuellen musikethnologischen Entwicklungen in der DDR, vorgetragen werden konnte. Entwicklungen die damals zweifellos berichtenswert und diskussionswürdig gewesen wären.
Was nun dieses 'Nachwende-Vorhaben' eines nunmehrigen Vortrages zur Ostberliner Stadtfolklore betraf, so wurde dazu natürlich vorrangig auch die damalige Gruppe von Jo Meyer vorgestellt, wozu mir in meinen nunmehr vagen Erinnerungen an einen ganzen Komplex von damaligen Fehldarstellungen, doch vor allem die Behauptung, dass zum Instrumentarium dieser Gruppe auch eine Waldzither gehört habe, erinnerlich ist.
Ich fand es damals irgendwie charakteristisch, dass nun auch ein Schüler von Erich Stockmann, ebenso wie dieser selbst vor Jahren schon angesichts meiner Instrumentensammlung, ein achtsaitiges Instrument nicht so recht von einem neunsaitigen zu unterscheiden wusste.
In diesem Falle aber könnte wohl auch bedacht werden, dass Jo Meyer seine in Quarten umgestimmte achtsaitige Mandola natürlich gerne als "Cister" bezeichnete, bzw. dafür entsprechende, damals in der Folk-Szene übliche Bezeichnungen englisch-irischer Herkunft bevorzugte. Es müsste dazu aber andererseits auch wieder bedacht werden, dass inzwischen doch aber zu den entsprechenden neunsaitigen Instrumenten bereits die Dissertation von Andreas Michel vorlag.
Die aus meiner damaligen Sicht schwerwiegendsten Fehldarstellungen in diesem Vortrag bezogen sich aber auf die DDR-Besonderheiten der Erlangung von Zulassungen und Einstufungen für Musikanten, welche eben auch Geld für ihre Musik anstreben wollten.
Und da überraschte mich die dort verkündete (und von Erich Stockmann in der Diskussion zunächst sogar unterstützte) Behauptung, dass die in der DDR mit ebensolchen Bestrebungen agierenden ausländischen Musikfolkloristen, im Unterschied zu den Möglichkeiten eines entsprechend ambitionierten DDR-Bürgers, immer ohne Weiteres sofort einen Berufsausweis ausgestellt bekamen, ohne sich jemals irgendwelchen Zulassungs- oder Einstufungskommissionen vorstellen zu müssen.
In einem späteren persönlichen Gespräch, in welchem der Referent dann betonte, dass dies aber doch für die in der DDR lebenden Chilenen zugetroffen hätte, musste ich ihm ebenfalls widersprechen, und nach einer Aufzählung einer ganzen Reihe von weiteren Einwänden zu seinen zunächst ja nur vorgelesenen Darlegungen und Behauptungen, kam er dann auch meiner Bitte um Einsicht in sein damals doch schriftlich vorliegendes Referat, und auch meiner weiteren Bitte, zu diesem nun wieder anstehenden Musikethnologen Kongress, auch wieder eingeladen zu werden, nicht nach. (1987 hatte ich als Mitglied des DDR-ICTM-Nationalkomitees noch am damaligen Kongress in Berlin teilnehmen können.)
Zur Diskussion des nun in Berlin-Dahlem verlesenen Referates zählte ich dann in der damals vor allem von dem Ehepaar Stockmann beherrschten Diskussion, einige Namen von damals in der DDR lebenden Ausländern auf, welche ich vor allem aus gemeinsamen öffentlichen Musik-Auftritten persönlich kannte und die alle genügend profiliert waren, dass ihre Namen auch den meisten der zu diesem Vortrag anwesenden Ostdeutschen bekannt sein konnten, und wies dann darauf hin, dass alle diese eben auch über keinen Berufsausweis und auch keinerlei offizielle Einstufung verfügten…
Damit wollte ich nun wieder eine Problemlage zur Debatte stellen, die ich schon vor Jahren immer wieder mit Erich Stockmann (zumal als dieser mit mir noch seine dann später abgebrochenen "Stadtfolklore- Feldforschungssitzungen" zur Gruppe Windbeutel durchführte) diskutieren wollte, - der er aber immer wieder (obwohl angeblich Spezialist zur Problematik professionellen Volksmusikantentums) ausgewichen war. Meinem damaligen Eindruck nach, einfach aus völliger Unkenntnis zu den wirklichen Verhältnissen in der DDR, und meinem späteren Eindruck nach dann auch aus diversen anderen Gründen…
Es ging mir um die Frage nach dem Verhältnis und den wesentlichen Daseinsweisen von professionellem und amateurischem Musikantentum in der DDR - insbesondere eben in Hinsicht auf diese damalige Neofolklore-Bewegung.
Dazu hatte ich schon lange eine besondere Meinung entwickelt und war dabei der Ansicht, dass diese Problematik auch deswegen wichtig sei, um nun auch die durch diese "Jugendfolklorebewegung" in den DDR Kulturbetrieb eingebrachten neuen Tendenzen besser, und eben auch in konzeptionsbedenkeder Weise, verstehen zu können.
Zu der Frage wer nun von der Musikethnologie etwa als Amateur oder als "Profi", bzw. als "professioneller Volksmusikant" zu betrachten sei, äußerte sich dann allerdings der Leiter des Dahlemer Institutes, Prof. Baumann, meiner Meinung nach am unprofessionellsten. Er vertrat in dieser Diskussion die Meinung, ….dass für uns Musikethnologen lediglich entscheidend sei, festzuhalten in welcher Weise sich die Volksmusikanten jeweils selbst empfinden, - ob sie sich selber als Amateure oder als professionelle Musiker betrachten…
Meine Meinung zu dieser Problematik ist nun - gerade eben auch in Hinsicht auf die Verhältnisse in der DDR - von ganz anderer Art.
Wenn man die Bezeichnungen "professionell", "semiprofessionell", "unprofessionell", "amateurhaft" usw. nicht einfach nur als qualitätsbewertende Begriffe für bestimmte Verhaltensweisen nehmen will, sondern eher die Frage nach der Existenzweise eines Musikanten als eines 'Professionellen' oder eines 'Amateurs' sowohl in Hinsicht auf offizielle Zulassungen und amtliche Berufsausweise sowie auch mit Blick auf seinen lebensunterhaltenden Gelderwerb, und also auch im sozialökonomischen Zusammenhang innerhalb ganz bestimmter Gesellschaftsstrukturen stellen und bedenken möchte, so würde ich für das eingehendere Verständnis dessen, was dabei sinnvoller Weise als 'professionell tätiger Musikant' verstanden werden kann, auf der Differenzierung von 'de jure'-‚ und 'de facto- Profi' bestehen wollen, wobei ganz klar sein kann, dass es durchaus zum Wesen beider Erscheinungsformen von Professionalität (oder eben von 'Profi-Dasein') gehören kann, wenn es einem entsprechend motiviertem 'Profi' gelingt in gezielter Weise Unqualifiziertes, Minderwertiges und auch Schlechtgekonntes sowie auch Müheloses, auch in einer fachlich talentlosen Weise, unter die Leute zu bringen um damit an das Geld dieser Leute zu gelangen, wohingegen ein Amateur seine Unprofessionalität zuweilen gerade auch dadurch leben und belegen wird, dass er sich talentvoll und mit größter Mühe um die Steigerung der Qualität seines Könnens und weniger ums geldeinbringende Geschäft kümmert.
Damit ist zwar keineswegs das Wesen des Unterschiedes beider beschrieben, aber eben auf wesentlich unterschiedliche Möglichkeiten ihres Wirkens innerhalb des Status, der ihnen von den gesellschaftlichen Verhältnissen in denen sie wirken, ermöglicht oder auch zugeordnet worden ist, hingewiesen. Und innerhalb entsprechender Verhältnisse kann es dann - wieder in anderer Weise - auch geschehen, dass die Leute dem nicht unter professionellem Gelderwerbsdruck stehenden Amateur (der ja zumeist auch 'Einer von Ihnen' ist) auch mühelos zulaufen und gerne auch bei einer vielleicht ohne allzu große Mühe zustande gebrachten Musik zuhören oder auch mitmachen wollen, und andererseits ein aufs Geld angewiesener Professioneller, mit seiner vielleicht sehr mühevollen Kunst und seinem für Viele eben doch fernem besonderen Talent, sich eher mühen muss die Leute auf sich aufmerksam zu machen und zum Zuhören zu verleiten.
Mir sind in der DDR immer wieder Musikanten innerhalb verschiedenster Arten von Musik begegnet, die de facto als Profis ihren Lebensunterhalt einspielten, ohne sich - was ich gut verstehen kann - jemals irgendwelchen Zulassungs- bzw. Einstufungskommissionen zu stellen. In vielen Fällen hätte dies ja auch unweigerlich dazu geführt, dass genau damit ihr Gelderwerb nun drastisch gemindert oder auch grundsätzlich gefährdet wäre. Und es war gewiss auch nicht immer leicht einen solchen, de facto Zustand überall auf lange Zeit hin durchzuhalten.
Für das Verständnis dessen, was nun mit dieser jugendlichen Neofolklorebewegung Neues innerhalb des Kulturbetriebes der DDR entstanden war, schienen mir derartige Tatsachen und auch entsprechende begriffliche Differenzierungen, deswegen von besonderer Bedeutung zu sein, weil sich hier, aus Sicht meiner Erfahrungen und gerade auch mit suchendem Blick auf die Besonderheiten der Entstehung dieser Jugendfolklore-Szene, deutliche Veränderungen absehen ließen.
Innerhalb dieses neu entstehenden Kultur-Bereiches waren nun auch ganz neuartige Möglichkeiten entstanden, sich ein Leben als de facto Musik-Profi in der DDR vorzustellen und eben durchaus auch zu verwirklichen. Zumal wenn man zu der nun wachsenden Anzahl von folkloristischen Amateurmusikanten ohne Zulassung oder Einstufung gehörte, denen aber die Leute eben doch zu bestimmten, gerade auch vom DDR-Kulturbetrieb geförderten Gelegenheiten, gerne zuhörten, - auch ohne dass man dabei etwa sonderlich qualifiziert sein musste. Und alsbald konnte man dann auch erleben, dass der Staat dieser Entwicklung nun auch seine stärkere Aufmerksamkeit widmete und offensichtlich auch bereit war, die Entstehung eines tatsächlich neuen Musikfeldes, dann auch in einer Weise zu fördern, die dieses für die DDR neuartige Musikantentum keineswegs einfach in die alten Zulassungs- und Einstufungsmühlen bisherigen Musikantendaseins zwingt, sondern nun eher (freilich dann eben auch vorwiegend wieder für ganz bestimmte 'Auserwählte') geneigt ist, hier 'Musikfolklore-Sonderprivilegien' zu verteilen. In dieser Entwicklung konnten sich dann eben auch ganz neuartig strukturierbare Hoffnungen, für viele musikantisch interessierte Jugendliche auftun. Hoffnungen, welche einem etwa eher am Einstieg in das Jazz- & Tanzmusikgeschäft in der DDR interessierten Jugendlichen einfach nicht möglich gewesen wären. Im Bereich von Jazz- und Tanzmusik war es sowohl in Hinsicht auf die Mühen, diese doch stets auch mit erheblichem Technikaufwand verbundene Musik auch realisieren zu können, als auch hinsichtlich der vielen Mühen, die einem dabei unweigerlich in Hinsicht auf bereits fest institutionalisierte Behördenstrukturen und die dort bereits ziemlich fest fixierten Kontrollmechanismen sowie entsprechend festgelegte Qualitätsmaßstäbe, begegnen werden, unvergleichlich schwerer. Und auch wenn man in einer solchen Vergleichsbetrachtung lieber davon ausgehen möchte, dass entsprechend musikfolkloristisch interessierte Jugendliche vielleicht doch viel eher von dem edlen Bedürfnis nach dem 'Traditionell-Akustisch-Folkloristischen' beseelt waren und also auch gewillt sein konnten in diesem Sinne bestimmte Mühen auf sich zu nehmen, so ist aus Sicht meiner Erfahrungen - und darüber habe ich gerade zu DDR-Zeiten immer wieder offensiv diskutiert - völlig unbestreitbar, dass innerhalb dieser jugendlichen Musikfolkloreszene der Gedanke, dort, bzw. über dortige Wege, doch auch zum 'Musik-Profi' werden zu können, schon in ihren ersten Entstehungszeiten eine unübersehbare Rolle gespielt hat.
Die FDJ-Singebewegung hatte demgegenüber zuvor ein ganzes Jahrzehnt gebraucht um sich überhaupt mit einem solchen Gedanken zu befassen. In den Beratungen der dann neu installierten ZAG-Musikfolklore war dieser Gedanke aber bei manchen der dort auserwählt 'Berufenen' bereits fest ausgebildet, zumal diese neue Musikszene damals auch die bereits durch die Entwicklung der Singebewegung fest eingerichteten und nun gerade für neuere Jugend-Musikfolklore wiederum besonders geeigneten und auch weit geöffneten Organisations- und Wirkungsstrukturen vorfinden konnte, welche nun - quasi als leichte Beute - innerhalb einer neuartigen Kulturentwicklung von den "Jugendmusikfolkloristen" nur übernommen zu werden brauchten, und dabei dieser neuartigen Jugend-Musikfolklore nun auch noch eine gesetzlich gesicherte, besondere staatliche Förderung zugedacht wurde. Und in diesen Zusammenhängen gab es eben auch ganz neue Möglichkeiten, sich nun auch 'stillschweigend und ohne Weiteres' für ein 'de facto Profi-Dasein' als Musikant zu entscheiden. Um einen solche Status dann vielleicht auch 'de jure', also etwa in Form eines Berufsausweises etc. zu erlangen, war es dann wiederum nahe liegender, sich hier um Sonderförderung seitens bestimmter dafür nun zuständiger staatlicher Institutionen zu bemühen, als sich etwa - wie im von mir in Anmerkung Nr.9 geschilderten Beispiel zur Musikschule Friedrichshain - den Empfehlungen von machtgewiss agierenden Einstufungskommissionen zur weiteren musikalischen Ausbildung, auszuliefern.
Was nun mich selbst, in diesen hier angemerkten Zusammenhängen betrifft, so meine ich, dass ich in diesem Sinne immer im Status eines Amateurs musiziert habe, auch wenn mir zuweilen hohe Einstufungen und stattliche Honorare zuerkannt wurden und ich oftmals mit de jure Profis und de facto Profis zusammen wirkte. Und insofern hat sich dieser Status de facto auch dann nicht geändert, wenn ich zuweilen innerhalb von Formationen mitwirkte, bei denen alle anderen Musikanten sowohl einen Berufsausweis als auch ein erfolgreiches Profi Dasein, vorweisen konnten.
Ob es sich bei diesen dann aber auch immer um hochtalentierte und musikantisch hochqualifiziert- 'professionell' agierende Musiker handelte, ist eben eine ganz andere Frage. Und in diesem Sinne waren eben auch Jack & Genossen stets Amateure. Um aber den pejorativen Beiklang des Wortes 'Amateur' (welcher beispielsweise gerade in Hinsicht auf die künstlerischen Leistungen von Jack Mitchell gänzlich unangebracht wäre) dabei nicht in den Vordergrund geraten zu lassen, hatte ich in meinem Text über ein 'Agieren im Amateur Status' geschrieben.
Letztlich sind mir derartige Differenzierungsbemühungen im Sinne eines besseren Verständnisses zu den damaligen Tatsachen innerhalb bestimmter Verhältnisse, aber auch deswegen wichtig, weil in genau diesen Verhältnissen - oder eben im Zusammenhang mit diesen - eben auch ein neu entstandenes Interesse an bestimmten Musikinstrumenten zu vermerken war und ich mich dabei insbesondere auch für deutsche Dudelsäcke und deutsche Cister engagieren konnte. Und hinsichtlich dieser beiden Instrumente, für die sich ja dann auch zunehmend viele andere Folk-Musikanten interessierten und engagierten, kann ich nun auch wieder, - sozusagen am Rande - zur hier anstehenden Problematik auf etwas wiederum Bemerkenswertes, aber wohl kaum auf etwas 'spezifisch Waldzither-Eigentümliches' verweisen:
Im Zusammenhang mit der Dudelsackentwicklung in der DDR, waren auf diesem Gebiet von Neo-Musikfolkloreaktivitäten sofort (sowohl hinsichtlich der Herstellung, als auch des Gebrauchs dieser Instrumente) deutliche Bestrebungen im Sinne nunmehriger Chancen zur de facto Professionalisierung zu vermerken, welche sich dann auch deutlich in Richtung entsprechender de jure Formen weiter entwickelt haben, innerhalb derer das Instrument dann zunehmend zum Symbol-Instrument von 'Mittelalter-Profis' wurde, und damit dann auch so etwas wie diese Szene dann mitcharakterisierende 'Dudelsack-Profis' entstehen konnten.
Da kann im Sinne meines hier dargelegten Begriffsverständnisses wohl durchaus von einem speziellen 'Dudelsackprofessionalismus' gesprochen werden. Und zu diesem Instrument entwickelte sich damals sogar (so insbesondere auch meine Erinnerung an diesbezügliche Gespräche mit Jo Meyer) die hoffnungsvolle Vorstellung, doch vielleicht gerade damit (gegebenenfalls, wie Jo meinte, in Verbindung mit der Drehleier) in der DDR eine professionelle Karriere als entsprechender Instrumentalvirtuose starten zu können.
Ganz anders verhält sich Derartiges nun wieder hinsichtlich des Spiels auf der deutschen Cister. Diese ist zwar zuweilen auch von der Aura einer besonderen Symbolbedeutung (etwa im Sinne einer Demonstration der Ernsthaftigkeit von Traditionsbemühungen oder auch von traditionell abgesicherter Folklore-Authentizität usw.) umgeben, aber dieses Instrument befindet sich wohl kaum im Blick entsprechender Profi-Ambitionen und von einem etwa mit der neofolkloristischen Dudelsackentwicklung vergleichbarem 'Waldzither-Professionalismus' konnte in der DDR wohl auch kaum die Rede sein. Das Instrument vermittelt für den der es spielt und für den der ihm zuhört, unter unserem Aspekt inzwischen viel eher das Gegenteil dessen, was uns etwa beim medial präsentierten Dudelsackspieler viel leichter in den Sinn kommen kann: So wird uns der schon in seiner optischen Wirkung beeindruckende Bläser am Sack innerhalb von Show-gerecht aufgemachten und dann oft auch deutlich Pop-Music-orientiert agierenden Ensembles, ohne Weiteres als Profi anmuten, wohingegen der Zupfer an der Cister (dessen Wirken ja auch eher in ganz anderen Ensemblestrukturen eingebettet ist) von uns wohl eher als biederer Traditionalist im Amateurstatus wahrgenommen wird.
So etwas wie ein spezifischer 'Waldzither-Profi' wäre im Vergleich zur inzwischen zu vermerkenden Normalität der Existenz von 'Dudelsack-Profis', da nur schwerlich vorstellbar, obwohl doch - und das ist dabei wiederum das Eigenartige und vielleicht auch 'Eigentümliche'- gemessen an den objektiven musikantischen Spiel-Möglichkeiten, aber auch den Möglichkeiten in Hinsicht auf die weitere Kultivierung der Herstellung dieses Instrumentes, gerade bei diesem doch auch ein von Gauklertum und Scharlatanerie freies Virtuosentum und dabei sicherlich auch mal ein auch in diesem Sinne professionell-hochqualifiziertes Virtuosentum mit der deutschen Cister möglich wäre.
Eine derartige Vergleichssicht zu beiden Instrumenten könnte nun auch mit einer wieder etwas anders ausgerichteten Optik weitergeführt werden, wenn man etwa auch nach unterschiedlichen Tendenzen von jeweils möglicher 'politischer Relevanz' oder auch dem eventuell möglichen 'Politisierungs-Potenzial' entsprechend unterschiedlicher Musikinstrumente Ausschau halten möchte, wozu sich im vorliegenden Vergleichsfalle sicherlich wieder bemerkenswerte Unterschiede verdeutlichen ließen. Denn die politische Relevanz der Beschäftigung mit dem deutschen Dudelsack innerhalb dieser DDR-Jugendfolklorebewegung ergab sich letztlich doch aus einem durchaus anderen Beziehungsgeflecht, als es etwa hinsichtlich der damaligen Beschäftigung mit der deutschen Cister vermerkt werden kann, wobei sich außerdem vermerken lässt, dass die damalige Beschäftigung mit Dudelsäcken später in ganz bestimmter Weise als spezifisches 'DDR-Politikum' ausgeben werden konnte, wohingegen derartig plakative Politisierungsanstrengungen in Hinsicht auf die Beschäftigung mit der Cister in der DDR, wohl kaum in dieser Weise effektiv sein könnten. (Siehe dazu wiederum meinen Beitrag: "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de und zur Problematik von "Politisierung" auch die Anmerkung Nr. 25)
Um aber auch auf andere Dimensionen von Politisierung, möglicher politischer Verflechtung oder auch entsprechend 'politisch motivierter Zurückhaltung' zu sprechen zu kommen möchte ich dazu nun noch ein anderes, freilich wiederum auch auf ganz anderer Ebene befindliches Beispiel anführen:
Einige Zeit vor dem erwähnten Musikethnologenkongress 1987 in Berlin, hatten mich auch verschiedene schwedische Musikethnologen in meiner Musikinstrumenten Wohnung in Berlin- Prenzlauer Berg besucht. Zunächst zwei jüngere Spezialisten welche sich jeweils für Dudelsack und Drehleier interessierten und denen also während ihres DDR-Besuches von anderen musikfolkloristisch aktiven jungen Musikanten in der DDR meine Adresse gegeben worden war.
Der Zufall ergab damals, dass sie mich dann just zusammen mit Reinhard Waldow antrafen, als wir gerade dabei waren mit einer kurz zuvor entstandenen, einfachen mittelalterlichen Kastendrehleier zu experimentieren, zu welcher ich auch schon entsprechende Baupläne in der Folk-Szene der DDR verbreitet hatte. Wir konnten also sofort handfest fachsimpeln und uns dann auch künftig (so etwa zum internationalen Dudelsackfestival in Strakonice und eben dann auch zu diesem internationalen Musikethnologenkongress in Berlin) wieder freundlich begegnen.
Einige Zeit später aber ergab der Zufall offenbar etwas ganz anderes und wurde dabei dann wohl auch in nicht nur "zufälliger Weise" genutzt und ausgestaltet.
Dazu hatte sich Erich Stockmann damals zunächst auf meiner Arbeitsstelle genau darüber informiert, dass ich zur Zeit zu hause krank (und damals auch ziemlich hilflos) im Bett lag und klingelte also dann auch unverzüglich entsprechend unangekündigt in Begleitung von Prof. Jan Ling an meiner Wohnungstür um diesem DDR-Besucher nun meine Instrumentensammlung vorzuführen, wobei er dabei eben auch die wohl nicht ungünstige Gelegenheit nutzen konnte, sich dabei nicht nur als Fachmann für spezielle Musikinstrumente sonder auch als Kenner von eigenartigen "Sammlern, die eben alles sammeln was sie so bekommen können usw.…." zu präsentieren. Er begann dann sogleich von bestimmten Projekten einer jetzt von ihm geplanten engen musikethnologischen Zusammenarbeit zwischen Schweden und der DDR (einschließlich eines dabei möglichen Besuchs-Austausches von Musikgruppen usw.) zu sprechen, wobei ich dabei dann - auch abgesehen von meinem damaligen gesundheitlichen Zustand - keinerlei Möglichkeit hatte mich nun in etwa ähnlich freundlicher Weise mit Jan Ling auszutauschen, wie ich das zuvor noch mit dessen Landsleuten konnte. Damals war offensichtlich, dass Erich Stockmann hier die Gelegenheit nutzte seinem Gast nicht nur einige seltene 'Sammlungs-Exemplare', sondern eben auch ein offensichtlich besonders seltsames 'Sammler-Exemplar' vorzuführen und von dem damals so vehement vorgetragenen "DDR-Schweden-Projekt" war ja auch später nie wieder die Rede.
In welcher Weise Erich Stockmann dann weiter mit Jan Ling über mich (oder etwa auch tatsächlich über solche "DDR-Schweden-Projekte") gesprochen hat, kann ich freilich nicht sagen, aber Jan Lings späteres Verhalten zum Musikethnologenkongress von 1987 musste mir natürlich auffallen. So etwa wenn er, als ich damals während einer Kongresspause mit Axel Hesse sprach, diesem - unmittelbar an mir vorbei - seine Hand zur Begrüßung reichte und mir auch ansonsten aus dem Wege ging; oder mich eben auch einfach nicht erkennen wollte.
Ganz anders verlief meine dortige Wiederbegegnung mit dem jungen schwedischen Dudelsackspezialisten der mich ja schon vor Jan Ling ebenfalls in meiner Sammlungs-Wohnung kennen gelernt hatte. Wir erkannten uns und konnten miteinander sprechen, wobei ich ihn bat doch möglichst einen Beitrag über den schwedischen Dudelsack für den in Westdeutschland von Lothar Junghähnel herausgegebenen "Dudlpfeifer" zu schreiben, denn er hatte auf diesem Kongress nun Gelegenheit einen Vortrag über entsprechende aktuelle Entwicklungen in Schweden zu halten.
Sein damals entsprechend mit seinem Dudelsackspiel eingeleiteter Auftritt wurde auch allgemein als eine kleine Kongress-Sensation angesehen und er konnte sich auch der Aufmerksamkeit aller Kongressteilnehmer ganz sicher sein, als er dudelsackspielend durch den großen Saal auf das Rednerpodium zumarschierte. Damals stand ich, während seines von vielen Kongressteilnehmern stehend bewunderten 'Einmarsches' unmittelbar neben Andreas Michel, welcher dazu spontan bemerkte: "Das hättest auch Du sein können", worauf ich sofort sagte: "Aber doch wohl kaum solange Erich Stockmann hier zu bestimmen hat".
Und dem konnte freilich nicht widersprochen werden.
Sobald ich diese damalige Situation aber nun nicht nur als nachträgliche Anmerkung, sondern eher im Sinne historischer Konkretheit bedenken möchte, muss ich sofort auf meine damals bereits lange zuvor schon geäußerte Bitte, einen entsprechenden Vortrag zu aktuellen Musikinstrumentenentwicklungen innerhalb der neueren DDR-Musikfolklorebestrebungen, vor dem DDR-ICTM-Nationalkomitee zu halten, verweisen, wobei die deutschen Dudelsäcke und die deutsche Cister für mich dazu von Anbeginn im Vordergrund standen und ich damals auch stets nicht nur entsprechende Instrumente, sondern eben auch die spezifischen sozialökonomischen Bedingen hinsichtlich des Umgangs mit solchen Instrumenten im Auge hatte. Nun im Jahre 1987 hätte dazu auch berichtet werden können, dass in der DDR im Laufe von kaum einem halben Jahrzehnt alle drei Typen deutscher Dudelsäcke (die es dort zuvor überhaupt nicht gab) wieder als von bestimmten Musikanten selbst hergestellte Instrumente in Gebrauch sind und inzwischen nicht nur innerhalb von traditioneller Musikfolklore gespielt werden. Und natürlich - obwohl mir dies persönlich wohl nicht in den Sinn gekommen wäre - hätte ich damals auch mit einem dieser selbstgebauten deutschen Dudelsäcke durch den Konferenz-Saal marschieren können…
In Bezug auf die deutsche Cister wäre ich dann allerdings wohl kaum zu bewegen gewesen etwa nicht auch über meine dazu schon lange geäußerten Sorgen zu sprechen, aber selbst wenn mir da auferlegt worden wäre, dann doch lieber nur über Dudelsäcke zu referieren, so hätte ich wohl keineswegs darauf verzichtet, auch deutlich zu machen, dass gerade auch die traditionelle deutsche Cister inzwischen wieder stärker beachtet, und in ganz neuartigen Instrumentalkombinationen genutzt wird und so auch in meiner Gruppe nun bevorzugt zur Begleitung von allen deutschen Dudelsacktypen eingesetzt wird, was damals bereits durch verschiedene Auftritts-Mitschnitte, aber auch durch professionelle Studioaufnahmen belegt war.
Außerdem hätte ich, aus dem Blickwinkel auf entsprechende sozialökonomische Hintergründe, natürlich auch über die neuen Formen staatlicher Unterstützung dieser neuartigen Musikfolklorbewegung in der DDR und dann wohl auch über vieles Andere noch, berichtet.
Und allein schon das hier Genannte hätte die musikethnologisch interessante Möglichkeit des Vergleichens zu den Entwicklungen in Schweden und gegebenenfalls auch zu entsprechenden weiteren Nachfragen und Diskussionen bei den Kongressteilnehmern geboten und eben auch den hier aus aller Welt Angereisten entsprechende musikethnologische Informationen zu dem Land in welches sie da geladen worden waren, geboten.
Und gerade auch in Hinsicht auf Fragen nach den für solche musikethnologische Entwicklungen jeweils spezifisch vorliegenden Bedingungen für professionelles und amateurisches Volksmusikmusikantentum, hätten sich da wohl auch hochinteressante Differenzierungen ergeben. Soweit mir damals bekannt war, konnten entsprechend aktive Musikfolkloregruppen in Schweden, welche sich effektiv für die Erhaltung und Belebung des schwedischen Dudelsackspiels und überhaupt für die Pflege schwedischer Musikfolklore engagierten, dort von ihrem Staat gesetzlich gesichert stattliche Subventionen zur Absicherung ihres kulturellen Wirkens einfordern.
Damals wurde es Erich Stockmann in der DDR zweifellos als ein besonderer politischer Verdienst angerechnet, dass er in seiner internationalen Funktion als Präsident des UNESCO-ICTM, diesen Kongress nun auch nach Berlin, in die "Hauptstadt der DDR" geholt hatte, und in den Medien des Landes wurde dieses Ereignis natürlich als ein entsprechender politischer Erfolg dargestellt…
Wieso aber wollte oder konnte sich dieses Land dann dort auf diesem Kongress nicht ebenfalls entsprechend seiner aktuellen musikethnologischen Realitäten darstellen?
Damals haben dort viele Teilnehmer aus aller Welt in eindrucksvoller Weise erfahren können, dass in Schweden wieder traditionelle Dudelsäcke gespielt werden. Aber wer von diesen hat damals erfahren können, was sich in dieser Hinsicht vergleichsweise in dem Lande in welchem sie gerade zu Besuch waren, entwickeln konnte?
Ein derartiges, damals offenbar gut abgesichert vorbereitetes 'Umgehen von', bzw. auch 'Nicht-Eingehen auf' entsprechende Realitäten in der DDR, konnte allerdings schon anhand des vorliegenden Programmheftes deutlich werden. Der dort angekündigte Vortrag von Dr. Axel Hesse zu Ferienlagerliedern in der DDR, wurde ja damals auf besonderes Betreiben von Erich Stockman noch kurz zuvor untersagt; - ein Vorgang den ich damals als Mitglied des DDR ICTM Nationalkomitees unmittelbar miterleben konnte.
Dass ein entsprechendes Verhinderungswirken damals auch seinen persönlichen Wissenschafts-Ambitionen und Interessen entsprach, ist für mich ebenso eindeutig, wie die letztlich unverkennbar politischen Dimensionen eines solchen Wirkens. Schwerer erkennbar sind dabei aber wohl die tiefervernetzten politischen Hintergründe eines solchen Wirkens auf diesem Wissenschaftsgebiet.
Axel Hesse hat mir gegenüber später die Meinung vertreten, dass die Untersagung seines Referates damals wohl auch (oder vorwiegend?) auf Betreiben seitens höherer Staats- und Partei-Instanzen erfolgt sei, wohingegen ich dazu, auch, und oftmals noch eher, zu der Vermutung neige, dass entsprechendes Betreiben höhererseits, jeweils erst auf Hinweis oder Wunsch, oder eben nach entsprechender Intervention von Erich Stockmann erfolgen konnte.
Aber - wie dem in etwa auch jeweils gewesen sein möge - dass sowohl Dudelsack als auch Cister (und freilich auch vieles andere noch), in die keineswegs förderlichen Spannungsturbulenzen von wissenschaftspolitischen Querelen geraten können ist wohl unübersehbar. Und ob dies nun lediglich als eine besondere Eigentümlichkeit innerhalb von besonderen DDR-Verhältnissen anzusehen ist möchte ich bezweifeln, - wobei sich entsprechende Zweifel eben auch auf die entsprechende Aufklärungs-Interessiertheiten künftiger Musikethnologie beziehen. Sowohl eine nur pejorativ-oberflächlich bleibende künftige Bewertung der damaligen politischen Zusammenhänge (oder auch Hintergründe) zu den hier zu bedenkenden Musikinstrumentenentwicklungen in der DDR als auch jeweils tieferschürfend-klärende Forschungen dazu, werden auch künftig jeweils wieder in politisch relevante Spannungsfelder geraten können.
Allerdings liegen für eine dementsprechend doch mögliche Aufklärung zu dieser damaligen 'Vergleichssituation' dann doch sowohl der damalige schwedische "Dudelsack-Zwischenbericht" zu diesem Kongress, als eben auch viele Fakten zum damaligen Dudelsack-Entwicklungsstand in der DDR vor.
Für eine spätere musikethnologische Darstellung der Dudelsackentwicklungen die nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland erfolgt sind, bleibt jedenfalls zu hoffen - und dabei werden wir es auch wieder mit einem durchaus brisanten Politikum zu tun haben - dass da die offensichtlichen Besonderheiten der entsprechenden Entwicklungen in der DDR nicht einfach in gesamtverwestdeutschender Weise untergebuttert werden, oder etwa immer noch in der gleichen wissenschaftlich niveaulosen und politisch verzerrten Weise dargestellt werden, wie das seitens der deutschen Musikethnologie bereits im Jahre 2006, angelegentlich des Rudolstätter Festivals, vorgeführt wurde.(Siehe dazu z.B. die Anmerkung Nr.18 aus: "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de.)

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In Hinsicht auf meine Dudelsackaktivitäten bin ich geneigt dies wiederum ganz anders einzuschätzen und dabei vielleicht auch an eine tatsächliche 'Initial-Wirkung' zu denken.
Die Gruppe Windbeutel war 1978 das erste deutsche Dudelsackensemble, welches am internationalen Dudelsackfestival in Strakonice (damals bereits mit einem von mir weitgehend verändertem Bock-Instrument und einer dazu speziell angefertigten Melodiepfeife mit mehreren zusätzlichen Klappen) teilgenommen hat. In meiner Werkstatt ist kurze Zeit später auch der wohl erste in der DDR hergestellte deutsche Dudelsack mit konischer Spielpfeife entstanden. Dieses Instrument, welches zunächst von mir, dann aber auch von weiteren jungen Musikanten gespielt wurde, ist alsbald wiederum von anderen jugendlichen Neofolkloristen kopiert worden. Ein Instrument, welches eben auch innerhalb der älteren Generation von DDR-Musikfolkloristen zuvor nicht existierte.
Außerdem gab es dann über den von mir gegründeten Dudelsack-Interessenten-Verein und dessen erste Aktivitäten, alsbald auch einen Boom von Presseveröffentlichungen und dann auch immer wieder Berichte in anderen Medien. Im Zusammenhang mit verschiedenen Auftritten mit von mir selbstgebauten Dudelsäcken (zumeist mit der Gruppe Windbeutel, aber zuvor auch schon mit Jack & Genossen und zuweilen auch mit wieder ganz anderen Formationen) entstanden alsbald auch ganz unterschiedliche Dudelsack-Rundfunkaufnahmen und später auch gemeinsame Fernsehsendungen mit weiteren Dudelsackspielern.
(Siehe dazu auch meine Beiträge "Denke ich heute an Jack Mitchell" und "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de)

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So schenkte ich diese Instrumente zum Beispiel zwei mich besonders faszinierenden Musikanten der irischen Connolly Group, welche mehrfach am Festival des Politischen Liedes in Berlin teilgenommen hatten.
Beide haben im Weiteren ganz unterschiedliche politische Entwicklungen vollzogen, welche sich in ironischer oder eben auch 'symbolischer' Weise, mit ihrer unterschiedlichen Händigkeit (die bei Ihren Auftritten natürlich optisch stets von Vorteil sein konnte) in Verbindung bringen lässt: Der Rechtshänder wurde wegen seiner Aktivitäten für die IRA später zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, während der Linkshänder zum Vorsitzenden der Dubliner Müllarbeitergewerkschaft gewählt wurde.

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Diese auch bei Erich Stockmann immer wieder anklingende Auffassung ist mir in besonders deutlicher, und da eben auch vehement vertretener Weise, bei Oskar Elschek begegnet, den ich während einer vom Zentralhaus für Kulturarbeit vermittelten Studienreise in die CSSR, in seinem Institut in Bratislava besuchen konnte. Dieser Besuch war für mich nicht nur in Hinsicht auf diese, mir so völlig fremde, aber von ihm damals als eines der bedeutenden neueren Ergebnisse seiner Forschungen zur slowakischen Musikfolklore (insbesondere in Hinsicht auf dortiges Dudelsackspiel) ausführlich dargelegte Auffassung, sondern auch angesichts seines dann vorgeführten Tonstudios, höchst beeindruckend.
Über den dortigen Dudelsack sprach er - auch an meinen Fragen vorbei - ja nur unter dem soeben genannten Aspekt. Hier sei es nun erforderlich den Legenden vom kollektiven Schaffen werktätiger Menschen entgegenzutreten und demgegenüber die eher durch Einzelpersonen initiierten Instrumentalentwicklungen in der Musikfolklore, letztlich in ihrem Charakter als Modeerscheinungen zu begreifen, welche sich von den Modeerscheinungen in anderen kulturellen Bereichen keineswegs unterscheiden… In seinem Tonstudio hätte ich dann gerne auch über andere slowakische Musikinstrumente mit ihm gesprochen. Ein Raum voller offenbar modernster Tontechnik, dessen Wände zudem in höchst beeindruckender Weise mit den prächtigsten Fujaras dekoriert waren. Da sind mir dann insbesondere diese Instrumente, aber nun auch sein Verhalten zu meinen diesbezüglichen Fragen als 'beeindruckend' in Erinnerung.
Für diese große slowakische Oberton-Flöte (welche ich unter den Flöten meiner Sammlung besonders gerne anspielte und auch immer wieder Freunden und Besuchern gerne vorführte um gerade an diesem Instrumentenbeispiel auch über die Eigenarten bestimmter tatsächlicher "Folklore-Moden" in Hinsicht auf den Kult um "Nationalinstrumente" usw. zu sprechen) hatte ich mich schon seit vielen Jahren interessiert und bat nun - da auch das Exemplar in meiner Sammlung offensichtlich nicht von besonders guter Qualität war - darum, vielleicht eines dieser vielen Prachtexemplare hier anspielen zu dürfen. Dies wurde aber nicht gestattet und war wohl auch kaum möglich, denn auf 'in die Hand Nehmen' eines dieser Instrumente war diese Wanddekoration nicht eingerichtet und bei näherem Betrachten zeigte sich dann auch, dass viele dieser Instrumente in der offenbar sehr trockenen Luft dieses Studios, bereits durch diverses Verziehen und Reißen des Holunderholzes wohl kaum noch spielbar waren… Auf meine weiteren Detailfragen zu diesem Instrument erhielt ich dann aber die (mir nun durchaus abweisend erscheinende) Antwort, dass er das Instrument doch in dem von Erich Stockmann herausgegebenem und nun vorliegendem Band zu slowakischen Volksmusikinstrumenten genau beschrieben habe und hier auch nicht mehr dazu sagen könne als dort geschrieben sei… Eine Antwort, die mir nicht nur überraschend, sondern eben auch gänzlich unverständlich erschien. Diesen Band hatte ich natürlich schon gelesen, ihn aber nun hier in Bratislava (ganz im Unterschied zu einem meiner 'Maultrommelbesuche' bei Erich Stockmann, wo ich schließlich gerade zu dortigen Formulierungen mit ihm diskutieren wollte - siehe dazu Anmerkung Nr. 92.) nicht mitgebracht um etwa an Hand dieses Textes meine Fragen dazu gezielter formulieren zu können.
Seitens der slowakischen Betreuer und Organisatoren dieser Studienreise, wurde jedoch mein Interesse an gerade diesem Instrument und auch meine Bitte nach eingehenderen Informationsmöglichkeiten dazu, überaus freundlich aufgenommen, so dass ich damals auch verschiedene Fujarahersteller in ihren Werkstätten besuchen konnte, dort auch stets Antworten zu meinen vielen Fragen (sowohl zum Umgang mit dem Instrument und seinen "folkloristischen Eigenheiten" als auch zu den Problemen der Herstellung solcher schwierigen Groß-Flöten) erhielt, und dabei auch eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Instrumente anspielen konnte...Und hier musste mir auch wieder in den Sinn kommen, wie doch so unterschiedlich auch meine Versuche, etwa mit Erich Stockmann über die Waldzither zu sprechen, im Vergleich zu den doch oft von freudiger Freundlichkeit und offenbar eben auch einer bestimmten Liebe zu bestimmten Instrumenten getragenen Gesprächen verliefen, die ich eben andererseits mit engagierten Spielern oder auch Herstellern von Waldzithern oder auch anderen Volksmusikinstrumenten haben konnte…
Das wirkliche 'Interesse an', oder auch die 'Offenheit für' gegenseitigen Gedankenaustausch, können eben gerade innerhalb eines Wissenschaftsbetriebes der sich in Orientierungen auf Hierarchie-Positionierungen organisiert, allzu leicht verkümmern…

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In Bezug auf dieses Instrument, spielen wieder ganz bestimmt DDR-spezifische Erlebnisse für mich eine Rolle. Nachdem ich (während meines Philosophie-Studiums in Berlin) im Fernsehen der DDR einen Kurzfilm zur Ankündigung eines in der Volksbühne geplanten Konzertes mit der Instrumentalgruppe von Mikis Theodarakis gesehen hatte, wo dieser, mir damals noch unbekannte Komponist, am Klavier in Begleitung eines (oder auch zweier ?) Bouzoukispieler vorgestellt wurde, war ich von diesem offenbar mit Plektrum gespieltem Instrument sofort so beeindruckt, dass ich mir umgehend Karten für dieses Konzert besorgte. Am Abend des angekündigten Konzertes wurde mir aber in der Berliner Volksbühne erklärt, dass dieses nun abgesagt sei und ich das Geld für meine Eintrittskarte an der Kasse zurück erhalte… Die politischen Hintergründe dafür, wurden mir dann erst später 'tröpfchenweise' deutlicher, und das Ganze war mir natürlich höchst ärgerlich, - wobei meine Aufmerksamkeit für dieses Instrument damit wieder in besonderer Weise geweckt war. Damals war für mich allerdings nicht abzusehen, dass mir als Musikant weitere Begegnungen mit diesem Komponisten und auch mit der Bouzouki bevorstanden.…Viele Jahre später wurde im Zusammenhang mit dem Festival des politischen Liedes die Aufführung seines Canto Generale in Berlin geplant. Damals galt ich auch in dieser Politliedszene als Spezialist für internationale Volksmusikinstrumente und mir wurde - zusammen mit anderen Instrumentalisten aus der Singbewegung - ein Vertrag zur langfristigen Vorbereitung und letztendlichen Mitwirkung zu dieser Aufführung als Bouzoukispieler angeboten, wobei mir versichert wurde, dass wir dazu alsbald auch die genaue Partitur für dieses Werk und die dafür erforderlichen Original Instrumente erhalten würden. Diese Instrumente seien zwar etwas reparaturbedürftig, aber - da ich bereits bekannt dafür war ständig sowohl für Musikanten aus der Singebewegung als eben auch für Neo-Folkloristen kleinere Instrumentenreparaturen zu erledigen, könne das für mich doch kein Problem sein.
Ich erhielt dann tatsächlich zwei dieser Instrumente, deren Hälse allerdings unreparierbar verzogen waren, so dass ich nur empfehlen konnte an deren Klangkästen in Markneukirchen neue, stabile Hälse anbringen zu lassen. Aber als ich diese Instrumente ohne Saiten, damals in der Hand hatte, wollte ich natürlich auch wissen mit welchen Saiten diese bestückt und eingestimmt werden müssen. Das war aber, auch von einem aus Griechenland stammenden Arbeitskollegen an der AdW der DDR nicht zu erfahren. Als ich damals eines Tages auf dem Wege zur Arbeit auf der Straße vor dem Akademie-Hauptgebäude zufällig (immer noch in der Anfangsphase dieser Bekanntschaft) Erich Stockmann begegnete, stellte ich ihm natürlich diese Frage und er konnte mir sofort, hier auf der Straße und frei aus dem Gedächtnis heraus, die Namen mehrerer Autoren die sich auch mit der "Langhalsschalenlaute" beschäftigt hatten nennen und empfahl mir dann insbesondere zwei Arbeiten, deren genaue Titel er ebenfalls im Kopf hatte, - was mich damals auch tief beeindruckte. Ich notierte mir alles und konnte diese Arbeiten dann auch in der Universitätsbibliothek erhalten. Allerdings wurde nur in einer dieser Arbeiten auch die Bouzouki erwähnt, wobei dann aber über deren aktuell übliche Stimmung wiederum nichts zu erfahren war… Informationen dazu konnte ich damals dann nur aus Westberlin erhalten, indem mir Freunde von dort mitteilten welche Saitensätze dafür in den dortigen Musikläden angeboten wurden. Letztlich habe ich dann aber - auch aus einer Reihe von anderen Gründen - diesen Vertrag als "Bouzouki-Spieler" doch nicht unterschrieben.
Der Komponist ist mir aber, wiederum einige Zeit später, doch in näherer Weise begegnet. Wie ich im anstehenden Text dargelegt habe, wurden Jack & Genossen später auch eingeladen bei einer Festveranstaltung zu Ehren von Mikis Theodorakis aufzutreten. Jack sang damals seine irischen Rebellenlieder und wir sangen außerdem international bekannte Lieder aus dem spanischen Bürgerkrieg. Und der nur wenige Schritte vor uns sitzende, Mikis Theodorakis, welcher Jahre zuvor noch in der DDR quasi-staatsoffiziell diskriminiert worden war, lächelte uns nun, gerade bei den Liedern des spanischen Bürgerkrieges, zu. Meine Gefühle setzten sich dabei sowohl aus der Erleichterung, dass offenbar nun in der DDR zum Glück auch eine stabile Besinnung zur Wertschätzung dieses politisch engagierten Künstlers eingetreten war, als auch aus dem dazugehörigen, aber auch grundsätzlich etwas anderem Gefühl, des in diesem Sinne 'gemeinsam und unter sich Seins' von Gleichgesinnten zusammen, deren 'unter sich Sein' (ebenso wie auf der hier ebenfalls noch zu beschreibenden Veranstaltung mit Veteranen der deutschen Arbeiterbewegung / siehe dazu auch Anmerkungen Nr.30 & 32) eben in der Gewissheit des Zusammenseins mit weltumspannenden Bewegungen besteht, welche von letztlich unbesiegbaren Befreiungs- und Freiheits-Idealen und entsprechenden immer wieder aufbrechenden Menschheits-Bedürfnissen getragen werden.

(19)
Meine Aktivitäten und Absichten in Richtung auf die Verlängerung (oder eben auch die wieder verkürzende Gestaltung) von Cistern Hälsen haben aber wohl nichts mit diesem eher anders motiviertem Trend in Westdeutschland zu tun, von dem ich - außer, dass er mir eben über die 'Gerüchteebene' zu dem was "im Westen so alles läuft" verschiedentlich zugetragen wurde, - auch nichts Genaueres wusste.
Das bereits erwähnte halsgekürzte Instrument aus der von mir zusammengestellten Sammlung von Cisterninstrumenten ist meiner Ansicht nach wohl gekürzt worden, um speziell mit Blasinstrumenten in Bb-Tonarten besser zusammenspielen zu können und sich dabei eben auch entsprechend lautstärker durchsetzen zu können. Dass es dabei - ähnlich etwa wie ein Tenorbanjo oder bestimmte "Rhythmusgitarren" vorzüglich mit Plektrum gespielt wurde, wird bei diesem Instrument insbesondere durch die entsprechende Abnutzung auf seiner Klangdecke deutlich. (siehe dazu auch Anmerkung Nr. 10)

(20)
Als ein möglicher aktueller Vergleichsfall dazu kann vielleicht die gegenwärtig in Europa durchaus verstärkt zu registrierende Ukulelen-Mode angesehen werden, hinsichtlich derer mir diese Problemlage aber eher offen zu sein scheint. Diese wäre freilich wiederum auch ganz anders zu erklären. Als bemerkenswert erscheint mir dabei aber die nunmehr zu registrierende Vielfalt an unterschiedlichen Ukulele-Modellen, welche inzwischen selbstverständlich geworden zu sein scheint.

(21)
Dabei erscheint mir wieder als bemerkenswert, welche Modernisierungstendenzen sich gerade bei der Bouzouki vermerken lassen. Das ursprünglich sechssaitige Instrument tendiert nun zur Achtsaitigkeit und beide Varianten wurden dann auch zunehmend obligatorisch mit elektromagnetischen Tonabnehmern für Stahlsaiten, in der gleichen Art wie wir sie bereits bei den ersten, 'elektrifizierten Gitarren' (welche zunächst ja auch noch über ihren vollständigen Klangkasten verfügten) finden können, ausgerüstet. Zudem wurde das Instrument ab und an auch (vergleichbar etwa mit entsprechenden Entwicklungen bei der Mandoline) mit flachem Boden hergestellt.
Elektrische Tonverstärkung mit Hilfe von Tonabnehmern (die sich ja heutzutage in technisch wieder anderer Weise, für nahezu alle Saiteninstrumente recht unproblematisch "nachrüsten" lässt) fanden bei der Waldzither zuweilen bereits zu DDR-Zeiten mittels modernerer, jeweils nachträglich in den Steg eingelassener Resonanztonabnehmer statt, wobei dies meiner Erfahrung nach, bei diesem Instrument vornehmlich bei den allgemein als höherwertig angesehenen und in der DDR wohl auch häufiger verfügbaren Instrumenten mit ausgebauchtem Klangkasten vorgenommen, wurde. Dass in diesem Vergleich nun bei der deutschen Cister eine geradezu entgegengesetzte Entwicklungstendenz als bei Mandolineninstrumenten und eben auch bei der hier zu bedenkenden Langhalsschalenlaute zu vermerken ist, habe ich schon immer zu den verschiedensten Gelegenheiten - insbesondere eben auch im jeweiligen Bezug auf meine Instrumentensammlung - zu verdeutlichen versucht. Was diese wiederum betrifft, so konnte ich zu DDR-Zeiten zwar die verschiedensten Formen von Langhalsschalenlauten, aber eben damals doch keine Bouzouki erwerben. Was aber die bei diesem Instrument eben auch zu vermerkende Tendenz zu nunmehriger Flachbödigkeit anbelangt, so ist mir bereits in den sechziger Jahren eine gleiche Tendenz bei der traditionell gebauchten kasachischen Dombra, begegnet zu der es schon damals auch weniger gebauchte, tendenziell flachbödig gestaltete Exemplare zu kaufen gab. Damals ist es mir in Kasachstan allerdings nicht gelungen auch ein solches Instrument zu erwerben, so dass sich in dieser Sammlung nun nur die traditionell ausgebauchte Variante befindet.
In Hinsicht auf die letztlich wohl bei all diesen Saiteninstrumenten unvermeidlichen Tendenzen der Bemühungen um elektrische Tonverstärkung, kann in einer solchen Vergleichsbetrachtung aber vielleicht noch eine andere bemerkenswerte Entwicklungsdifferenzierung vermerkt werden. Wenn wir im Bereich all dieser hier ins Auge gefassten Hals-Saiteninstrumenten zunächst das Banjo bedenken wollen, so könnte man meinen, dass bei diesem, zuweilen doch eher 'zu lautem' Instrument, ein solches Bedürfnis einfach nicht nahe liegen konnte. Trotzdem finden wir auch dort entsprechende Bemühungen, welche aber - auf Grund der Konstruktionsbesonderheiten dieses Instrumentes - dort kaum mit den dafür einfach ungeeigneten, zu klobigen und dann auch kaum so einfach wie eben zunächst bei Gitarren, montierbaren, ersten elektromagnetischen Tonabnehmern, möglich war. Mit Blick etwa auf die Balalaika würde das Vorhaben solche elektromagnetischen Zusätze anzubringen zwar auch sofort als Zumutung empfunden werden können, aber bei diesem Halssaiteninstrument gäbe es, wenn man dortige Besonderheiten ernst nimmt, auch andere Gründe einen solchen Weg besser gar nicht erst zu erwägen. Akribische Balalaikavirtuosen, welche weiterhin auf die speziellen Klangeigenschaften und auch die speziell kultivierte Spielweise ihres Instrumentes Wert legen wollen (und solche Virtuosen für dieses Instrument, gibt es in Russland wohl etwa in kulturell vergleichbar hohem Maße wie in den USA für das Five String Banjo) könnten da einfach nicht mitmachen. Während das in den USA so abgefeimt-raffinierte Banjospiel wohl auch zuweilen mit Nylonsaiten kultiviert wird, sind aber sicherlich die "stahlbesaiteten" Banjospieler in der Mehrheit und passen insofern immer noch in unsere bisherigen Erwägungen zur elektromagnetischen Tonabnahme. In Russland aber begegnen uns, auch in dieser Hinsicht, völlig andere Verhältnisse. Virtuosen auf der Balalaika bevorzugen eine Besaitung ihres Instrumentes welche sich aus zwei Nylonsaiten und einer Stahlsaite zusammensetzt und würden sich schon von daher einer solchen 'Brutal-Modernisierung' ihres Instrumentes, wie das Anbringen eines solchen Tonabnehmers, der ja dann auch durchgehend Stahlsaiten erfordern würde, wohl kaum beugen, - egal ob sie vielleicht eher traditionalistisch oder eher modernisierungssüchtig orientiert wären. Das, was nun schon lange an der Gitarre, und in entsprechender Nachfolge dann auch an der Bouzouki erfolgt ist, kann nun auch in Hinsicht auf die Mandoline mit ihrer schon sehr lange als obligatorisch geltenden Metallsaitenbespannung bedacht werden, wobei da nun der Konflikt zwischen der Größe des Instrumentes und der eben doch unvermeidlichen Klobigkeit des hier immer noch bedachten elektromagnetischen Tonabnehmers offensichtlich ist. Insofern ist aus meiner Sicht durchaus einleuchtend, dass dieser wohl kaum mit den traditionell zumeist hochkultiviert lautenförmigen und auf diese Weise eben oft auch sehr leicht gebauten Mandolinen zusammengebracht wurde. Aber - und das scheint mir nun wieder in zweierlei Hinsicht besonders bemerkenswert - er ist wohl zuweilen doch an Flachmandolinen zu finden. In der DDR ist mir dies zweimal begegnet: Einmal in einer eher 'nachträglich amateurisch' verwirklichten Art und ein anderes mal auch in einer durchaus instrumentenbauspezifischen, fachmännischen, bzw. nahezu 'fabrikmäßig' anmutenden Ausführung. Und dies eben auch nicht zufällig jeweils an sehr stabilen und eben auch entsprechend schwereren Instrumenten, so dass sich die Klobigkeit des hinzugefügten Elementes mit der Klobigkeit der instrumentellen Grundkonstruktion, doch vertragen konnte. Das so etwas an (sozusagen) 'überstabilen' Flachmandolinen erfolgt ist, scheint mir also in doppelter Weise bedenkenswert: Auf dem Wege zur Flachmandoline hat das in der Tendenz leichtgewichtig hergestellte bauchige Instrument nicht etwa weiter an Gewicht verloren (was auf Grund der Flachkonstruktion ja nun nahe liegend und auch ohne Weiteres möglich gewesen wäre) sondern es ist (gerade wenn man US-amerikanische Flachmandolinen ins Auge fasst) tendenziell schwerer geworden. Und wenn man dies alles nun auch in Hinsicht auf die deutsche Cister überdenken möchte, so fällt mir (zumindest bezüglich der von mir hier bedachten und eben auch erlebten Entwicklung in der DDR) als bedenkenswert auf, dass man in diesen Zusammenhängen festhalten kann, dass dieses Instrument hier eine durchaus mögliche Entwicklungsphase wohl einfach übersprungen hat: Zur praktikablen Anbringung solcher Tonabnehmer, die für die ersten Schritte von elektrisch basierter Lautstärkenentwicklung bei Gitarreninstrumenten, bei Buozoukis und sogar bei Mandolineninstrumenten zu finden sind, ist es in dem Bereich, den ich hier zu bedenken habe, offenbar einfach nicht gekommen. Das mag als banale Feststellung eines belanglosen Faktes angesehen werden, kann aber für den, der gewillt ist auch analytisch-vergleichend gründlicher nachzuschauen (und dann eben auch weiter nachzudenken), doch wieder als bemerkenswert genommen werden, wenn wir dies im Vergleich zu den deutlich kleineren Flachmandolinen betrachten, welche (wie ich schon verschiedentlich dargelegt habe ) doch von ihrem Konstruktionsprinzip her im wesentlichen eben doch nun auch "Cistern" sind, - auch wenn wir dies von ihrer Entwicklungsgeschichte her betrachtet, nicht gelten lassen wollen. Sobald wir in dieser vergleichenden Geschichtsbetrachtung aber wieder die Cistern ins Auge fassen, welche geschichtlich schließlich flachbödig 'auf die Welt gekommen sind' und dann gerade in besonders leichtgewichtiger und zarter Gestalt ihre spezielle Faszinatione als stabiles Metallsaiteninstrument entfalten konnten, so sollte uns heute auch auffallen, dass sich wohl gerade bei der deutschen Cister in ihrer zunächst eben dominierenden flachbödigen Ausführung, später eine deutliche Tendenz zu eher grobschlächtigen Instrumenten vermerken lässt, deren Exemplare für eine Kombination mit einem Tonabnehmer in der hier bedachten Art durchaus besser geeignet wären, als entsprechend ähnlich stabil angelegte (aber doch viel kleinere) Flachmandolinen. Als ein Zwischen-Resümee all solchen Bedenkens meine ich hier, dass es wohl lohnenswert sein könnte, sowohl im Spezialfall-Cister als auch hinsichtlich anderer Musikinstrumente, vielleicht auch diese Problematik des "Überspringens anstehend, möglicher Entwicklungsschritte" wiederum in Bezug auf andere sozialökonomisch-kulturelle Verhältnisse, vergleichend zu analysieren. Wie verlief analytisch-Vergleichbares bei diesem Instrument etwa in Westdeutschland, oder etwa in Italien, England usw. bzw. eben auch in Portugal usw. und letztlich doch auch überall da, wo für diese Instrumentalkonstruktion weitere Entwicklungsstränge zu finden sind. Und hinsichtlich der in der DDR-Produktion favorisierten und den dazu vergleichend zu betrachtenden, in gegenwärtigem Gebrauch befindlichen älteren "Vorkriegs-Instrumenten", scheint sich mir bei den Erstgenannten (auch im Zusammenhang mit den von mir ansonsten aber als problematisch angesehenen Tendenzen zur "Ausbauchung" und "Zargenspitzwinkligkeit"), wiederum (zumal in der Vergleichssicht auf die typischen Instrumente der Hamburger Firma Böhm), auch eine Tendenz zum 'Feiner- und auch Leichterwerden' abzuzeichnen. Falls sich in Hinsicht auf diese Hamburger Instrumente objektivieren ließe, dass deren Schwergewichtigkeit und deren (aus meiner Sicht) allzu offensichtliche Grobschlächtigkeit, als unverzichtbare, oder etwa auch als wesentliche Voraussetzungen, für die Spezifik ihres Klanges (oder eben auch entsprechender Spielbarkeit usw.), in objektivierbarer Weise als 'vorzüglich' oder gar als 'besonders Cistern-spezifisch' verifiziert werden könnte, so sollten in der weiteren Entwicklung des Instrumentes auch weiterhin solche Instrumente produziert und 'ins Spiel' gebracht werden. Aber im Sinne der Suche nach einem tieferen Verständnis entsprechender Entwicklungsbewegungen des Instrumentes und all der sich dabei offenbarenden Entwicklungskonflikte, sollten meiner Ansicht nach, die Klang- und Spielwirkungsmöglichkeiten des Instrumentes möglichst in der Gesamtheit seiner wesentlichen Varianten analysiert werden um von daher sinnvolle Entscheidungen für künftige Weiterentwicklungsmöglichkeiten treffen zu können. Soweit ich dabei vergleichend urteilen kann, stehen mir dabei eine Vielzahl von Argumenten und Gründen sowie entsprechende Bestätigungserfahrungen zur Seite, um sowohl entsprechend vorliegende Tendenzen zu grobschlächtiger Schwergewichtigkeit, als auch Bodenausbauchung und Zargenspitzwinklichkeit letztlich nicht für vorteilhaft zu halten. Auf all diese Probleme werde ich - aus einem wieder etwas anderen Blickwinkel - auch im Zusammenhang mit dem dritten Hauptaspekt der hier anstehenden Eigentümlichkeitsdarstellungen noch näher einzugehen haben.

(22)
Siehe dazu auch Anmerkung Nr. 17. Nachdem ich wieder einmal versucht hatte mit Erich Stockmann über den doch so seltsamen Mangel an Interesse zur traditionellen Tischzither innerhalb der nunmehrigen Generation von neueren Musikfolkloreaktivisten zu sprechen, bemerkte er dazu, dass "eben auch in der Folklore 'Moden kommen und gehen'… " und berief sich dabei sogleich wieder "auf die neueren Forschungsergebnisse zur slowakischen Musikfolklore" bzw. seines Kollegen Oskar Elschek. Ich meine zu diesem Instrument, welches ja auch in Österreich und wohl auch in der Schweiz sowie in Italien, gespielt wird, dass es bedauerlich wäre, wenn sich gerade die deutschen Musikwissenschaften überhaupt nicht oder eben zuwenig, an der genaueren Analyse derartiger Selektionsprozesse beteiligen wollen. Die abwiegelnde 'Mode-Bemerkung' von Stockmann schien mir dabei, gerade in Hinsicht auf diese Musikinstrumenten Bewegungen in der DDR, eine einfach nur leichtfertig gelebte Form von extremer Verantwortungslosigkeit eines mit gossen Verantwortungsbefugtheiten ausgestatteten Wissenschaftlers. Dass sich Derartiges in Hinsicht auf die Waldzither später als noch gravierender erweisen sollte, war damals für mich in keiner Weise absehbar. Auf die damit verknüpften Problemkonstellationen werde ich im Zusammenhang mit dem von mir noch näher zu behandelnden vierten Hauptaspekt einzugehen haben,

(23)
Siehe dazu Sachs, Curt: Vergleichende Musikwissenschaft / Musik der Fremdkulturen, Heidelberg 1959

(24)
Zu den eigenartigsten Behauptungen über die nach 1989 nun von westdeutsche Seite zu erforschenden Verhältnisse in der DDR, gehört für mich, die nach 1990 in den Medien immer wieder kolportierte Behauptung, dass DDR-Bürger über den bürgerlichen Widerstand gegen den deutschen Faschismus und also auch über den Kreis um Oberst Staufenberg, doch kaum etwas wissen konnten, da in der DDR letztlich auch von Historikern nur über den kommunistischen Widerstand gearbeitet und öffentlich berichtet wurde. Und natürlich fanden sich dazu aus der Zunft ostdeutscher Historiker auch sofort welche, die nun bestätigten, dass sie auch genau nur dies getan hätten, jetzt aber gewillt seien sich zu bessern…. Und ich konnte auch wenig Grund haben Derartiges nun etwa jeweils immer anzuzweifeln. Verwunderlich und überaus zweifelhaft müssen mir aber diese so oft verkündeten Behauptungen zu einer in der DDR 'quasi staatlich verordneten Nichtzurkenntnisnahme' von Hitlergegnern aus dem bürgerlichen Lager erscheinen.
Da ich im Zusammenhang mit Freunden und Bekannten meiner Eltern, aber eben auch im Zusammenhang mit meiner, ein Vierteljahrhundert umfassenden Mitgliedschaft in der SED, in meinem Leben in der DDR eine ganze Reihe von Menschen aus dem definitiv kommunistischen Widerstand, aber eben auch dem eher sozialdemokratischen und auch aus dem durchaus 'rein bürgerlichen' Widerstand gegen den Faschismus, persönlich kennen lernen konnte und sich, in einer für mich sehr beeindruckenden Weise gerade bei Menschen, die dem deutschen Faschismus von Anfang an und immer, widerstanden hatten, trotz des jeweils offensichtlichen Generationen-Abstandes, auch nicht nur persönlich-bekanntschaftliche, sondern dann auch persönlich-freundschaftliche Beziehungen ergaben, ist in meinem Falle wohl unzweifelhaft, dass ich schon seit meiner Kindheit durch ein großes Maß an Wissen und eben auch persönlichen Erlebnissen, zu Menschen aus dem kommunistischem Widerstand geprägt war und insofern auch stets interessiert war, möglichst viel über all die Menschen zu erfahren, die den deutschen Faschisten widerstanden hatten. Und dieses bei mir wohl zweifellos kommunistisch entstandene und dann wohl auch kommunistisch orientierte Interesse an weiterem Wissen über den Widerstand gegen den Faschismus führte bei mir auch dazu, schon als Jugendlicher auch die in der DDR angebotene Literatur über die Nazi-Offiziere zu lesen, welche sich später in selbstaufopfernder Weise zum Widerstand gegen ihren Führer entschlossen hatten. Meiner Erinnerung nach handelte es sich da wohl vorwiegend um Darstellungen sowjetischer Autoren, in denen vor allem immer wieder Staufenberg als überragende Heldenpersönlichkeit geschildert wurde. Und die für mich damals überaus beeindruckenden Darstellungen von den mit diesen Offizierskarrieren jeweils verbundenen Prozesse des Umdenkens und des Umentscheidens, waren sicherlich auch für die weitere Entwicklung meiner wohl bis heute durchaus kommunistischen Gesinnung, von wesentlicher Bedeutung. Spätere, - dann auch nach 1990 verstärkt publizierte Darstellungen zu den Heldentaten dieser Hitlergegner aus dem bürgerlichen Lager, haben dann in vielen Details auch mein Wissen dazu erweitern können, dabei aber eben stets auch dazu beigetragen nicht nur mein Wissen über Hitlergegner, sonder auch über alle meine politischen Gegner, zu erweitern und zu schärfen. Andererseits konnte ich nach 1989 wiederum erstaunt darüber sein, dass ich über den Hitlerattentäter Georg Elser, dem meine Verehrung und Hochachtung zweifellos in weitaus größerem Maße gilt, als den ansonsten großbürgerlich verehrten Hitlergegnern, zuvor noch nicht allzu viel erfahren hatte.

(25)
Als ein in besonderer Weise deutliches Beispiel für die versuchte Politisierung eines Musikinstrumentes kann vielleicht die so genannte "Stössel-Laute" angesehen werden.
Von diesem, überaus interessanten Kasten-Zitherinstrument befindet sich unter den von mir gesammelten Instrumenten nur ein Exemplar, welches allerdings wiederum einige Besonderheiten aufweist. Der Erfinder dieses Instrumentes hatte in der Zeit des deutschen Faschismus die Hoffnung, dass diesem Instrument im Sinne einer 'besonderen Geeignetheit für die musikalische Erziehung der Hitlerjugend', nun auch eine besondere Förderung seitens der staatsoffiziellen Kulturinstitutionen zu Teil werden könnte. Dem Instrument selbst sieht man Derartiges freilich kaum an. Ganz anders wieder zeigen sich bestimmte Politisierungen bei Musikinstrumenten an denen in symbolhaft unübersehbarer Weise am Instrument selbst entsprechende politische oder eben auch "nationale" Symbolisierungen angebracht sind.
So finden sich beispielsweise an den Resonatoren mancher US-amerikanischer Luxus-Banjos akribisch ausgeführte Intarsien in Form des offiziellen US-Staatswappens und die zumal in der so genannten "Rock-Music" unübersehbare Gestaltung von Gitarren oder auch Geigen mit Sternenbannersymbolik oder auch südstaatlerischer Rebellenflaggen-Symbolik, ist eigentlich unübersehbar. Bezüglich der von mir gesammelten Instrumente findet sich derartig Vergleichbares beispielsweise wieder an Zithern mit der Abbildung des deutschen Zeppelins (welche mir auch außerhalb meiner Sammlung begegnet sind) oder auch in verschiedener Weise an russischen Balalaikas, wo insbesondere bestimmte Intarsien zur sowjetischen Weltraum- Forschung eine Zeit lang geradezu obligatorisch waren. In welcher Weise nun auch die Beschäftigung mit der Waldzither in der DDR letztlich eine hochpolitische Angelegenheit war, lässt sich freilich an solchen Äußerlichkeiten, denen manche Musikinstrumente wohl nicht entgehen konnten, letztlich aber auch nicht unweigerlich ausgeliefert sein müssen, keineswegs ablesen. Im hier von mir als einem wohl doch unleugbarem Komplex von besonderen 'DDR-Eigentümlichkeiten' geschildertem Falle, handelt es sich aber ebenfalls um ein Musikinstrumenten-Politikum, - wenn auch von wieder ganz anderer Art. Und zwar sowohl 'meinerseits', was den Komplex meiner diesbezüglichen Motivationen und deren Entstehung betrifft, als auch 'andererseits' oder eben 'allgemeinererseits', was den eben auch zweifellos politisch durchwebten Komplex von entsprechend DDR-spezifischen Gegen- und Verhinderungs-Tendenzen anbelangt. Und wenn dabei dann auch - immer in Hinsicht auf die DDR-Realitäten - die ganz unterschiedliche Rolle, die dieses Instrument innerhalb der stets in hochpolitisch Form daherkommenden Polit-Lied-Bewegung der DDR (immerhin fand in diesem Lande auch regelmäßig das weltweit größte "Festival des Politischen Liedes" statt) im Vergleich mit der dann dort (durchaus auch als 'Gegenbestrebung' zu verstehenden) neueren Musikfolklorebewegung spielen konnte, vergleichend betrachtet wird, werden eben ganz anders geartete Formen von 'gewollter' oder auch 'nicht gewollter' Politisierung deutlich.
So hatte etwa Jack Mitchell auch in den verschiedensten Diskussionen zur politischen Bedeutung von Musikfolklore immer wieder betont, dass letztlich jede Beschäftigung mit Folklore und auch traditionellen Musikinstrumenten, schon allein deswegen von politischer Bedeutung sein kann, weil damit imperialistischer Kulturnivellierung entgegengewirkt wird.

(26)
Nachdem dieser besondere deutsche Staat nun untergegangen ist, stehen natürlich in Hinsicht auf die weitere Geschichte dieses deutschen Volksmusikinstrumentes innerhalb der weiteren Geschichte Deutschlands, auch künftige wissenschaftliche Vergleichungen, sowohl zum Zustandekommen und den Inhalten künftiger Konzepte zu diesem Instrument als eben auch zum Zustandekommen und den Inhalten entsprechender weiterer wissenschaftlicher Arbeiten dazu, unter den nunmehr, innerhalb der 'Einheit Deutschlands', wieder ganz anders gearteten sozialökonomischen Bedingungen, an.
Die gegenwärtigen politischen Bedingungen in Deutschland tendieren freilich immer noch allzu deutlich dahin, gerade ein derartiges inhaltlich orientiertes Nachdenken, welches schließlich immer auch ein entsprechend sachliches Zurkenntnisnehmen des zu Vergleichenden erforderlich machen würde, weit möglichst zu vermeiden.
Wie wird sich also die Zukunft dieses Musikinstrumentes, und das weitere Nachdenken darüber, unter den künftigen sozialökonomischen Bedingungen gestalten? Was dabei meine weitergehenden wissenschaftlichen Anliegen betrifft, so wird auch eine solche Frage letztlich wieder im Zusammenhang mit einer der von mir schon seit Jahrzehnten monierten, und inzwischen fast hundert Jahre alten, Erbsünde der europäischen und da speziell der deutschen Musikwissenschaften (insbesondere Musikethnologie und Musikinstrumentenkunde) - nämlich der Sachs-Hornbostelschen 'Systematik der Musikinstrumente' - bedacht werden müssen. Dieses Vierklassensystem sollte aber meiner Meinung nach, wiederum als ein deutliches Symptom für noch weitaus wesentlichere Defizite unseres Nachdenkens zu Musikinstrumenten, innerhalb des gegenwärtigen 'Systems der Wissenschaften', begriffen werden. In diesem Sinne plädiere ich ja auch für einen grundlegenden Bewusstseinswandel in Hinsicht auf die generelle Bedeutung des 'Nachdenkens über' und der 'Beschäftigung mit' musikinstrumenteller Technik, - sowohl im Sinne eines besseren Verständnisses von 'uns selbst', als auch im Sinne einer weiteren Kultivierung von humanen Konzepten zu künftigen Weltveränderungsmöglichkeiten. Möglichkeiten der freieren Weiterentwicklung von menschlichen Verhältnissen, innerhalb derer dann auch die weitere Entwicklung von musikinstrumenteller Technik, freier gestaltet werden kann. Freilich zunächst wohl eine Utopie, aber eben eine 'Real-Utopie' im Sinne des 'Real-Utopie-Verständnisses', auf welchem ich beispielsweise auch bezüglich meiner Waldzitherveränderungsvorstellungen in der DDR, stets bestanden habe. So möchte ich auch hoffen, dass es innerhalb derartig gestaltbarer Gesellschaftsverhältnisse auch künftig noch ein Musikinstrument mit den Besonderheiten der Cister geben kann. Letztlich eben innerhalb ganz anderer Gesellschaftsstrukturen und also auch ganz anderer Möglichkeiten eines entsprechend humanistischen Wissenschaftswirkens. Verhältnisse, in denen sich dazu auch ganz ungehindert neue Ideen entwickeln lassen, welche zwar im nunmehrigen Deutschland kaum denkbar sein werden und wohl auch unter den sich immer wieder selbst 'handicapenden' Verhältnissen in der DDR, zum Scheitern verurteilt gewesen wären, aber eben dann doch bestimmten realen Interessen engagierter Musikanten auf eine Weise entgegen kommen können, dass auch der Realitätsgehalt dabei entstehender 'Realutopien', ein weitaus größerer sein kann, als etwa in der DDR, oder etwa im jetzigen Einheitsdeutschland, - wo ein solcher wohl doch ohnehin eher gegen Null tendieren würde.

(27)
Im Sinne einer solchen wie der hier formulierten Ablehnung eines nur abstrakt bedachten und dann letztlich eben kurzsinnig dogmatisch geratenden Verständnisses von "kulturpolitischer Verantwortung", wären natürlich auch kulturpolitische Konzepte abzulehnen welche in Bezug auf den Umgang mit diesem Musikinstrument etwa mit dogmatisch vereinseitigenden Orientierungen in Richtung auf soziale Herkunft und Klassenzugehörigkeit belastet wären.
Welche sozialen Vereinseitigungen bzw. politische Belastungen, oder sonstige mögliche Schräglagen kulturell-sozialökonomischer Art sich hinsichtlich des Umgangs mit einem spezifisch national-traditionellem Musikinstrument ansonsten in seiner weiteren Entwicklung ergeben können, wäre dann jeweils Gegenstand einer sozial-politisch konkreter orientierten Musikethnologie.
Bezogen auf die Verhältnisse in der DDR hätte ich mir eben durchaus gewünscht, dass staatliche Kulturpolitik sowohl die historisch-sozialen Hintergründe dieses Musikinstrumentes, als eben auch die soziale Dynamik bei der Entstehung neuerer jugendlicher Musikfolkloregruppen ernst nimmt. Denn - neben vielen anderen Unterschieden zur vorhergegangenen FDJ-Singebewegung - konnten in dieser "Jugendfolklorebewegung" plötzlich sowohl alte 'Arbeiterinstrumente' als eben auch 'junge Arbeiter' eine Rolle spielen. Meiner Erfahrung nach war aber bei den entsprechenden kulturpolitischen Verantwortungsträgern weder das Verständnis, noch das Interesse für diese eigentlich doch so offensichtlichen neuen Tendenzen, vorhanden. Die singebewegungsgewieften Kulturverantwortlichen der DDR beriefen sich da in ihren Entscheidungen immer wieder auf ihre entsprechenden bisherigen Erfahrungen, die freilich eher aus einem intellektuell-studentischem Umfeld herrührten und sich dann in der Neo-Folk-Szene auch entsprechend fatal auswirkten, wobei ich dabei immer wieder die Erfahrung machen konnte, dass für die besonderen Bedingungen denen folkloreinteressierte junge Arbeiter unterliegen, weder ein entsprechendes Verständnis noch ein besonderes Förderungsinteresse aufgebracht wurde, - obwohl doch die in diesem Sinne bestehenden Gesetze der DDR nur entsprechend intensiv und konsequent hätten angewendet werden müssen.

(28)
Siehe dazu: "Denke ich heute an Jack Mitchell…", in: www.bhje.de.

(29)
Siehe dazu auch Anmerkung Nr.18

(30)
In Hinsicht auf den Begriff "internationale Folklore", welcher in der DDR als eine durchaus übliche Ankündigung von Musikstücken und Liedern aus verschiedenen fernen Ländern - aber eben nicht aus dem eigenen Land - gehandhabt und verstanden wurde, neigte ich (und manchmal noch viel heftiger Jack Mitchell) immer wieder zu kritischen Diskussionen und dabei zu konträren Positionierungen gegenüber den dazu üblicherweise vorgebrachten Interpretationen.
Dabei zog ich es oft vor möglichst von "Folklore aus aller Welt" zu sprechen, womit sich meiner Auffassung nach dann in allen diesbezüglichen Diskussionen zwei Sachverhalte deutlicher akzentuieren ließen:
- Unter dieser Überschrift sollte es meiner Meinung nach keine Missverständnisse darüber geben, dass dazu selbstverständlich auch deutsche Volksmusik zu gehören hat; und - auch - unabhängig davon wie sich manche "Folklorefachleute" nun über weitergehende Begriffsfestlegungen streiten mögen - keine Missverständnisse darüber, dass in unserem Sinne dazu sowohl 'regionale Folklore aus aller Welt' als auch 'internationale Folklore welche sich eben auch in den verschiedensten Regionen der Welt findet' von Interesse ist und also auch von uns zu hören sein wird.
Das war sowohl die Auffassung von Jack & Genossen, als auch der Gruppen Windbeutel und Volkslied, und meiner deutlichen Erinnerung nach in ähnlicher Form auch einiger anderer, politisch deutlich links positionierter Neofolkloristen, - aber eben keineswegs die Position einer Mehrheit innerhalb dieser Jugendfolklorebewegung in der DDR, - innerhalb derer allerdings damals durchaus ein 'linker Flügel' zu derartigen Problemstellungen zu vermerken war.
Ich wollte mich mit dieser Positionierung auch gegen die immer wieder vertretene (und in den letzten Jahren der DDR auch zunehmend von bestimmten Kulturinstitutionen offiziell propagierte) Auffassung wehren, dass Folklore eben nur in regionaler Form existiere und insbesondere die Lieder der Arbeiterbewegung (und diese dabei dann auch in ihren nur regionalen Erscheinungsweisen) sowie auch gegenwärtiger rebellischer Protestbewegungen etc. ebenso wenig zu Folklore gehören könnten, wie etwa auch andere international verbreitete Lieder, die eben in aller Welt gesungen werden. Eine aus meiner Sicht nicht nur wissenschaftlich unhaltbare Konzeption, sondern eben auch ein spezifisch bürgerliches und letztlich immer wieder rückwärtsgewandtes Folklorekonzept.
Bei Jack & Genossen wollte Jack in solchen Kontroversen immer noch einen weiteren Akzent setzen, indem er gerne von "internationaler kommunistischer Folklore" sprach und dabei stets versuchte in einem solchen Sinne sowohl uralte Lieder verschiedener Nationen, als auch traditionelle Lieder der Arbeiterbewegung und ebenso auch erst ganz frisch entstandene Lieder aus gegenwärtigen Streik- und Bürgerrechtsbewegungen sowie Lieder der Friedensbewegung, in seinen eben stets internationalistisch angelegten Programmen zusammenzufassen, was natürlich auch von mir immer unterstützt wurde.

(31)
Siehe dazu ebenfalls Anmerkung Nr.18

(32)
Der Eine sprach über seine Erinnerungen an sein Instrument welches er oft zusammen mit einer Mandoline im Kreise naturfreundlich gesinnter Wanderkameraden gespielt hatte und der Andere über die Rolle die sein Instrument bei der Begleitung eines Arbeiterchores zu übernehmen hatte, wobei er dabei betonte, dass es auch geschehen konnte (wenn zum Beispiel die Gitarre fehlte), dass nur er mit seinem Instrument alleine bis zu zwanzig Sängerinnen und Sänger zu begleiten hatte und deswegen auch immer mit dem Plektrum spielen musste …

(33)
Als mehrfache Gesprächsteilnehmer in solchen Folkloresendungen entsinne ich mich außer an die offizielle Moderatorin der jeweiligen Sendungen vor allem an die Rundfunkmitarbeiter und alt-erfahrenen Kenner der Singebewegung Hanni Bode und Manfred Wagenbreth, sowie eben immer wieder auch an Jürgen Wolf, Eric Kross, Stephan Kraftcyk oder auch Bob Lumer usw., wobei mir seitens des Rundfunks immer wieder die Rolle eines Vorführers von möglichst seltsamen, selbst hergestellten Musikinstrumenten (so etwa mein 'Dudel ohne Sack' und andere Schalmeien und Dudelsäcke, Mirlitonflöten, Quenas, Panföten, Slide-Whistles, verschiedene Stab- und Schnur-Reibetrommeln, Waldteufel, Maultrommeln usw.) zugeteilt wurde, auf denen dann auch 'seltene Klänge' erzeugt werden sollten, die die Zuhörer dann auch manchmal zu erraten hatten.

(34)
Gerade diese 'Rundfunk Situation' war damals auch in einer doppelten Weise von 'Doppelmoral' durchtränkt:
Unter den zu dieser Sendung anwesenden ZAG-Mitgliedern waren sicherlich auch solche, welche sich noch an meinen zuvor 'abgelehnten' ZAG-Vorschlag zur Waldzither-Mangel-Situation in der DDR (siehe dazu auch die Anmerkungen 36 bis 39) hätten entsinnen können, aber nun sorgenvoll über eine 'Gefährdung' der Musikfolklorebewegung in der DDR sprachen, wo doch zuvor die mögliche Milderung dieser Mangelsituation zur Diskussion stand. Und in den Bedenken zu den von mir nun möglicherweise provozierten 'Gefährdungen' stand dann auch das von mir benutzte Wort 'verscheuern' im Mittelpunkt; - denn eine solche Sprache müsse im Rundfunk doch vermieden werden. Kurz zuvor aber wurde in dieser Sendung ausführlich über die Verlogenheiten des "romantischen deutschen Volksliedes" als Ausdruck von bürgerlicher Doppelmoral gesprochen und dieser bürgerlichen Verlogenheitskultur die nunmehrige Beschäftigung der Folkländer mit dem "derb-sozialkritischen" deutschen Volklied gegenüber gestellt, wozu den Rundfunkhörern dann auch erklärt, und sogleich mit entsprechenden Folkländerbeispielen musikalisch belegt wurde, dass "im wirklichen echten deutschen Volkslied eher vom Huren und Saufen" gesungen wurde, denn das Volk habe nicht romantisiert, sondern eben "gehurt und gesoffen". Meine dann während der Sendung entsprechender Lieder erfolgende Anmerkung, dass es doch wohl auch deutsche Volkslieder gibt, in denen vom Saufen und Huren bei Kirchenleuten und feineren Herrschaften die Rede ist, wurde dabei als ausgesprochen unpassend empfunden und ging dann natürlich auch nicht über den Sender.

(35)
Zu dieser ZAG-Gründung, sowie zur weiteren Entwicklung meiner mit dieser ZAG zusammenhängenden Aktivitäten und Verweigerungen, siehe auch meinen Beitrag: "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de

(36)
Zum damaligen Zeitpunkt hätte weder in dieser ZAG, noch im "Zentralhaus für Kulturarbeit der DDR" oder etwa in irgendeiner anderen Institution des Landes, gesagt werden können, wie viele derartiger Musikfolkloregruppen inzwischen entstanden waren, noch hätte es damals irgendeine Möglichkeit der konkreten Bedarfsermittlung bei solchen Gruppen geben können.
Aus meiner Sicht - und genau mit diesen Argumenten habe ich mich damals auch gegen das Unterschreiben und entsprechendes Weitervermitteln solcher 'Ermittlungsunterlagen' gesträubt - handelte es sich da um eine 'bürotechnisch organisierte Vermittlung der weiteren Verschleierung von Zuständen, welche doch aber nun zur Veränderung anstehen'.

(37)
Wenn ich auch hier - so wie ich das immer wieder getan habe, und mir da auch nie widersprochen werden konnte - wiederum betone, dass nach meinem Verständnis der dazu vorliegenden Gesetze der DDR, die eigentliche wesentliche Aufgabe bzw. der grundlegende Verantwortungsgehalt dieses ZAG- Gremiums darin bestand, die zuständigen staatlichen Kulturinstitutionen zu Problemen der Entwicklung und Förderung dieser "Jugend-Musikfolklorebewegung" in der DDR, zu beraten, so muss auch verdeutlicht werden, welchen Umkehrungen dieses Gremium und die damit verbundenen Musikfolkloreentwicklungen in der DDR in ihrer weiteren Entwicklung unterlagen.
Diese Gesetzeslage wurde von den eigentlich zu beratenden Kulturinstitutionen (insbesondere dem Leipziger Zentralhaus, aber wohl auch seitens des Kulturministeriums) alsbald in einer für mein Verständnis letztlich die Gesetze der DDR verletzenden Weise missachtet und jeweils nach Belieben entsprechend 'uminterpretiert', was sich im Verlaufe der weiteren Entwicklung dann auch darin zeigte, dass diese ZAG zunehmend zum Erfüllungsorgan von Zentralhausambitionen umfunktioniert wurde und dabei diese Erfüllungsfunktion im Detail auch immer mehr dadurch abgesichert werden konnte, das in dieser ZAG sowohl die Anzahl, als auch die dortigen Wirkmöglichkeiten von Verantwortungsträgern aus Staatsinstitutionen, die doch eigentlich von den Musikfolkloristen hätten beraten werden müssen, erhöht wurde.
Dieses Gremium setzte sich letztendlich zunehmend aus Funktionären und Fachinteressenten zusammen welche keineswegs selbst musikfolkloristisch aktiv waren, sondern in diesem Gremium dann eher im Sinne ihrer eigenen Fachbereiche, ihrer speziellen Ressortinteressiertheiten oder eben einfach im Sinne ihrer eigenen Bedeutungserhöhung, agierten und dort dann auch entsprechende Beziehungen etc. knüpfen konnten.
Im Sinne meines Verständnisses von ZAG-Arbeit meinte ich dann auch mit meinem damaligen '12 Punkteprogramm zur Waldzither', welches ich schließlich in der AG Musikfolkloristisches Instrumentarium als Diskussionsvorlage zu einer in Richtung auf das ASMW in Markneukirchen zu entfaltenden 'Beratungsoffensive' entworfen hatte, mit dem Leiter dieses Amtes ins Gespräch kommen zu können. Eine Institution welche doch nun zu den Fragen der Produktion von Musikinstrumenten und der entsprechenden Unterstützung einer landesweiten neuen musikantischen Amateurbewegung, welche auch bereits erste professionell tätige Berufskünstler und nun auch (ganz anders als bei der vorhergegangenen "FDJ-Singebewegung") einen ganz spezifisch neuartigen und erweiterten Musikinstrumentenbedarf hervorgebracht hatte, reagieren müsste und also auch an entsprechender Beratung seitens eines dazu eigens neu eingerichteten Beratungsgremiums interessiert sein müsste, um also auch mit weiterführenden Vorschlägen und Anregungen in Richtung auf die staatliche Planwirtschaft, wirksam werden zu können.
Aber gerade dieser ASMW- Leiter, der sich zuvor noch niemals mit diesem Instrument oder etwa mit den inzwischen in der DDR neu entstandenen musikfolkloristischer Aktivitäten befasst hatte, war von ganz anderen Bestrebungen getrieben und erfüllt. Insofern kann dieser "Umkehrungsprozess" den ich hier kommentieren möchte, an seinem Beispiel vielleicht in besonders exemplarischer Weise verdeutlicht werden, denn in diesem Falle funktionierte dieser von mir als 'Umkehrung' bezeichnete Funktionswandel in folgender Weise:
Dieser Leiter eines staatlichen Amtes wird seitens des Zentralhauses für Kulturarbeit flugs als Leiter des beratungsvermittelnden Organs (also der AG Musikfolkloristisches Instrumentarium) eingesetzt und dann wiederum vermittelt durch dieses Zentralhaus, auch zum Mitglied des zentralen Beratungsgremiums (also der ZAG - Musikfolklore) berufen und kann dann nicht nur in seiner vielleicht ohnehin schon beratungsresistenten Position, sondern nun auch in einer dann vor weiteren Beratungsbelästigungen geschützten Machtposition, verbleiben, wobei er seine, dann auch entsprechend selbstbewusst gelebte Machtgewissheit in diesem Falle wohl nicht nur einer sich letztlich in vielfältigen Intrigen durch die Politik schlängelnden staatlichen Kulturinstitution, sondern wohl vielmehr noch einem dabei erfolgreich mitwirkenden Intrigengeflecht aus verkommener Wissenschaftsorganisation a la Stockmann etc., zu verdanken hatte. Wenn ich dabei mein Augenmerk weiter auf die hier zu behandelnden 'Waldzithereigentümlichkeiten' richte, so ist es für diese kulturleitende Zentraleinrichtung in Leipzig im Falle meiner ersten ZAG-Waldzitherinitiative, mit Hilfe eines letztlich doch recht billigen Tricks bzw. unter offensichtlicher Ausnutzung von ohnehin entsprechend manipulierenden aber eben auch vielfältig manipulierbaren Personen, gelungen, sich damals auf keinerlei 'Beratungs- oder Empfehlungs-Modalitäten' einlassen zu müssen und dabei lieber die alteingewöhnt verlogene Berichterstattungsunkultur unangetastet zu lassen.
Dies geschah noch ganz zu Anfang möglicher ZAG-Wirksamkeiten.
Im Falle meiner später viel grundsätzlicheren, weiterführenden Waldzitherinitiativen, kam dann ein weitaus grundsätzlicherer 'Trick' in Anwendung, mit dem diese offenbar überaus trickreich-erfahrene Kulturinstitution nun mit diesem ASMW-Chef auch einen stets abhängig-gefolgschaftstreuen Mitläufer an sich binden konnte, welcher künftighin auch für das aktive Mitmachen in den allerschmutzigsten Intrigen, effektiv eingebunden werden konnte.
Aber meine hier behandelten Waldzithereigentümlichkeiten bilden sicherlich keinen "Roten Faden" in diesen Entwicklungen, sondern sind eher kleine Fadenabschnitte in einem viel verzweigteren Netzwerk von Zusammenhängen und sich verknotenden Verwirrspielen. Entsprechend unglückseligen 'Umfunktionierungen' eigentlicher Verantwortlichkeiten konnten einem da schließlich auch in ganz anderer Weise begegnen.
Ich muss dabei auch an einen damals ebenfalls an diese Adresse gerichteten Vorschlag zur Aufnahme der Produktion von Selbstbausätzen für eine einfache Hümmelchen-Melodiepfeife mit zylindrischer Bohrung, Doppelrohrblatt und Windkapsel denken. Den entsprechenden Dudelsack- und Schalmeien- Interessenten wäre damit der exakt mit 4mm Innenbohrung ausgestattete, und in seiner Grundform vorgedrechselte Melodiepfeifenrohling - also der für ein Hümmelchen wichtigste Teil - in einer weitgehend vorbereiteten, aber eben noch bastlerisch fertig zu stellender Form, angeboten worden. Also auch so etwas wie der Rohling eines 'geraden Krummhorns' oder eben einer 'Dolzaina'.(Siehe dazu auch meinen Beitrag: "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", sowie "Zu den Besonderheiten einiger zylindrischer Schalmeien der Musikinstrumentensammlung der Hochschule für Musik des Saarlandes", in: www.bhje.de.)
Dass dies für die DDR-Musikinstrumentenindustrie ohne weiteres möglich gewesen wäre, wurde mir damals in Markneukirchen von den verschiedensten Instrumentenbauern bestätigt. Dass dafür inzwischen ein Bedarf in der DDR entstanden war, konnte auch nicht bezweifelt werden. Dass die Produktion eines solchen 'Selbstbau-Satzes' auch ökonomisch gewinnbringend gestaltet werden könnte und möglicherweise sogar 'exportfähig' (also auch 'devisenbringend') konzipiert werden könnte, wurde auch nicht bezweifelt, zumal ich mit dem von mir dazu als Modell vorgelegten Vergleichs-Bausatz drei jeweils unterschiedlich vorbereitete Varianten vorstellen und diskutieren konnte.
Aber irgendwie - wer weis wo und aus welchen Gründen - war dieser Vorschlag dann höhererseits doch nicht 'genehm' oder eben 'unbequem', und wurde dann mit folgender gutachterlichen Begründung dieses Leiters des ASMW Markneukirchen abgelehnt:
Ein solcher Bastler-Bausatz würde die Bereitstellung einer Vielzahl kleiner Instrumentenöl-Fläschchen erforderlich machen, welche dafür allerdings plan-ökonomisch nicht zur Verfügung stehen können...
Ich musste auch später immer wieder den Eindruck gewinnen, dass die von dieser Seite erfolgenden Gutachterdiestleitungen für verschiedene Ministerien, von durchaus ähnlicher 'Umkehrungs-Art' waren und oftmals wohl eher in Richtung auf obrigkeitsgefällige Informationen zur Vermeidung möglicher Schwierigkeiten, und eben nicht entsprechend der eigentlichen fachlichen Verantwortung, in Richtung auf das objektive Einschätzen, Aufzeigen und Begründen von realen Möglichkeiten, ausgerichtet waren. Gefälligkeitsgutachten die in einer alles verkehrenden Weise letztlich im Sinne eines gewollten Nichtwahrnehmenmüssens von offensichtlich doch vorhandenen Möglichkeiten, angefertigt wurden.
Innerhalb eines - wie im Falle der Thüringer Waldzither doch offensichtlich - entsprechend verfehlten, und dann an realen Bedarfsermittlungen auch nicht mehr interessierten Planwirtschaftens, muss natürlich auch ein entsprechender Bedarf an derartigen 'Urteilen und Gutachten entsprechender Fachleute' entstehen. Natürlich konnte ich angesichts dieser so völlig unsinnigen Abweisung meines damaligen 'Hümmelchen- Pfeifen- Selbstbausatz-Vorschlages', nicht aufhören weiter darüber zu diskutieren, was mir noch Jahre danach im Kulturministerium den inzwischen verfestigten Vorwurf einbrachte, dass ich ja bekanntermaßen nicht gewillt sei das 'Urteil von ausgewiesenen Fachleuten' zu respektieren.
Im Verlaufe meiner späteren Bemühungen zur Waldzither, wurde ich dann immer wieder mit derartigen 'fachlich begründeten' Unmöglichkeitserklärungen konfrontiert, wobei auf diesen Wegen dann auch mein an Jochen Schmidt ebenfalls herangetragenes 'Banjokessel-Projekt' wieder eine ganz besondere Rolle spielte, und ich insofern auch darauf wieder detaillierter eingehen werde. (Siehe dazu beispielsweise auch die Anmerkung Nr. 12.)

(38)
Dieser Betrag entsprach genau der Höhe meines damaligen Monatsgehaltes als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereiches "Philosophische Probleme der Wissenschaftsentwicklung" am Zentralinstitut für Philosophie an der Akademie der Wissenschaften der DDR.

(39)
Rückblickend kann ich diesen, damals entsprechend abgelehnten Vorschlag, auch im Zusammenhang mit anderen, diese ZAG-Musikfolklore betreffenden Initiativen von mir, welche in ähnlicher Weise scheiterten bzw. letztlich nicht erfolgreich waren, vergleichen, - oder eben auch in entsprechend allgemeineren Zusammenhängen überdenken.
Dazu gehören dann freilich auch meine späteren Waldzitherprojekte, welche ja in der DDR auch nicht mehr verwirklicht werden konnten.
Was nun bestimmte andere, im ZAG-Umkreis erfolglose, oder eben auch gescheiterte Bestrebungen von mir betrifft, so halte ich diese hier im Zusammenhang mit bestimmten allgemeineren Mentalitätsbesonderheiten damaliger Musikfolkloristen und der darin eingebetteten Mentalität meines entsprechenden Eiferns, ebenfalls für erwähnenswert, auch wenn sie mit diesem Instrument weniger direkt zu tun haben, - wobei ich denke, dass sie in einem doppelten Sinne erwähnenswert sind:
Ich meine, dass sich im Zusammenhang damit, vielleicht auch ein generell besseres Verständnis für das jeweils spezifische Scheitern in Waldzitherangelegenheiten ergeben kann, und denke dazu außerdem, dass sich für Jeden, der insofern auch zu diesen meinen dortigen Absichten und Ansichten näher informiert ist, auch bessere Möglichkeiten ergeben können wiederum die Eigentümlichkeit meiner Waldzitherbestrebungen zu verstehen und zu beurteilen.
Zu solchen, von mir in diesem ZAG-Umkreis, aber eben auch 'höheren Orts', immer wieder diskutierten Problemen, gehörte die von mir beklagte damalige Missachtung osteuropäischer Musikfolklore in der DDR, sowie die mir ganz offensichtlich erscheinende Vernachlässigung einer gezielten Förderung von Musikfolkloreinitiativen seitens junger Industrie- und Landarbeiter. Meinerseits eine zwar permanente, letztlich aber doch ziemlich erfolglos gebliebene Diskussionsanstrengung zu diesen Problemen, zu denen sich eine solche ZAG schließlich auch nicht als zuständig empfinden musste, da es sich eher um Problemlagen allgemeinerer politischer Natur handelte. Insofern kam mir dazu auch niemals in den Sinn, etwa dort konkrete Veränderungsvorschläge zu entwickeln oder gar zu entsprechend 'veränderndem Handeln' aufzurufen.
Zu anderen, meiner Ansicht nach diese ZAG direkter betreffenden Problemen, habe ich mich allerdings auch wieder anders verhalten und - ähnlich wie zur erwähnten ersten Waldzitherinitiative - versucht konkrete Vorschläge vorzulegen oder eben auch zur Veränderung 'aufzurufen'.
Das betrifft zunächst meinen Projekt-Vorschlag zu einem von dieser ZAG in eigener Verantwortung herauszugebenden kleinen 'Musikfolklore -Fachblatt'.
Andere ZAG`s in der DDR gaben schon seit Jahren derartige kleine ZAG-Publikationen auf ihrem Fachgebiet heraus, und wurden dafür auch immer wieder auf allen möglichen Besprechungen und Beratungen entsprechend lobend erwähnt. Mein Vorschlag orientierte sich dabei vor allem an dem Vorbild des in Westdeutschland erscheinenden und mir von dortigen Dudelsackfreunden regelmäßig übermittelten "Dudelpfeifer", den dort Lothar Junghänel herausgab und den ich dann stets unter den Dudelsackinteressenten in der DDR kursieren ließ. Ich kann nun nicht alle Streitpunkte zu meiner damals der ZAG vorgelegten Konzeption erläutern, muss aber auf einen, offenbar grundsätzlichen Konflikt hinweisen. Mein Vorschlag beinhaltete natürlich, dass eine solche Klein-Zeitschrift über unterschiedliche Aktivitäten und Vorstellungen von Musikfolkloristen aus der ganzen DDR, in möglichst gleichberechtigter Mitarbeit seitens aller solcher Gruppen, zu berichten habe und auch jeweils entsprechend erarbeitet werden sollte. Demgegenüber hatte sich aber - in offensichtlicher staatlicher Favorisierung - bereits eine 'Publikations-Führerschaft' der Leipziger Folkländer, bzw. einer entsprechenden "Folkländer-Lobby" (wie ich schon damals immer formuliert hatte) etabliert, so dass dort bereits verschiedene Publikationsmöglichkeiten genutzt wurden, welche aber keineswegs als Publikationen der ZAG gelten konnten sondern eben Publikations-Organe der Leipziger-Folk-Szene waren. Ich wollte diesen Zustand, der eben keineswegs demokratisch war, und dessen Publikationen auch nicht annähernd über das inhaltliche Niveau, die Meinungsvielfältigkeit oder etwa die Liebenswürdigkeit des Dudlpfeifers verfügten, natürlich mit Hilfe und im Sinne der ZAG überwinden, - musste dann aber erkennen, dass weder das Zentralhaus in Leipzig, noch das Kulturministerium in Berlin, daran interessiert waren. Es erschien mir alsbald als immer offensichtlicher, dass seitens staatlicher Kulturinstitutionen nun beabsichtigt war vornehmlich die Leipziger Folkländer quasi als 'anführendes Leitorgan und Vorbild-Ensemble' dieser Musikfolklorebewegung zu etablieren - ganz so wie dies zuvor bereits mit dem Berliner Oktoberklub in Hinsicht auf die FDJ-Singebewegung funktioniert hatte. Was nun die Diskussionen zu entsprechenden Publikationsmöglichkeiten der ZAG selbst betrafen, so ist mir noch gut erinnerlich, dass die deutlichste Demonstration von Ablehnung nicht etwa von Jürgen Wolf oder Erik Kross (was ich schließlich erwarten konnte) sondern von Erich Stockmann kamen.
Allerdings nicht etwa in Form von Argumenten, sondern eben in den für ihn eher charakteristischen Formen von entsprechenden Gesten, gezielt unsachlichen Zwischenfragen und demonstrativ verkündeten Erklärungen zur Unmöglichkeit seiner dann doch wohl erforderlichen Mitarbeit, und seiner dann deutlich verkündeten Meinung, dass man lieber die bislang doch so erfolgreichen Publikationsinitiativen der Folkländer und die entsprechend verdienstvolle Tätigkeit von Jürgen Wolf, weiterhin unterstützen sollte.
Ich hatte damals den Eindruck, dass er, abgesehen einmal von der damals ohnehin bei ihm schon deutlich ausgeprägten Tendenz, eigentlich alle meine Diskussionen mit entsprechenden Verhaltensweisen und demonstrativen Ablehnungen zu begleiten, sich nun doch vor allem vor den künftig möglichen Forderungen zur Mitarbeit an einer solchen kleinen Zeitschrift, schützen wollte, - neige heute aber viel mehr zu der Vermutung, dass sein Verhalten wohl eher in unmittelbarer Übereinkunft mit der Obrigkeit, oder zumindest in entsprechend bewusst willfährigem Entgegenkommen, erfolgt ist. Bezüglich des erwähnten Verhaltens von Hanni Bode zu meiner damaligen Waldzitherinitiative, welches mir zunächst ja völlig unverständlich sein musste, neige ich heute, zu ganz ähnlichen Vermutungen.
Anlässlich eines ganz anderen, ebenfalls erfolglos gebliebenen späteren 'Aufrufs' von mir, muss ich wieder auf ein ganz ähnlich unsachliches, dann aber auch weitaus aggressiveres Ablehnungsverhalten von Erich Stockmann zu sprechen kommen, zu welchem nun wohl wieder andere Motivationsproportionen, aber auch bestimmte Mentalitätsbesonderheiten des entsprechend dominierenden Folkländer Umkreises zu bedenken sind. Dabei geht es um eine ZAG-Initiative, die keineswegs durch mich angestoßen wurde.
Nach den sehr erfolgreichen "Rock für den Frieden"-Großveranstaltungen der wichtigsten Rock-Gruppen der DDR (an denen ich damals auch immer schon mit meinem Demonstrationsstand zur Herstellung von Dudelsäcken und anderen Volksmusikinstrumenten teilgenommen hatte), entstand damals auch die Idee eines groß anzulegenden Friedenskonzertes der DDR-Musikfolkloregruppen. Ich kann heute nicht mehr sagen ob dieser Gedanke eher aus dem Leipziger Zentralhaus bzw. gar dem Kulturministerium, oder eher aus der Folk-Szene selbst, in die ZAG getragen wurde, wo er freilich sofort aufgenommen und entsprechend eingeplant wurde. Ich bin mir nur sicher, dass er keineswegs von mir stammen konnte, denn ich entsinne mich noch gut, wie unangenehm es mir war, als ich dazu den Auftrag erhielt nun als ZAG-Vorsitzender auch den Entwurf eines "Friedens-Aufrufs der ZAG Musikfolklore" zu erarbeiten. Meine dabei entsprechend zwiespältigen Gefühle, lassen sich vielleicht auch aus meinen damals im Musikforum (z.B. Heft 3/1985) erschienenen Artikeln ("Friedensgedanke und Arbeiterlied", aber auch "Dem Folk aufs Maul geschaut" etc.) ersehen.
Mein dann vorgelegter 'ZAG-Aufruf' zielte vor allem darauf ab, dass sich an der Vorbereitung einer solchen Großveranstaltung möglichst viele Gruppen mit Vorschlägen, Ideen und möglichen Konzertbeiträgen beteiligen sollten, wobei ich dazu betonte, dass die Spezifik und die besondere Kraft einer solchen Volksmusikanten-Initiative doch darin gesehen werden kann, dass traditionelle Volksmusikanten schließlich über ein besonders breites und spezifisch konkretes, Spektrum von Friedensliedern verfügen, welches vom Arbeiterlied bis zum Kinderlied reichen kann, und in diesem Sinne nicht nur die neu entstandenen jüngeren, sondern auch die vielen in der DDR eh schon lange existierenden 'althergebrachten Musikfolkloregruppen' aufgerufen sind, sich an der Vorbereitung einer solchen Großveranstaltung zu beteiligen.
Gegen eine solche Vorstellung entsprechender Zusammenarbeit gab es natürlich fest verwurzelte Abneigungen und Vorurteile, aber eben keine wirklichen Argumente, zumal ich dazu auch schon lange vor dieser, mir persönlich nun eher als 'aufgesetzt' und nachgemacht erscheinenden 'Folk für den Frieden'- Idee, über die Notwendigkeit einer 'friedlichen Zusammenarbeit' von neuen und alten Musikfolkloregruppen diskutiert hatte. Die dann aber gerade von Erich Stockmann vorgebrachten Einwände, waren wiederum von besonderer Natur: Er sprach über die "dringende Notwendigkeit einer gründlichen Überarbeitung" da vor allem die "Penetranz von Wiederholungen" in meinem Text unerträglich sei. Dies gab wiederum Eric Kross die Möglichkeit, nun sofort von "Phrasendrescherei wie sie jeden Tag in der Zeitung steht" zu sprechen. Das Wort 'Frieden' hatte ich damals tatsächlich siebenmal in meinem Textentwurf verwendet, so dass ich mich in meinem damaligen Ärger zu der dazu von Erich Stockmann vorgebrachten 'Penetranz-Argumentation', dazu hinreißen ließ, mich nun auf ein Wort von Bertold Brecht zu berufen (was ich ansonsten - so üblich wie das Zitieren seiner Worte eben in der DDR immer wieder war - eher vermeiden wollte) welcher meiner Erinnerung nach einmal gesagt hatte: "Wir müssen das Wort Frieden immer wieder gebrauchen, auch wenn es uns wie Asche im Mund wird" - wozu ich mich allerdings noch heute über mich selbst ärgern kann. Denn der damalige 'Penetranz-Vorwurf'' von Erich Stockmann, war letztlich doch eher ein aufschlussreiches Erlebnis (siehe dazu wiederum Anmerkung Nr.83), als ein Ärgernis.
Ein wiederum aufschlussreiches Erlebnis war dann auch der letztendlich nicht von der ZAG, sondern im Umkreise der Folkländer, erarbeitete und dann auch im Beisein von Funktionären des Zentralhauses, des Kulturministeriums und des ZK's, offiziell verlesene und mit allgemeinem Beifall verabschiedete "Friedensaufruf der Musikfolkloregruppen der DDR", von dem ich hoffen möchte, dass er auch im damals dortigerseits eingerichteten "Folklore-Archiv" noch immer erhalten sein, und vielleicht künftig auch wieder einmal aufgefunden werden, möge. Ein meiner Meinung nach bemerkenswert aufschlussreiches Dokument zu bestimmten damaligen Mentalitäten innerhalb dieses Kulturbereiches der DDR; aber vielleicht auch ein für damalige DDR-Entwicklungen typischer Beleg für die besondere Art von prinzipienlosen Verlogenheiten, mit denen damals subalterne Willfährigkeit und obrigkeitliche Verkommenheit, in gemeinsam beklatschender Beifälligkeit, zusammen kommen konnten.
In diesem Falle ein sich besonders artig und wohlgefällig gestaltender Vorgang, der seine Fortsetzung dann auch in der weiteren Entwicklung zu dieser, zunächst als öffentliche Großveranstaltung geplanten, dann aber doch zu einer letztlich nicht öffentlichen Kleinveranstaltung geratenden Vorführung finden konnte, welche letztlich nur noch den mir eher peinlich anmutenden Charakter einer 'musikfolkloristischen Leistungsschau' für einen ausgewählten Kreis von Kulturfunktionären hatte. Die letzten beiden Sätze, dieses damals von Manfred Wagenbreth verlesenen Friedensaufrufes lauteten dann:
"Wir wollen in Frieden unsere Lieder spielen. Der Krieg kennt keine guten Lieder."
Für mich ein in wiederum besonderer Weise aufschlussreiches Erlebnis, da ich den Sprecher dieser Worte bereits viele Jahre zuvor als Sänger und Gitarrist von Jack & Genossen sowie als damaligen Akteur innerhalb der Singebewegung aus dem unmittelbaren Umkreis des Oktoberklubs kennen gelernt hatte, wo er insbesondere als Spezialist für die Arbeit von NVA-Singegruppen bzw. als Textdichter für "Lieder der Waffenbrüderschaft" etc. galt und ich mich von damals auch deutlich an seine verschiedenen Diskussionen mit dem ebenfalls als Text- und Liedermacher bekannten Jack Mitchell entsinne, welchem er damals seine Auffassungen zur "Entwicklung der ästhetischen Substanz der Lieder des spanischen Bürgerkrieges" erläuterte. Später war er - auf meine Bitte hin - auch Mitglied der Gruppe Windbeutel, wechselte dann aber, nach der ersten musikantischen Begegnung mit Jürgen Wolf, von einem Tag auf den anderen zu den Folkländern, was meinem Eindruck nach, bei ihm dann wohl auch mit dem befreienden Gefühl des Abwerfens vormaliger ideologischer und politischer Verpflichtungs-Belastungen, verbunden gewesen sein wird. (Dazu kann ich mir nun auch nicht die Bemerkung verkneifen, dass er meiner Meinung nach nicht nur als einer der besten und interessantesten Musikanten innerhalb dieser Entwicklung von Singe- zu Neofolk-Bewegung in der DDR, sondern wohl auch als einer der symbolträchtigsten dortigen Persönlichkeiten bzw. eben auch selbst geradezu als entsprechend symbolische Repräsentations-Gestalt der entsprechenden Entwicklung jeweils opportuner Vorurteile und Wendungen, sowie diesbezüglicher Zerfalls- und Verkrüppelungs- Erscheinungen, innerhalb dieser Musik-Entwicklungen, gelten kann.)
Eine wieder ganz anders gelagerte Problemlage, innerhalb derer ich mich mit meiner Meinung innerhalb der ZAG, bzw. innerhalb entsprechender Diskussionen zu den zentralen Musikfolklorewerkstätten, ebenfalls nicht durchsetzen konnte, bestand in der immer wieder diskutierten Problematik von musikfolkloristischer Straßenmusik. Eine eigentlich ganz einfache Angelegenheit, deren damalige Kompliziertheit sich aber darin zeigt, dass ich mich zwar nicht mit meiner diesbezüglichen Meinung, aber durchaus mit entsprechendem öffentlichem Musizieren auf der Strasse, bzw. auf Plätzen oder in Parkanlagen, usw., also mit meinem entsprechendem Handeln, problemlos durchsetzen konnte, denn selbstverständlich habe ich dies in der DDR immer wieder getan; - sowohl als Einzelperson mit Dudelsack, als auch mit anderen Musikanten und Gruppen, so etwa mit Jack & Genossen, mit Windbeutel oder auch zusammen mit wieder anderer Gruppen. Auf Grund derartiger Erfahrungen und meiner dazu außerdem bereits ausgeprägten Haltung, dass es mir eigentlich gar nicht vorstellbar ist für ein solches Musizieren in der Öffentlichkeit, zu dem es mir ja niemals nahe lag, dafür etwa Geld von den Leuten zu erwarten, eine spezielle Erlaubnis beantragen zu müssen. Denn dies könne doch nur für den Fall, dass damit auch beabsichtigt werde intensiv Geld einzuspielen, sinnvoll sein…
Die eigentlichen Zuspitzungen innerhalb dieser Diskussion entstanden immer wieder im Zusammenhang mit der wiederholten Schilderung eines entsprechenden Straßenmusik-Versuchs der Folkländer, welche in den Trubelzeiten der Leipziger Messe, dort auf der Straße spielen wollten, ihnen dies aber schon nach kurzer Zeit von der Polizei untersagt worden wäre. Also forderten sie eine entsprechende "Straßenspielerlaubnis".
Interessanter Weise wurde dazu dann seitens des Kulturministeriums niemals auf die konkrete DDR- Gesetzeslage zu diesem Punkt (über die ich bis heute nicht genau informiert bin - ich habe lediglich meine persönlichen Erfahrungen zu entsprechenden Freiheiten und/oder Freizügigkeiten möglichen musikantischen Verhaltens) eingegangen, sondern erklärt, dass dieser besondere Wunsch der Folkländer nun genauer geprüft und bedacht werden müsse, und später dann auch immer wieder angedeutet wurde, dass entsprechende Sondergenehmigungen für bestimmte Gruppen (also für vielleicht noch andere entsprechend in dieser ZAG vertretene 'Auserwählte') erwogen werden.
Dabei wurde seitens des Ministeriums oder des Zentralhauses niemals genau erklärt, was denn nun eigentlich tatsächlich "polizeilich verboten" ist, falls jemand den Wunsch habe auch mal vor der Haustür und nicht nur in geschlossenen Räumen Musik zu machen, und seitens der Gruppen die Straßenmusik-Sondergenehmigungen forderten, wurde nur selten deutlich erklärt, dass es ihnen dabei nicht um Gelderwerb auf der Straße ginge. Also bewegten sich entsprechende Forderungen in diesen Diskussionen immer wieder auch in einem letztlich irrational bleibenden Spannungsfeld: Eigentlich ist das Musizieren auf den Straßen in der DDR doch sowieso verboten, also brauchen wir Sondergenehmigungen. Und, eigentlich wollen wir dafür doch gar kein Geld, also sollten uns solche Papiere auch ausgestellt werden…
In diesen Diskussionen wollte ich dann eine ganz andere Position verdeutlichen. Zunächst habe ich (im Laufe der Jahre dann immer wieder) vorgeschlagen, und später dann auch deutlich gefordert, dass endlich mal zu einer Musikfolklorewerkstatt ein kompetenter, verantwortlicher Vertreter des Innenministeriums eingeladen werden sollte, der genaue Auskunft über die tatsächliche Gesetzeslage geben könne und mit dem dann auch über gegebenenfalls erforderliche Veränderungen (vielleicht dann sogar in Form von entsprechenden "Sondergenehmigungen"/?/ etc. oder eben auch zu entsprechenden 'Beratungs-Empfehlungen der ZAG') konkret diskutiert und beraten werden könne.
Auf diese Weise würde ja auch die ZAG ihrer eigentlich gesetzlich genau festgelegten Verantwortung der entsprechenden Beratung von Staatsorganen, gerecht werden können. Außerdem schlug ich vor, dass zu einer dazu vorzubereitenden Musikfolklore Werkstatt doch auch Erich Stockmann aus seinen musikethnologischen Kenntnissen als UNESCO-Präsident des ICTM, zu der reale Problematik von folkloristischen Straßenmusikanten in verschiedenen anderen Ländern, vortragen könne.(Mir war beispielsweise bekannt, dass dazu bereits exakte Untersuchungen von amerikanischen, aber auch britischen u. a. Musikethnologen vorlagen.)
Auf beide Vorschläge wurde dann aber - mit den unterschiedlichsten Ausflüchten - nie wirklich eingegangen. Weder Erich Stockmann (der mir dazu sagte, dass er ein solches "heißes Eisen" keinesfalls zugeschoben bekommen möchte, da doch klar sei, dass Straßenmusik "nicht gewollt sei"), noch irgendein Vertreter der Polizei, bzw. des Innenministeriums, haben jemals an diesen, doch immer wieder aufflackernden Diskussionen, teilgenommen. Ich bin also auch hier, mit meinen doch eigentlich unzweifelhaft berechtigten Initiativen gescheitert, was im Nachhinein betrachtet freilich nicht sonderlich verwunderlich sein muss, da diese schließlich nicht nur an aktive Musikfolkloristen, sondern eben auch an eine, in diesen Zeiten bereits erheblich verunsicherte und gerade in Hinsicht auf ein klares Verhältnis zu den bestehenden Gesetzesverhältnissen, weitgehend verkommene Obrigkeit, gerichtet waren.
Ich bin damals aber auch hinsichtlich bestimmter Hoffnungen in Richtung auf entsprechend aktives Musikantentum gescheitert, und halte dies wiederum für einen sowohl weitaus interessanteren, als auch entsprechend aufschlussreicheren Vorgang hinsichtlich eines möglichen Verständnisses zu wieder anderen damaligen Verunsicherungen und Verkommenheiten innerhalb dieses Kulturbereiches.
Von meinen, hier bereits verdeutlichten persönlichen Erfahrungen und Verhaltensweisen her, habe ich mich in entsprechenden Diskussionen zu dieser 'Straßenmusikproblematik' immer wieder auf zwei Modellbeispiele zu entsprechenden musikantischen Entwicklungen und Veränderungsmöglichkeiten in der DDR bezogen.
Zum einen was das Musizieren in öffentlichen Kneipen, und zum anderen was das Musizieren in Zügen und auf Bahnhöfen betrifft. Zu Letzterem ist mir auch heute noch aus den sechziger Jahren ein damals bekannter DEFA Film mit Manfred Krug erinnerlich, in welchem er auf einem Bahnhof mit einer kleinen Trompete zu Gange ist, dabei aber sofort mit den amtlichen Schaffnerworten: "Musizieren ist hier verboten!" zurechtgewiesen wird. Eine Filmszene, zu welcher das Publikum natürlich zum Lachen aufgefordert war, denn tatsächlich waren früher in allen Zügen und allen Bahnhöfen in der DDR entsprechend deutlich sichtbare Schilder, zu einem dortigen Musizierverbot angebracht. Diese waren nun aber bereits seit Jahrzehnten verschwunden, und ich weis nicht ob das etwa mit dem Erscheinen von immer mehr Reisenden mit Kofferradios oder vielleicht auch mit der Tatsache, dass mir auch aus den Zeiten wo diese Schilder noch in allen Bahnhöfen hingen, dort immer wieder Gesang oder Akkordeonspiel usw. in Erinnerung ist. Die DDR war eben immer ein Land ständiger Veränderungen. Und zu einem anderen, viel aktuelleren und gerade auch die Entstehung dieser neueren Musikfolklorebewegung unmittelbar betreffendem Beispiel habe ich dann noch viel lieber diskutiert.
Aus meinen Erfahrungen als Lehrling und Facharbeiter in Thüringen, war das Musizieren in Kneipen keineswegs ungewöhnlich. Daran hatte ich mich selbst zuweilen, sowohl für zuvor vereinbartes Geld, als auch in eher spontaner, und kein Geld einbringender Weise beteiligt. Ich war also entsprechend verwundert als mir dann bei den damaligen Neo-Folk-Aktivisten in Berlin (so insbesondere im Umkreis von Frifjhof Schultz) immer wieder die Auffassung begegnete, dass das schwerste Hindernis für ihre Folklore-Ambitionen eigentlich darin bestünde, dass das Musizieren in Kneipen in der DDR leider verboten sei. Eine ganz fest ausgeprägte und mit Selbstgewissheit vertretene Auffassung, die mir auch dadurch als belegt vorgehalten wurde, dass es so etwas offenbar tatsächlich in Berlin nicht gab. Meine Meinung, dass man doch sicherlich nur entsprechende Kneipenwirte bzw. zuständige Verantwortliche finden müsse, mit denen man auch entsprechende Abmachungen treffen könne, und dass das sicher immer dann am problemlosesten sein wird, wenn deutlich gemacht werden kann, dass es dabei nicht um Geld geht, wurde damals als ganz unrealistisch und als Bestätigung dafür, dass ich eben 'keine Ahnung' hätte, abgetan. Aber schon nach wenigen Jahren war da eine auf Initiative bestimmter Musikfolkloristen erfolgte Veränderung in Berlin zu vermerken, und ich konnte in den nunmehrigen Straßenmusikdiskussionen immer wieder darauf hinweisen, dass das, was zuvor von Berliner Musikfolkloristen noch als verboten und unmöglich angesehen worden war, inzwischen dort stattfindet. In diesem Sinne habe ich also immer folgende Meinung vertreten:
Wer auf der Straße Geld einspielen möchte, sollte sich um eine entsprechende Genehmigung bemühen, und wenn er sein Anliegen klar vorbringt, wird er dazu wohl auch eine klare Antwort erhalten können. (Dazu hatten sich aber weder die Folkländer, noch andere nach Straßenmusikerlaubnis fragende Gruppen in diesen Diskussionen jemals entsprechend eindeutig geäußert.)
Wer aber nicht des Geldes wegen auf der Straße spielen möchte, der sollte dies doch einfach tun und damit de facto dazu beitragen die DDR auch in diesem Punkte ein bisschen zu verändern und kulturell reicher zu gestalten, - so wie das die neueren Musikfolkloristen doch auch schon in anderer Hinsicht getan haben. Und da wir seitens des Kulturministeriums bislang leider keine klare Antwort dazu erhalten haben, sollte man sich diese doch von den Polizisten geben lassen, die einem dies jeweils untersagen wollen.
Meiner persönlichen Erfahrung nach gab es in der DDR wohl kein Gesetz, welches eine solche musikantische Aktivität untersagt, und entsprechende Polizeieingriffe wurden mir gegenüber in der Regel damit begründet, dass entweder Ruhestörung oder Gefährdung 'öffentlicher Sicherheit und Ordnung' vorläge, wobei ich mich an verschiedene Situationen erinnern kann, in denen man sich mit vernünftigen Polizisten und interessiert zuhörenden Leuten, schnell einigen konnte, dass Derartiges doch weder beabsichtigt, noch der Fall war. In Situationen aber, wo die Polizei und bestimmte dabei von Musik betroffene Menschen, anderer Meinung sind, sollten auch keine Sonderrechte für Straßenmusiker mit "Sondererlaubnis", erlaubt sein.
In diesem Sinne habe ich in solchen Diskussionen dann auch immer dazu aufgerufen, doch einfach entsprechend straßenmusikantisch aktiv zu werden. Und falls sich dabei dann herausstellen sollte, dass es ein solches, bislang immer nur behauptetes oder vermutetes, generelles "Straßenmusikverbot" in der DDR doch gibt (was ich ja noch nicht rauskriegen konnte) so sollten wir darüber dann konkret diskutieren und mit Hilfe der ZAG und entsprechend der von daher erfolgenden Aufforderung an das Kulturministerium, sachlich beraten und uns für entsprechend erforderliche Veränderungen einsetzen. Dabei traf ich bei solchen Diskussionen auf Musikfolklorewerkstätten manchmal auf ganz unerwartete Zustimmung bei regionalen Kulturfunktionären, Vertretern von Bezirkskabinetten oder Kulturhäusern usw., aber seitens des Zentralhauses eben eher auf Unwilligkeit.
In den dazu in der ZAG geführten Diskussionen, kann ich mich dazu an kein einziges grundsätzliches Gegenargument, aber durchaus wieder an deutlich abweisende Bemerkungen - so etwa wieder von Hanni Bode - entsinnen. Sie wollte damals natürlich - "damit da endlich mal was passiert" - die Forderung der Folkländer unterstützen, und hielt mir dabei vor, dass ich es mit meinem Dudelsack bei Straßenmusik ja immer leicht hätte, und mich ja auch stets gut rausreden könne usw…
In eher nichtöffentlichen Diskussionen dazu wurde mir hingegen zuweilen gesagt, dass ich es mit solchen "Aufrufen zum Losspielen auf der Straße" nur nicht zu weit treiben solle, was ich jedoch kaum als 'gut gemeinten' und auch keineswegs etwa als 'politisch klugen' Rat, akzeptieren wollte. Unter den mir andererseits nahe stehenden Gleichgesinnten, sowohl innerhalb der Partei der ich angehörte, als auch außerhalb dieser, erinnere ich mich an viele Menschen, die mir bei meiner Sicht auf solche veränderungswürdigen Problemlagen eher zustimmten und gleiche Auffassungen im Sinne von selbstmotiviert-aktivem, sozialistisch orientiertem, Handeln hatten.
Allerdings kann ich mich zu den Musikfolkloristen im Umkreise dieser ZAG an keinen einzigen entsinnen, der mir in diesen Diskussionen zur den Straßenmusikmöglichkeiten in der DDR deutlich zugestimmt hatte. Das mag wohl auch damit zusammenhängen, dass dies eben ein Thema war, welches zur immer wieder beschworenen Gemeinschaftlichkeit der "DDR Folk-Family" nicht so recht passen konnte. In Hinsicht auf mein diesbezügliches Eifern, konnte dies vielleicht all denen egal sein, die ohnehin nicht sonderlich an Straßenmusik interessiert waren, wohingegen diejenigen, welche wiederum an den doch immer wieder in Aussicht gestellten "Straßenmusik-Sondergenehmigungen" interessiert waren, dabei wohl eher dazu neigten sich eine solche Chance der 'obrigkeitlichen Verleihung von Sondergenehmigungen', nicht voreilig durch rebellische Aktivitäten zu verderben, die den Obrigkeiten vielleicht nicht genehm sein werden, - denn sonst hätten diese solche Scheine doch schon längst an alle Gruppen ausgegeben usw. usf.…

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Dazu möchte ich hier auch auf meinen ebenfalls unter 'www.bhje.de' nachlesbaren Vortrag vor dem ICTM Nationalkomitee der DDR "Einige grundsätzliche Aspekte zum besseren Verständnis von Musikinstrumenten im Lichte der Arbeiten des Verhaltensphysiologen Erich von Holst", und dabei insbesondere auch auf die damals von mir vorgetragenen Einleitungsformulierungen hinweisen. Denn meinen Wunsch, dort einmal über besondere, mir als bemerkenswert erscheinende Tendenzen der Wiederbeschäftigung mit bestimmten Musikinstrumenten innerhalb dieser Neofolk-Bewegung vorzutragen, hatte ich bereits Jahre zuvor verschiedentlich in Gesprächen mit Erich Stockmann geäußert. Ebenso wie mein damals geäußerter Wunsch meine Überlegungen und Versuche zur Maultrommel in einem seiner internationalen Arbeitskreise vorzustellen, wurde dies von ihm zunächst mit vielen Worten unterstützt und er unterbreitete dazu sofort weitergehende Vorstellungen: Es sei da besonderes Gewicht auf die Instrumenten-Sebstbau-Aktivitäten unter den neueren Musikfolkloristen zu legen und er möchte mich bitten vor allem darüber vorzutragen, wobei er dazu auch an eine Einladung der Gruppe Windbeutel zu einem Vorspiel vor dem Nationalkomitee denke, um dann dort über diese Dinge auch konkret sprechen zu können…Und in den weiteren Diskussionen die es unvermeidlicherweise auch im Nationalkomitee zu dieser Neomusikfolklorebewegung immer wieder gab, äußerte sich Erich Stockmann auch immer wieder zu diesen Selbstherstellungsaktivitäten als eine der herausragenden Besonderheiten dieser neuen DDR-Musikfolkloreentwicklung, in welcher nun auch die Musikethnologie, insbesondere die Ethnoorganologie besonders gefragt sei und beratend helfen müsse usw…
In der weiteren Entwicklung ist dies dann (ebenso wie seine "Feldforschungssitzungen" zur Gruppe Windbeutel und vieles andere) nicht nur 'nicht mehr zustande gekommen', sondern doch wohl dann eher von ihm selbst wieder aktiv unterbunden worden. Nach längerer Zeit fand dann zu einer dieser Nationalkomiteesitzungen, ganz überraschend ein Vorspiel der Gruppe Heureka statt, wo Eric Kross nun als Komponist auch verschiedene seiner Arbeiten vorstellen und erläutern konnte. Dabei war für mich nun wieder bemerkenswert mit welcher Frage dann Christian Kaden die damalige Diskussion dazu eröffnete: "Woher habt ihr eigentlich eure Instrumente - die sind doch sicherlich selbst gemacht?"
Eine vielleicht verständliche Frage wenn man dazu bedenkt wie Erich Stockmann doch in nahezu allen Gesprächen zu den "DDR-aktuellen Musikfolklorevorgängen" bislang das "Selbermachen von Volksmusikinstrumenten" als einen wesentlichen Aspekt hervorgehoben hatte, - aber eine schwerlich zu verstehende Frage wenn man bedenkt, dass doch soeben eine Musik mit gezupfter Gitarre, gestrichenem Kontrabass und angeschlagenem Hackbrett zu hören war und "selbstgemachte Musikinstrumente" bei der Gruppe Heureka ohnehin kaum jemals eine Rolle gespielt hatten. Eric Kross konnte auf diese Frage hin dann aber ausführlich über "schwebende Patentrechtsfragen zum Hackbrett" und zu seinen diesbezüglichen Vorschlägen und Ideen zur Verbesserung des Instrumentes sprechen, - wobei er insbesondere betonte, dass ihm seine Ideen nun möglicherweise auch von bestimmten Hackbrettherstellern in Markneukirchen wieder streitig gemacht werden könnten usw… Ein damals auch im Folkländer-Umkreis immer wieder achtungsvoll angeschnittenes Gesprächsthema.
Ich hatte aber auch danach nie aufgehört, gegenüber Erich Stockmann auf meiner (von ihm doch ursprünglich deutlich befürworteten) Bitte zu einer Vortragsmöglichkeit über Musikinstrumentenentwicklungen innerhalb der neueren Musikfolkloreszene der DDR zu bestehen, obwohl dies dann immer schwieriger wurde. Aber auch die Gesamtsituation innerhalb dieses Gremiums wurde dazu immer paradoxer.
Es war allzu offensichtlich, dass eigentlich alle regelmäßig erscheinenden Mitglieder dieses Komitees bereits mehrfach die Gelegenheit erhalten hatten dort vorzutragen, - insbesondere auch immer wieder seine Partnerin Hanni Bode. (Wie viele weitere, sozusagen 'unsichtbare de jure Mitglieder' es in diesem Komitee noch gab, war mir immer unklar und höchstens dann zu erahnen, wenn plötzliche Sondersitzungen - wie zum Beispiel zur Verhinderung des Auftretens von Axel Hesse beim internationalen Musikethnologenkongress 1987 in Berlin - anberaumt wurden, auf denen dann auch mir bislang ganz unbekannte Personen heftig im Sinne Erich Stockmanns diskutierten und entsprechend abstimmten.)
In dieser, bereits offensichtlich disproportioniert paradoxen Situation, versuchte er dann auch zunehmend - mit der von ihm zweifellos perfekt beherrschten Kultur herabwürdigender Anmerkungen und entsprechend gezielter Unterschwelligkeiten, sowie einer ganz speziellen, mir gegenüber nun demonstrativ vor- und ausgeführten Marginalisierungssprachkultur (so etwa: Aber ich bitte Sie…; Kommen Sie doch nicht immer wieder mit…; Was soll das denn nun schon wieder Herr Eichler…; Es tut mir leid, aber damit werden Sie …; Fangen Sie bitte jetzt nicht schon wieder mit Ihren… usw.) eine Atmosphäre zu schaffen, innerhalb derer letztlich doch für alle Beteiligten klar sein konnte, dass ich für einen Vortrag vor diesem ehrenwerten Gremium doch eigentlich wohl kaum in Frage kommen könne. Derartige Möglichkeiten des Einsatzes von spezifischen 'Sprach- und Verhaltens-Floskeln', wurden von Erich Stockmann neben anderen Mitteln ähnlicher Effektivität, zweifellos virtuos beherrscht, wobei insbesondere die Effektivität derartiger Sprachgestaltung wohl darin besteht, dass die zunehmende Verunsicherung derer, die dieser Sprache ausgesetzt werden, ohne Weiteres mit einer andererseits zunehmenden Sicherheit derer einhergehen kann, die solche Floskeln dann entsprechend übernehmen, dabei aber über die Gewissheit verfügen können, damit - zumal im Beisein dessen der Derartiges aus seiner Position bereits vorexerzierte - die Regeln des "guten Benehmens" noch keineswegs schwerwiegend verletzt zu haben.
Innerhalb der Verhältnisse dieses honorigen ICTM National-Komitees konnte dies ja auch genau in diesen Proportionen ablaufen, und wurde von ihm dann also auch entsprechend in den Sitzungen der ZAG-Musikfolklore kultiviert. Unter den dort ganz anderen Verhältnissen war nun aber alsbald auch ein bemerkenswerter Funktionswandel bzw. eine 'Funktionsverstärkung' bestimmter Effekte zu vermerken. Meine Funktion als ZAG-Vorsitzender und dann auch meine dortige Mitgliedschaft, hatte ich in einer Zeit niedergelegt, als damals gerade Jürgen Wolf zunehmend dazu überging, genau diese, zuvor dort eben nur von Erich Stockmann zelebrierte 'Sprachkultur', zu übernehmen und damals auch immer wieder in allen möglichen Diskussionen (in der Regel unmittelbar neben Erich Stockmann sitzend) mit Formulierungen wie "Aber was soll das denn nun schon wieder Herr Eichler…; oder auch Anmerkungen wie "Was müssen wir uns denn dazu nun wieder von Herrn Eichler anhören…", auftrat. Da ein solches Verhalten bislang unter den Musikanten in dieser ZAG (und zumal mir gegenüber von Jürgen Wolf - der sich zuvor noch für all die Hilfen und Unterstützungen die er von mir erbeten und auch stets erhalten hatte, immer auch bedankte) völlig undenkbar gewesen wäre, funktionierten nun die nahezu stockmann-wortgleichen Formulierungen aus seinem Munde doch in einer anderen Weise, - auch wenn sie dann von dem neben ihm sitzenden Professor, in deutlich mimischer oder zuweilen auch wieder verbaler Weise, unterstützt wurden. Die Gründe für mein Verlassen dieser ZAG, welches Stockmann damals schließlich unmittelbar miterleben konnte, konnten mich aber nicht motivieren nun etwa auch meine Mitgliedschaft in dem von Erich Stockmann geleiteten ICTM Nationalkomitee aufzugeben. Ein Gremium mit verschiedenen Wissenschaftlern, in welchem doch vorwiegend Probleme diskutiert wurden die mich gerade aus dem Blickwinkel meiner audioorganologisch-philosophischen Problemstellungen interessieren mussten.
Weder in der ZAG noch in der mir weiterhin wichtigen AG Musikfolkloristisches Instrumentarium hätte ich Gelegenheit gehabt, etwa über all die im ICTM Komitee von mir doch bereits zur Diskussion gestellten Probleme, mit entsprechenden Fachwissenschaftlern zu diskutieren und gegebenenfalls auch dazu vortragen zu können.
Und als dann auf den Tagungen dieses ICTM-Nationalkomitees auch Andreas Michel erschien und alsbald auch (wie ich schon damals gerne formulierte) 'als der offizielle Stellvertreter Stockmanns auf Erden' zu wirken hatte, (denn ihm wurden nun die organisatorischen Aufgaben dieser Komiteearbeit übertragen), teilte ich ihm für seine Vorbereitung der nächst anstehenden Tagungen, auch meinen, nun auch von Stockmann nicht einfach wieder abzulehnenden, langjährigen Vortragswunsch mit. Und Andreas Michel konnte diesen Wunsch nun auch nicht - so wie doch Stockmann zuvor immer wieder - einfach abwiegeln. Aber auf Anweisung Stockmanns hatte er mir nun mitzuteilen, dass ich dazu mehrere Vorschläge vorzulegen hätte, damit mein Vortragsthema auch inhaltlich mit den "anderen Vortragswünschen abgestimmt werden könne". Es war also wieder zu erwarten, dass mein ursprünglicher und eigentlicher Vortragswunsch wiederum abgelehnt würde. Zu der entsprechend zu erwartenden 'Leitungsentscheidung' habe ich mich dann also auch in meinen Einleitungsformulierungen zu diesem Referat entsprechend geäußert.
Es war dies das einzige mal, dass ich (neben den dortigen allgemeineren Diskussionen, welche eben auch immer den eingreifenden Wortabschneidungsmöglichkeiten von Erich Stockmann unterlagen) vor diesem Gremium sprechen konnte, ohne unterbrochen oder 'abgeschnitten' zu werden.

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Auf eine eingehendere Auseinandersetzung mit diesem, von mir stets kritisch kommentierten Text, habe ich mich in einem speziellen Beitrag: "Kritisches zu einem musikethnologischen Schallplattentext" (in: www.bhje.de) eingelassen.
Was im Zusammenhang mit dieser musikfolkloristischen Entwicklung in Richtung "Folk`s Tanz" wiederum die Waldzither betrifft, so kann natürlich vermerkt werden, dass innerhalb dieser wiederum besonderen Musikfolklore-Szene, die Beschäftigung mit diesem Instrument (ebenso wie auch andere charakteristische Aktivitäten sonstiger Musikfolkloregruppen) keine besondere Rolle mehr spielte. Ich weiß auch nicht inwieweit dieses Instrument in den dann mit einem entsprechend lautstarken und zumeist auch entsprechend elektrifiziert verstärkten Instrumentarium, auf den Podien von Folk`s - Tanzsälen zum Tanz aufspielenden Gruppen, noch ernst genommen wurde. Allerdings wäre denkbar, dass etwa Jürgen Wolf, der damals wohl einer der Ersten war, der sich einen Tonabnehmer in den Steg seiner Waldzither einbauen ließ, damit auch entsprechend lautstärkengesichert mitgewirkt hat. Im Unterschied zu dem im Text geschilderten Vortrag zu Ostberliner Musikfolkloregruppen, in welchem zum Instrumentarium der Gruppe Jams auch eine Waldzither genannt wurde, ist dieses Instrument unter den im Folk`s-Tanz-Plattentext von Erich Stockmann aufgezählten Instrumenten von Jams und Bierfiedlern, auch nicht genannt. In der Perspektive halte ich den Schritt, den damals bereits Jürgen Wolf mit seinem Instrument gegangen ist, und der unter heutigen Bedingungen um ein vielfaches einfacher geworden ist, grundsätzlich für vorteilhaft, auch wenn ich natürlich-akustisch aufgeführte Musik persönlich vorziehen würde. Aber ich kann mir ohne Weiteres vorstellen, dass bei der künftigen Herstellung von deutschen Cistern, mit der gleichen Selbstverständlichkeit an den Einbau eines entsprechend tonverstärkenden bzw. tonverändernden elektronischen Zubehörs gedacht werden wird, wie das heute bereits bei akustischen Gitarren und auch vielen anderen 'Hals-Saiteninstrumenten' der Fall ist.

(42)
Siehe dazu vielleicht zunächst meinen Vortrag "Mutwillige Betrachtungen zum Schwirrholz", in: www.bhje.de, aber eben auch die Vielzahl anderer dort veröffentlichter Arbeiten und Vorträge von mir, in denen es letztlich eben immer wieder auch um die Problematik einer naturwissenschaftlich exakt zu begründenden und dann auch logisch zu strukturierenden Systematik der Musikinstrumente und um ein neues Verständnis zur Bedeutung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit musikinstrumenteller Technik geht.

(43)
Siehe dazu: Emsheimer, E. und Stockmann. E. (Hg.): "Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente", Leipzig; aber auch meine diesbezüglichen Ausführungen vom Anfang des Jahres 1990: "Mutwillige Betrachtungen zum Schwirrholz", in. www.bhje.de, in welchen ich mich dazu auch im Zusammenhang mit meinen damaligen Überlegungen zu einer Zweiteilung der Gesamtheit von Musikinstrumenten geäußert hatte.
Rückblickend betrachtet muss ich dazu auch wieder bedenken, dass damals seitens des Zentralhauses immer wieder die seltsamsten Einwände gegen die Publikation meiner dort bereits seit 1986 fertig vorliegenden Arbeit "Das Hümmelchen - ein altdeutscher Dudelsack", vorgebracht wurden.

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Ich denke, dass vielleicht auch seine Gruppe Liedehrlich innerhalb der damaligen DDR-Jugendfolklorebewegung dabei einen besonderen Status repräsentierte, - zumindest aber zu den Vertretern einer wiederum besonderen Haltung in Hinsicht auf 'berufsmäßig betriebene Musikfolklore' zu zählen war.
Dazu möchte ich mich in dieser Anmerkung auch in einer allgemeineren Weise äußern:
Was das "Unterhaltungsmusikgeschehen" in der DDR (also etwa Jazz, Tanzmusik, Schlager- oder auch Song-Veranstaltungen usw. und dann eben auch die neuere"Jugendmusikfolklore") anbelangt, so denke ich, dass dabei hinsichtlich der Entstehung von intensiver öffentlich wirksam werdenden Musikantengruppen (bis hin zu den auf diesen Gebieten "berufsmäßig" agierenden Formationen - welche freilich keineswegs auch immer 'intensiv öffentlich' wirksam werden mussten) durchaus zwischen Gruppierungen, deren Mitglieder, sich zunächst spontan und selbstmotiviert im Amateurstatus zusammengefunden hatten, und Gruppierungen, deren Entstehung eher 'institutionsgeleitet' und dann eben oft auch von Anbeginn in Richtung auf professionelle Berufsausübung ausgerichtet war, unterschieden werden kann. Folgt man einer solchen Unterscheidung, dann scheint mir wiederum besonders interessant zu sein, dass hinsichtlich der Formationen welche im geschilderten ersten Sinne zunächst 'amateurisch' entstanden waren, sich dann aber in Richtung auf berufsmäßigen Gelderwerb entwickeln konnten, wiederum im oben genannten Sinne unterschieden werden kann, wenn auch da dann wohl in wiederum differenzierterer Weise.
In Hinsicht auf die Entstehung der DDR- Singebewegung wären dabei aber auch wieder weitergehende Differenzierungen zu bedenken.
Die entsprechenden anfänglichen, zunächst wohl kaum institutionsgeleiteten 'Mitsinge & Hootnanny-Initiativen', wurden da alsbald (zumal im Zusammenhang mit dem dann erfolgenden "Singebeschluss des Zentralrates der FDJ") von wieder eher institutionsgeleiteten Initiativen abgelöst, welche sich allerdings auch in einem geradezu massenhaften Prozess der landesweiten Entstehung von tausenden, sich wiederum weitgehend spontan und wesentlich selbstmotiviert, und dabei eben stets amateurisch, formierenden Singeklubs, auswirkte.
Was dann das Verständnis der späteren Entstehung der DDR-Jugendfolklorebewegung betrifft, so denke ich, dass dazu wieder andere Diffenrenzierungen bedacht werden müssen. Die zunächst langwierige, aber durchaus auch landesweite, Entstehung von zunächst nur einigen derartiger Musikfolkloregruppen wird wohl keineswegs in vergleichbarer Weise als institutionsgeleitet oder 'von oben angeregt' zu verstehen sein, sondern erfolgte (vielleicht ähnlich wie bei den in der DDR auch immer wieder spontan entstehenden kleineren Tanzmusikformationen - bei denen freilich auch ganz andere Motivationen als bei den Musikfolkloristen wirkten) wesentlich spontan, selbstmotiviert und amateurisch und konnte alsbald auch die Gründung weiterer solcher Gruppen nach sich ziehen, was letztlich wohl auch im Zusammenhang mit bestimmten Kulturinitiativen zu den damals in Berlin veranstalteten "Weltfestspielen der Jugend und Studenten" gesehen werden muss. Die Wirkungsbedingungen solcher neuartiger Gruppen waren in der DDR dann allerdings von vornherein in wieder institutionsstrukturierter Weise vorgeprägt, da diese nun natürlich innerhalb der inzwischen vielfältig "singebewegungsspezifisch" entfalteten Auftrittsmöglichkeiten des DDR-Kulturbetriebes zu wirken begannen.
Amateurisch entstandene Tanzmusikformationen konnten immer schon ihre spezifischen Wirkungsmöglichkeiten nutzen, etwa bei Gasthaus-Tanzveranstaltungen, in Kulturhäusern, Klubs und/oder zu den verschiedensten späteren "Jugendtanzveranstaltungen" usw.
Die Vielzahl späterer Jugendmusikfolkloregruppen neueren Typs wäre aber wohl vor der FDJ-Singebewegung in der DDR kaum möglich gewesen. Da hätte sowohl der mentale Boden entsprechender jugendlicher musikantischer Motivationen, als auch ein entsprechendes Publikumsinteresse, aber vor allem wohl auch die erst später, im Zusammenhang mit der FDJ-Singebewegung, entstandenen Strukturen neuartiger Auftrittsmöglichkeiten und die mit entsprechenden Strukturen verbundenen sonstigen Wirkungsmöglichkeiten, gefehlt.
Ich denke dabei, dass innerhalb dieser neuartigen DDR-Kulturentwicklungen insbesondere bei zwei dieser Gruppen entsprechende "Institutionsverbundenheiten" vielleicht besonders zu bedenken wären. Als ein Beispiel vielleicht die Musikfolkloregruppe Liedehrlich um Stephan Kraftcyk, von der immer wieder das Gerücht umging, dass sie im Zusammenhang mit einer speziellen künstlerischen Beratung seitens des Geraer Theaters entstanden sei, - und zum anderen die Leipziger Folkländer, die aus meiner Sicht zwar kaum als 'institutionsgeleitet entstanden' interpretiert werden können, dann aber wohl zweifellos - gänzlich anders als die meisten anderen neueren Musikfolkloregruppen der DDR - ihre Wirksamkeit von Anfang an in besonderer Weise 'institutionsgebunden' und im Weiteren dann auch in besonders spezifischer Weise 'institutionsverbunden' entfalten konnten. Eine von staatlicher Seite alsbald gezielt als 'Vorbildgruppe' genutzte Musikanteninitiative, welcher dann offenbar auch die Rolle eines 'Oktoberklubs der DDR-Jugendmusikfolklore' zugeordnet wurde, so wie Stephan Kraftcyk offenbar die Rolle eines entsprechenden 'Vorbildkünstlers' zugedacht war.
Was nun das von mir schon verschiedentlich angemerkte deutliche Interesse an berufsmäßig betriebenem Gelderwerbsmusizieren unter den damaligen 'Jugendmusik-Folkloristen' in der DDR anbelangt, so ist mir in verschiedenen Diskussionen mit, und um die Gruppe Liedehrlich, auch noch eine darüber hinausgehende 'Folklore-Musikanten-Mentalität' begegnet, welche sich wiederum in diametralem Gegensatz zu meiner Auffassung von Musikfolkloreförderung und Traditionspflege befand. So wurde dort die Meinung vertreten, dass die Förderung und Pflege von Musikfolklore in der DDR, am besten durch mehr staatliche Unterstützung für professionell-berufsmäßig wirkende Musikfolklore-Künstler gewährleistet werden könne, wohingegen ich bis heute die Ansicht vertrete, dass mehr gesellschaftliche Unterstützung und Förderung im Sinne des Entstehens und Wirkens von aktiven Musikfolklore-Amateurgruppen, der Aufrechterhaltung lebendiger Voksmusiktraditionen besser entsprechen würde, denn immerhin geht es doch um Volksmusik und eben nicht nur um künstlerisch zu unterstützende Musik fürs Volk. Insofern sollte meiner Ansicht nach also auch das Anliegen staatlicher Unterstützung für besondere Musikfolklore-Künstler, dem Anliegen der kulturvollen Erhaltung lebendiger Folkloreaktivitäten von Amateuren, untergeordnet sein, wobei ich nicht anders konnte als dabei eben auch an junge Fabrik- und Landarbeiter zu denken, an die eben in all diesen Zusammenhängen gerade nicht gedacht wurde.
Die Vorstellung, dass man etwa als 'Profi mit Berufsausweis' der Musikfolklore, und so etwa auch der Traditionspflege um das deutsche Volkslied, doch wohl am besten dienen und nützen könne, mag auf hohem intellektuellem Niveau verteidigt und auch auf hohem musikantisch-künstlerischem Niveau demonstriert werden, kann sich aber, da es doch eher um die Erhaltung der Tradition von vielfach im Volk selbst gemachter Musik geht, als ein akademisch-ästhetisierendes Vorbeigehen am eigentlichen Problem, und insofern auch als eine Trivialisierung der eigentlichen Problematik erweisen.
Nach meiner Auffassung von Folklore und sinnvoller Traditionsbesinnung bzw. entsprechender Erhaltung und Fortführung, könnte der Pflege des deutschen Volksliedes und der lebendigen Beschäftigung mit Musikfolklore doch viel eher dadurch entsprochen werden, dass möglichst viele Amateure und entsprechende Gruppen (von denen es meiner Meinung nach in der DDR immer noch zu wenige gab, und von denen es letztlich auch niemals zu viele geben kann, da es ja um vom Volk selbst gemachte Musik geht) zu Wirksamkeit gelangen, wohingegen es doch wohl offensichtlich von erfolgreich wirkenden Berufskünstlern auf dem Gebiete von "Volksliedpflege", stets nur eine letztlich begrenzte Anzahl geben kann. Und wenn Musikfolklore etwa lediglich von derartigen professionellen Gelderwerbskünstlern und so dann auch von hohen Veranstaltungsbühnen oder auch entsprechend musikvermittelnden Medien vorgeführt wird, kann eben auch von wirklich lebendiger Volksmusik überhaupt keine Rede mehr sein. Ein Volk, welches die Befassung mit den Traditionen seiner eigenen Volksmusik, nur noch einer Handvoll von Berufskünstlern überlässt, wird damit bisherige Traditionen von Volksmusik aufgeben. Ich möchte derartige Entwicklungen des 'Aufgebens' auch deswegen für bedenklich halten, weil sie meiner Meinung nach eben durchaus möglich sind. Für unmöglich möchte ich es hingegen halten, dass ein Volk etwa irgendwann einmal keine Amateurmusikanten mehr hervorbringt. Und unter diesen werden sich unweigerlich auch immer wieder wirkliche Volksmusikanten befinden.
Und in diesem Sinne wollte ich eben auch die Perspektive der deutschen Cister als einem deutschen Volksmusikinstrument gerne sehen - ein Musikinstrument mit welchem vielleicht möglichst viele Menschen in Deutschland musikantisch umgehen sollten, welches aber, falls dies nicht geschieht, auch als deutsches Volksmusikinstrument wieder untergehen kann, - was ich wiederum für einen Verlust an kulturellen Werten und humanen Bildungsmöglichkeiten ansehen würde.
Da die Deutschen über diesen besonderen Kulturwert aber immer noch verfügen, - denn dieses Instrument wird schließlich von einer Reihe amateurischer Volksmusikanten aktuell genutzt - sollte dieser Kultur- und Bildungswert nicht nur erhalten, sondern auch dementsprechend ernst genommen und also auch weiterentwickelt werden. Dass die Deutschen dabei vielleicht auch einmal einen, dann seine Wirkungen weiter ausstrahlenden professionellen Virtuosen zu diesem Instrument hervorbringen könnten, wäre innerhalb all dieser Hoffnungen und Bemühungen zweifellos wünschenswert. Aber im Sinne eines Volksmusikinstrumentes würde sich hier eine Entwicklung zum weiteren Ernstnehmen entsprechender dazu in die Hand zu nehmender Entwicklungsinitiativen, eben besser und sicherer gestalten, wenn sich wieder viele Menschen in Deutschland mit diesem Instrument auch längerfristiger und eingebunden in ein Netzwerk auch anderer Musikfolkloreaktivitäten, befassen. Und dass sich dann, unter der Vielzahl von Amateuren, auch zunehmend solche entwickeln, welche in Richtung auf Verbesserung und Perfektionierung ihrer Spielfähigkeiten wetteifern werden, ist bei einem von vielen Musikanten gespieltem Volksmusikinstrument, wohl eher eine sicherlich unvermeidliche Entwicklung.

(45)
Zu derartigen Motivationsdifferenzierungen kann in Anbetrachte der damaligen Situationsentwicklung - also einem zunächst im SED-ZK-Gebäude absolvierten 'Nebeneinandersitzen' und dem nach dieser Sitzung erfolgenden 'Auseinandergehen' - natürlich noch mehr als nur die Unterschiedlichkeit entsprechend gelebter Widerstrebens-Motivationen, oder auch der zunächst deutliche Unterschied von einerseits offen vorgetragener und offensiv fragenstellender Rede (welche damals freilich kaum noch zu weiteren Gesprächen mit der angesprochenen "Obrigkeit" führte) gegenüber einer demonstrativen Schweigsamkeit im Vorfeld von bereits anberaumten internen 'Sondergesprächen' mit der gleichen Obrigkeit, andererseits, vermerkt werden. Wenn ich diese damalige 'Besprechungs- und Gesprächs-Situation' nicht nur als individuell-singulär bemerkenswertes Geschehen, sondern (so wie ich es danach sehen musste) dann eben auch als politisch relevante Zäsur entsprechend 'auseinandergehender' Motivationsentwicklungen ansehe, so lassen sich dazu vor dieser Zäsur bemerkenswert gleichartig oder auch ähnlich erscheinende Tatsachen, und nach dieser Zäsur wiederum noch bemerkenswertere Tatsachen zu offensichtlich ganz ungleichartigen Entwicklungen vermerken:
Stephan und ich waren zunächst (wenn wohl auch sicher nicht mit gleicher Motivation oder gleichem Engagement) Mitglieder der gleichen politischen Partei und wurden beide jeweils vom gleichen DDR-Kulturminister als besonders 'herausgehobene Musikfolkloristen' in die gleiche ZAG berufen. Er als die vom Minister speziell ausgewählte 'Vorbild-Künstlerpersönlichkeit', und ich als der vom Minister entsprechend ausgewählte 'Vorsitzende' dieses Gremiums.
Dass dabei sowohl seitens damaliger Obrigkeitsmotivationen, als auch seitens unseres Verhaltens innerhalb und außerhalb dieses Gremiums, alsbald offensichtliche Unterschiede deutlich wurden, konnte dann wohl auch seine Fortsetzung in den nach der erwähnten Zäsur bei Stephan alsbald entsprechend spektakulär erfolgenden politischen Wandlungen seines Auftretens finden, wohingegen ich - eben ganz so wie schon vor dieser 'auseinander führenden Zäsur' im ZK-Gebäude - keineswegs irgendwelche Motivationswandlungen im Sinn hatte. Diese Unterschiedlichkeit setzte sich dann innerhalb des später erfolgenden Wandels allgemeiner politischer Machtverhältnisse, in der Weise fort, dass Stephan später gerne als eine symbolische Widerstands-Heldengestalt der Neofolklorebewegung in der DDR hervorgehoben wurde, wohingegen mir dann in der Nachfolge des diesem Wandel ebenfalls unterliegenden ostdeutschen Neo-Folk-Geschehens, dort in verstärktem Maße bestimmte Diskriminierungen und auch Diskreditierungen meiner Anliegen widerfuhren, welche allerdings (gerade eben auch nach der hier von mir beschriebenen Zäsur) schon zu DDR-Zeiten (zumal im notorischen Zusammenwirken von Horst Traut und der diese Besprechung damals leitenden ZK-Mitarbeiterin, sowie dem Leipziger Zentralhaus und dem Kulturministerium) in entsprechend durchorganisierter Weise eingeleitet worden waren.
Ich denke, dass es durchaus zutreffend sein kann, wenn ich dazu anmerke, dass die in Hinsicht auf seine als auch auf meine Person inzwischen beunruhigte Obrigkeit damals wohl im Sinn hatte, ihn als weiterhin zu ehrenden Vorbildkünstler möglichst im Lande zu behalten und mich als einen inzwischen bereits deutlich diffamierten Störenfried, möglicht bald aus der Folkloreszene des Landes zu entfernen. Das diesbezügliche 'Auseinandergehen' im ZK-Gebäude kann dafür als entsprechend symbolischer Beleg, und die alsbald ganz unverhüllt gegen mich eingeleiteten Kampagnen, als politisch konkreter Beleg gelten.
Ich meine dazu, dass sich mit einem schärferem Blick auf entsprechende Unterschiedlichkeiten, sowohl die spezifische Irrationalität als auch die 'politische Logik' derartiger Entwicklungen, besser durchleuchten lassen und sich dabei für mich auch eine Verminderung der Gefahr ergibt, etwa irgendwie mit Stephan politisch in einen Topf geworfen zu werden. Denn das wäre mir wiederum unbehaglich - auch wenn wir dereinst (wie jedenfalls ich mich - auch ganz anders als zu manch anderen ZAG-Mitgliedern - entsinnen kann) stets in durchaus musikantisch-kameradschaftlicher Weise miteinander auskommen konnten.

(46)
Die Arbeitsgruppen-Bezeichnung 'Musikfolkloristisches Instrumentarium' ergab sich aus den Konzeptions-Diskussionen zur Gründung dieser AG innerhalb der ZAG Musikfolklore.
Eine solche Arbeitsgruppe sollte meiner Auffassung nach nicht einfach als Fortsetzung bisheriger, eben schon vor Etablierung dieser ZAG entstandener Aktivitäten zu Dudelsäcken und anderen 'Selbstbau-Instrumenten' zu verstehen sein, sondern sich nun auch mit allen für diese Neofolkloristen relevanten Musikinstrumenten befassen, wobei ich natürlich neben Dudelsäcken auch meine speziellen Anliegen zu Cistern, Maultrommeln und verschiedenen Flöten usw. einbringen wollte. Dabei wollte ich aber grundsätzlich - eben auf Grund der Spezifik dieses in der DDR neu entstandenen Kulturbereiches, welcher sich in verschiedener Hinsicht von der bisherigen Befassung mit Musikfolklore deutlich unterschied - auch noch andere Problembereiche bedacht haben und wollte diese Arbeitsgruppe eigentlich am liebsten (was freilich kaum auf Akzeptanz treffen konnte) 'Musikfolkloristisches Equipment' nennen. Denn im Sinne der konkreten Unterstützung von ganz bestimmten in dieser Szene bereits entstandenen neuartigen Initiativen, waren dort auch weitere, über das Blickfeld von Musikinstrumentenfachleuten weit hinausreichende Probleme und Bedürfnisse entstanden, was mir wiederum insbesondere im Zusammenhang mit der zweifellos besonders aktiven Dudelsack-Szene und den damals bereits aufstrebenden Mittelalteraktivitäten als unübersehbar erschien. Denn gerade dort - aber eben auch in anderen Bereichen dieser neu entstandenen Folkloreaktivitäten - ging es ganz offensichtlich nicht nur um besondere Musikinstrumente sondern in unverzichtbarer Weise um ein viel größeres Drum-Herum von musikfolkloristischem Bedarf. Sowohl um selbst gemachte Musikinstrumente als eben auch um selbst gemachte Kostüme und andere Selbstherstellungsaktivitäten, - bis hin zu besonderen Selbstgestaltungsinitiativen von ganzen Gruppen, welche sich beispielsweise auch mit dem Gedanken trugen speziell interessierte Wandergruppen musikfolkloristisch zu begleiten oder dann auch entschlossen waren in den Sommermonaten mit einem Pferdewagen durchs Land zu ziehen und die Leute von Dorf zu Dorf zu ihrer Musik vor Ort und zum Mitmachen einzuladen. Die damaligen Tendenzen des Umschlagens in eine ganz andere Auffassung zu selbst gestalteten Musikfolklore-Aktivitäten kann ich heute vielleicht nachträglich mit dem Blick auf damaliges, ganz unterschiedliches 'Kostümverhalten' verdeutlichen.
Als ZAG-Vorsitzender (aber auch danach) habe ich mehrfach erlebt, dass sowohl von bestimmten Kulturfunktionären, als auch seitens der Leiter oder auch der Mitglieder von bestimmten traditionellen regionalen 'Tanz- und Folklore- Ensembles' - und zuweilen auch mit demonstrativer Unterstützung von dabei eingebundenen professionellen Musikethnologen, - deutlich mehr staatliche Unterstützung (also letztlich mehr Geld) für die Beschaffung und Erhaltung von entsprechend wertvollen Ensemble-Kostümen gefordert wurde, wobei der dann oft unvermeidliche Hinweis, dass manche Ensemble-Mitglieder in ihrer Verzweiflung schon gezwungen waren ihre Kostüme selbst zu reparieren oder - was auch schon vorgekommen sei - gezwungen waren, sich ganze Kostüme selbst zusammen nähen zu müssen, durchaus als Symptom eines kulturellen Notstandes aufgefasst wurde. Innerhalb des entsprechend staatlich geförderten Bereichs von derart damals charakteristischer DDR-Musikfolklorepflege keine ungewöhnliche Auffassung.
Solche Kostüme konnten dann in ihrer kulturellen, aber eben auch ihrer finanziellen Wertschätzung, unmittelbar neben oder gegebenenfalls auch noch weit über den allernobelsten Theaterkostümen oder gar den 'historisch authentischen Kostümen' aus Museumsinstallationen rangieren. So jedenfalls ein durchaus verbreitetes Selbstverständnis derartiger Musikfolkloregruppen 'alten Typs'.
Unter den jugendlichen Musikfolkloregruppen 'neueren Typs' hingegen wurde solcherart eingekleidetes Bühnengeschehen eher als irreale 'Puppenstubenfolklore' aufgefasst und dem gegenüber in der Realität eine ganz andere Palette verschiedenster Aktivitäten entwickelt, welche nicht nur ein anderes Selbermachen von Musik, sondern eben auch vielfältiges sonstiges Selbermachen einschloss. Ein Selbermachen von Instrumenten bis zu Kostümen und verschiedenen Gerätschaften und vielem Anderem mehr. Und gerade dies sollte meiner Meinung nach von dieser AG mitbedacht und unterstützt werden. Hier wäre es - um bei meinem Beispiel zu bleiben - eben keinesfalls um die Beschaffung teurer Bühnenkostüme, sondern eher um Unterstützung bei der Beschaffung von Materialien die für bestimmtes Selbermachen erforderlich sind, aber im normalen DDR-Handel eben einfach nicht erhältlich waren, gegangen. Und in Hinsicht auf bestimmte Spezialwerkzeuge, die dann auch für qualifizierteres Selbermachen von bestimmten Instrumenten erforderlich werden, stellten sich solche Fragen noch dringender.
Wenn ich dazu weiter über meine entsprechenden Kostümerfahrungen nachdenke, so komme ich auch an anderen DDR-Musikfolkloreerfahrungen nicht vorbei, die dann insbesondere auch mit Besonderheiten, oder auch bestimmten DDR-Eigenarten, des damaligen sorbischen Kulturgeschehens zu tun haben, innerhalb dessen, meiner Erfahrung nach immer wieder besonders strenge Vorstellungen darüber kultiviert wurden, was bei Musikfolklore als berechtigt, und was eher als unberechtigt, angesehen werden sollte.
Auf Grund einer solchen Meinungskultur war dort dann wohl auch die obligatorisch streng durchgehaltene Kopplung von 'aufgeführter Musikfolklore und vorgeführter Kostümfolklore' unübersehbar. Und wohl ganz im Sinnen derartiger 'Berechtigungsvorstellungen' äußerten sich auch schon kurze Zeit nach Gründung der 'Deutschen Dudelsackbrüderschaft der DDR' sorbische Kulturfunktionäre darüber, dass eine solche Initiative meinerseits doch ganz unberechtigt sei, da es sich beim Dudelsack in der DDR doch eigentlich um spezifisch 'sorbisches Kulturgut' handele.
So konnte es im DDR- spezifischen Dschungel von Zulassungen, Spielerlaubnissen, Einstufungen, Berufsausweisen und Sondergenehmigungen, sowie diversen sonstigen Bewertungsmechanismen für Musikanten und musikantische Aktivitäten, dann eben auch geschehen (mir ist das jedenfalls widerfahren) dass man da ein offizielles Schreiben eines Kulturverantwortlichen der Domowina zugestellt bekommt, in welchem einem auch die Berechtigung zur Beschäftigung mit sorbischer Musikfolklore abgesprochen wird. (Schreiben vom Bundesvorstand der Domowina vom 12.01.1990, mit der Unterschrift von B. Ziesch /Abteilung Kultur.)
Im Umfeld derartiger Auseinandersetzungen wurde mir dann - quasi gönnerhaft - zugestanden, dass ich doch wohl bekanntermaßen auf dem Gebiet der irischen Folklore kompetent sei und mich doch eher mit dieser beschäftigen möge…
Bei Jack & Genossen hatten wir freilich schon viele Jahre zuvor ebenfalls sorbische Lieder gespielt und tun dies bei Windbeutel heute noch, und ich kann dies in dieser Gruppe tun, ohne mir dazu jeweils als 'Zamperer' sorbische Ziegen- oder Clowns-Kostüme überwerfen zu müssen. Wenn ich hingegen bei der sorbischen Gruppe Judahej als Dudelsackspieler mit meinem deutschen Bock mitwirkte, war dies - entsprechend dort festgelegter "original sorbischer Folkloretraditionen" - keinesfalls zu umgehen. Und dort habe ich derartige Kostümierungen, sowohl aus Respekt vor den Gepflogenheiten in dieser berufsmäßig agierenden 'original sorbischen Folkloregruppe' als eben auch für entsprechend viel Geld - dann sowohl in der DDR, als auch auf den verschiedensten Auslandstourneen dieser Gruppe - auch immer wieder mitgemacht.
Ich meine dazu, dass in diesen spezifisch 'DDR-sorbischen Besonderheiten' und Zusammenhängen wohl auch eine Erklärung dafür zu finden sein wird, wieso es in der DDR zwar immer hübsch kostümierte sorbische Musikfolkloregruppen, aber - soweit ich mich erinnern kann - letztlich doch keine einzige sorbische Musikfolkloregruppe im Sinne des von mir hier akzentuierten Wandels im Musikfolkloregeschehen des Landes gegeben hat. Sicher nicht deswegen, weil etwa in Hinsicht auf sorbische Musikfolkloreaktivitäten im Vergleich zu den sonstigen in der DDR ablaufenden Kulturentwicklungen, alles problemlos und 'in Ordnung' war. Aber es war dort eben auch durchaus anders. Eine aus sorbischer Kulturtradition hervorgegangene jugendliche Musikfolkloregruppe, welche sich in rebellischer Gesinnung gegenüber den sie umgebenden Kulturdogmen (ob nun sorbischerseits oder deutscherseits) der Beschäftigung mit ausländischer Folk-Music und dann eben auch den alternativen Möglichkeiten der wirklichkeitsnahen Beschäftigung mit inländischer und eigener Folklore zuwendet und dabei die Entdeckung solcher Möglichkeiten eben in spezifisch sorbischer Weise und so auch unter Nutzung entsprechender sorbischer Musikinstrumente, vollziehen konnte, hat es meiner Erfahrung nach eben in der DDR nicht gegeben. Und auch in dieser Vergleichssicht kann wiederum umso deutlicher werden, dass auch für diese 'AG Musikfolkloristisches Instrumentarium' nun ein weiter gefasstes Betätigungsfeld umrissen werden musste, als etwa angesichts bisheriger Musikfolklorepflege in der DDR zu bedenken war.
Um mich aber gerade in Hinsicht auf meine Erfahrungen zum sorbischen Volksliedgeschehen in der DDR gründlicher zu äußern, muss ich dabei auch auf eine wieder andere Seite dazu eingehen. Ich habe mehrfach auf FDJ-Singe-Werkstätten in der Lausitz (zu denen jeweils Jack & Genossen eingeladen worden waren) sorbische Singegruppen erlebt, die einfach - in einer mich persönlich zutiefst berührenden und von mir selbstverständlich als vollkommen authentisch empfundenen Weise - ihre sorbischen Volkslieder sangen, ohne sich dazu in FDJ-Hemden oder anderen traditionellen Trachten kostümieren zu müssen. Ganz im Unterschied zu sonstigen, eben eher 'deutschen', FDJ-Singegruppen in der DDR, wo damals ein ganz anderes Verhältnis zu eigenen Volksliedern vorherrschte. Ein solch selbstverständlicher Umgang wie bei derartigen sorbischen Lied- und Singe-Ereignissen, war für mich damals (und vergleichsweise auch später) durchaus ebenso beeindruckend, wie ich Derartiges eben ansonsten auch in Osteuropa immer wieder von den verschiedenartigsten dortigen Folklorensembles erleben konnte. Und da ich soeben das Wort "authentisch" benutzt habe, muss ich dazu auch anmerken, dass ich gerade dazu auch die von Erich Stockmann immer wieder auf Jugend-Musikfolklore-Werkstätten vorgetragene Argumentation, dass "Authentizität bei Folklore inzwischen ohnehin niemals mehr zu erreichen sei und immer eine Illusion bleiben müsse" niemals teilen konnte und gerade dabei auch der dazu immer wieder notorisch vorgebrachten Berufung auf die Argumentation von Walter Wiora zur entsprechenden "zweiten Erscheinungsform", genauso wenig zustimmen konnte, wie der später von Erich Stockmann zitierten Volkstanz Argumentation zu "zwei historischen Momenten". (Siehe dazu auch meinen Beitrag "Kritisches zu einem musikethnologischen Schallplattentext", in: www.bhje.de)
Ich vermag nicht einzusehen, dass es beispielsweise den damals von mir erlebten sorbischen FDJ-Singeklubmitgliedern irgendwie an Authentizität gemangelt haben sollte, wenn sie bei solchen Gelegenheiten sorbische Volkslieder, die sie vielleicht von ihren Eltern, oder in der Schule oder vielleicht auch erst aus Liederbüchern kennengelernt hatten, sangen, und denke, dass es sich dabei eben auch wieder um ganz andere und eben auch neue Formen von Authentizität handelt, wobei ich die, solchen Sachverhalten widersprechenden Berufungen auf die ansonsten zweifellos akribischen und durchaus klugen (aus meiner Sicht aber eben auch kritisch zu bedenkenden) Erwägungen von Walter Wiora, doch für eine der Fehlleistungen (wenn nicht sogar Verlogenheiten) der deutschen Musikethnologie halten möchte, und denke dazu, dass in dieser Hinsicht, anbetracht immer wieder real-aktueller volksmusikantischer Entwicklungen, doch ein realitätsgerechteres (und vielleicht auch dabei eher 'oszillatorisch' angelegtes) Umdenken der Musikethnologie erforderlich wird. In Hinsicht auf die Argumentationen Wioras habe ich dabei keineswegs nur ein intensiveres Überdenken des von 'spezifisch-deutsch-faschistischer' bzw. entsprechend "nationalsozialistischer Mentalität" wohl kaum zu trennendem Zustandekommens seiner Volksliedbetrachtungen im Sinn. Ich denke da eher an ein grundsätzlich notwendiges Umdenken der Musikethnologie, innerhalb dessen wohl auch die bisher so oft und gerne betonte Trennung von nationaler Musikfolklore einerseits und den Liedern die im Zusammenhang mit der Arbeiterbewegung weltweit entstanden sind, andererseits, zur Überwindung anstehen sollte.
Insbesondere denke ich, sowohl als Wissenschaftler als auch als ein in Deutschland (aber zuweilen eben auch anderswo in der Welt) etwa mit Dudelsack und Waldzither wirkender deutscher Musikant, dass mein entsprechendes Wirken, als Teil des entsprechend aktuell-authentischen Volksmusikgeschehens in Deutschland zu gelten hat, zumal ich eben gerade nicht im Sinn habe, die Leute dabei etwa über das "echte deutsche Volkslied" zu belehren oder ihnen "original traditionelle Dudelsackmusik" vorzugaukeln oder gar mit "authentischem Mittelalter-Feeling" zu betören.
Und in meinem entsprechenden Wirken fließt dann selbstverständlich, sowohl regional-traditionelle deutsche und ausländische Musikfolklore mit international bekannten Liedern, einschließlich regionaler und internationaler Lieder der Arbeiterbewegung, auch mit vielem dabei musikantisch Selbstgemachtem, zusammen.
Gegen die aus meiner Sicht eher entsprechend rückwärtsgewandten Auffassungen zu einer lediglich als "regionale Erscheinungsform" zu akzeptierenden Musikfolklore und einer entsprechend konservativ-konservierenden Pflege von Vergangenheitstümlichkeiten, wollte ich mich aus all solchen Gründen und Motivationen natürlich auch in Bezug auf die Wirkmöglichkeiten einer solchen "AG-Musikfolkloristisches Instrumentarium" wehren.
Allerdings konnte dann mit der seitens des Zentralhauses (bzw. mit dessen Unterstützung) durchgesetzten, und inhaltlich wieder einschränkend angestrebten Umbenennung dieser AG in "AG Historische Musikinstrumente" nicht nur die Sicht auf all die neueren Tendenzen und Aktivitäten zur Musikfolklore in der DDR wieder verdunkelt bzw. 'umgelenkt' oder auch 'abgelenkt' und umgangen werden, sondern damit konnte eben auch eine mühelosere Wiedereinordnung auf vormals bereits sicher eingefahrene Denkschemen angeboten werden, in deren Folge dann auch über all die neu entstandenen Initiativen jüngerer Musikfolkloristen in den alsbald dort dazu entwickelten Floskeln des 'Kampfes gegen Traditionsverletzungen' und der 'Überwindung von exotischen Phasen bei der Pflege deutschen Kulturgutes', usw. gesprochen werden konnte.
Immerhin waren in Hinsicht auf eine derartige neue, auf Musikfolklore orientierte Kulturinitiative, welche ja nicht von oben eingeleitet oder etwa 'verordnet', sondern auf diesem Gebiet eindeutig auf dem breiten Boden einer landesweiten Vielzahl von 'quasi in der Luft liegenden' und dann jeweils selbst ergriffenen, jugendlichen Musikanteninitiativen erwachsen war, nun auch ganz andere Vorstellungen und Bedürfnisse seitens der dortigen Akteure entstanden, welche mir schon zu Beginn, aus den vielseitigsten Aktivitäten von Dudelsackenthusiasten und der nun auch bereits in besonderer Weise prosperierenden 'Dudelsack-Bewegung', in wiederum besonders eindrücklicher Weise begegnet waren.
In diesem Sinne musste mir freilich das spätere starrsinnige Bestehen auf der Bezeichnung "AG Historische Musikinstrumente" als ein einfach nur dummer Rückgriff auf einen zwar 'altbewährt renommierlichen', aber eben für diese ganz neuen Entwicklungen innerhalb der Kultur der DDR, überhaupt nicht mehr angemessenen Begriff, erscheinen.
Ein Begriff, welcher allerdings als entsprechend angemessen und passend für bestimmte Ambitionen eines machterfahrenen Amts-Chefs und nunmehrig eingesetzten AG-Leiters gelten konnte, welcher zwar mit den hier beschriebenen neueren Musikfolkloreinitiativen dieses neuartigen DDR- Kulturbereiches überhaupt nicht verbunden, aber eben geltungssüchtig genug war, um nun von daher, mit dieser von ihm usurpierten Arbeitsgruppe und einem entsprechenden 'AG-Namen-Vorzeigeschild' eher innerhalb von weitaus 'nobleren Musikszenen' der DDR - so etwa in Richtung auf die von entsprechenden Fachleuten allgemein bewunderten Musikinstrumentensymposien im Kloster Michaelstein - entsprechend als 'AG-Leiter und ASMW-Chef' aktiv zu werden gedachte, um sich dann vielleicht eher dort zu integrieren und etablieren zu können. Wobei in diesem Falle noch eine besonders ausgeprägte Spießer-Mentalität von offensichtlich immer wieder durchbrechender Abneigung gegenüber Menschen, welche sich einfach 'ganz anders als angefordert und doch eigentlich erforderlich' verhielten, eine Rolle spielte.

(47)
Falls man dabei vielleicht nur nach Unterscheidungen in Hinsicht auf die Gestaltung ausgebauchter Böden aus ist, so könnte man auf solche mit entweder richtungsabhängig-strahlenförmiger oder aber paralleler Spananordnung für die breiten Spanteile des Bodens achten und später dann auch wieder in Richtung auf eine in wiederum anderer 'Spantechnologie' produzierte Böden mit paralleler Spananordnung von 'doppelt breiten' Spänen achten. Also auf solche 'Doppelspäne', in deren Mitte wiederum lediglich ein raffinierter dünner Zwischenspan zur Vortäuschung von 'Vielspänigkeit' eingelassen wurde. Dazu kann wiederum angemerkt werden, dass Letzteres wohl insbesondere bei Modellen mit spitzwinklig von der Decke abgehenden Zargen zu finden sein wird. (Siehe dazu auch Anmerkung Nr. 49.)

(48)
Derartige Korpusgestaltungen finden sich - wie die von mir dazu gesammelten Instrumente belegen - zuweilen auch bei vergleichsweise waldzithergroßen Mandolas, aber auch bei Mandolinen, wobei mir das wieder als eine interessante oszillatorische Bewegung in der Formentwicklung von Mandolineninstrumenten erscheint.
Bei Mandolinen findet sich aber auch noch eine ganz andere Tendenz zur Zargengestaltung, bei welcher diese dann nicht mehr (wie bei Flachmandolinen üblich) rechtwinklig, sondern letztlich eher 'stumpfwinklig' an der Decke des Instrumentes angebracht sind. Entsprechende Exemplare befinden sich ebenfalls unter den von mir gesammelten Mandolineninstrumenten.

(49)
Diese Zargenspitzwinkligkeit ist ja auch nicht mit der Motivation der Verbesserung des Klanges oder etwa der Stabilität der Konstruktion, sondern wohl viel mehr aus herstellungstechnischen Gründen entstanden, denn - so wurde mir in Markneukirchen verschiedentlich erklärt - in dieser Form lässt sich der auf solche Weise über dem großen Holzklotz zusammengeleimte Unterteil (bzw. die 'Schale' oder eben auch die 'Schachtel' eines Waldzitherkorpus, also der Korpus noch ohne die erst später aufzuleimende Klangdecke) immer problemlos vom Klotz abheben. Bei rechtwinklig gestalteten Zargen (welche freilich zunächst einfacher an einen entsprechenden Klotz anzulegen sind) kann es hingegen immer wieder leicht geschehen, dass sich die entsprechend gestaltete Korpusschale dann nur schwierig vom Klotz abheben bzw. entfernen lässt. Meiner Kenntnis nach ist diese, das Herstellungsverfahren erleichternde Korpusgestaltung wohl von dem Instrumentenbauer Höhland in Markneukirchen für die entsprechenden Waldzithern eingeführt worden, wobei er außerdem noch eine andere, die Korpusherstellung entsprechend vereinfachende, aber wohl auch stabilisierende, Technologie anwandte. Betrachtet man die entsprechend 'ausbauchende' Spananordnung eines solchen Korpus, so kann man mit genauerem Blick auf die dortigen Maserungen leicht bemerken, dass man es letztlich mit überdimensional breiten Spänen zu tun hat, welche allerdings in einer optisch ansprechenden (eben mehr Einzelspäne vortäuschenden) Art, jeweils mit nur 'eingelegten' dünnen Zwischenspänen unterteilt, aber eben nicht ursprünglich getrennt-verleimt sind.
(Siehe dazu wiederum die Anmerkung Nr.47.)

(50)
Dieser Eindruck ist freilich nur ganz subjektiv und könnte nun vielleicht auch mit dem Hinweis untermauert werden, dass sich durch Zargenspitzwinkligkeit schließlich auch das Volumen des Klangkastens verringert. Aber auch dies wäre aus meiner Sicht ein nur schein-objektives Argument.
Die tatsächlichen Konstruktionsbesonderheiten für den besonders 'guten' oder auch den 'lautstarken' oder 'vollen' Klang eines solchen Instrumentes sind sicherlich durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt und auch die nun vielleicht doch noch nahe liegende Vorstellung, dass ein größeres Klangkastenvolumen aber doch notwendigerweise zu einem entsprechend 'volleren' oder etwa auch immer zu einem 'bassbetonterem' Klang führen muss, entspricht nicht meinen Erfahrungen aus vergleichsanalytischen Untersuchungen entsprechend verschiedenartiger Instrumente.

(51)
Bei meinen Wünschen zur nachträglichen Anbringung von insbesondere im Kopfbereich spezifisch geformten Hälsen an älteren Waldzitherklangkästen, habe ich stets besonderen Wert darauf gelegt, dass diese nun (anders als die vorherigen Hälse) mit einer 'Schwalbenschwanzverbindung' in den Halsklotz des Kastens eingelassen werden, und zudem am Boden des Klangkastens, eine ebenfalls stabilitätsichernde 'Korpus- zu- Hals verbindende Spaneinlage' im oberen Bereich des jeweils mittleren Spans (bzw. des entsprechenden Bodenplattenmaterials) erfolgt.

(52)
Es war - durchaus im Unterschied zum Verhalten mancher Musikinstrumentenbauer, mit denen ich darüber ins Gespräch kommen konnte, - vor allem wieder der Chef des dortigen ASMW Jochen Schmidt, der solche Überlegungen immer wieder einfach abtun wollte und sich auch offen darüber empören konnte, dass ich als "fachfremder Philosoph" in dieser ZAG- AG über Veränderungsvorschlägen zu einem "historischen Musikinstrument" diskutieren wollte, über welches doch nur erfahrene Musikinstrumentenbauer beraten könnten…
Ich wollte da aber immer wieder auf meinen entsprechenden '12 Punktevorschlag zur Waldzither' zurückkommen, welcher damals schließlich die unterschiedlichsten Aspekte zur Verbesserung bzw. zu ferneren Veränderungsmöglichkeiten des Instrumentes umfasste.
Im Rückblick auf sein damaliges Verhalten zur Waldzither, wo er sich immer wieder unmittelbar demonstrativ abweisend und dann auch grundsätzlich ablehnend gebärdete, musste mir aber sein demgegenüber zunächst durchaus anderes Verhalten zu meinem damaligen 'Banjokessel-Projekt' zunächst als durchaus kooperativ erscheinen, wobei ich mir nun keineswegs sicher sein kann, ob nicht auch dieses - etwa im Sinne eines Ablenkungsmanövers - von Anbeginn auf Verhinderung von Waldzitheraktivitäten ausgerichtet war. Wenn ich dazu dann auch die von Erich Stockmann doch so offensichtlich unternommenen Eingriffe in die Aktivitäten dieser AG bedenke, so erscheint mir die letztere Interpretation doch als überaus nahe liegend. Insbesondere auch insofern, als dass meiner Erinnerung nach das plötzliche intensive Eingehen auf meine Banjo-Kessel-Vorstellungen, doch gerade unmittelbar nach dem doch so seltsamen Erscheinen von Andreas Michel in dieser AG, erfolgte. Dieses musste mir dann auch in folgendem Zusammenhang als besonders seltsam erscheinen. Bereits zum Zeitpunkt der Gründung dieser AG hatte ich Erich Stockmann um eine zusammenfassende Liste aller spezifisch 'deutschen Volksmusikinstrumente' gebeten, da ich dies als eine Arbeitsgrundlage für deren künftiges Wirken ansah. Er stimmte mir dabei zunächst auch zu und versprach eine entsprechende Aufstellung, - die wir dann aber niemals erhielten. Seine künftigen Ausreden zu meinen wiederholten Nachfragen, wurden dann auch immer seltsamer: "Das ist doch schon längst alles wissenschaftlich erarbeitet worden und auch bekannt, man muss da nur die entsprechende Literatur genauer einsehen…" usw., ohne uns aber dann entsprechende Literatur auch genau zu benennen. Ich hatte damals bereits den Eindruck, dass er zu einer derartigen exakten Aufstellung letztlich einfach nicht in der Lage war und wohl auch keinesfalls das Risiko eingehen wollte sich dabei irgendwie festzulegen, um so auch entsprechenden Nachfragen bzw. einer etwaigen Kritik, von vornherein auszuweichen.
Als dann Andreas Michel im Auftrage von Prof. Stockmann in dieser AG erschien, wurde er natürlich ebenfalls dazu befragt, aber er konnte uns nur über seinen 'Beobachtungsauftrag' berichten. Und Erich Stockmann hat sich dann, als ich ihm die später von Jochen Schmidt akribisch zusammengetragene Auflistung entsprechender Instrumente vorlegte, auch niemals dazu herabgelassen, diese etwa zu ergänzen oder auch nur zu kommentieren.
Was nun Andreas Michel betrifft, so hätte damals wohl auch nichts störender für die Erfüllung seines, doch gerade an meinen durchaus längst bekannten Aktivitäten zur Waldzither und meinen entsprechenden Waldzither-Sammlungsbeständen so gezielt vorbeiführendem 'Dissertationsauftrag' sein können, als dass eben über dieses Instrument nun gerade in der Arbeitsgruppe, zu deren 'Beobachtung' er doch gerade von Erich Stockmann - in gerade genau der Zeit, in welcher ich dort bereits entsprechende Vorschläge zu diesem Instrument auch schriftlich vorgelegt hatte, beauftragt worden war, weiterhin zu all den damals von mir dazu konzipierten Möglichkeiten der Weiterentwicklung einer 'deutschen Cister' diskutiert und beraten worden wäre.
Der Umstand, dass ich bereits zuvor mit Jochen Schmidt auch immer wieder über meine speziellen Banjokessel-Vorstellungen gesprochen hatte, konnte dann also durchaus auch im Sinne einer entsprechend kalkulierten 'Umlenkung' meiner entsprechenden Ambitionen genutzt werden.
Und im Nachhinein betrachtet, scheint mir auch als ob genau dies damals geschehen ist.
Was meine entsprechenden damaligen Vorstellungen betrifft, so dachte ich in Bezug auf meine Waldzitherveränderungsambitionen immer an die damals wachsende Anzahl von neueren Interessenten zu diesem deutschen Volksmusik-Instrument, war dabei aber eben auch der Ansicht, dass sich entsprechend erforderliche Veränderungen an der deutschen Cister letztlich wohl nur in einem etwas längeren Prozess und in verschiedenen Etappen bzw. schrittweise, verwirklichen lassen werden. Dabei war auch klar, dass dies wohl jeweils unvermeidliche Umstellungen, bzw. dann auch besonders vorzubereitende neue Materialien in der entsprechenden Instrumentenproduktion erforderlich machen würde. Also eine nur allmählich zu überwindende Hürde innerhalb einer bereits in Üblichkeiten eingefahrenen Herstellungsweise, mit all den hier im dritten Haupt-Aspekt meiner Eigentümlichkeitsdarlegungen darzustellenden Problemlagen.
Völlig anders hingegen waren meine Vorstellungen in Hinsicht auf mein Banjokessel-Projekt, zu welchem ich auch keinen Grund sah darüber etwa vor allen Mitgliedern dieser AG mit vielen Worten aktiv zu werden. Aus meiner Sicht bestand ja auch kein kulturpolitisch spezifischer Mangel an Banjoinstrumenten in der DDR. Bei diesem Instrument hatte ich lediglich als spezieller Banjo-Liebhaber eine besondere Idee für eine völlig neue Banjo-Konstruktion entwickelt, bei der ich mir zudem sicher war, dass erste Modelle einer solchen Konstruktion auch mit den in der DDR-Banjoindustrie vorhandenen Materialien sofort, und auch in hoher Material-Qualität, hergestellt werden könnten - es müsste dabei lediglich auf eine besondere (bislang freilich in bisheriger DDR-Banjoproduktion keineswegs übliche) Präzision bei der Endmontage solcher Instrumente geachtet werden. Und solche Banjoinstrumente mit neuartiger Kessel-Konstruktion und entsprechend insgesamt verbesserten Instrumentaleigenschaften, hätten aus meiner Sicht vor allem für den Export in Richtung auf eine in vielen Ländern (keineswegs nur in den USA) existierende Szene von speziellen Banjo-Liebhabern, und keineswegs in erster Linie für die Neofolkloreszene in der DDR, von Bedeutung sein können.
Während es mir in Hinsicht auf die Waldzither um ein längerfristiges Projekt ging, welches sich auf ein offensichtlich neu entstandenes musikinstrumentelles Bedürfnis innerhalb einer nun von vielen jungeen Musikanten getragenen, traditionell orientierten, aber eben doch ganz neuartigen Kulturentwicklung, und die darin nunmehr enthaltenen Möglichkeiten (bzw. aus meiner Sicht eben auch entsprechend bestehenden Notwendigkeiten) zur grundsätzlichen Weiterentwicklung eines in besonderer Weise spezifisch deutschen Musikinstrumentes bezog, handelte es sich bei meinem Banjo-Vorschlag, im Sinne meiner damaligen Initiative, lediglich um eine prinzipiell stabilere Neukonstruktion des Instrumenten-Kessels und der dortigen Vorrichtungen zur Fellspannung.
Aus Sicht meiner Erfahrungen hätte da bereits die Herstellung einer handvoll solcher neuartigen Banjo-Instrumente und deren effektive Exposition zur Leipziger Messe (oder auch zu anderen Gelegenheiten) mit Sicherheit weitere Nachfragen aus dem Ausland nach sich gezogen. Und in Hinsicht auf dieses Instrument hätten sich so auch sicherlich ganz andere Möglichkeiten von Devisenerwerb für die DDR ergeben können, als dies jemals in Hinsicht auf deutsche Cistern wahrscheinlich gewesen wäre. Ganz abgesehen davon, dass diese völlig neuartige Banjo-Konstruktion natürlich auch patentwürdig ist. Jochen Schmidt hatte damals nun begonnen gerade auf dieses Banjo Projekt einzugehen und immer wieder sehr detailliert mit mir darüber zu sprechen und mich dann auch mit der Banjoproduktion in Markneukirchen und den dortigen Mitarbeitern näher bekannt zu machen. wobei er mir dann sogar geholfen hat, von daher auch verschiedene Einzelteile für die von mir zunächst als vergleichsanalytisches Experimentalmodell (siehe dazu auch wieder Anmerkung Nr.1.) beabsichtigte Selbstherstellung einer solchen Banjokesselkonstruktion, käuflich zu erwerben.
Dann hat er aber, von seiner inzwischen zunehmend ausgebauten Machtposition her, plötzlich wieder alle weitergehenden Schritte dazu verhindert und sich dann ja auch - im Verbund mit entsprechenden politischen Machenschaften des Zentralhauses und des Kulturministeriums - für die umgehende 'Entfernung von Bernd Eichler aus der Folkloreszene' engagiert. (Siehe dazu wiederum meinen Beitrag "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de)
Als ich dann in den Zeiten des Zusammenbruchs der DDR, in denen auch diese, inzwischen untergegangene Banjoproduktion in Markneukirchen, am Zusammenbrechen war, dort noch einmal vorbeischauen konnte, wurde mir von einem der mir bekannten dortigen Arbeiter, auch ein noch zu DDR-Zeiten von Jochen Schmidt verfasstes 'Gutachten zur Verbesserung der Banjoproduktion' gezeigt, in welchem Jochen Schmidt verschiedene, von mir vorgelegte Detail-Vorschläge zur Verbesserung von DDR-Banjos, als seine Vorschläge ausgegeben hatte, dabei aber kein einziges Wort über die ihm ja ebenfalls bekannten, von mir damals schließlich besonders eingehend erläuterten Vorschläge zu meinen weiterführenden Banjokessel-Ideen zu finden war. Einen solchen Banjokessel konnte ich allerdings dann, mit weiteren, aus dieser, dann zum Untergang verurteilten Banjoproduktionsstätte stammenden Teilen, doch noch selbst zusammenbauen.
Inzwischen befinden sich zwei derartige, von mir aus entsprechend unterschiedlichen Materialien gestaltete Banjokesselkonstruktionen, zusammen mit einer Vielzahl von unterschiedlichsten Banjoinstrumenten und dazugehörigen diversen Ersatzteilen, in der Musikinstrumentensammlung der Musikhochschule des Saarlandes, wo ich hoffe, dass diese dort nicht verloren gehen mögen.
Denn wenn ich heute sorgenvoll darüber nachdenken muss, welche Überlebenschancen nun vielleicht für all diese aus DDR-Zeiten stammenden Ideen und Überlegungen zu verschiedenen Musikinstrumenten, nach der so erfolgreich erfolgten 'Überwältigung der DDR' bzw. ihres Zusammenbruchs, im Zusammenhang mit den sonstigen Bestrebungen zur 'DDR-Bewältigung', wohl haben könnten, so denke ich, dass diese wohl allzu leicht innerhalb der überwältigenden Menge von spezifisch politisch motivierten 'DDR-Bewältigungs- und Abwicklungs-Initiativen' ebenfalls untergehen könnten. Dabei müssen mir als Wissenschaftler schließlich auch die weiteren Perspektiven deutschen Wissenschaftsverhaltens zu künftigen musikinstrumentenkundlichen Forschungen in Deutschland, in besonderer Weise Sorgen bereiten.
Am hier vorliegenden Banjo-Beispiel kann dann auch in wieder anderer Weise auf eine besondere DDR-Spezialität hingewiesen werden, welche mir gerade auch im Wirrwarr aller hier zu bedenkender Waldzithereigentümlichkeiten in wiederum besonderer Weise erwähnenswert erscheint.
Dazu muss ich zunächst auf die gängigen Darstellungen zur US-amerikanisch geprägten Geschichte des Banjos verweisen, in welchen einem immer wieder sehr eindrucksvolle Aufreihungen von hochinteressanten und oftmals überaus prächtigen Instrumenten begegnen können.
Mir sind in solchen, zum Teil auch von hochkarätigen Wissenschaftseinrichtungen herausgegebenen Darstellungen und Bildaufreihungen, auch immer wieder Instrumente begegnet, die aus Sicht meiner organologisch-systemischen Auffassung nach, dort eigentlich fehlplaziert sind. Andererseits muss mir als ostdeutschem Banjointeressenten natürlich auffallen, dass da immer wieder - auch in den moderneren Darstellungen - ein ganz besonderes, etwa zu Ende der fünfziger bzw. zu Beginn der sechziger Jahre in der DDR produziertes Banjoinstrument, keine Erwähnung findet.
Ich beziehe mich hier nicht nur auf die übergreifende Tatsache, dass es gerade in der DDR ganz offensichtlich eine besonders typenreiche Banjoproduktion, mit immer wieder bemerkenswerten Bemühungen um die Entwicklung neuer Modelle und entsprechender 'Neuheiten' usw. gegeben hatte (was ja gerade auch für mich der besondere 'Hoffnungshintergrund' für meine spätere Banjokessel-Offensive gewesen war) sondern vielmehr auf den Umstand, dass es innerhalb dieser vielfältigen ostdeutschen Banjobemühungen auch diese eigentlich unübersehbar besondere Banjokonstruktion gab, welche wohl einmalig auf der ganzen Welt ist. Ich meine die einstmals auch zur Leipziger Messe als "Messeneuheit" angepriesene Kombination eines damals als 'Rhythmus- oder Schlag- oder auch Jazz-Gitarre' bezeichneten Gitarrenkörpers, mit einem in diesen Gitarren-Resonanzkörper eingelassenen Banjospannring. Also ein Instrument welches auf den ersten Blick ganz so anmuten musste, wie eine entsprechende Dobro-Gitarre, bei welchem dann aber auf den zweiten Blick genau zu erkennen sein konnte, dass statt der für eine Dobro wesentlichen runden Metalltrichterkonstruktion in der Mitte des Gitarrenkörpers, hier an gleicher Stelle, ein Banjospannring mit Naturfell (also damals noch ohne Plastemembrane!) eingelassen war, auf welchem dann auch der aufgesetzte Steg dieses Gitarrenmonstrums platziert war. Aus meiner damaligen, aber auch meiner heutigen Sicht, zweifellos eine ziemliche Fehlkonstruktion, die mir aber nicht nur zu Anfang der sechziger Jahre, sondern auch später noch in der DDR begegnet ist, und die ich dann auch 1989 noch im staatlichen An- und Verkauf-Musikinstrumentenhandel der DDR (damals freilich bereits als eine für mich inzwischen unbezahlbare Instrumentenrarität) bewundern konnte. In Hinsicht auf meine 'Elektrifizierungs-Darlegungen' in Anmerkung Nr.21 könnte ich zu dieser Rarität auch noch anmerken, dass wir es bei diesem Banjoinstrument auch mit dem besonderen Fall einer in dieser Weise relativ konfliktlosen Kopplung von Banjoinstrument und elektromagnetischem Tonabnehmer zu tun haben, denn dieses Gitarrenmonstrum war natürlich als damalige 'Jazz-Gitarre', auch mit einem entsprechenden Tonabnehmer ausgerüstet.
Wenn man - falls man überhaupt möchte - nun vielleicht doch Hoffnung haben kann, dass ein solches, inzwischen mit Sicherheit durch noch mehr Geld aufzuwiegendes 'Seltenheitsinstrument' auf einem solchen, scheinbar 'unpolitischen' Wege, doch noch seine bislang wohl eher aus definitiv politischen Gründen verunmöglichte Platzierung in den offiziellen Bildaufreihungen zur Geschichte von Banjoinstrumenten zuerkannt bekommen könnte, so wäre weitergehend auch zu fragen, welche Platzierung dabei dann vielleicht auch meinen nun doch bereits in verwirklichter Form - eben als vergleichsanalytische Experimentalmodelle - vorliegenden beiden Banjokesselkonstruktionen zugedacht werden könnte und in welcher Weise künftige Musikinstrumentenwissenschaft dabei auch sensibilisiert und motiviert sein könnte, sich auch auf eine nähere Analyse all der hinter solchen Musikinstrumentenentwicklungen möglicherweise zuweilen wirkenden Verwirklichungs- und Verhinderungs-Bestrebungen einzulassen?
Im besonderen Falle der DDR-Bestrebungen zur Waldzither, haben wir es in diesem Sinne jedenfalls mit Vorgängen zu tun, bei denen künftige deutsche Musikinstrumentenkunde den Blick eben nicht einfach nur auf bestimmte Instrumente und vielleicht auch noch in Richtung auf bestimmte Motivationen von Spielern und Herstellern auszurichten hätte, sondern ganz wesentlich auch eine kritische Sicht auf die Geschichte Ihres entsprechenden eigenen Wirkens und von daher zu verstehender Auswirkungen, entwickeln müsste.
Um nun nochmals auf die Besonderheiten der erwähnten neuartigen Banjokesselkonstruktion einzugehen, möchte ich dazu noch darauf hinweisen, dass mit dieser, aufgrund ihrer besonderen Eigenstabilität, wiederum eine besonders biegestabile Kessel-Hals-Konstruktion gewährleistet werden kann, welche dann allerdings auch weitere konstruktionstechnische Besonderheiten nach sich ziehen würde.
Einer meiner ersten Vorschläge zur Verbesserung der Stabilität bisheriger Kessel-Hals-Konstruktionen bei den üblichen DDR-Banjos, bezog sich auf die Einbringung eines zweiten, im Kessel durchgehenden Stahlstabes, dessen beidseitigen Gewindeenden - ebenso wie bei dem bei diesen Banjos zuvor üblichen einzigen Stahlstab - sowohl einerseits in den ansetzenden Halsklotz als auch andererseits durch das gegenüberliegende Kesselmaterial, reichen sollten. Eigentlich genau so, wie ich es bislang schon bei verschiedenen modernen US-amerikanischen Banjoinstrumenten vorgefunden hatte. Die üblichen DDR-Banjos mit entsprechend einzelnem durchgehenden Stahlstab, verfügten damit meiner Erfahrung nach (was ich immer wieder ohne weiteres an jedem derartigen Instrument demonstrieren konnte) über eine offensichtlich nur ungenügend stabile Kessel-Hals-Verbindung und sehr oft eben auch über einen ohnehin zu wenig stabilen Kessel. Mein Vorschlag, diesem Übel mit einem entsprechenden zweiten Stahlstab abzuhelfen, wurde damals unmittelbar in dieser Produktionsstätte, im Beisein von Jochen Schmidt, von den dortigen Mitabeitern sofort aufgegriffen und dann auch hinsichtlich verschiedener weiterer Details intensiv beraten.
In den später dort hergestellten Banjos dieser Art wurden dann auch tatsächlich jeweils zwei Stahlstäbe eingebaut. Allerdings wurde dabei der zweite (entgegen der Absicht meines ursprünglichen Vorschlages) nicht mit dem Halsklotz verbunden, sondern diente nun (entsprechend dem späteren "ASMW-Gutachten" von Jochen Schmidt) lediglich zur Spannungs-Stabilisierung des Kessels. Der eigentliche Schwachpunkt dieser Instrumente, nämlich eine nur ungenügend stabile 'Kessel-Hals-Konstruktion', war damit zwar etwas gemildert, aber keineswegs beseitigt.

(53)
Hier möchte ich wieder auf die Bedeutung von 'vergleichsanalytischen Experimentalmodellen' innerhalb meines Wissenschaftskonzeptes einer 'Vergleichsanalytischen Audioorganologie' verweisen; siehe dazu auch Anmerkung Nr.1

(54)
Aus späterer Sicht auf gerade diese Eigentümlichkeit musste ich mir dann natürlich auch immer wieder die Frage stellen, inwieweit eventuell schon damals, die in Hinsicht auf die Cister doch so eigenartigen 'Beobachtungs- und Verschwiegenheitsanweisungen' von Erich Stockmann, in Bezug auf diese AG Musikfolkloristisches Instrumentarium, sowie auch andere dortige Interventionen und Einflussnahmen von ihm, eben auch für bestimmte Verhaltensweisen von Jochen Schmidt, welcher schließlich ohne eigentlich jemals gewählt worden zu sein, einfach seitens des Zentralhauses für Kulturarbeit zu deren Leiter ernannt worden war, ausschlaggebend wurden…(Siehe dazu auch die Anmerkungen 52).

(55)
Ein Mangel der freilich auch bei vielen anderen, sowie auch älteren Instrumenten anzutreffen ist und aus meiner 'Vergleichssicht' - zumal wenn ich Mandolinen-Instrumente dazu bedenke - ein deutliches Indiz für eine entsprechende, eben auch bei Herstellern von Waldzithern ausgeprägte Geringschätzung dieses Instrumentes ist. An Mandolinen sind zwar auch oft solche im oberen Bereich einfach bundfrei belassene Griffbretter zu finden, aber man findet ansonsten bei Mandolinen eben auch viele Exemplare, bei denen das Einlassen von Bünden bis in die allerhöchsten Bereiche (oft auch über das Schalloch hinaus) fortgeführt wurde, was mir bei den traditionellen Waldzithern nicht begegnet ist. Dies wurde von mir aber immer wieder für möglich und eben auch für erforderlich gehalten, so dass ich auch bestrebt war die diesbezüglichen Spielmöglichkeiten verschiedener Waldzithern bei entsprechenden Umbau- oder Reparatur-Arbeiten, sowie bei der nachträglichen Aufbringungen von verlängernden Griffbrettern, in diesen Bereichen jeweils zu erweitern. Darauf werde ich ebenfalls im dritten Hauptschwerpunkt noch einzugehen haben.

(56)
Der bei den drei von mir im dritten Hauptschwerpunkt geschilderten veränderten Instrumenten entsprechend eingerichtete Abstand vom Nullbund bis zum ersten Stimmwirbel liegt etwa bei 8-9 cm. Diese Instrumente, die ebenfalls zum Geschenk-Sammlungsbestand der Instrumentensammlung in Saarbrücken gehören, befinden sich zurzeit noch in Gebrauch bei mir, da ich mit diesen weiterhin musikantisch experimentierend, aber eben auch dokumentarisch aktiv sein möchte. Sie waren ursprünglich vor allem als vergleichsanalytische Experimentalmodelle für die im Zusammenhang mit der AG Musikfolkloristisches Instrumentarium vorgesehenen Vergleichstest mit entsprechend fachkundigen Spielern und Herstellern solcher Instrumente gedacht.
An diesen von mir also immer noch gespielten Instrumenten, möchte ich auch gegenwärtig immer noch unterschiedlich geeignete Saiten, aber auch unterschiedliche Bundmaterialien, testen.

(57)
In meinem aus dem Jahre 1986 stammenden Beitrag "Einige Hinweise zum musikantischen Umgang mit der Thüringer Waldzither" (siehe dazu auch Anmerkung Nr.2.) bei denen es mir damals darauf ankam eine möglichst wohlüberlegt konzentrierte Zusammenfassung zu all dem anzubieten, was für einen Anfänger im Wesentlichen erforderlich ist um sich dann auch weiterführende Griffkombinationen und Spieltechniken entsprechend selbst zu erarbeiten, bin ich auf diese Spezialität der 'unterschiedlichen Griffmöglichkeiten zum f-moll Akkord' nicht näher eingegangen. Damals standen mir auch noch nicht die inzwischen entsprechend umgestalteten Instrumente mit veränderter Kopfform zur Verfügung. Außerdem hatte ich damals natürlich auch darauf verzichtet nun etwa eine Grifftabelle mit allen weiteren Barre-Griffmöglichkeiten vorzustellen.
Insofern war ich also erstaunt (siehe dazu wiederum Anmerkung Nr.2.), dass Martina Rosenberger in ihrer Neuveröffentlichung meiner Hinweise, die vorliegende Grifftabelle mit einigen Barre-Griffen und der Anmerkung, dass diese "spieltechnisch dazugehören" ergänzt hatte. Meiner Auffassung nach (und gerade diese habe ich mit meinen Hinweisen deutlich zu machen versucht) sollte ein grundsätzlich interessierter Spieler dieses Instrumentes, eher davon ausgehen, dass eben alle dort möglichen und von ihm entsprechend selbst zu ermittelnden Barre-Griffe 'spieltechnisch dazugehören' und er sollte dementsprechend dann auch die verschiedenartigsten 'Daumengriff-Läufe und Bassfiguren' zu den verschiedenartigsten Griffkombinationen erwägen und erproben. Denn ich wollte keineswegs in das Horn der sich ohnehin allzu oft herausbildenden Vorurteilshaltung, dass dieses Instrument eben doch vor allem für die grifftechnisch bequem nahe liegenden Tonarten C & F-Dur usw. geeignet sei, stoßen. Wenn ich jedoch für eine, jedem Spieler in besonderer Weise nahe zu legende, und vielleicht in diesem Sinne auch besonders 'instrumentenspezifische Vorzugstonart' zu plädieren hätte, so wäre dies eben f-moll.
Und jeder Spieler, der sich einmal auf diese (bei bisherigen 'Normal-Instrumenten' leider nur recht unbequem und eben 'nicht nahe liegend' zu greifende) Tonart eingelassen hat, und dabei entsprechend meiner Hinweise auch freier mit den dann 'spieltechnisch dazugehörigen' Harmoniegriffen und entsprechend angebrachten Bassfiguren umgehen kann, wird dabei in einer musikantisch einfach notwendigen Weise auch in Harmoniekombinationsbereiche von 'Dur und Moll Wechsel' vordringen können, an denen die in den üblichen C & F-Dur Vorurteilen zu diesem Instrument verfangenen Spieler, in der Regel 'vorbei schrammeln'.
(Siehe dazu wiederum Anmerkung Nr.2.) In meiner Grifftabelle ist dieser f-moll Griff in der dort angegebenen Fingerpositionierung '/2/34' vermerkt, wobei er natürlich auch in der kombinatorisch weniger nahe liegenden Positionierung '/3/24' gegriffen werden kann. Die erst genannte Griffweise ist zwar 'nahe liegender' aber eben wegen der bislang bei Waldzithern üblichen Kopfgestaltung ausgesprochen unbequem zu greifen. Bei entsprechend veränderter Kopfgestalt und der dann entsprechend größeren Grifffreiheit im Bereich des ersten Bundes, wird sich dies dann auch für dortiges Melodiespiel günstig auswirken können.

(58)
Viel wichtiger war mir damals aber, dass doch vielleicht wieder die Produktion von weitaus einfacheren, und damit eben auch (aus meiner Sicht dann geradezu 'unvermeidbar') stabileren und praktischeren Cistern in flacher Form aufgenommen werden sollte. Da war ich mir nun sicher, dass sowohl die ökonomischen Vorteile einer entsprechenden Herstellung als auch die Vorzüge entsprechender Instrumente akzeptiert werden können.
Darauf bin ich in meinem Text verschiedentlich eingegangen, möchte dies aber hier auch als Fußnoten-Anmerkung in konzentriert zusammengefasster Form zu diesem Instrumententyp anführen:
  1. Dieser Typ ist prinzipiell einfacher herzustellen.
  2. Seine Herstellungskosten können entsprechend gering gehalten werden.
  3. Dieser Typ kann konstruktionstechnisch besonders sicher und stabil konzipiert werden.
  4. Dieser Typ kann sowohl in luxuriöser Form und in hoher Qualität, aber eben auch in sehr einfacher Ausführung (Sperrholz, sonstige preiswerte Hölzer usw.) hergestellt werden.
  5. Dieser Typ wäre dementsprechend auch zur unmittelbar bedarfsbefriedigenden Produktion in der DDR zu empfehlen.
  6. Damit könnten aber auch die Möglichkeiten der Verbesserung von Export-Verkaufschancen für dieses Instrument erhöht werden.
  7. Mit diesem Typ wäre auch ein Angebot von einfachen Selbstbausätzen für Cister möglich.
  8. Auf der Grundlage eines solchen Angebotes könnten dann auch entsprechend organisierte Selbstbaukurse entwickelt werden.
  9. Dieser Typ könnte dann auch als Grundmodell für weitere Verbesserungen des Instrumentes sowie der Entwicklung einer breiteren Vielfalt von entsprechenden Varianten dieses Instrumentes dienen, wobei damit dann auch die Möglichkeit gegeben wäre entsprechende Differenzierungen auch hinsichtlich bestimmter klanglicher bzw. spieltechnischer Besonderheiten, auch in objektiver Weise zu differenzieren und entsprechend auszuwerten. Dabei könnten auch nahezu alle von mir prinzipiell eingebrachten Vorschläge, an diesem Instrumententyp erprobt und dann auch entsprechend verwirklicht werden.
  10. Dabei handelt es sich konstruktionstechnisch immer noch um den 'traditionell charakteristischen' Typ des Instrumentes, wobei bestimmte Parameter der von mir nun neu konzipierten Kopfform für eine modernisierte deutsche Cister (also vor allem hinsichtlich der 'Grifffreiheit im Bereich des ersten Bundes' sowie andere Besonderheiten) auch für bestimmte entsprechend traditionelle ältere Cisterinstrumente charakteristisch sind. Ebenso finden sich in der Geschichte dieser traditionell flachbödigen Cisterinstrumente, auch Exemplare, deren Halskonstruktion der von mir nun wieder für die neueren Instrumente angestrebten 'Oktavfreiheit' sowie einer entsprechend erhöhten Bundanzahl auf dem Griffbrett, entgegenkommt.
Auf einem solchen Wege hätte sich dann auch die Varianzbreite von Waldzitherinstrumenten entsprechend erweitert.
Dabei hätte dann ein entsprechend flachbödig angelegtes Spezialmodell unter Erprobung aller dazugehörigen Vorschläge, in einen ständigen Prozess der Weiterentwicklung gestellt werden können, innerhalb dessen entsprechende Anregungen zu seiner weiterführenden Perfektionierung, dann sowohl aus den Reihen der vielen Bastler die sich mit den dazu preiswert anzubietenden Selbstbausätzen sowohl ganz privat als auch in entsprechen organisierten Selbstbaukursen befassen, als auch seitens unterschiedlich motivierter professioneller Hersteller, möglich gewesen wären, und die ZAG-AG Musikfolkloristisches Instrumentarium hätte auf dieser verbreiterten, schöpferischen Basis, dann in Zusammenarbeit mit dem ASMW Markneukirchen, auch für alle in der DDR tätigen professionellen Hersteller solcher Instrumente, als eine entsprechend zusammenfassende 'Orientierungseinrichtung' oder auch als 'Informationsquelle weiteren Ansporns' wirken können.

(59)
Ich verweise hier wieder auf das etwas kleinere, flachbödige Modell mit 42cm schwingender Saitenlänge, welches sowohl von Helmut Eggebrecht als auch von mir bevorzugt wurde und von welchem sich nun ein weitgehend unverändertes Exemplar in der Sammlung in Saarbrücken befindet. Das andere Exemplar ist inzwischen in einer von mir vor allem im Kopf- und Halsbereich veränderten Form, in ein entsprechend neu konzipiertes Instrument mit 40 cm schwingender Saitenlänge eingegangen.
In seiner ursprünglichen Form wurde dieses Exemplar auch von Martina Rosenberger für die entsprechende Abbildung auf dem Titelblatt ihrer Neuauflage meiner "Hinweise zum musikantischen Umgang…" genutzt. Siehe dazu wieder www.bhje.de.

(60)
Dabei handelt es sich nun gewissermaßen um eine im hier behandelten Sinne 'mehrdimensionale Eigentümlichkeit'.
Eine eigentümliche Lage für die Veränderungs- und Entwicklungsmöglichkeiten eines eigentümlichen Musikinstrumentes, welchem inzwischen seine vormals durchaus als reale Möglichkeit denkbaren Entwicklungsmöglichkeiten in nunmehriger Realität als wiederum weitgehend 'undenkbar' gegenüberstehen; - sich also der vormals unleugbare Realitätsgehalt von darauf abzielenden Vorstellungen und Hoffnungen, in den nunmehrigen Realitäten wieder verlieren kann.

(61)
Als Vergleichsbeispiel kann ich dabei auf meine Initiativen zu dem dann letztlich doch verwirklichten Selbstbau-Kurs zum Scheitholz verweisen (oder auch auf die gegen alle DDR-Üblichkeiten damals eben doch mögliche Gründung eines ganz privaten Dudelsackinteressenten-Vereins usw.).
Dazu könnte man nun eventuell auch argumentieren, dass dieser Staat, dessen offizielle Organe bzw. offizielle Vertreter, sich in den verwirrenden Turbulenzen und verschärfenden Fronten des Kalten Krieges zuweilen bis zur unverhüllten Unsinnigkeit querstellend und verständnislos verhalten haben, sicherlich auch untergegangen wäre (ob nun etwas eher oder etwa auch etwas später?), ohne dass es in diesem Staat solche Initiativen wie eben beispielsweise auch die, die mit meiner Person und meinem Denken verbundenen waren, gegeben hätte …
Ich möchte dazu aber, im Sinne eines vertiefenden Verständnisses von letztlich eben doch realen politischen Bestrebungen und Entwicklungen, darauf bestehen, dass dies doch auch als etwas was damals eben auch im eigentlichen Sinne dieses Staates möglich war, zur Kenntnis genommene werden sollte.
Zu manchen meiner damaligen Initiativen in der DDR möge man heute vielleicht sagen oder denken, dass diese letztlich doch eher 'trotz der Verhältnisse in der DDR' möglich waren und dementsprechend auch kaum Chancen im Sinne weiterführender Beachtung haben konnten.
Ich denke, dass dies sowohl eine politisch allzu schlicht präjudizierende und letztlich eben auch vereinfachende Auffassung zu den Realitäten in der DDR wäre, der gegenüber eine eher gegenteilige Einschätzung (also nicht 'trotz der Verhältnisse' und also letztlich hoffnungslos unrealistisch und undenkbar, sondern eher 'auf Grund entsprechender Verhältnisse' in letztlich hoffnungsvoller Weise doch realistisch denkbar…) der historischen Wahrheit zu möglichem Nachdenken und zur humanistischen Substanz realer Initiativen in der DDR, möglicherweise näher steht. Was dabei dann aber den möglichen Wahrheitsgehalt meines Nachdenkens zu bestimmten Musikinstrumenten innerhalb bestimmter sozial-ökonomisch-politischer Zusammenhänge betrifft, so besteht nun wohl eher die Gefahr, dass dieser auf Grund wiederum ganz andersartiger nunmehriger Verhältnisse, einer ideologisch-spezifisch abgesicherten Nichtbeachtungskultur ausgeliefert ist, - aber eigentlich im Sinne einer historisch konkreten Überwindung bestimmter Erbsünden der deutschen Musikethnologie und eben im Sinne entsprechender weiterer Erarbeitung von wissenschaftlicher Erkenntnis, doch zur Kenntnis zu nehmen wäre…
Und bei noch genauerem Hinschauen und Überdenken, wird sich dabei wohl auch erkennen lassen, dass ein solcher Wahrheitsgehalt in dieser eigentümlichen Weise, eben nur in der DDR, oder (um hier nicht einer letztlich doch nationalistisch übertriebenen Formulierung zu verfallen) 'eben gerade in der DDR und nur innerhalb damaliger, heute eben wieder vernichteter sozialökonomisch-kultureller Verhältnisse', entwickelt werden konnte.
Und dass dabei meine konkreten Vorstellungen zur Durchführung eines solchen Scheitholz-Selbstbau-Kurses in der DDR, auch von den dortigen kirchlich organisierten Fidel-Selbstbau-Aktivitäten angeregt wurden, gehört ebenfalls zur Wirklichkeit damaliger sozialökonomisch-kultureller Verhältnisse in diesem Lande.

(62)
Dementsprechende, mir dann eher als ungünstig erscheinende Klangveränderungen haben sich besonders eindrucksvoll nach dem Umbau von verschiedenen achtsaitigen Mandolainstrumenten zu neunsaitigen Waldzithern, deren Köpfe dabei mit zwar sehr exakten, aber eben 'übergewichtigen' Einzelmechaniken ausgestattet wurden, gezeigt. Solche Instrumente befinden sich nun auch in der Sammlung in Saarbrücken.

(63)
Siehe dazu auch Anmerkung Nr.59.)

(64)
Zu einer derartig umgestalteten 'Bundtechnologie' auf stabilen 'Präzisions-Griffbrettern' wäre dann auch an den Einsatz von entsprechenden Präzisions-Bünden aus verschleißfest-rostfreiem Edelstahl zu denken.

(65)
Als eine Besonderheit der Thüringern Waldzither werden immer wieder spezielle Stege aus Glas erwähnt und manchmal auch als 'wesentliches' Merkmal dieses Instrumentes hervorgehoben. Mir sind auch tatsächlich bei diesen Instrumenten immer wieder solche Stege begegnet. Dazu lassen sich aus meiner Sicht und Erfahrung wiederum bestimmte weitere Besonderheiten vermerken.
Solche Stege sind zumeist sehr grob und in ihrer ganzen Länge aufliegend (also ohne Füße) gestaltet und fallen dementsprechend zumeist auch kürzer aus als Stege aus anderen Materialien. Sie verfügen neben dieser sicherlich materialbedingten Grobschlächtigkeit noch über zwei andere entsprechende Nachteile: Die genauen Einkerbungen für die Positionierung der Saiten auf derartigen Stegen lassen sich nur schwierig, und auch nicht so exakt wie bei anderen üblichem Stegmaterialien, einbringen. Also ergeben sich auch besondere Schwierigkeiten hinsichtlich eventuell erforderlicher Korrekturen von Saitenabständen oder auch hinsichtlich spezieller, bei anderen Stegmaterialien durchaus möglicher, Fein-Korrekturen der entsprechend unterschiedlichen schwingenden Längen von besponnenen und unbesponnenen Saiten.
Und noch schwieriger wird es - und da zeigt sich wohl der Hauptnachteil dieses Steg-Materials - wenn es gilt, derartige Stege jeweils der Form der zugehörigen Klangdecke genau anzupassen und dann auch hinsichtlich ihrer Höhe entsprechend der jeweils optimalen Saitenlage über dem Griffbrett des entsprechenden Instrumentes genau einzurichten.
Die Tatsache aber, dass derartige Stege, trotz all dieser Fragwürdigkeiten, doch bei bestimmten Traditionalisten eine besondere Wertschätzung erfahren, hat dabei wiederum zu weiteren Besonderheiten geführt, die mir in solchen Entwicklungszusammenhängen wiederum als bemerkenswert erscheinen müssen.
Normalerweise erkennt man derartige Stege, deren Bevorzugung in der Regel mit der Vorstellung von 'besonderen Klangeigenschaften' verbunden ist, natürlich sofort sowohl an ihrer glastypischen Durchsichtigkeit als auch an ihrer entsprechend grobschlächtigen Formgestalt. Es können einem aber auch Glasstege aus wiederum braun-dunklem, also wohl gezielt holz-ähnlich gefärbt ausgewähltem Glas begegnen, welche sich dabei aber wiederum von ihrer deutlich glasbedingten Formgestalt her, mit Sicherheit als 'originale Glasstege' ausmachen lassen.
Ein dementsprechender Kult um den 'Glassteg der Waldzither' kann sich aber auch in wieder ganz anderer Weise auswirken. Mir sind da auch durchsichtige, und deutlich 'glasanalog' gestaltete Waldzitherstege begegnet, die sich bei näherer Prüfung dann aber wieder als 'künstliche Glasstege' (so etwa aus Plexiglas) erwiesen. Also Stege aus einem Material, welches auch einer weniger grobschlächtigen Formgestaltung ohne weiteres zugänglich gewesen wäre. Eine dabei durchaus mögliche elegantere Formgestaltungen, etwa im Sinne der Traditionen bisheriger einfacher Waldzitherstege aus Holz, musste sich hier aber wohl im Sinne der inzwischen entstandenen 'Tradition' von 'originalen Glasstegen für Waldzithern' wiederum von selbst verbieten.
In dem von mir innerhalb all solcher Tendenzen und Entwicklungen angestrebtem Projekt eines entsprechend objektiv fundierten Vergleichens bestimmter Instrumente bzw. entsprechender Instrumentalelemente, hätten also entsprechend diesem hier in Frage stehendem 'Steg-Aspekt' auch in diesem Punkt, eine bis in viele Details reichende weitere Vergleichung von Materialien und Konstruktionsformen durchgeführt und ausgewertet werden können.
Mit Blick auf unterschiedliche Steg-Materialien hätte dann wohl weitergehend zwischen verschiedener Holzsorten usw., aber auch in Bezug auf bestimmte Stege aus Metall (in der Regel Neusilber oder Messing, wie sie sich eben außer bei Mandolinen auch bei Waldzithern finden lassen) differenziert werden können.
Und mit Blick auf die dabei wesentlichen Konstruktionsformen von Stegen, müsste zunächst wohl hinsichtlich des Klangdeckenkontaktes (gesamtaufliegend oder füßig? etc.) einerseits; und des Saitenkontaktes andererseits, in Bezug auf die verschiedenen Materialien von entsprechenden Stegeinlagen und Stegauflagen (etwa Bein, spezielle Holzeinlagen, aber auch Metalle bzw. entsprechende Bundmaterialien, usw.) unterschieden werden, wobei dann eben auch der entsprechende 'Mittelbereich' einer jeden Stegkonstruktion in Bezug auf weitere Formgestaltungen sowie 'Ganzheit oder Durchbrochenheit' und letztlich auch hinsichtlich dortiger 'Verstellbarkeit' (etwa mit speziellen 'Höhenverstellschrauben' usw.) vergleichend bedacht werden müsste.

(66)
Im eher kaum zu erwartendem Falle, dass etwa der hier behandelten 'Tenorcister' in Deutschland auch eine mit der 'E-Gitarre' vergleichbare Entwicklung als 'E-Cister' widerfahren könnte, würde sich ja mit Sicherheit (wie das bei dann dazu vergleichbaren 'E-Mandolinen' bereits der Fall ist) wieder eine entsprechend andere Form für den 'Vollholz-Korpus' eines solchen Instrumentes ergeben. Also eine unsymmetrische Korpusform mit wiederum erweiterten Griffmöglichkeiten an Hals und Griffbrett. Eine dementsprechend 'Griffmöglichkeiten erweiternde' Korpusform könnte sich aus dieser Sicht aber auch bei einem mit F-Schallöchern versehenen 'akustischen Klangkasten' entwickeln. Und ebenso wie sich innerhalb derartiger Gitarrenentwicklungen wiederum jeweils spezifische Spieltechniken für verschiedene Instrumententypen entwickelt haben und dann auch wiederum 'hin- und her-' sowie auch 'zurück- übertragen' wurden, so könnten sich entsprechend unterschiedlich angelegte Spieltechniken, ob nun mit Plektrum, Daumenhaken oder wieder unbestückten Fingern, auch bei dementsprechend denkbaren Instrumentalentwicklungen ergeben.
Wenn man jedoch dementsprechende Formentwicklungen bei Gitarren auch intensiver vergleichend hinsichtlich möglicher akustisch wirksamer Korpusformentwicklungen in den Dimensionen eines entsprechenden Tenor-Cistern-Instrumentes bedenken möchte, so liegen dazu inzwischen auch bestimmte Formentwicklungen von modernen Ukulele-Instrumenten nahe (siehe dazu auch Anmerkung Nr.20), welche mir damals - also zu DDR-Zeiten - noch nicht als bedenkenswerte 'Vergleichsmodelle' zugänglich sein konnten.
Heute jedoch kann ich mich mit wenigen Handgriffen am PC im Internet genau über ein mir dabei unvermeidlich als hochinteressant erscheinendes Exemplar einer entsprechend gitarrenförmig weiterentwickelten Tenor-Ukulele mit 43cm schwingender Saitenlänge informieren, welche meinen bisherigen Wunschvorstellungen zu Grifffreiheit und Bundanzahl nicht nur entgegenkommt, sondern diese sogar übertreffen kann. Ein Instrument bei welchem sich (vergleichbar mit üblichen 'Folk- oder Western-Gitarren') nicht der zwölfte, sondern der vierzehnte Bund am Halsansatz zum Korpus befindet und zudem durch die unsymmetrische Korpusgestaltung auch noch entsprechend höherreichendes Greifen ermöglicht wird.
Ich beziehe mich hier auf das Modell U 4 T - C E der Firma Baton Rouge, welches obligatorisch mit einer entsprechenden elektrischen Tonverstärkungsmöglichkeit ausgestattet ist. Ein Instrument welches inzwischen auch in der Gruppe Windbeutel von Gabi Martin zuweilen auch zusammen mit meinem Waldzitherspiel eingesetzt wird.
Natürlich lässt sich ein solches, zunächst für Nylonbesaitung konzipiertes viersaitiges Ukulele-Instrument nicht einfach zur neunsaitigen Cister umwandeln, aber ausgehend von der nun in dieser verkleinerten Form vorliegenden Grundkonstruktion ließen sich letztlich doch wohl auch bestimmte Entwicklungsschritte, die vergleichsweise an entsprechend größeren (insbesondere auch zwölfsaitigen) Gitarreninstrumenten bereits erfolgt sind, auch an einem solchen kleineren Instrument verwirklichen: Also die Umkonstruktion des Klangkastens für überständige neunsaitige Metallsaitenbespannung bei aufgesetzt-beweglichem Steg sowie einer dabei entsprechend breiteren und stabileren Ausführung der Hals-Griffbrettkonstruktion, zu welcher dann eben auch an die von mir angestrebte Veränderung der Cister-Kopfform zu denken wäre.
Abstrakt betrachtet, könnte eine solche neunsaitige Instrumentalkonstruktion dann ihre 'Cistern-Legitimation' etwa im Zusammenhang mit der Tradition bestimmter gitarrenförmiger Cistern aus der Schweiz beanspruchen, würde aber - wenn es dann doch eher um die konkrete Beurteilung ihrer akustischen (und nicht nur ihrer elektrisch verstärkten) Klangwirkungen als Tenorcister zu gehen hat - vielleicht doch wieder ungünstig abschneiden, und wäre vielleicht lediglich als entsprechend bewusst klein gehaltenes und klangschwaches 'Übungsinstrument' zu akzeptieren. Also etwa so, wie es Derartiges auch hinsichtlich entsprechend gestalteter 'Übungs-Gitarren mit verkleinertem Korpus ' doch bereits gibt.
Für eine entsprechend natürlich-akustisch-klangkräftig zu gestaltende Tenorcister wäre dann also wieder an eine verbreiternde Ausformung des Klangkastens zu denken, welcher dabei bereits dadurch wieder an Volumen gewinnen kann, wenn etwa die taillierte Gitarrenform wieder zu Gunsten einer eher (freilich möglichst weiterhin unsymmetrisch anzulegenden) wappen- oder eben auch blattförmigen Gestaltung verlassen würde….

(67)
Hier könnte ich wieder auf meine Anmerkung Nr.61 verweisen, um etwa darüber Nachzusinnen, in welch wohl wieder ganz unterschiedlichen Bahnen sich das Denken über das Wirken dieser Kirchenleute in der DDR sowie das Bewerten ihrer damaligen Mühen, wohl innerhalb der Mentalitäten von DDR-Feindlichkeit einerseits, und der von mir andererseits beanspruchten Mentalität von DDR-Engagement, bewegen kann.

(68)
Dabei war eben auch die Existenz dieser AG Musikfolkloristisches Instrumentarium für mich über eine sehr lange Zeit hinweg eine wesentliche Grundlage für meine damaligen musikinstrumentenspezifischen Aktivitäten; - auch wenn sie sich dann unter der Leitung von Jochen Schmidt und entsprechender Einflussnahmen von Erich Stockmann, doch immer mehr zu einem Intrigen-Gremium und letztlich zu einer dann tatsächliche Aktivitäten nur noch vortäuschenden Prestige-Einrichtung entwickelte. Wenn ich dazu heute all die Projekte überdenke bei denen dieses Gremium letztlich auch eine wesentliche Rolle für die Entwicklung meiner Motivationen und meiner Aktivitäten gespielt hat, so komme ich auf eine erstaunlich lange Liste, deren Positionen sich etwa mit den nun zu nennenden Projekt-Stichworten kennzeichnen lassen:
  • Manuskriptdruck mit den Hinweisen zur Waldzither;
  • Sebstbausatz-Projekt-Vorschlag zur Hümmelchen Melodiepfeife an das Kulturministerium bzw. das ASMW;
  • Projekt-Vorschlag für internationale DDR-Ferienkurse zur Selbstherstellung von Thüringer Hirtenhörnern an das Kulturministerium;
  • Projekt Vorschlag zur Durchführung von Instrumenten-Selbstbau-Lehrgängen für DDR-Bürger an das Kulturministerium;
  • Spätere Durchführung eines dementsprechenden Scheitholz-Lehrganges;
  • Verschiedene Vorschläge zur Lösung bzw. Weiterentwicklung der Waldzitherproblematik an das Kulturministerium;
  • Publikation verschiedener Beträge in Publikationsorganen des Zentralhauses; unter anderem zum Dudelsack, zur Problematik von Volksfesten, zum Arbeiterlied, zur Situation in der Musikfolkloreszene u.v.a.m.;
  • Ständige Weiterführung meines Maultrommelprojektes;
  • Permanente Aktivitäten zur Waldzither im Kontakt mit verschiedenen Waldzitherherstellern in Markneukirchen;
  • Späteres Banjokessel-Projekt;
  • Alljährliche Vorbereitung von Dudelsack und Waldzitherwerkstätten zu jeder Zentralen Folklorewerkstatt der DDR;
  • Langjährige Vorbereitung einer DDR-Dudelsackausstellung mit den hierzulande selbsthergestellten Instrumenten;
  • Langjährige Kämpfe zur Veröffentlichung meiner Publikation zum deutschen Dudelsack / Hümmelchen;
  • Serie von Instrumenten Selbstbau-Beiträgen in der Jungen Welt und der Practic;
  • Waldzither Projekt in Verbindung mit ständigen Aktivitäten bei verschiedenen Herstellern;
  • Vorlesungen zur Instrumentenkunde für Musikensemble Leiter und weitere Interessenten aus der Berliner Folk-Szene an der Berliner Kulturakademie, mit welcher dann auch der Instrumentenselbstbau-Lehrgang zum Scheitholz verwirklicht werden konnte;
  • Erste Vorlesungen zu Musikinstrumenten mit Dr. Heinz Düsterheft an der Humboldt-Universität und spätere öffentliche Urania-Vorlesungen in Berlin zu 'Musik und Physik' in Zusammenarbeit mit der Sektion Physik der Humboldt-Universität.
Die Mitgliedschaft im ICTM- Nationalkomitee, welches ich als eine eher 'redende und keine wirklich arbeitende' Körperschaft ansah, war für mich letztlich vor allem in methodologiekritischer und informeller Hinsicht von Bedeutung.

(69)
Hinsichtlich des Letztgenannten beziehe ich mich hier wieder auf das von Helmuth Eggebrecht und mir favorisierte flachbödige Modell mit 42 cm schwingender Saitenlänge. Sein zunächst bei der Gruppe MTS gespieltes Instrument wurde von mir während seiner in der DDR, wegen des Versuchs des illegalen Verlassens der DDR verhängten Gefängnishaft, in meiner Sammlung bewahrt, und dann nach seinem späteren Selbstmord in Westberlin, in der von mir geschilderten Weise umgewandelt, so dass dieses, inzwischen mit neuem Boden, neuem verlängertem Griffbrett, aber verkürzter schwingender Saitenlänge und dementsprechend erweiterten Griffmöglichkeiten im Kopfbereich, ausgestattete Instrument nun vielleicht auch als 'Citrinchen' innerhalb der von mir zusammengestellten Cisternkollektion gelten kann, in welcher sich zum 'Original-Vergleich' dazu allerdings auch das in seinen Proportionen unverändert gebliebene zweite Instrument (also mit immer noch originaler 42er Mensur und entsprechend Waldzither-üblicher Besaitung) befindet.

(70)
Unter den mir bekannten Tenorwaldzithern ist mir kein Instrument mit einer größeren schwingenden Saitenlänge als 50cm begegnet

(71)
In einen solchen 'Vergleichstest' sollte natürlich das von mir bereits zuvor beschriebene, möglicherweise für eine Stimmung in F vorgesehene Exemplar einer 'nachträglich halsgekürzten' Tenor-Waldzither, nicht einbezogen werden.

(72)
Die damals durchaus denkbare Konflikt-Situation, dass etwa bei einer unmittelbaren Wiederaufnahme der Produktion flachbödiger Waldzithern dann weiterhin viele Instrumente mit ungünstiger Kopfform und nichtoptimaler Griffbrettgestaltung entstehen würden, hat sich dann ja nicht ergeben. Aber selbst im Falle einer dementsprechend 'starrsinnig traditionell' orientierten Wiederaufnahme, wären auch damit wieder bessere Möglichkeiten für weitere Überlegungen zur Veränderung des Instrumentes gegeben, denn dieses dann flachbödige Instrument wäre auch in die Hände vieler neuer Spieler geraten, welche mit ihren Spielbedürfnisse nun wiederum eine Rolle bei entsprechend weiterführenden Aktivitäten hätten spielen können.

(73)
Gemeint ist hier wieder das von mir favorisierte Modell mit 42 cm schwingender Saitenlänge.

(74)
Ein Sachverhalt, der mir natürlich auch schon von den verschiedensten Instrumentenbauern bestätigt wurde.

(75)
Siehe dazu wiederum "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de.

(76)
Wenn ich ein derartiges Verhalten innerhalb der Musikethnologie in der DDR zu bedenken habe, so muss sich mir natürlich auch die Frage aufdrängen, ob mir nicht gerade auch in meiner Tätigkeit als Philosoph im philosophischen Wissenschaftsbetrieb der DDR, vergleichbar eindeutige Erfahrungen und Erlebnisse hinsichtlich Ignoranz und gezielter Behinderung von Erkenntnisgewinn oder Ähnliches begegnet sind.
Dazu ließen sich freilich auch eine Vielzahl von Besonderheiten anmerken und in Hinsicht auf bestimmte besonders üble Erfahrungen die ich als Student und späterer Aspirant, an der Humboldt-Universität machen musste, könnte ich eine solche Frage auch nicht verneinen. Durchaus auch wieder andere Erfahrungen konnte ich dann aber als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Philosophie an der Akademie der Wissenschaften, insbesondere im Bereich "Philosophische Probleme der Wissenschaftsentwicklung" machen.
Um dabei nun möglichst sachlich, also sachbezogen auf die Themenbereiche mit denen ich an diesem Institut befasst war, antworten zu können, möchte ich darauf verweisen, dass ich, zumindest bis 1990, dort selbst zu den Themen zu denen viele meiner Kollegen ganz anderer Meinung waren, doch immer arbeiten konnte, und auch meine sonstigen Arbeiten niemals in dieser Weise, wie ich das im Umkreis von Erich Stockmann erleben konnte, behindert wurden. Und ich kann das auch in Hinsicht auf überaus schwerwiegende, grundsätzliche konzeptionelle Differenzen und Meinungsverschiedenheiten sagen, die ich beispielsweise stets in Hinsicht auf die damals innerhalb der philosophischen Diskussionen des DDR-Wissenschaftsbetriebes allgemein als grundlegend ausgegebene (und von mir auch heute noch als eine, schon in kategorialer Hinsicht verfehlte Wegweisung philosophischer Forschung angesehene) "Dialektik von Biologischem und Sozialem", immer wieder zum Ausdruck gebracht habe.
Sowohl hinsichtlich meiner philosophischen Arbeiten und Ansichten als auch hinsichtlich diesbezüglich möglicherweise ebenfalls zu vermutender Erscheinungsformen von 'gezielter Erkenntnisbehinderung' würde ich da gerne die gleiche Position wie in Anmerkung Nr.98 beziehen und bezüglich der Bewertung dessen, was ich als Wissenschaftler getan habe und in welcher Weise ich dabei vielleicht verstrickt war oder verstrickt wurde, auf entsprechend künftige Verifizierung seitens der Wissenschaftsgeschichte verweisen wollen, meine dazu allerdings, dass sich in meinen wissenschaftlichen Arbeiten und Aktivitäten, weder ein solch schändliches Verhinderungsverhalten wie es Erich Stockmann in Bezug auf die Waldzither oder die Maultrommel usw. und eben auch in Bezug auf die Problematik von Schalmeien-Tongeneratoren, (siehe dazu wieder die Anmerkung Nr.98) entwickelt hat, noch solche 'Seifenblasen-Perlen' wie er sie in seiner Apologetik zur Vierklassensystematik formuliert hat, finden lassen werden. (Siehe dazu auch meinen "Vortrag zur Eröffnung der Musikinstrumentenausstellung an der Hochschule für Musik Saar"; in: www.bhje.)
Die Verhältnisse an gerade diesem Institut änderten sich allerdings schlagartig, als dann im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der DDR, Peter Ruben auf die Position des neuen Institutsdirektors gelangte. Ein mir bereits aus der Zeit meines Philosophie-Studiums an der Humboldt-Universität persönlich bekannter, politischer Eiferer, und immer wieder in verschiedener Weise umstrittener Philosophenkollege, der auch immer wieder von einer bestimmten Art von, zumeist ebenfalls eifernden Anhängern und Bewunderern umgeben war. Während meines Studiums hatte ich mich mit seinen Auffassungen, die damals auch in 'quasi inoffizieller' Manuskriptform kursierten, noch beschäftigt, muss aber zugeben, dass mich danach, die für viele meiner damaligen Mitstudenten sowie auch manche meiner späteren Kollegen, offenbar faszinierend wirkende Art seines Philosophierens bzw. seines philosophierenden Auftretens, gerade auch im Zusammenhang mit seinem demonstrativ politischen Eifern, nie in ähnlicher Weise beeindrucken konnte und ich mich (vor allem auch angesichts der zuweilen offensichtlichen Substanzlosigkeit vieler seiner ebenfalls eifernden Anhänger) vor einer weiteren Beschäftigung mit seinen, sich freilich auch immer wieder ändernden Auffassungen, dann auch gedrückt habe. Außerdem erschien er mir später, sowohl hinsichtlich bestimmter Motivationsstrukturen, als auch hinsichtlich seines Agierens im Wissenschaftsbetrieb (insbesondere was meine früheren Erfahrungen mit ihm an der Humboldt-Universität betraf) in bestimmter Weise als entsprechend vergleichbar mit Erich Stockmann, auch wenn er in Hinsicht auf viele sonstige Persönlichkeitsbesonderheiten, insbesondere aber bezüglich dessen Wissenschaftsposition, als eher völlig unvergleichlich gelten kann. Ich konnte mir dabei aber immer vor Augen halten, in welcher Weise wohl gerade meine wissenschaftlichen Arbeiten, oder auch meine Existenzmöglichkeiten als Wissenschaftler in der DDR, prinzipiell bedroht gewesen wären, wenn es einem Peter Ruben gelungen wäre, hierzulande eine diesbezüglich ähnlich mächtige Wissenschaftsposition im Philosophie-Wissenschaftsbetrieb der DDR, wie etwa Erich Stockmann in der Musikethnologie zu erlangen. Wahrscheinlich hätte es dann am ZIfPh niemals einen 'Musikphilosophen' oder etwa eine Vergleichsanalytische Organologie gegeben, ganz abgesehen davon, dass wohl auch (dann freilich wieder ganz im Sinne der Bestrebungen von Erich Stockmann) keinerlei wissenschaftlich präsente Kritik an der Sachs-Hornbostelschen Systematik, in diesem Lande zustande gekommen wäre.
Die Tatsache, dass schon kurz nach seiner Machtübernahme am ZIfPh, an die oberste Stelle seiner Liste der nun aus seinem Institut zu entfernenden Mitarbeiter, der Name Nina Hager und mein Name gesetzt wurden, und er auch unverzüglich entsprechende Kündigungsschreiben verschickte (die dann allerdings nicht rechtskräftig werden konnten) sollte in meinen Augen aber keineswegs etwa als entscheidender 'Beweis' für meine obige Hypothese verstanden werden, sondern kann wohl eher als ein weiterer deutlicher Beleg dafür genommen werden, dass bei ihm ohnehin schon lange ein politisch-dogmatisch einengendes Philosophieverständnis ausgeprägt war. Seine Kündigungsbegründung mir gegenüber lautete: "Für Musikphilosophie kann an diesem Institut künftig kein Platz sein."
Die damalige Kombination der beiden an oberster Stelle seiner Kündigungsliste stehenden Namen, kann hingegen wohl eher als ein entsprechend 'instituts-machtbewusster' Ausdruck von eilfertig willfährigem Wendeverhalten, gemäß der bevorstehend-landesweiten Veränderungen politischer Machtverhältnisse, gelten.
Angesichts unserer damals bereits über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten reichenden, und sicherlich beiderseits als unangenehm belastet und belastend empfundenen Bekanntschaft, sowie seiner besonderen Verachtung, bzw. Abneigung gegenüber meinem Arbeitsgebiet und meiner speziellen Wissenschaftsauffassung, könnte es durchaus nahe liegen, dass mein Name damals auch aus 'persönlichen' Gründen an oberer Stelle seiner Liste gesetzt wurde. Was jedoch seine dabei unübersehbaren politischen Motivationen betraf, so wurden diese beiden Namen auf seiner Liste damals wohl eher nebeneinander, als etwa nacheinander, an oberste Stelle gesetzt.
Meine soeben geschilderten Bedenken welche Möglichkeiten mir als Wissenschaftler in der DDR wohl bleiben würden wenn Peter Ruben tatsächlich auf wichtige Positionen des philosophischen Wissenschaftsbetriebes gelangt wäre, mögen im Nachhinein als unerheblich und nicht mehr berechtigt erscheinen, drängten sich mir aber schon zu DDR-Zeiten immer wieder auf, zumal unübersehbar war, dass er nach solchen Positionen strebte. Außerdem gab es bereits damals unter seinen Anhängern (von denen er zum Teil auch als entsprechender "Hoffnungsträger" oder auch als "einzig wirklicher Philosoph" des Institutes, bzw. der DDR, usw. bezeichnet wurde) die deutlich akzentuierte Vorstellung, dass die Philosophie in der DDR gerade durch ihn, eine dringend erforderliche Erneuerung und qualitative Weiterentwicklung erfahren könne. Und einige seiner besonders eifernden Anhänger am ZIfPh (so z.B. auch Peter Beurton, welcher zumal in diesen Herrschaftszeiten von Peter Ruben, auch zu ungehemmt lügendurchwoben-denunziatorischem Eifern, gerade auch in besonderer Weise gegen mich, überging) arbeiteten ja auch schon seit Jahren in der gleichen Abteilung des Institutes, wo ich die von mir begründete "Vergleichsanlytische Organologie" betreiben konnte.
Nach dem Zusammenbruch der DDR konnten sich die Vorstellungen zur philosophischen Bedeutung von Peter Ruben bei manchen seiner Bewunderer dann auch zu entsprechenden 'was wäre wenn gewesen' Hypothesen und demgemäß weiter kultivierten Betonungen seiner großen philosophischen Bedeutung, weiterentwickeln.
Was den realen Möglichkeitsgehalt meiner damaligen, auf mich bezogenen Bedenken betrifft, so hat sich meine Meinung dazu nicht geändert.
Ich denke, dass Peter Ruben mich wohl immer - auch unter früheren DDR-Verhältnissen - aus dem philosophischen Wissenschaftsbetrieb hätte entfernen wollen, und dabei auch unter anderen politischen Verhältnissen entsprechend effektive politische Methoden genutzt hätte.
Was dabei den möglichen Realitätsgehalt bestimmter, ebenfalls bereits unter DDR-Verhältnissen von seinen Anhängern geäußerter Vorstellungen zu den Veränderungen und Verbesserungen betrifft, welche doch im philosophischen Wissenschaftsbetrieb der DDR eingetreten wären, falls Peter Ruben damals eine entsprechend angestrebte Position hätte erringen können, so könnte ich dazu keine so deutlichen Vorstellungen entwickeln.
Denn im Unterschied zu meiner Gewissheit darüber, dass eine solche Entwicklung für mich persönlich wohl sicherlich übel ausgegangen wäre, sowie meiner persönliche Meinung, dass ich es prinzipiell für bedenklich halten möchte, einem meinungswechslerischem politischen Eiferer, den ich (auch wenn ich letztlich wohl nur wenig von seinen Publikationen gelesen, dann aber doch immer wieder sehr viel von seinem Reden gehört habe) eher für einen intellektuellen Abenteurer, als für einen wirklich soliden Wissenschaftler halten muss, entsprechende Macht und Verantwortung im Wissenschaftsbetrieb zu übertragen, möchte ich mich in Hinsicht auf nähere Vermutungen darüber wie eine dann vielleicht tatsächlich plötzlich durch Peter Ruben entsprechend beeinflusste Philosophieentwicklung in der DDR des weiteren verlaufen wäre, eher zurückhalten, und neige da mehr dazu mir weitere mögliche Verzwicktheiten geschichtlicher Entwicklungen vor Augen zu halten, wie ich sie etwa auch in Anmerkung Nr. 98 beschreiben musste.

(77)
Ich möchte dazu auch auf meine Arbeit "Parteilichkeit - zur Entwicklung des Wortgebrauchs und des Prinzips", in: DZfPh 1983 ,31.Jahrgang / Heft 1, sowie auf meinen Beitrag "Denke ich heute an Jack Mitchell…", in: www.bhje.de, verweisen.

(78)
Dieses ursprünglich achtsaitige Mandolonchello habe ich später von Günther Penzel in Markneukirchen mit einem neuen, fünf Einzelmechaniken tragenden Kopf, ausstatten lassen, um es fortan als fünfsaitigen 'Waldzither-Baß' zu spielen.
Siehe dazu auch meinen Vortrag: "Einige grundsätzliche Aspekte zum besseren Verständnis von Musikinstrumenten im Lichte der Arbeiten des Verhaltensphysiologen Erich von Holst", in: www.bhje.de.
Dieser Cister-Bass wurde dann auch zur Begleitung solistischer Waldzitherstücke auf der bereits erwähnten 'Windbeutel-CD'/ "Musik aus dem Museum" verwendet.
Ebenso wie die drei von mir dazu im Text hervorgehobenen, speziell umgestalteten Cistern, gehört auch dieses Instrument nun zum Bestand der Musikinstrumentensammlung der Hochschule für Musik des Saarlandes. Diese Instrumente befinden sich aber zur Zeit -sozusagen als 'Leihgaben' aus dieser Sammlung - immer noch in 'meinem Besitz', um mit ihren nun veränderten Spieleigenschaften entsprechend für weitere Dokumentationsvorhaben genutzt werden zu können.
Siehe dazu auch die entsprechende Anmerkung Nr. 57.

(79)
Derartiges habe auch ich immer wieder versucht, und entsprechende 'Experimentalmodelle' befinden sich nun in der Musikinstrumentensammlung der Musikhochschule in Saarbrücken.

(80)
Dabei versuchte ich auch darüber zu sprechen, dass meiner Meinung nach eben auch bestimmte Spieltechniken zu neuartigen Instrumentalentwicklungen führen können. Eine Problematik die mich damals auch unter dem ethologischen Aspekt menschlicher Verhaltensmöglichkeiten an Musikinstrumenten in besonderer Weise beschäftigte und mir dabei auch am Beispiel bestimmter 'hammering-Spielweisen' im Sinn war.
Eine Spieltechnik die sich beispielsweise auf dem Banjo bereits sehr effektiv gestalten lässt und dann auf der E-Gitarre geradezu obligatorisch genutzt wird und über einen solchen Entwicklungsweg dann eben auch zum damals gerade in Mode geratenden "Stick" geführt hatte. Also zu einem wiederum völlig neuartigen, elektrisch verstärkten Saiten-Instrument, für welches dann auch eine wiederum völlig neuen Spieltechnik (nämlich 'beidhändiges hammering' auf dem Griffbrett) obligatorisch werden musste.

(81)
Ich halte nicht nur die dortige Abbild-Darstellung des Instrumentes, sondern auch die in diesem Abschnitt dargelegte Entwicklungsauffassung für verfehlt.

(82)
Siehe: Emsheimer, E. und Stockmann, E. (Hg.): Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente, Serie 1 / Band 2, Leipzig 1983
Die damalige Begegnung mit Erich Stockmann in meiner Instrumentensammlungs-Wohnung, musste sich mir dann, wiederum im Vergleich mit meiner späteren Begegnung mit Oskar Elschek in seinem Fujara-Sammlungsraum, umso fester einprägen.

(83)
Ich muss gestehen, dass ich diese Arbeit damals nicht sonderlich ernst nehmen konnte.
Die dort dargelegte Argumentation zur Typologisierung, schien mir angesichts der dort eigentlich nicht wirklich grundsätzlich belegten, sondern nur mit peripheren Beispielen, illustrierten Behauptungen zur generellen Bedeutung von Typologisierung innerhalb gegenwärtiger Wissenschaftsentwicklungen, nicht zwingend.
Dabei wollte ich keineswegs bezweifeln, dass man musikinstrumentelle Technik nicht auch in dieser Weise betrachten könne, aber mir erschien die Überwindung bzw. offensive Klärung der aus meiner Sicht allzu offensichtlichen Widersprüchlichkeiten der Sachs-Hornbostelschen Vierklassensystematik nicht nur als dringender, sondern - so meine damalige Meinung - auch als eine Vorbedingung, um dann möglicherweise auch den weiteren Weg einer eingehenderen Typologisierung erkenntnisgewinnend beschreiten zu können.
In Bezug auf diese Typologisierungsbemühungen von Erich Stockmann hatte ich schon damals den Eindruck, dass es ihm wohl eher darauf ankam mittels dieser Wissenschaftsinitiative an den doch ungelösten Widersprüchlichkeiten der von ihm verteidigten Systematik vorbeizumanövrieren. Also das gerade Gegenteil dessen, was mir wichtig erschien.
(Siehe dazu auch meinen späteren Beitrag: "Mutwillige Betrachtungen zum Schwirrholz", in: www.bhje.de.)
Allerdings hatte ich damals noch keine alternative Systematisierungsvorstellung entwickelt und musste mich dementsprechend in all meinen kritischen Bemerkungen zur Sachs-Hornbostelschen Systematik, immer wieder in viele Einzelheiten verlieren, auf welche Erich Stockmann dann immer wieder leichtfertig mit solchen Bemerkungen wie "Da müssen Sie wohl doch noch einmal genauer nachlesen…" oder "So einfach ist das aber nicht…" usw. reagieren konnte. Mir ist damals auch nicht bewusst geworden, welche Nachwirkungen eine entsprechend unverschleiert kritische Sicht auf einen Text von ihm oder auch sonstige von ihm geäußerte Ansichten letztlich haben konnte und ich habe sicherlich den Fehler begangen mit ihm zunächst in ähnlich offener Weise diskutieren zu wollen, wie ich das zumal aus dem Bereich meiner eigentlichen philosophischen Tätigkeit am Zentralinstitut für Philosophie immer gewohnt war. Ein besonderes Fehlverhalten von mir bestand damals wohl auch darin, dass ich angesichts der in dieser Arbeit mehrfach unbegründet wiederholten Betonung der Bedeutung von Typologisierung, von einer 'Penetranz der Wiederholung' gesprochen hatte. Eine Formulierung, die mir dann später, auch nach sehr langer Zeit, immer wieder von ihm zu bestimmten Ausführungen von mir, vorgehalten wurde.

(84)
Die Vermittlung dieser Besuchsmöglichkeit verdanke ich Dr. Hochstrasser aus Timisoara, den ich zunächst brieflich als Spezialist für rumänische Flöten kennen gelernt hatte und später verschiedentlich auf meinen Radtouren durch Osteuropa besuchen konnte.

(85)
Siehe dazu auch: "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt" in: www.bhje.de.

(86)
Innerhalb meiner persönlichen Wissenschaftserfahrungen setzte sich diese ohnehin schon recht seltsame 'Wissenschaftsentwicklung', später in folgender Weise fort.
Nach der Vereinigung beider deutscher ICTM-Nationalkomitees, wurde als nunmehrige Präsidentin dieses Gremiums Marianne Bröcker, und als einer ihrer Stellvertreter dann auch (der zuvor auch dort schon weitgehend als 'Stellvertreter Stockmanns' angesehene) Andreas Michel gewählt. Ich informierte damals, als ich also auch noch Mitglied dieses dann gesamtdeutschen Komitees war, Marianne Bröcker darüber, dass ich mich als Philosoph mit der Kritik der Sachs-Hornbostelschen Systematik befasse und bat sie in diesem Sinne um die Veröffentlichung meiner Arbeiten zum Schwirrholz, welche ich damals immer in prononcierter Weise als 'Triologie' über einen eigentlich tonlosen Tongenerator, welcher in seiner Eigenart eben von drei Teilen her (rhythmisch-bewegender Mensch, oszillierend-verdrallende Schnur oder eben auch 'Saite' und externent-oszillatorisch wirkender Flachkörper) verstanden werden muss, bezeichnet habe.
Zu meinem Erstaunen wurde der erste Teil meiner Arbeit umgehend und ohne Kürzungen oder Entstellungen, veröffentlicht, was auf mich als ein völlig neues Erlebnis zukam, denn ich konnte zuvor davon ausgehen, dass eine solche Arbeit von mir unter der Präsidentschaft Stockmanns in der DDR, wohl niemals gedruckt worden wäre. Was nun die Veröffentlichung des zweiten Teiles anbelangte, so wurde diese dann aber mit für mich wiederum völlig unverständlichen Argumenten, abgelehnt. In meinem damaligen Erstaunt-Sein bestand ich nun auf der Zurkenntnisnahme anderer Arbeiten von mir, und plädierte für deren Publikation, indem ich auch immer wieder darauf verwies, dass diese zwar im Zusammenhang mit meinem philosophischem Kritik-Projekt zu sehen sind, es sich dabei aber nicht einfach um abstrakte Theorie (wie mir zu meinen Schwirrholz-Überlegungen ja zuweilen vorgehalten wurde), sondern eher um naturwissenschaftlich exakte akustische Untersuchungen handele. Letztlich 'plädierte' ich auch nicht mehr, sondern bestand dann auch in offensiverer Weise auf der Veröffentlichung meiner Arbeit, wenn gegen diese (was mir als offensichtlich erschien) keine wirklichen inhaltlichen Einwände vorgebracht werden könne. Dieser, dann schon fast in eine Konfrontation ausartende Disput, stand für mich innerhalb dieses nunmehrigen ICTM-Nationalkomitees, aber auch in anderer Weise unter einem sehr ambivalentem Vorzeichen. Marianne Bröcker war mir natürlich bereits in der DDR ein Begriff, denn ihre auch in der Humboldt-Universität vorliegende Dissertation zur Drehleier, welche ich mit größtem Interesse gelesen hatte, fand ich beeindruckend.
Und als sie sich nun zur Präsidentinnen-Wahl stellte, musste mir das als gutes Zeichen, und vielleicht auch als ein Wendepunkt in Hinsicht auf die Arbeit dieses neunen Nationalkomitees erscheinen. Aber auf dessen Sitzungen erschien nun auch ein, sich in der Unterstützung durch Erich Stockmann stets wichtig gebender, Horst Traut.
Aber es kam noch etwas anderes hinzu:
Nach kurzer Zeit verstärkte sich bei mir die Vermutung - die ich bis heute nicht völlig ablegen kann - dass mir Marianne Bröcker vielleicht schon mehrere Jahre zuvor persönlich begegnet sein könnte. Immer wieder drängten sich mir bestimmte Erinnerungen an eine Gruppe technikbeladener junger Männer auf, welche sich - angeführt von einer überaus agilen jungen Frau - während eines Dudelsackfestivals in Strakonice, in einer Weise ins Geschehen gemischt hatte, die mir nur als ausgesprochen schlechtes Benehmen (aus meiner Sicht insbesondere als typisch westdeutsches Benehmen gegenüber Osteuropäern) in Erinnerung war und von denen ich mich damals auch intensiv abgewandt hatte, obwohl sie ihrerseits auf ihre dortigen ' Landsleute aus dem Osten' unbestreitbar freundlich zugingen. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob es sich damals, als ich von der burschikosen Anführerin dieser Männergruppe ebenfalls freundlich angesprochen wurde, nicht bereits schon um eine Begegnung mit Marianne Bröcker gehandelt hatte.
Hinsichtlich meiner Maultrommelarbeit aber entwickelten sich die Dinge dann ebenfalls in einer ambivalenten Weise:
Im Unterschied zu meinem Schwirrholzbeitrag, der tatsächlich ungekürzt und druckfehlerfrei erschien, enthielt mein später erschienener Maultrommelbeitrag wieder signifikante 'Druckfehlerteufeleien'. Aber über die Veröffentlichung war ich dann doch sehr froh, denn danach wurde für mich als Wissenschaftler im weiteren Prozess der deutschen Einheit, ohnehin alles nur noch viel schwieriger.
Dieser dann veröffentlichte Text zu meinen Maultrommeluntersuchungen, in welchem ich, so wie ich das schon lange zuvor immer getan hatte, auch wieder meine Aerophon-Auffassung dargelegt hatte, schickte ich dann auch an Frieder Schlütter, wobei dies bei mir mit der Hoffnung verbunden war, dass mit ihm vielleicht doch über die nun von daher eingehender zu überdenkenden Möglichkeiten zu konkreten Weiterentwicklungen dieses Instrumentes, gesprochen und beraten werden könnte. Damals meinte ich noch, dass er als 'herstellender Maultrommel-Fachmann', als erfahrener 'Metaller' und Ingenieur, den nun von mir genauer dargelegten Überlegungen und Argumenten vielleicht doch folgen können müsste. Ich meinte, dass gerade Frieder Schlütter in der Lage sein könnte, ganz bestimmte, aus meinen Darlegungen schließlich zu schlussfolgernde Möglichkeiten zur grundsätzlichen Weiterentwicklung dieses Instrumentes, auch technisch-technologisch zu überdenken, um dies dann auch - wogegen ich nichts einzuwenden gehabt hätte - für sein Unternehmen kommerziell zu nutzen. Es wäre also auch - was ich im Sinn hatte - vielleicht möglich gewesen mit ihm die Herstellung von völlig neu konzipierten Maultrommelinstrumenten eingehender zu beraten. Ich war dabei eben nicht an einem Geschäft, sondern lediglich an der soliden Verwirklichung von praktikablen Instrumental-Ideen interessiert, welche dann als eine umso deutlichere Bestätigung meiner weiterführend theoriegebundenen Darlegungen zu diesem Instrument, vorgelegen hätten. Und wenn dies dann auch tatsächlich in kommerziell wirksamer Weise zu verwirklichen wäre, so würden auch alle theoretischerseits bestehenden Widerstände gegen die Durchsetzung des Ideengehaltes meiner wissenschaftlichen Anliegen, um so leichter zu überwinden sein.
Die Antwort von Frieder Schlütter, war allerdings überaus enttäuschend. So als ob er kein einziges Wort meiner Arbeit gelesen hätte, schrieb er mir, (meinem Eindruck nach nicht ohne Stolz) dass ihn vor einiger Zeit auch Marianne Bröcker besucht habe, und ihm dabei auch mitgeteilt hatte, dass seine Aerophon-Auffassung zur Maultrommel - so formulierte er nun - "inzwischen auch von der Fachpresse zur Kenntnis genommen worden sei…".
Wenn ich ein derartiges Wissenschaftlerverhalten gegenüber einem versierten Hersteller von Volksmusikinstrumenten, nun im Vergleich von Stockmann und Bröcker, oder hier gar noch als exemplarisch für den damaligen Entwicklungszustand von ostdeutscher und westdeutscher Musikethnologie zu betrachten hätte, so könnte man sagen, dass ostdeutscherseits wohl mehr gewieftes Intrigantentum im etablierten Wissenschafts-Spiel war, aber westdeutscherseits offenbar mehr unbedarftes Unverständnis herrschte. Und im Prozess der deutschen Wiedervereinigung platziert sich dabei die offiziell etablierte gesamtdeutsche Musikinstrumentenkunde in Bezug auf dieses kleine Instrument (welches ich aber hinsichtlich seiner systemisch-systematischen Bedeutung weiterhin als einen 'Archaeopteryx der Audioorganologie' auffassen möchte) weit unter dem Verständnismöglichkeiten-Niveau dessen, was man dazu in der vorliegenden Literatur zur Maultrommel bereits nachlesen konnte.
Ich gehe davon aus, dass Erich Stockmann, trotz seines, aus meiner Sicht offensichtlichen Unverständnisses für musikinstrumentelle Technik, doch als Kenner der internationalen Literatur zu diesem Fachgebiet, sicherlich bekannt war, dass die damals von Frieder Schlütter vertretene Meinung, schon Jahrzehnte zuvor in musikethnologischer Spezialliteratur veröffentlicht und dann auch wieder kritisiert worden war, er sich dabei aber auch sicher sein konnte, dass sein damaliger 'Maultrommel-Abgesandter' gerade mit einer solchen Auffassung zu diesem Instrument, als überaus gut geeignet für weitere Verunklarungsdiskussionen hinsichtlich der von seinem Wissenschaftsturm aus verteidigten Vierklassen-Systematik erweisen konnte, wohingegen Marianne Bröcker in Bezug auf das gleiche Instrument, möglicherweise nicht nur kein Verständnis zu dem hatte was dazu schon sehr lange nachzulesen war, sondern eben auch kaum ein wirkliches Verständnis zu dem entwickeln konnte, was sie dazu nun in ihrer nunmehrigen Wissenschaftsfunktion im Sinne des zur Veröffentlichung Anstehenden, durchzulesen hatte. Ich habe mich bereits an anderer Stelle einmal ("Vortrag zur Eröffnung der Musikinstrumentenausstellung an der Hochschule für Musik Saar"; in: www.bhje.de) vergleichend zu ost-west-deutschen Unterschiedlichkeiten musikethnologischer Forschungen in Hinsicht auf die Sachs-Hornbostelsche Systematik, sowie die eben damit auch zusammenhängende Maultrommelproblematik geäußert, und dabei insbesondere auch Bezug auf das 1992 in Bonn erschienene Buch zur "Kulturgeschichte der Maultrommel" von Regina Plathe genommen. Ich möchte eine solche Betrachtung nun auch am Beispiel eines diesbezüglichen Briefwechsels mit Marianne Bröcker zur dann doch erfolgenden Veröffentlichung meiner Maultrommelarbeit, nahe legen. (Siehe dazu ihr Schreiben vom 14.10.1994 sowie meine Antwort vom 15.11.1994 im diesbezüglichen Anhang.)
Damals hatte ich zunächst eine überarbeitete Fassung meiner bereits Jahre zuvor an Prof Kukertz in Berlin (siehe dazu wiederum meinen "Vortrag zur Eröffnung der Musikinstrumentenausstellung an der Hochschule für Musik Saar", in: www.bhje.de) übergebenen Ergebnisse meiner bisherigen Maultrommelforschungen eingereicht. Dass diese bereits gekürzte Fassung nun noch weiter zu kürzen war, musste ich aus dem ersten Abschnitt ihres Schreibens entnehmen und die dazu angegebenen Argumente natürlich akzeptieren.
Als nicht akzeptabel aber, mussten mir dann die Argumentationen des zweiten Abschnittes erscheinen.
Hinsichtlich des dortigen ersten Satzes kann man vielleicht auch jeweils unterschiedlicher Meinung sein, ohne sich auf den wirklichen Wahrheitsgehalt entsprechender Ansichten jeweils versteifen zu müssen.
Das kann aber für den dann nachfolgenden Satz nicht mehr gelten.
Man mag zwar meinen, dass das, was als "störend" empfunden wird, ebenfalls 'Ansichtssache' sei, - aber die Gesamtargumentation des dort formulierten Satzes ist grundfalsch und völlig unberechtigt, und gerade auch hinsichtlich des dabei zu C. Sachs unterstellten Mangels damaliger "Möglichkeiten genauerer Untersuchungen" zu diesem Instrument, gänzlich unsachlich. Aus meiner Sicht wiederum ein deutlicher Beleg für die gerade zu C. Sachs immer noch gepflegte Unkultur der notorisch unsachlichen Verteidigung einer bereits verheiligten Wissenschaftsautorität, deren wirkliche wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung auf diese Weise freilich nur beschädigt oder eben verfälscht werden kann. Insofern also vielleicht auch eine nicht allzu überraschende und ungewöhnliche Argumentationsweise, wenn man die dazu immer noch weitgehend bestehenden Haltungen und 'Wissenschaftsgepflogenheiten' innerhalb der Musikethnologie bedenkt.
Überaus erstaunlich war für mich dann allerdings die nachfolgende Argumentation, innerhalb derer mir nun vorgehalten wurde, dass es, statt meiner Maultrommel-Kritik an C. Sachs "…vielleicht sinnvoller wäre auf die neueren Forschungsergebnisse einzugehen, und sie ggf. zu falsifizieren oder zu verifizieren".
Also eine weitere Vermeidungsempfehlung zur von mir dargelegten Kritik an der in Frage stehenden 'Maultrommel-Autorität C. Sachs', dessen Systematik-Auffassung ich doch aber gerade auch an diesem Maultrommel-Modellfall grundsätzlich zu kritisieren hatte.
Was wird da wohl tatsächlich als das eigentlich 'Störende' in meinen Darlegungen empfunden worden sein, als eben gerade doch meine entsprechend grundsätzliche Kritik an dieser Wissenschaftsautorität? Wie könnte ich mich zu einer solchen Empfehlung also entsprechend sinnvoll verhalten? Als ebenfalls fragwürdig mussten mir dann auch die weiteren Darlegungen in diesem Schreiben erscheinen. Ganz im Sinne der vorhergehenden Empfehlung, wird dazu dann eine bereits ältere französische Dissertation (1975) zur Maultrommel hervorgehoben, ohne dann aber auch auf eine doch viel jüngere deutsche Dissertation zum gleichen Instrument, und das entsprechend dazu 1992 erschienene Buch von Regina Plathe zu verweisen. Eine problemlos erhältliche Publikation, in welcher natürlich die in diesem Schreiben weiter genannten Literatur-Angaben ebenfalls zu finden sind…. Aber nicht nur ein solches Manko musste mich erstaunen, sondern auch die dann formulierte Bitte, meinen Beitrag noch einmal "…in Hinblick auf die Länge, besonders aber auch in Hinsicht auf neuere Literatur" zu überarbeiten….
Meine damals dazu formulierte Haltung ist dann auch aus meinem Antwort-Schreiben vom 15.11.1994 zu ersehen.
Wenn ich in all diesen Zusammenhängen, auch die mir doch als offensichtlich erscheinende Grundfreundlichkeit dieses Schreibens, sowie die dabei deutlich demonstrierte Kollegialität des Mitteilens von zum Teil durchaus seltener Quellenliteratur bedenken möchte (welches ich Beides nur ungern bezweifeln würde), so musste mir aber eine derartige Berücksichtigungsbitte, allein schon in Anbetracht der damals noch verbleibenden Überarbeitungszeit, als Widerspruch erscheinen, der mich vor die schwierige Wahl, was dabei denn nun eigentlich ernst zu nehmen sei, stellte.
Sowohl in Bezug auf den eigentlichen Inhalt und das methodologische Anliegen meines Beitrages, als auch angesichts nun erforderlicher weiterer Textkürzungen, schien mir eine entsprechende 'Berücksichtigung' der angegebenen Literatur in meinem Tex, nicht nur als 'schwierig' oder eben 'nicht mehr möglich', sondern einfach als überflüssig und letztlich sogar als inhaltlich unsinnig.
Das habe ich dann auch in meiner Antwort entsprechend konfliktinvolviert zu verdeutlichen versucht.
Dass ich es dabei vermieden habe, auch die Publikation von Regina Plathe zu erwähnen, kann ich nur aus dieser Konfliktinvolviertheit erklären, wobei mir in diesem Falle, ein vielleicht 'besserwisserisch anmutendes Daraufhinweisen', als nahezu ebenso peinlich, wie etwa ein entsprechend 'artiges Erwähnen' dieser Maultrommelarbeit, erscheinen konnte.
Letzteres auf Grund ihres Inhalts, der für mich (ganz im Gegensatz zur erwähnten Drehleier-Dissertation von Marianne Bröcker) überaus enttäuschend war.
Insofern konnte ich mir auch damals (und so auch heute noch) nicht sicher sein, wieso in dieser, ausdrücklich auf "neuere Forschungsergebnisse" bezogenen Literaturliste, diese doch tatsächlich 'neuere' (und gemessen an dieser Liste, sogar die zweifellos neueste) Publikation nicht erwähnt ist.
Wenn ich dazu dann sowohl meine Stockmann-Erfahrungen zur generellen Abweisung jeglicher Kritik an der Sachs-Hornbostelschen Systematik, in Verbindung mit entsprechend kultivierten 'Nichtzurkenntnisnahmen' und spezifischen 'Vermeidungsstrategien' gegenüber kritischen Autoren oder auch sonstigen nichtgenehmen Personen und Aktivitäten, (siehe dazu wiederum meinen "Vortrag zur Eröffnung der Musikinstrumentenausstellung an der Hochschule für Musik Saar"; beispielsweise Anmerkung Nr.14, in: www.bhje.de) im vergleichenden Zusammenhang mit der auch in diesem Brief ganz analog akzentuierten Vermeidungshaltung bedenke, so drängen sich mir auch entsprechende Möglichkeiten hinsichtlich einer solchen, 'nicht genannten' Maultrommelautorin auf. Und Derartiges kann innerhalb entsprechend pervertierter Wissenschaftsgepflogenheiten schließlich - ebenso wie offensichtlich bei Erich Stockmann - sowohl aus fachlich wohlüberlegt abgefeimten Motivationen, als auch aus eher ganz trivialen persönlichen Abneigungen, entstehen.
Mir konnte dabei jedenfalls nicht klar werden, ob dies nun etwa eher aus fachlich unbedarfter Ahnungslosigkeit, oder vielmehr aus fachbeherrschend-positionsabsichernder Gewieftheit, im Sinne dessen, was ich im DDR Nationalkomitee bereits so intensiv erlebt hatte, und mir innerhalb dieses nun vergesamtdeutschten Komitees schließlich auch schon begegnet war, zu erklären sei. (Siehe dazu, die dieser Anmerkung als Anhang beigefügten beiden Schreiben.)

(87)
So hatte ich Erich Stockmann damals, nach einer meiner ersten Teilnahmen (damals noch nicht als Mitglied sondern lediglich als eingeladener Gast) an den Tagungen seines ICTM- Nationalkomitees, im Zusammenhang mit meinem Interesse an Dudelsäcken, auch erzählt, dass ich mich mit dem Gedanken trage, demnächst in Markneukirchen und Klingenthal bestimmte Instrumentenbauer aufzusuchen, um mich genauer zu bestimmten Problemen entsprechender Holzbearbeitung zu informieren. Kurze Zeit später rief er mich an, um mir dann in seiner Wohnung völlig überraschend, mehrere honorig formulierte Empfehlungsschreiben (ausgestellt auf beeindruckenden Vordrucken mit dem offiziellen Kopf des "President of International Council for Traditional Music/ UNESCO" und seiner entsprechenden Präsidentenunterschrift) zu übergeben, und mir auch detailliert zu erklären, um welche, von ihm entsprechend empfohlene Adressaten es sich dabei jeweils genau handelte.
Ich war über diese Initiative von ihm natürlich erstaunt, und einige dieser Schreiben (so an bestimmte Betriebsdirektoren, Chefingenieure sowie den Vorgänger von Jochen Schmidt im dortigen ASMW usw…) haben mir damals auch sehr genützt, - wobei ich diese Schriftstücke bei meinen Besuchen verschiedener Instrumentenbauer, dann nicht vorlegte.
Es war offensichtlich, dass er mir hier, so wie auch später noch verschiedentlich, verdeutlichen wollte, über welch 'türenöffnende' Möglichkeiten er in seiner Funktion verfügte. Siehe dazu auch die nachfolgende Anmerkung Nr.88.

(88)
Typisch bei seinen diesbezüglichen Initiativen war dann aber auch seine immer wieder zu hörende Aufforderung: "Informieren sie mich, wenn es wieder einmal irgendwelche Schwierigkeiten geben sollte, damit ich eingreifen kann."
Da jedoch bestimmte fachlich-methodologischen Differenzen unserer jeweils ganz anderen Ansichten, alsbald immer offensichtlicher wurden, mussten mir auch seine entsprechenden beziehungs-organisatorischen Offerten, und ein von daher entsprechend entstehendes 'Verpflichtet Sein' immer unangenehmer werden.
Dass der ständige Ausbau derartiger Verpflichtungs- und Abhängigkeits-Verhältnisse, offenbar eine Hauptmethode seines Erfolges als international wirkender Wissenschaftler, bzw. zur Absicherung seiner Wissenschaftsposition, war und dabei jeweils sowohl abgefeimt getarnt eingefädelte Intrigen, als auch offen und demonstrativ auf Unterordnung abzielendes Machtgebaren, jeweils eine große Rolle spielten, hat sich für mich schon nach kurzer Zeit immer mehr verdeutlicht.

(89)
Ich möchte dabei zunächst darauf verweisen, dass bereits kurz nach dem ersten Auftreten der Gruppe Windbeutel in Strakonice, eine, meiner Meinung nach musikethnologisch zutreffend-abgewogene Betrachtung Dr. Markels von der Akademie der Wissenschaften der CSSR erschienen ist, wo diese offensichtlich neuartige deutsche Folk-Musik aus der DDR, mit Musikentwicklungen verglichen wurde, welche damals in der CSSR als "Tschechischer Skiffle" bekannt waren. Meiner Erinnerung nach habe ich (wie ich dies damals auch mit anderen Texten und Unterlagen zu damaligen neueren DDR-Dudelsackentwicklungen immer wieder getan habe) auch diesen Text, welcher damals zweisprachig, also in Tschechisch und Deutsch, erschienen war, und in welchem auch jeweils deutlich (ebenso wie auch in allen damaligen Festival-Programm-Ankündigungen) vom entsprechenden Auftritt der Gruppe "Windbeutel" die Rede war, auch Wolfgang Leyn zukommen lassen, welcher allerdings (wie ich heute dazu kritisch anzumerken habe - siehe den nachfolgend zitierten Briefwechsel) sowohl zu derartigen Dokumenten als auch zu entsprechenden Entwicklungen, alsbald ein Verhalten entwickelt hatte, welches ich nun in symbolischer Weise, als "von quasi stockmannscher Art" bezeichnet habe.
Ich denke, dass als ein noch viel deutlicheres Symbol einer entsprechend 'parteiisch-zurechtbiegenden' DDR-Folk-Geschichtsbetrachtung, die dann aus dieser Richtung erfolgende Darstellung, dass es sich damals in Strakonice um einen Auftritt der Gruppe "Skye" gehandelt habe, gelten kann. Im Sinne einer entsprechend kritischen Sicht möchte ich nun auch auf einen Briefwechsel mit Wolfgang Leyn verweisen, welcher sich im Zusammenhang mit seinem zusammen mit Jürgen Wolf geplanten Buch zur 'DDR-Folkszene' ergab. Dazu mailte er mir zunächst:
"Im Rahmen der Recherchen dafür haben wir einen Fragebogen erstellt (siehe Anhang), mit dem wir verlässliche Daten über die wichtigsten Bands zusammentragen wollen.
Zu denen gehören natürlich Jack & Genossen, Windbeutel und Volkslied. Du hast alle drei wesentlich geprägt. Daher bitte ich Dich, je einen Fragebogen zu diesen Bands auszufüllen und mir zurückzumailen. Natürlich ist auch die Deutsche Dudelsackrunde von Interesse."

In einem späteren Schreiben wurde ich außerdem um ein entsprechendes Folk-Interview gebeten.
In meinem Antwortschreiben vom 13.5.12. habe ich dies alles in folgender Weise abgelehnt:
Ich stehe für ein von Dir und Jürgen geführtes Interview nicht zur Verfügung und möchte außerdem jede Art von diesbezüglich gerichteter Zuarbeit oder mithelfender Unterstützung für Euer Buchprojekt, prinzipiell vermeiden. Ich lege Wert darauf, an diesem Projekt nicht mitgewirkt zu haben, und an dieser Initiative von Euch in keiner Weise beteiligt zu sein.
Ich meine, dass Dir meine politische Motivation zu dieser meiner Haltung, eigentlich klar sein kann, auch wenn Du vielleicht tatsächlich nur in Form von - wie Du in Deiner e-mail formuliert hast - "mancher Meinungsverschiedenheiten aus der Vergangenheit" darüber reflektieren magst. Dass es schon zu DDR-Zeiten deutliche und auch grundsätzliche politisch-konzeptionelle Differenzen im Verhalten und Bestreben von mir und andererseits eben auch von Dir oder Jürgen Wolf und manch anderer Beteiligter in dieser Neo-Folk-Bewegung gegeben hat, ist sicherlich (obwohl wir damals alle drei - wenn wohl auch jeweils in ganz anderer Weise - Mitglieder der gleichen politischen Partei waren) ganz unleugbar, wie es inzwischen unübersehbar ist, dass sich diese Differenzen in den Nach-DDR-Zeiten, dann bis zu dezidiert politischen Gegensätzlichkeiten entwickelt haben und wir nun ganz offensichtlich jeweils ganz anderen politischen Parteiungen zuzuordnen sind...
Euer Buch kann also nicht meine Sache sein.

Ich hatte in diesem Schreiben aber auch deutlich gemacht, dass ich mich nun keinesfalls einfach weiteren Gesprächen (die freilich nur Gespräche zwischen Kontrahenten sein könnten) oder einem entsprechend einvernehmlichen Austausch von 'Folk-Informationen' (zu denen von mir ja vieles im Internet nachzulesen ist und ich andererseits ja auch weiterhin diesbezügliche Fragen habe) verweigern werde, sondern hatte sogleich einen bereits seit längerem an ihn übermittelten "Folk-Info-Deal-Vorschlag" wiederholt, welcher sich auf eine besondere Drehleier und eine mir bislang nicht zugängliche musikethnologische Arbeit, bezog. Dazu schrieb ich damals:
Und in diesem Sinne denke ich eben auch, dass ich Dir - ohne damit etwa Euerm Buch-Projekt zu zuarbeiten - doch allein schon mit meiner damaligen Frage zu dem von mir gesuchten Vortrag zur Ostberliner Stadt-Folklore, auch einen hilfreichen Hinweis im Sinne von stets zu erweiternder Sachkenntnis zur ostdeutschen Neo-Folk-Geschichte gegeben hatte.
Dass meine noch zu Lebzeiten Erich Stockmanns, mehrfach an ihn gerichtete Frage nach dieser musikethnologischen Arbeit seines Schülers, damals immer abgeblockt, und entsprechende Antworten ständig hinausgeschoben wurden, war natürlich nicht überraschend. Viel überraschender war für mich eher Deine nunmehrig lapidare "kenne ich nicht"- Antwort, auf meine diesbezügliche Frage.
Wer ein Buch über eine musikethnologische Entwicklung schreiben will, der sollte dazu (auch wenn er vielleicht gerne betonen möchte, doch selbst "kein Musikethnologe zu sein" und auch "kein wissenschaftliches Buch schreiben zu wollen" - was ja gerade Journalisten zuweilen gerne betonen) doch aber die entsprechenden wissenschafts-offiziellen musikethnologischen Untersuchungen zur Kenntnis nehmen und eben keinesfalls einfach ignorieren. Dazu denke ich auch, dass es für Euch doch ein Leichtes sein müsste, diese Arbeit entsprechend einsehen zu können.
Der Autor (meiner vagen Erinnerung nach ein Stockmann-Schüler mit Namen Wolfgang Meier(?)) ist sicherlich dem Stockmann-Anhänger Jo Mayer gut bekannt, da der Eine schließlich damals über seine Forschungen zu den Aktivitäten des Anderen, auf der entsprechenden Musikethnologen-Veranstaltung im Dahlemer "Institut für internationale Musikforschung", zu welcher ich damals noch von Westberliner Kollegen eingeladen worden war, vorgetragen hatte. Von diesen Kollegen konnte ich damals auch ganz problemlos ihre Arbeiten zu den zuvor erfolgten Forschungen zur Westberliner Stadtfolklore erhalten und diskutieren; aber die dann abgeschlossene Arbeit zu Ostberlin war mir bislang nicht zugänglich…Ich hoffe nun, dass sich diese, schon damals unerwartet ominös gestaltende "Ost-Folk-Angelegenheit", durch mein erneutes Fragen im Zusammenhang mit einem nun zu erwartenden "Ost-Folk-Buch", nicht noch ominöser entwickeln wird, und bin also auch in diesem Sinne weiter an dieser Untersuchung interessiert.

Seine daraufhin erfolgende, sehr knappe Antwort habe ich dann in folgender Weise beantwortet:
Berlin, den 29.5.12. Hallo Wolfgang, ich danke Dir für Deine prompte, wenn auch kurze, Antwort. Allerdings war ich dann über Deinen "Info-Deal-Vorschlag" doch wieder mal einigermaßen verblüfft, denn ich hatte doch bereits deutlich erklärt, dass ich in keiner Weise an Euerm Buchprojekt beteiligt sein möchte und also auch dementsprechend offensichtliche Zuarbeiten in Form von "Fragebogen-Antworten" grundsätzlich ablehne.
Offenbar denken wir nicht nur in "folklore-politischer" etc., sondern eben auch in methodologisch-logischer Hinsicht völlig anders - was wiederum nicht überraschend für mich ist
Außerdem halte ich Deine Behauptung über den besonderen Aufwand zu angeblichen 'Drehleier-Recherchen' für weit übertrieben und letztlich unglaubwürdig, denn ich denke, dass Jürgen doch wohl über Eriks Drehleiererwerbung bei Langhammer informiert war und nun wohl auch sagen kann, ob dieses Instrument dann zu den Bierfiedlern gelangte. Oder haben etwa auch die Bierfiedler dann (was ich bislang als weniger wahrscheinlich annehmen wollte) ein weiteres Instrument bei Langhammer bestellt und gekauft?
Das hieße dann auch, dass letztlich mehrere Drehleiern aus dieser Werkstatt an Folk-Gruppen in der DDR verkauft wurden.
Mich interessiert dies im Zusammenhang mit dem überaus verlogen-unfachlichen Schallplattentext von Erich Stockmann, was Du Dir ja vielleicht schon auf Grund meiner dazu ja bereits zu DDR-Zeiten stets deutlich geäußerten Kritik, nun auch denken kannst. Und da ich in derartigen Fragen von erforderlicher Kritik auch immer auf Offenheit aus bin, kann ich Dir auch hier genauer sagen worum es mir bei diesem "Folk-Info-Detail" geht: Wenn es sich bei dem Bierfiedler-Instrument bereits um eine entsprechend 'zweite Folk-Langhammer-Drehleier' handelte, so muss die faktische Unwahrheit diesbezüglicher Stockmannscher Plattentextbehauptungen gerade auch in diesem Zusammenhang um so deutlicher unterstrichen werden, wohingegen im ersteren Falle (also einer damals von Erik bei Langhammer erworbenen und dann von den Bierfiedlern übernommenen Drehleier) eher ein symbolischer Zusammenhang von entsprechend analogen "Folk-Drehleierschurkereien" und diesbezüglichen "Folk-Wissenschaftlerschurkereien" festgehalten werden kann. Der Unterschied bezöge sich dabei jedoch lediglich auf verschiedene Formen von Offensichtlichkeit: Einerseits eine offensichtlich verlogene Schurkerei innerhalb einer bestimmten "Folk-Szene", wie andererseits eine offensichtlich schurkenhafte Verlogenheit innerhalb einer bestimmten "Wissenschaftler-Szene".
Ich werde angesichts all dieser "ohnehin-Offensichtlichkeiten" nun natürlich nicht darauf drängen wollen, dass Du etwa Deine Folk-Rechercheaktivitäten wegen solcher Details - die mir zwar als wissenswert, aber letztlich doch nicht als übermäßig erheblich erscheinen können - fehlorientierst und falsch proportionierst…
Viel wichtiger wäre mir, die von Dir nun einfach wieder mal übergangene Frage zu den vorliegenden Ergebnissen der stockmanninduzierten Forschungen zur Ostberliner Stadtfolklore, welche ganz gewiss auch für Dein Folk-Recherchieren wichtiger ist. Und da ich - wie bereits in meinem letzten Brief betont - davon ausgehe, dass diese musikethnologische Arbeit ohnehin von Euch zur Kenntnis zu nehmen ist, bitte ich Dich um die Fairness, diesen Text wiederum auch mir zugänglich zu machen. Den Hintergrund meiner Bitte und meine diesbezüglichen bisherigen Schwierigkeiten dazu, sowie den für Euch doch aber ohne große Schwierigkeiten zu beschreitenden Weg zur Erlangung dieses Textes, kennst Du aus meinem vorherigen Brief. Und meine diesbezüglichen Motivationen, welche (zumal wenn ich daran denken muss was ich damals im 'Institut für Internationale Musikforschung' dazu in mündlich vorgetragener Form erlebt habe) ganz ähnlich, oder sogar deckungsgleich, wie meine Motivationen zur Auseinandersetzung mit verschiedenen stockmannschen Texten sind, werden Dir wohl auch deutlich sein.
Ich denke also, dass es Dir auch möglich sein müsste meine dementsprechende Bitte zu akzeptieren, auch wenn ich auf Deinen 'Fragebogen-Vorschlag', - entsprechend meiner dazu doch bereits deutlich genug erklärten Verweigerungshaltung - nicht eingehen werde Da Du Dich dabei aber diesmal nur auf 'Windbeutel', und nicht auch auf die anderen zu diesem Fragebogen bislang erwähnten Musikantenformationen bezogen hast, möchte ich Dich dazu auch darauf aufmerksam machen, dass an der Entstehung und Entwicklung gerade dieser Gruppe, doch auch eine Reihe unübersehbarer Persönlichkeiten der von Euch nun darzustellenden DDR-Neo-Folk-Geschichte beteiligt waren. Und wenn ich dabei nur an die diesbezüglich relevanten Männergestalten (also etwa "Schottenschulle", Manfred Wagenbreth, Jo Mayer und auch Michael Zimmermann) denke, so liegt doch auf der Hand, dass von diesen doch sicherlich keiner meine politisch motivierte Verweigerungshaltung teilen wird und wohl auch alle durchaus andere konzeptionelle Auffassungen zur Musikfolklore sowie zu Sinn und Anliegen, oder auch den Perspektiven ihres eigenen musikantischen Wirkens hatten, als etwa ich. Eine entsprechende "Windbeutel-Befragung" gerade dieser "Ehemaligen" wäre also schon insofern im Sinne einer gewissenhaft-gründlich betriebenen "Folk-Recherche" mit Sicherheit wertvoller und aufschlussreicher, als etwa eine routinemäßig-auswertende Sichtung standardisierter Fragebögen, - zumal mir Eure Fragebögen ohnehin als methodologisch recht frag würdig erscheinen müssen und es da auch ohne meine prinzipielle Verweigerungshaltung, mit mir diverse "Beantwortungsschwierigkeiten" gegeben hätte.
Aber ganz abgesehen von dementsprechend unterschiedlichen Auffassungen, würde eine so angelegte 'Windbeutel-Recherche' doch auch genau dem entgegenkommen, was Ihr doch eigentlich im Sinne der "Darstellung unterschiedlicher Sichtweisen" anstreben wolltet, - wobei in diesem Falle (und da bin ich mir nun weniger sicher ob sich diese Sicht auch in Euren Sinnen befindet) wohl auch die Gelegenheit bestünde, nicht nur irgendwelche Unterschiedlichkeiten, sondern eben auch dezidiert unterschiedliche Konzeptionen und Entwicklungstendenzen innerhalb dieser Neo-Folk-Bewegungen zu verdeutlichen. Denn zumindest die Trennung der drei erstgenannten 'Windbeutel-Folk-Persönlichkeiten', hing ganz zweifellos mit durchaus grundsätzlichen konzeptionellen Differenzen zusammen. Zu den sonstigen konzeptionellen Vorstellungen meiner- und auch windbeutlerseits, könnt Ihr dann wiederum all das von mir dazu bereits Formulierte und natürlich auch entsprechend Zitierbare, auswerten, was eben auch aller Welt zur Verfügung steht… Aber eben nicht ohne entsprechenden Aufwand an Recherche…
Ich hoffe, dass Du akzeptieren kannst, dass mein nunmehriger 'Windbeutel-Vorschlag' Deinerseits sowohl als hilfreich-entgegegenkommend als auch als ehrlich und solide, aufgenommen werden kann, wohingegen Dein nunmehriger "Windbeutel-Fragebogenvorschlag" näher betrachtet, doch weder wirklich ehrlich, noch sinnvoll-solide und auch kaum tatsächlich hilfreich sein kann. Und so hoffe ich auch, dass Du meine heute wiederholte musikethnologische Bitte, welche ja - hier wiederhole ich auch was ich bereits im meinem letzten Brief dazu betont hatte - ebenfalls in diesem Sinne als hilfreich-entgegenkommend von Euch aufgenommen werden kann, weiter im Sinn behalten kannst.
Dass ein solches 'de facto Entgegenkommen' eines Wissenschaftlers, nun aber keineswegs als eine von diesem wissenschaftlich und politisch nicht gewollte und letztlich auch nicht zu verantwortende 'de jure Zuarbeit' interpretiert werden kann, ist wohl auch deutlich. Hier lege ich eben Wert auf eine entsprechend saubere Trennung, um dann auch entsprechend saubere Vorschläge unterbreiten zu können. Im Gegensatz dazu, ist eben Dein, für mich so überraschender, 'Fragebogen-Deal-Vorschlag' ein ausgesprochen unsauberes Angebot.
Um Dir dies nochmals zu verdeutlichen und Dich damit auch vor weiteren derart unredlichen 'Vorschlagsoffensiven' zu bewahren, möchte ich Dir auch meine dementsprechende, bereits aus DDR-Zeiten stammende Haltung dazu, nun nochmals - jetzt auch in quasi 'folk-geschichtlicher' Weise - illustrieren.
Wie auch in dem von mir erwähnten "Stadtfolklore-Vortrag" ausdrücklich betont wurde, handelte es sich da um ein zunächst von Erich Stockmann persönlich initiiertes und dann auch von ihm selbst begonnenes Wissenschaftsprojekt. Dieses entstand damals im Rahmen der Aktivitäten des DDR-ICTM Nationalkomitees, wobei er sich dort an mich wandte, um dann mit mir eine Reihe von (wie er dazu immer sagte) "Feldforschungssitzungen" zur Gruppe Windbeutel durchzuführen. Diese Gespräche fanden zu einer Zeit statt als es weder eine ZAG, noch irgendeine der dann in diesem Forschungsprojekt später erforschten Berliner Folkgruppen gab. Allerdings offenbarten sich in diesen Gesprächen alsbald schwerwiegende Unterschiede in der Betrachtung und Bewertung bestimmter damaliger "Folklorebewegungen", die ich eben auch als "methodologische Differenzen" bezeichnen würde. Das konnte dann freilich mein Interesse an weiteren solchen "Sitzungs-Gesprächen" nicht mindern, führte aber bei Stockmann (zumal ich entsprechende "Differenzen" auch immer in Verbindung mit weiteren, mir als ganz falsch erscheinenden Positionen seines ethnoorganologischen Wissenschaftskonzeptes verdeutlichen wollte) dazu, dass er - trotz noch langewährender gegenteiliger Beteuerungen - fortan solche "Feldforschungssitzungen" nicht mehr anberaumte und auch ansonsten immer wieder versuchte, Gesprächen mit mir auszuweichen...Hinsichtlich der Gruppe 'Windbeutel' aber verhielt er sich fortan genau so, wie er dies auch in ganz unverhüllter Manier gegenüber bestimmten "ungelegenen" Wissenschaftlerpersönlichkeiten sowie entsprechenden Wissenschaftsergebnissen zelebrierte, in dem Entsprechendes einfach in demonstrativer Weise 'nicht zur Kenntnis genommen' wurde und dementsprechend in seinem Machtbereich auch als "nichtexistent" gelten konnte.
Dass eine solche Strategie innerhalb von politischen Verhältnissen welche in fataler Weise dazu tendierten sich immer wieder an bestimmten Autoritäten und weniger an Realitäten zu orientieren, höchst erfolgreich sein konnte, ist letztlich durch das Leben dieses Wissenschaftlers innerhalb der entsprechenden DDR-Verhältnisse (die zumal meiner persönlichen Erfahrung nach, eben auch den entsprechenden Wissenschaftsbetrieb nicht unbeschädigt ließen) belegt. Dazu habe ich mich ja bereits mehrfach, in nun ebenfalls nachlesbarer Weise und eben gerade auch unter dem von mir hier betonten 'wissenschafts-methodologischen Aspekt', geäußert.
Ich kann dem nun noch ein weiteres "folkgeschichtliches Illustrationsbeispiel" anfügen, welches sich dann auf einen viel späteren Zeitraum, eher gegen Ende der "DDR-Neofolkgeschichte", bezieht, aber ebenfalls auf entsprechende "methodologische Differenzierungen" hinausläuft. Damals trat Horst Traut, den ich innerhalb bestimmter Szene-Strukturen dieser DDR-Folklorebewegung inzwischen ja als einen Menschen mit nicht nur bemerkenswert national-bornierten, sondern dann auch unverhohlen faschistoiden Denk- und Verhaltensstrukturen kennen gelernt hatte, mit folgender Aufforderung an mich heran: Im Auftrage von Prof. Stockmann müsse er mich nun auffordern, eine genaue Liste der von Windbeutel gespielten Musikstücke und entsprechenden Motivationen zu unseren Liedern und Texten vorzulegen, denn er sei von diesem mit einem entsprechenden Folklore-Wissenschaftsprojekt betraut worden. Wenn ich dieser Aufforderung nicht nachkommen wolle (was ich Horst Traut tatsächlich sofort verdeutlicht hatte), so könne meine Gruppe in diesem Projekt auch nicht berücksichtigt werden. Ich sagte ihm damals, dass er angesichts der doch von ihm auch jeweils miterlebten Mitwirkung dieser Gruppe zu den verschiedensten Folk-Werkstätten, letztlich über genügend gruppenspezifisches Material (sogar in Form von damaligen Ton-Mitschnitten etc.) verfügen könne, es mir aber ganz unmöglich sei, ihm nun vielleicht eine umfassende Aufstellung der von uns gespielten Lieder und Musikstücke, sowie Eigen-Kompositionen und -Texten (damals bereits weit mehr als hundert entsprechende Windbeutelnummern) nebst entsprechenden Motivationsdarstellungen, zu liefern.
Heute kann ich wohl mit Sicherheit davon ausgehen, dass auch eine solche Windbeutel-Aufstellung von Titeln und Motivationen, natürlich nichts am Charakter oder den Details seines späteren Liederbuches geändert hätte, in welchem natürlich weder die Gruppe Windbeutel, noch die für uns - aber eben auch für viele andere DDR Folk-Gruppen - durchaus politisch wichtigen Motivationen und Konzeptionen zu finden sind.
Andererseits wäre es mir aber auch eine durchaus unangenehme Vorstellung, dass in einem solchen, aus meiner Sicht überaus schändlichem Werk, etwa auch eine entsprechend eingepasst- angepasste Windbeutelnummer enthalten wäre. Ein deutsches Volksliederbuch, welches sich in bemerkenswerter Weise, in eine typisch deutsche Tradition von zeitgeistorientiert-obrigkeitsgefälligem (und nun auch noch 'wiedervereinigtem') Nationalismus, wiedereinreiht. Und dass dabei auch dieses Liederbuch, aus der entsprechend einengenden Geisteshaltung eines quasi lehramtlich bestallten Musik-Schulmeisters entstammt, ist eben auch wiederum unverkennbar deutsch.
Deutsch auf eine Weise, wie eben ich nicht sein will, - und dazu denke, dass sich dies sowohl in meinen musikantischen als auch in meinen wissenschaftlichen und sonstigen Aktivitäten belegt.
Dabei ist hier aber (was nun auch wieder "Windbeutel" in besonderer Weise betrifft) noch etwas ganz anderes, offenbar ebenfalls irgendwie typisch "Deutsches", zu vermerken:
Das was Erich Stockmann zunächst unter den besonderen Bedingungen seines Machtbereiches (angefangen vom Abbruch seiner "Feldforschungssitzungen" zu Windebeutel, und entsprechend nachfolgenden Statements und Verhaltensweisen, bis hin zu den späteren Feldforschungsergebnissen zur Berliner Stadtfolklore seines Schülers) in Bezug auf diese, fortan als "nichtexistent" zu behandelnde Gruppe, durchsetzen konnte, ließ sich freilich unter den Bedingungen des allgemeinen Folkgeschehens in der DDR nicht so leicht generell durchsetzen.
Es konnte sich aber dann, im Zusammenhang mit dem Untergang dieses Staates und den dabei entstehenden neuen politischen Bedingungen, sofort innerhalb des Machtbereiches der sich nunmehr entsprechend umgestaltenden "Ostdeutschen Folkloreszene", in quasi genereller Weise durchsetzen. Ein zweifellos unbestreitbares und sicherlich auch irgendwie bemerkenswert aufschlussreiches Phänomen, aus der Endphase der DDR-Neofolk-Geschichte.
Es wäre nun sicherlich verfehlt, dies etwa einfach darauf zurückführen zu wollen, dass sich damals eben auch Stockmanns Einfluss entsprechend ausweiten konnte.
Sowohl die damals leicht zu unterstellende, als auch alsbald in der Realität erfolgende "Nichtexistenz" bestimmter (nun vielleicht auch wieder in bestimmter Weise unbequemer und 'ungelegener', aber eben auch vieler, nun einfach nicht mehr lebensfähiger) DDR-Folkgruppen, war eben ein politischer Vorgang von allgemeinerer (aber eben wohl auch wieder wesentlich 'deutscher') Natur. Ein Vorgang, an dessen Analyse sich auch eine "DDR-Folkgeschichte" nicht einfach vorbeischmuggeln sollte, wenn sie nicht von vornherein als undurchdachte Fragwürdigkeit da stehen möchte. Allerdings wieder eine methodologisch keinesfalls leicht zu bewältigende Problemlage.
Ich bin gespannt wie sich dies in Euerm Buch ausmachen wird, wobei ich nicht anders kann, als dabei wiederum die entsprechende "Nichtexistenz" oder eben auch die fortan zelebrierte 'Nichtzurkenntnisnahme' von Windbeutel, für eine besonders aufschlussreiche 'kleine Geschichte' innerhalb der größeren 'ostdeutschen Neo-Folk-Geschichte' zu halten. Allerdings eine Geschichte mit einer bereits durchaus längeren DDR-Vorgeschichte, denn gerade auch Du selbst, hast Dich in Deinen bisherigen journalistischen Aktivitäten ja ebenfalls zuweilen in genau eben dieser stockmannanalogen Weise sowohl gegenüber manchen meiner "Windbeutelaktivitäten" als auch gegenüber bestimmten meiner folkrelevanten Wissenschaftsaktivitäten verhalten, was ja auch sehr hübsch in den dazu bislang vorliegenden Veröffentlichungen nachzulesen ist. Dazu unterstelle ich allerdings keinesfalls, dass dies etwa auf Geheiß von Stockmann erfolgt sei, sondern meine vielmehr, dass Du da eher eigenen unguten Neigungen gefolgt bist, welche aber sicher auch nicht unabhängig von einer, eben wiederum auch von Stockmann mit beeinflussten Mentalität innerhalb eines besonderen 'Folk-Szene-Bereiches', entstanden sind. So bin ich diesbezüglich auch sehr gespannt, inwieweit sich Derartiges nun in Euerm Buch widerspiegeln oder etwa auch wiederholen wird. Und gerade da wären ja auch wieder hochinteressante "unterschiedliche Sichtweisen" zu bedenken.
Da ich aus Deinem wiederholtem Nachfragen aber entnehmen kann, dass Ihr nun wohl kaum vorhabt die Gruppe Windbeutel etwa einfach im Sinne der dazu bereits vorliegenden Methodologie a la Stockmann abzuhandeln, bin ich nun ganz besonders gespannt, welche "Sichtweise" in diesem Falle von konkreter "Folk-Geschichte" wohl methodologisch ins Spiel geraten wird. Mir fallen da etwa die folgenden ein, von denen mir einige auch schon begegnet sind:
Die Gruppe
  • war damals nicht mehr aktiv (also bereits "nichtexistent");
  • war damals doch selbst nicht mehr an weiteren Folk-Aktivitäten interessiert;
  • war damals nicht mehr zu erreichen;
  • war damals nicht mehr interessant für die Folk-Szene, da es auch zu den dortigen Musikinstrumenten (etwa Waldzither, Dudelsack etc.) inzwischen viel bessere 'Folk- Partner' und qualifiziertere Fach-Spezialisten gab;
  • hat sich damals nicht entsprechend (etwa in Hinsicht auf eine Teilnahme in Rudolstadt usw.) bemüht;
  • war damals sowohl generell 'machtpolitisch' als auch speziell 'folk-politisch', nicht mehr gewollt.
Dazu kann ich sagen, dass abgesehen von der zuletzt genannten "Sichtweise", alle anderen doch wohl eindeutig falsch sind, wobei es wohl in der Natur der Sache begründet ist, dass gegebenenfalls auf die falschen wohl jeweils oft und gerne, aber die einzig zutreffende, eher lieber gar nicht, Bezug genommen werden wird.
Denn dazu wäre dann ja auch nachzufragen, in welcher Weise und von welcher Seite her Derartiges damals gefordert, gewünscht, forciert, oder eben auch entsprechend wohlwollend unterstützt bzw. 'als politische Realität' hingenommen wurde. Fragen, die freilich seitens einer dann eher apologetisch daherkommenden "Ost-Folk-Geschichtsbetrachtung", sicherlich wieder allzu leicht einer Methodologie in der Art stockmannscher Windbeutelbewältigungen unterliegen können.
Vielleicht fällt Euch, - da Ihr hinsichtlich dieser Problematik ja zweifellos auch in Bezug auf die entsprechende Realität in besonderer Weise involviert seid, - dazu noch eine andere "Sichtweise" ein, die mich natürlich auch interessieren würde.
Da die soeben an zweiter Stelle genannte Behauptung wohl die damals am bequemsten vorzuschiebende "Sichtweise" impliziert, möchte ich darauf hinweisen, dass sich bei der Potsdamer Gruppe "Antiqua" noch das Original eines etwas umfangreicheren "Windbeutelbriefes" befinden könnte, von dem ich selbst keine Kopie mehr finden kann, welchen ich aber aus heutiger Sicht für ein aufschlussreiches Zeit-Dokument zur DDR-Neo-Folkgeschichte halten würde. Dieses Schreiben ergab sich im Zusammenhang mit den damaligen Folk-Vorbereitungen zu den offiziellen Potsdamer Tausendjahresfeierlichkeiten und kann die diesbezügliche damalige Situation belegen: Während die Gruppe Windbeutel bestrebt war, die inzwischen (gerade eben in Berlin) neuen kulturellen und eben auch multikulturellen Möglichkeiten, intensiv zu nutzen, muss sie die Erfahrung machen, dass seitens der sich nunmehr neu gestaltenden ostdeutschen Kultur-Administration, eher auf nationalen Einheitstaumel Wert gelegt wird und nun offensichtlich keinerlei Interesse mehr an der Mitwirkung von Windbeutel bei diversen Folkloretreffen und sonstigen Veranstaltungen besteht.
Was nun wieder die Methodologie entsprechend "unterschiedlicher Sichtweisen" betrifft, so möchte ich mich noch auf die P.S. Anmerkung Deines Schreibens beziehen.
Du verweist da, in ganz ähnlicher Weise wie auch Regina Warnecke mir in Ihrer Antwort auf die ihr zugeschickte 'Jack Mitchell Gedenk CD' geschrieben hat, darauf, dass Du ja nicht zu dieser Gedenkveranstaltung "eingeladen" wurdest. Und Regina schreibt da mit Bezug auf meine damals geäußerte Verwunderung: "…manches klärt sich ganz einfach auf: Ich wusste gar nichts von einer Jack-Mitchell Session, mir hat niemand Bescheid gesagt".
Einer solchen, mir wiederum überaus aufschlussreich erscheinenden Sichtweise, die auch noch beansprucht "aufklärend zu sein" und sich dabei auf die Tatsache "nicht eingeladen worden zu sein" beruft, muss ich eben eine andere, sich ebenfalls auf Tatsächlichkeiten berufende, Sichtweise entgegensetzen:
Wie Du inzwischen weißt, hatte Regina mich mit Ihrem Wunsch nach mehr Informationen über Jack angerufen und befragt, worauf ich ihr dann - worüber Du ebenfalls informiert bist - die Telephonnummer des Sohnes von Jack mitgeteilt habe. Diese Nummer war dann auch die übers Internet bekannt gegebene Ansprech- und Informationsnummer, für diese Veranstaltung. Natürlich wurden dazu auch besondere Einladungen an bestimmte Personen verschickt, aber es konnten dort (wie ich dann auch miterlebte) eben auch zuvor noch nicht extra eingeladene Gäste erscheinen. Wenn also Regina - wovon ich entsprechend ihrer damals so vehement geäußerten Frage "Wer denn noch etwas über Jack wissen könnte?", ausgegangen war - dort auch angerufen hätte, wäre sie entweder deutlich eingeladen worden oder hätte eben entsprechend Bescheid erhalten. Da sie ihre plötzlichen Jackfragen, ganz dezidiert im Zusammenhang mit Euerm Buchprojekt und dem Anliegen, dass "Jack dort doch ein Platz eingeräumt werden muss" vortrug, konnte ich wiederum davon ausgehen, dass sie Euch ein solches Ereignis dann auch nicht verschweigen wird.
Das wäre eine Seite von vorliegender Tatsächlichkeit, und freilich auch eine in anderer Weise "aufklärende" Sichtweise.
Eine andere Seite von Tatsächlichkeit besteht nun darin, dass es doch wohl ganz offensichtlich ist, dass seitens der Mitchells keinerlei Grund bestehen konnte, etwa einem solch, völlig irrelevanten "Folk-Lieschen Müller" wie Regina, hier "Bescheid zu sagen". Und durchaus Vergleichbares gilt doch wohl auch in Hinsicht auf Dich. Welche Motivation sollte etwa Renate Mitchell haben, da einem Wolfgang Leyn eine extra Einladung zukommen zu lassen? Aus meiner Sicht liegt hier ein für Euch (d.h. einem bestimmten Teil von nunmehr buchorientierten "Folk-Szene-Insidern") wohl nicht ganz untypisches "Verkehrte Welt" Spiel vor, welches mir wiederum methodologisch betrachtet, als bedenklich und seltsam erscheinen muss. Man könnte dabei auch an "Realitätsverlust", "Selbstüberschätzung" oder vielleicht auch "recherchemissachtende Arroganz" denken.
Eine weitere Seite von Tatsächlichkeit kann dabei aber auch in Hinsicht auf mein entsprechendes Verhalten bedacht werden, welches letztlich auch hier wieder im Sinne eines hilfreichen Entgegenkommens strukturiert war, ohne mich dabei etwa zum zuarbeitenden Helfershelfer eines mir doch überaus suspekten Projektes zu machen, zu dessen Autoren ich eben viel Grund habe, ihnen sowohl dabei, als auch ansonsten, nicht zu trauen.
Ich möchte Euch von dieser Position her aber trotzdem zu bedenken geben, auf diese Jack-Mitchell-Veranstaltung vielleicht doch irgendwie Bezug zu nehmen, denn immerhin traten da mehrere Folk-Gruppen auf, welche auch in der Nachfolge von Jack Mitchell, innerhalb der 'Ostberliner Stadtfolklore' seit Jahrzehnten existent geblieben sind. Inzwischen ist von den Mitchells zu diesen Auftritten auch eine kleine Videodokumentation zusammengestellt worden.


(90)
Siehe dazu auch Anmerkung Nr.80, sowie spätere Arbeiten von mir zu philosophischen Problemen der Menschwerdung. Beispielweise meine Beiträge in dem von Rolf Löther herausgegebenem Sammelband "Tiersozietäten und Menschengesellschaften/Philosophische und evolutionsbiologische Aspekte der Soziogenese", Jena 1988, und dann eben auch meine spezielleren späteren Arbeiten zu diesem Instrument, z.B.: "Über die Wechselseitigkeiten von Instrumentalkonstruktion und Klangmöglichkeiten bei Maultrommeln", in: www.bhje.de. (Die Spektrogrammaufzeichnungen der in dieser Arbeit erläuterten Maultrommeltöne, erfolgte damals im Beisein von Prof. Tembrock und Dr. Frommhold, im Tierstimmen-Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin.)
Meine ersten Vorarbeiten zu den mich damals und auch zuvor schon beschäftigenden Forschungen im Zusammenhang mit meiner damaligen Mitgliedschaft im interdisziplinären "Arbeitskreis Menschwerdung" am Zentralinstitut für Ur- und Frühgeschichte an der Akademie der Wissenschaften, hatte ich zunächst auch immer (auf seine damalige ausdrückliche Bitte hin) Erich Stockmann zur Kenntnis gegeben, wobei ich mir insbesondere bei ihm, eine gründlichere Diskussion zu meinen, gerade auch unter bestimmten Philosophen-Kollegen für weniger wesentlich gehaltenen und eher mit 'Zurückhaltung' behandelten Auffassungen zur Bedeutung von Kunst, Ästhetik und 'Spielverhalten', von spezifischen 'Kunst-Werkzeugen' sowie insbesondere auch von Musik und Tanz, sowie eben diesbezüglichen 'Spezialwerkzeugen' und 'Spielwerkzeugen', für ein tieferes Verständnis der Problematik der Menschwerdung, erhofft hatte. (Siehe dazu insbesondere die letztlich erst viel später dazu veröffentlichten Beiträge "'Dogmensturz' in der Theorie der Menschwerdung? und "Vermutungen zur Menschwerdung" aus dem genannten Sammelband "Tiersozietäten…", wobei die dabei nicht von mir stammende Überschrift "Vermutungen…" wohl auch als ein Indiz für die damalige Akzentuierung von entsprechender 'Zurückhaltung' seitens des Herausgebers gelten kann.)
Erich Stockmann hat mir entsprechende Ausarbeitungen dann aber immer kommentarlos zurück gegeben und sich auch auf meine Fragen hin, niemals auf diesbezügliche Diskussionen oder Meinungsäußerungen eingelassen, - allerdings alsbald (dann zusammen mit Doris Stockmann) seine deutliche Empörung darüber geäußert, dass ein solcher, ihm bislang nicht bekannter interdisziplinärere Akademie-Arbeitskreis zu Problemen der Menschwerdung, offenbar glaubt, auf die Mitarbeit von Musikethnologen verzichten zu können. Zu den nächsten Zusammenkünften dieses Arbeitskreises erschien dann auch das Ehepaar Stockmann und wurde jeweils gebührend genannt und vorgestellt. Meine entsprechenden Hoffnungen auf eingehendere Diskussionen zu den von mir akzentuierten Auffassungen, erfüllten sich damit aber auch nicht und ich kann mich auch nicht erinnern, dass dann in diesem Arbeitskreis entsprechende musikethnologische Beiträge oder Konzepte von ihm vorgelegt oder in den dortigen Diskussionen eingebracht wurden.

(91)
Eine mir immer wieder als beeindruckend, letztlich aber auch als in ambivalenter Weise bemerkenswert, erscheinende 'Wissenschaftlerbesonderheit' bei Erich Stockmann, war seine offensichtlich besonders ausgeprägte Fähigkeit, sich die Titel musikethnologischer Arbeiten und die Namen entsprechender Autoren, exakt zu merken und dieses erstaunliche Spezial-Wissen zu entsprechenden Diskussionen oder Anfragen immer wieder deutlich werden zu lassen.
Damit im Zusammenhang konnte er natürlich auch insofern einen besonders exquisiten Autoritätsstatus beanspruchen, als dass er eben auch Literatur zitieren konnte, zu der klar war, dass er wahrscheinlich der einzige Wissenschaftler in der DDR war, der über derartige Spezial-Literatur eben auch privat, oder eben auch 'überhaupt' verfügte.
Dass ich andererseits immer wieder schlechte Erfahrungen hinsichtlich des von ihm wirklich 'Gewussten' in Hinsicht auf die Besonderheiten und/oder Funktionsweisen bestimmter Musikinstrumente machen musste, hatte ich bereits verschiedentlich angemerkt.

(92)
Zu diesem Instrument konnte ich nun die Gelegenheit ergreifen auf die besondere Präzision des Doppelspaltes, als wesentliches Merkmal einer gut funktionierenden Maultrommel hinzuweisen, worüber mit ihm aber auch nicht zu reden war.
Seine mir damals ebenfalls einmal stolz gezeigte Birkenrindenschalmei ("Sie interessieren sich doch für Schalmeien…") begegnete mir dann später wieder in den Händen von Jo Meyer, welcher damit dann, als einem "Geschenk von Erich" gegenüber anderen Dudelsack- und Schalmei-Interessenten renommieren konnte. Die Waldzither von Kurt Roth ging - wie mir Andreas Michel dazu sagte - nach seiner Promotion in seinen Besitz über, wobei er dazu auch anmerkte, dass Erich Stockmann dieses Instrument doch ursprünglich nicht für sich, sondern auf Bitte von Frau Bachmann-Geiser, zunächst für diese besorgt hatte. Was nun die damals gezeigte Maultrommel betrifft, so denke ich, dass sie dann vielleicht als Geschenk zu Hans Walz oder hoffentlich zu Frieder Schlütter gelangt ist.
Von diesem befinden sich auch zwei afghanische Maultrommeln in meiner Maultrommelkollektion; - Instrumente, welche er als Mitglied einer DDR-Delegation seinerzeit aus Kabul mitgebracht hatte und später mir, für meine Sammlung, überlassen hatte.

(93)
Dafür hatte ich eigens den von ihm herausgegebenen Handbuchteil von Oskar Elschek, "Die Volksmusikinstrumente der Tschechoslowakei / Teil 2 / Die slowakischen Volksmusikinstrumente", Leipzig 1983, sowie entsprechende Anmerkungen und Notizen dazu, mitgebracht.

(94)
Allerdings besuchte er mich auch später immer wieder in Begleitung ausländischer Musikethnologen in meiner Wohnung, um diesen dann meine Instrumentensammlung vorzuführen. Ich habe das auch nie verweigert, obwohl er sich für solche Besuche grundsätzlich niemals zuvor ankündigte, - was bei mir schließlich auch kurzfristig telephonisch möglich gewesen wäre. Er bevorzugte da, was ich mehrfach erleben konnte, ein anderes 'Verfahren': Wenn er einen entsprechenden 'Vorführungsbesuch' nicht für die Abendstunden, sondern eher tagsüber beabsichtigte, erkundigte er sich dazu nicht etwa zuvor telephonisch in meiner Wohnung, sondern in meiner Arbeitsstelle im ZIfPh, und versuchte dort zu erfahren, ob ich entsprechend dort, oder zu hause, oder in Bibliotheken zu tun hätte. Auf diese Weise konnte er mir dann sogar einmal vorhalten, dass ich enttäuschender Weise, "trotz gegenteiliger Auskunft im Institut", nicht anwesend gewesen sei, als er mit einem wichtigen Besuch (damals Dr. Markel von der Akademie der Wissenschaften der CSSR, den ich freilich schon lange aus Strakonice kannte und auch bereits verschiedentlich in Prag besucht hatte) wieder mal vergebens an meiner Wohnungstür geklingelt hatte.
In einem anderen Falle, als er über meine Arbeitsstelle erfahren hatte, dass ich krank zu hause lag, überraschte er mich mit Prof. Jan Ling aus Schweden, und ich konnte dann erleben, wie er dabei, mich und diese Situation entsprechend ausnutzend, in der für ihn selbstherrlichen Art beim Rundgang durch meine Sammlung erklärte, dass …hier eben alles versammelt ist, was ein Sammler so bekommen kann…aber das ist ja gerade das Interessante an diesen Sammlern… etc…(Siehe dazu auch die Anmerkung Nr. 14)

(95)
Siehe dazu auch "Allgemeine ‚Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de, sowie meinen Dudelsack-Artikel in der Zeitschrift Urania ("Der Dudelsack - Ein traditionsreiches Instrument", in Heft 2/1981, S.64-67).
Einige Passagen aus diesem URANIA-Dudelsack-Text, wurden dann später auch im DDR-Rundfunk, innerhalb einer, nicht von mir gestalteten Rundfunksendung, verlesen.

(96)
So ist eben davon auszugehen, dass er von seinen offenbar exquisiten Fachliteratur-Kenntnissen her, durchaus in der Lage gewesen sein müsste, mich auf die Existenz von schalmeienartigen asiatischen Röhrenblasinstrumenten mit tonhöhenverändernden Grifflöchern und 'so genannter durchschlagender Zunge' als Tongenerator, hinzuweisen.
Immerhin hielt er an der Humboldt-Universität vor einem kleinen Kreis von Musikstudenten auch Vorlesungen zu chinesischer Musik, in welcher solche schalmeiartigen Instrumente, die mir damals noch nicht bekannt waren, schließlich genutzt werden.
Ich habe ein derartiges Instrument erst nach 1989 unter den von Frau Maria Dunkel in Westberlin gesammelten Musikinstrumenten näher kennen gelernt. Insofern konnte ich dies auch in meine zuvorigen vergleichenden Betrachtungen zu den für das Verständnis der Besonderheiten von traditionellen Dudelsack-Tongeneratoren wesentlichen anderen Tongeneratoren, noch nicht einbeziehen.
Siehe dazu auch meine späteren Beiträge "Zur Systematischen Position der sogenannten 'durchschlagenden Zunge', und "Dudelsäcke im europäischen Spannungsfeld zwischen Ost und West", in: www.bhje.de (Siehe dazu auch Anmerkung Nr.98.)

(97)
Siehe dazu meine Arbeit "Das Hümmelchen - ein altdeutscher Dudelsack", Leipzig 1991, S.12-20.

(98)
Im Unterschied zu der zwar grundsätzlichen, dann aber nicht in Richtung auf eine alternative Systematisierung, oder entsprechend analytische Interpretationen besonderer musikinstrumenteller Modell-Fälle weiter geführten Kritik von Hermann Backhaus ("Über den Stand der Forschung auf dem Gebiet der physikalischen Akustik"; in: Archiv für Musikforschung, 1938), und der auch ansonsten in der musikwissenschaftlichen Literatur zumeist nur vage angemerkten Kritik zu den Mängeln der Sachs-Hornbostelschen Systematisierung, ergaben sich aus meinen damaligen Betrachtungen zu möglichen Verwandtschaftlichkeiten bestimmter Tongeneratoren, prinzipiell weiterführende Argumente gegen die herrschende Systematisierungsauffassung. Eigentlich ein unübersehbarer Angriff, und vielleicht auch einer der ersten Versuche überhaupt, dieser Systematisierungsauffassung auch in ganz bestimmten konkreten Punkten, eine grundsätzlich kritisch-alternativ fixierte Auffassung, entgegenzusetzen. Dies möchte ich hier insbesondere am Beispiel meiner offensiven Nichtakzeptanz der üblichen Betrachtungen zu 'einfachem und doppeltem Rohrblatt' (aber auch hinsichtlich anderer Aspekte) betonen. Und im Sinne einer derartigen (freilich erst im Zusammenhang mit einer künftigen Aufarbeitung von entsprechender Musikwissenschaftsgeschichte noch eingehender zu verifizierenden) Bewertung meiner damaligen Argumentationen, möchte ich dem hinzufügen, dass diese, bereits Mitte der achtziger Jahre fixierte Betrachtungsweise, zweifellos zu den gedanklichen (für mich aber eben auch zu den 'experimentell belegten') 'Vorarbeiten' aller meiner späteren Überlegungen zur Systematisierungsproblematik gezählt werden müssen.
Ich meine dazu aber auch, dass hier, mit einer vielleicht wieder etwas anderen Optik, auch ein ganz bestimmtes, durchaus skandalöses Wissenschaftlerverhalten vermerkt werden muss, von welchem meine diesbezüglichen damaligen Bemühungen in signifikanter Weise betroffen waren:
Da gibt es dieses kleine, sich mühsam durch die Nachkriegsgeschichte bewegende Ostdeutschland, auf dessen Territorium sich eine slawische Minderheit die einzige authentisch-kontinuierliche Dudelsacktradition innerhalb Deutschlands erhalten hat, was wiederum mit zu den Umständen gezählt werden muss, innerhalb derer dann dort Ende der siebziger Jahre wiederum junge Deutsche damit begonnen haben auch bestimmte, zuvor in Deutschland bereits vollständig ausgestorbene alt-deutsche Dudelsäcke wieder herzustellen und intensiv zu spielen. Musikethnologisch betrachtet ein hochinteressanter Vorgang, welcher zudem in diesem Lande durch die Besonderheit begleitete ist, dass gerade dort auch ein Musikethnologe von Weltbedeutung wirkt, welcher zudem einen unbestreitbar hohen 'Amts-Posten' innerhalb der international organisierten Musikethnologie, inne hat, - auf welchen er wiederum sicherlich nur im Zusammenhang mit bestimmten politischen Besonderheiten dieses kleinen Landes gelangt ist.
Was also die dortigen Proportionen von musikfolkloristisch realen Entwicklungen und musikethnologischer Wissenschaftskapazität betrifft, so stand dieses kleine Land (ganz ähnlich wie auch in so manch anderer Hinsicht) auf eine ganz erstaunliche Weise geradezu einzigartig in der Welt da. Und auch wenn das der Politik dieses Landes innenpolitisch ziemlich egal war, weil dieser Wissenschaftler doch eher außenpolitische Aufgaben zu erfüllen hatte, engagiert er sich in dieser innenpolitischen Kulturentwicklung alsbald intensiv, und dann auch immer demonstrativer, im Sinne der Verdeutlichung seiner bedeutenden Wissenschaftsposition, welche es ihm dann, zumal unter den wiederum politisch spezifischen Verhältnissen dieses Landes, auch erlaubte, in völlig unbehelligter Weise, ganz nach subjektiver Beliebigkeit, jeweils fördernd und/oder verhindernd einzugreifen und manipulieren zu können. Dabei konnte er sich auch sicher sein, dass er im Umkreise seiner musikethnologischen Wissenschaftskollegen keinerlei Anfechtungen in Richtung auf seine zweifellos anfechtbare Wissenschaftskonzeption, sowie in Hinsicht auf zuweilen bei ihm deutlich werdende fachliche Unkenntnis, zu befürchten hatte, und entsprechend mögliche Anfechtungen seitens anderer Wissenschaftsrichtungen (etwa in Form eines dudelsackspielenden Philosophen) wohl jeweils mühelos abgewiesen werden können.
Diese Lage der Dinge änderte sich jedoch ein bisschen, als mir dann ein Vertrag zur Erarbeitung einer umfangreicheren Publikation zu deutschen Dudelsäcken angeboten wurde.
Da hatte dieses kleine Land nun also nicht nur eine bemerkenswert aktive neudeutsche Dudelsackszene hervorgebracht, welche sich inzwischen auch mit Unterstützung (bzw. dem jeweiligen Eingreifen), eines bemerkenswert bedeutenden, sowie machtbewusst-mächtigen Musikwissenschaftlers entwickeln und darstellen konnte, sondern nun auch ein kleines Büchlein zur weiteren Förderung des Dudelsackspiels in der DDR, in Auftrag gegeben.
Mein Ansinnen richtete sich dabei auf genaue Anleitungen zum Spiel und zum Selberbauen eines weiteren altdeutschen Dudelsacktyps, in Verbindung mit wissenschaftlich solide abgesicherten Darstellungen zur Geschichte und zur Funktionsweise des Instrumentes, wozu mir wiederum die genauere Darstellung seiner organologischen Besonderheiten, sowie seiner systemischen Position im entsprechenden Vergleich zu anderen Instrumenten, als unverzichtbar erschien. Dementsprechend wollte ich also sowohl alle Dudelsäcke dieser Welt, als auch alle Musikinstrumente dieser Welt, in meine entsprechenden Überlegungen einbeziehen. Ein vielleicht fragwürdiges Ansinnen, wenn ich dazu sowohl die Kleinheit meines Landes, als auch die entsprechende Realität, seiner sowohl von außen, als eben auch von innen her bedingten Tendenzen des immer wieder Abgeschnittenseins von der Welt, mit zu bedenken hatte. Ich aber wollte da eher entsprechende 'Abgeschnittenheiten' für fragwürdig und eben für kulturell nicht akzeptabel halten. Und gerade hierzulande gab es doch auch diesen mir inzwischen ständig begegnenden Musikethnologen von Weltbedeutung, und also auch das entsprechend erforderliche Wissen über die Welt. Also unzweifelhaft günstige Voraussetzungen, um diese Musikanteninitiative nun auch mit einem entsprechenden Dudelsack-Büchlein auf musikethnologisch solidem Wissenschaftsniveau zu unterstützen.
In diesem Sinne war ich also, - um eben in Hinsicht auf die Berücksichtigung möglichst aller organologischer Fakten auch sicher sein zu können - auf dieses, doch gerade hierzulande vorhandene Wissen (und insofern eben auch auf die entsprechende Unterstützung von Erich Stockmann) angewiesen.
Wie meine entsprechenden Bemühungen dazu innerhalb damaliger Verhältnisse in der DDR letztlich ausgegangen sind, habe ich verschiedentlich beschrieben.
Wenn ich heute meine damaligen, also in 'DDR-Zeiten' entstandenen Ausführungen zu dudelsackrelevanten Tongeneratoren, im Vergleich zur Entwicklung meiner späteren Vorstellungen dazu betrachte, so liegt auf der Hand, dass mir damals (also in der ersten Hälfte der achtziger Jahre), in der DDR, durch bewusstes Vorenthalten von Wissen, auch wesentliche weiterführende Denkmöglichkeiten verbaut wurden. Und des Weiteren liegt wiederum auf der Hand, dass gerade dieses 'Verbauen' dann im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Berliner Grenzverbauungen und dem folglich folgenden Zusammenbruch der DDR, ebenfalls zusammenbrechen musste (Siehe dazu wiederum Anmerkung Nr.96.)
Die entsprechenden Verzwicktheiten realer Verhältnisse und daraus folgender Geschichtsentwicklungen, lassen sich dann gerade an diesem Beispiel, in Anbetracht der dann in wieder ganz anderer Weise erfolgenden Verbauungen entsprechender Möglichkeiten eines weiteren normalen wissenschaftlichen Arbeitens auf meinem Wissenschaftsgebiet, weiter bedenken.
Wenn ich hingegen auf das Nachdenken in Richtung auf derartige Verzwicktheiten von geschichtlichen Entwicklungen und den damit verbundenen, letztlich eben in noch schwerer wiegender Weise 'skandalösen' Gestaltungen von Wissenschaftsbedingungen und entsprechenden, wissenschaftsbetreffende Entwicklungen, verzichte, und mich wieder - wie ich doch eingangs formuliert hatte - einem besonders 'skandalösen Wissenschaftlerverhalten' zuwende, zeigen sich allerdings ebenfalls erstaunliche Verzwicktheiten:
Ein Wissenschaftler, der sich auf Grund der besonderen politischen Verhältnisse aus denen heraus er seine Position einnehmen konnte, unter eben diesen besonderen Verhältnissen in der DDR, nicht nur besonders arrogant und eigenwillig-ignorant verhalten kann, sondern mit seinem Verhalten darauf abzielt, dass ein ganz bestimmtes, international längst vorliegendes Wissen, welches hierzulande insbesondere ihm zur Verfügung steht, gerade in diesem Lande nicht bekannt, und nicht genutzt werden soll. Also ein Verhalten, welches keineswegs im Sinne und zum Nutzen der DDR sein kann, - dessen besonderes Zustandekommen und dessen beabsichtigter Effekt, allerdings wohl nur im Zusammenhang mit den besonderen Verhältnissen in und um die DDR zu verstehen sein wird, dabei aber keinesfalls einfach als 'DDR-feindlich' im Sinne eines etwaigen 'Widerstandes gegen die DDR' verstanden werden könnte. Derartige Motivationen mögen da vielleicht ebenfalls erwogen werden, aber der Antriebsmechanismus des hier geschilderten Ignoranz- und Voerenthaltungs-Verhaltens ist doch ein anderer.
Sobald er die ihm letztlich nur mittels der Politik dieses Landes ermöglichte Wissenschaftsposition und Monopolstellung in Gefahr sieht, wird er auch jede weitere ihm zur Verfügung stehende Monopolisierungsmöglichkeit von Wissen und Wissenschaftsbeziehungen sowohl gegen Menschen dieses Landes, als auch gegen die Wissenschaft, einsetzen. Inwieweit dabei etwa persönliche Abneigungen oder auch politisch motivierte Bevorzugungen, ebenfalls eine Rolle zu spielen vermögen, scheint mir da eher eine Frage von untergeordneter Bedeutung zu sein.

(99)
Auf meinem Stand präsentierte ich alle meine bereits damals hergestellten deutschen Dudelsack-Typen, also Bock, Schäferpfeife und, im Zusammenhang mit dem dazu angekündigtem Publikationsvorhaben, das von mir gespielte Hümmelchen, sowie verschiedene Brummtöpfe und Schnurreibetrommeln und viele meiner Flöten und Schalmeien, - insbesondere aber auch ein 'offenes Modell' meines bereits damals genutzten neuartigen Blasebalges, der sich freilich grundsätzlich von dem Blasebalg des von Hans Walz vorgestellten ungarischen Dudelsackes unterschied.

(100)
Siehe dazu wiederum meinen Beitrag: "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt"; in: www.bhje.de.

(101)
Siehe dazu auch meinen Vortrag: "Über mögliche Konsequenzen zur Systematisierung von Musikinstrumenten angesichts eines inkonsequent gebrauchten Begriffs der 'Systematik der Musikinstrumente'", in: www.bhje.de sowie weitere dortige Arbeiten zu diesem Tongenerator.

(102)
Meiner Erinnerung nach war dabei von Bratislava die Rede.

(103)
Vergleichbares hatte ich bei Erich Stockmann bereits innerhalb des ICTM- Nationalkomitees (dem Frieder Schlütter allerdings nicht, und meiner Erinnerung nach damals auch noch nicht Andreas Michel, angehörte) erlebt, wo er hinsichtlich bestimmter dort von ihm entsprechend "gemanagter Mitglieder ", in entsprechend vergleichbar subalternierender Weise verfuhr.

(104)
Siehe dazu: beispielsweise Crane, Frederick; "The Jew's Harp as an Aerophone", in:Galpin Society Journal 21 (1968)

(105)
Schon als Kind interessierten mich vor allem die Musikinstrumente, mit denen ich auch ohne nähere Anleitung alsbald selbst spielerisch musizierend umzugehen vermochte. Später, als technikinteressierter Jugendlicher und musikantisch aktiver Metall-Facharbeiter, erschienen mir die offiziell gelehrten und allüblich nachzulesenden Auffassungen zu Musikinstrumenten oftmals als empörend bemerkenswerte Belege der Anhäufung von offensichtlichen Fehlinterpretationen und Unrichtigkeiten, und so musste mir alsbald auch die immer wieder hervorgehobene Vierklassensystematik von Sachs und Hornbostel als ein offensichtlich völlig fehlerbeladen widersprüchliches und auch insgesamt ganz unlogisch konstruiertes System erscheinen, wobei ich die eher zur Gelassenheit anhaltende Einsicht, dass so etwas zwar als empörend anmuten mag, aber derartige Diskrepanzen ansonsten in der Geschichte der Wissenschaften keineswegs völlig ungewöhnlich sind, vor allem meinem als Zoologie-Professor tätigen Vater zu verdanken hatte.
Als ein dann bereits systematischer nach derartiger Technik Ausschau haltender Musikinstrumenten-Sammler und philosophisch forschender Wissenschaftler wurde ich aber wieder zu einer ganz anderen Art von Empörung geleitet, zu der ich letztlich auch prinzipiell nicht mehr zu beruhigen war.
Da ich als Philosoph beruflich-hauptamtlich zunächst mit der "Kritik bürgerlicher Naturphilosophie", insbesondere unter dem Aspekt der mich spezieller interessierenden biologistischen Ideologie, beauftragt und befasst war, begegnete mir immer wieder eine andere, eigentlich ebenfalls deutliche, aber von der Philosophie offenbar nicht zur Kenntnis genommene, sondern eher von dieser selbst mitproduzierte 'Wissenschafts-Diskrepanz': Einerseits die Vehemenz, mit der die philosophisch-ideologisch motivierte Kritik von Fehlleistungen und/oder Fälschungen innerhalb der Entwicklung der Biologie und der auch von daher abgeleiteten 'Biologisierungen' aus dem Umfeld von Biologie betrieben wird, und andererseits die offenbar völlige Uninteressiertheit sowohl der Philosophie, als auch der Technikwissenschaften (sowie eben auch vieler anderer, letztlich eigentlich ebenfalls musikrelevanter Wissenschaften) an der so überdeutlichen Menge von eigentlich doch offensichtlichen Fehlleistungen der Musikinstrumentenkunde.
Natürlich war dabei die ideologische Relevanz bestimmter Fehlleistungen biologischen und biologiesierenden Denkens ausschlaggebend, aber mir mussten auch die wissenschaftsgeschichtlichen Fehlleistungen zur Musikinstrumentenkunde, wiederum als Ausdruck eines ebenfalls ideologierelevanten defizitären Denkens erscheinen.
Die dazu von mir hier aufgestellte 'Wissenschafts-Diskrepanz-Behauptung' mag freilich den meisten ideologiekritisch gesinnten Philosophen doch als letztlich unangebracht erscheinen, - etwa so, als ob ich damit etwa dafür plädieren wolle, endlich auch einmal alle Arbeiten zu Schwirrhölzern oder Maultrommeln usw. philosophisch-naturwissenschaftlich genauso kritisch und intensiv zur Kenntnis zu nehmen und wissenschaftsgeschichtlich zu analysieren, wie dies bislang etwa hinsichtlich der Kritik des Sozialdarwinismus, des Rassismus oder des Sexismus usw. in Bezug auf bestimmte Arbeiten von professionellen Biologen, popularisierenden Biologiesierern und professionell ideologisierenden Biologisten der Fall war.
Ich meine dazu, dass gerade eine solche Interpretation meiner 'Wissenschafts-Diskrepanz-Behauptung' an einer noch viel schwerer wiegenden Diskrepanz der Philosophie nicht nur vorbei sieht, sondern in wiederum fundamentierender Weise teilnimmt. Eine Diskrepanz, die ich in grundsätzlicher Weise als einen Fundamentalmangel in der Entwicklung unseres Denkens, unserer gesamten bisherigen Wissenschaftsentwicklung und insbesondere eben auch unseres bisherigen Philosophierens auffassen muss - nämlich die generelle Tendenz zur Nichtbeachtung der Bedeutung der Entwicklung von musikinstrumenteller Technik für das Verständnis dessen, in welcher Weise wir als Menschen entstanden sind, was wir als Menschen sind, was wir können und was aus uns und mit uns noch werden kann…
Und wenn ich dabei dann dem mir hier vielleicht aphoristisch vorzuhaltenden Bedeutungsvergleich von philosophischer Beschäftigung mit Maultrommeln und Musikinstrumentenkunde etwa gegenüber der Beschäftigung mit Sexismus oder Rassismus etc. und Biologie oder Sozialdarwinismus und etwa auch Darwinismus usw. einen ganz anderen, aber vielleicht ähnlich prononciert gestalteten Bedeutungsvergleich gegenüberstellen wollte, so könnte dieser in etwa folgendermaßen aufgebaut werden:
Wenn man - wofür ich natürlich plädiere und wozu ich neige - politisch motivierte Ideologiekritik für eine wichtige Aufgabe humanistisch orientierter Philosophie halten möchte, so muss genau in diesem Sinne wiederum unbestreitbar sein, dass die Philosophie sich auch dabei stets solchen Aufgaben wie der Entwicklung eines grundsätzlich besseren Verständnisses des Wesens von Erscheinungen, dabei insbesondere des Wesens des Menschen bzw. 'von uns selbst', sowie auch dem Aufzeigen und Entwerfen möglicher Entwicklungsperspektiven usw. zu stellen hat. Im Sinne einer meines Erachtens freilich oft nur allzu kurzsinnig aufgefasst betonten Notwendigkeit der Kritik an 'falschem Bewusstsein' mag der mir dabei vielleicht vorhaltbare obige Bedeutungsvergleich seine einleuchtende Anmutungskraft haben, zumal sich dabei auch die Bedeutung der Akzeptanz von Biologie für das philosophische Verständnis von uns selbst als 'biotische Wesen' hübsch und eindrücklich hervorheben lässt.
Im Sinne meiner soeben formulierten Kritik an aller mir bislang bekannter Philosophie - also im Sinne des Bestehens auf einer Kritik an diesem von mir soeben monierten 'Fundamentalmangel' bisherigen Philosophierens - muss ich dieses Verhältnis von humanistisch- kritischem Bewusstsein und humanistisch-perspektivischem Bewusstsein nun - wenn es dann um einen entsprechenden Bedeutungsvergleich von biologischen und dann etwa musikinstrumentenkundlichen Erkenntnissen zu gehen hat - völlig anders proportionieren.
Da stünde dann etwa die Beschäftigung mit Schwirrhölzern und Maultrommeln etc., als ein unverzichtbares Element von sowohl biologisch fundierter als auch seitens anderer Wissenschaften zu fundierender, musikinstrumentenkundlich orientierter philosophischer Forschung, einer philosophischen Kritik von Sozialdarwinismus oder etwa auch Darwinismus, nicht gegenüber, sondern (soweit jeweils fachlich begründet und entsprechend angebracht - aber dies ergäbe sich ja auch erst auf der Basis einer entsprechend intensiveren Beschäftigung mit dieser) letztlich wissenschaftsverbunden zur Seite, wobei mir dabei die bislang abzusehenden Gefahren hinsichtlich einer etwa möglichen Vernachlässigung der Kritik am Biologismus letztlich durchaus als weniger bedenklich erscheinen müssen als die künftigen Gefahren, die sich seitens der offenbar schon seit Jahrtausenden eingewöhnten weiteren Vernachlässigung der Erforschung der Bedeutung von musikinstrumenteller Technik für unser Denken und unsere Suche nach humanen Perspektiven, aber eben auch für unser Verständnis von uns selbst als wesentlich musikantisch-musikalische Wesen, ergeben können.
Aus meiner Sicht würden dabei die möglichen (aber eben noch ausstehenden) Bemühungen zur Überwindung des geschilderten philosophischen 'Fundamentalmangels' durchaus ebenso als politisch- oder eben auch als ideologisch relevant ( und also auch als ideologiekritisch zu bedenkend) zu bewerten sein, wie die bisherige Kritik an den Mechanismen der Entstehung und den Wirkungen von 'falschem Bewusstsein', wobei ich denke, dass es letztlich der weiteren philosophischen Forschung überlassen bleiben kann, ob sie diese beiden dann künftig eher in einem 'Identitätszusammenhang' oder doch lieber in ihrem sich dann stets 'ergänzenden Zusammenhang' betrachten und behandeln möchte.
Man mag zu all diesen 'Vergleichssichten' nun vielleicht noch anmerken und vielleicht auch einwenden wollen, dass aber in philosophisch-ideologiekritischer Hinsicht der philosophischen Beschäftigung mit Biologie sicherlich eine weitaus größere Bedeutung als etwa der philosophischen Befassung mit musikinstrumenteller Technik zugemessen werden muss.
Gemessen an den bisherigen Erfahrungen der Wissenschaftsentwicklung mag das sicherlich einleuchtend erscheinen.
Ich möchte dem aber auch nicht einfach zustimmen, sondern eher hinzufügen wollen, dass letztlich in der weiteren Entwicklung von Philosophie und Wissenschaften auch derartige Bedeutungsproportionen wieder bestimmten Veränderungen unterliegen können. Mir scheinen hier aber bereits jetzt in neuer Weise zu überdenkende Bedeutungsproportionen philosophischer Art vorzuliegen, zu denen ich dann wiederum, wenn auch nun mit wieder etwas anderen Worten, anmerken muss, dass hinsichtlich der Notwendigkeiten von Kritik und Zurückweisung fortschrittsfeindlicher unhumaner Ideologien, zumal in den Auseinandersetzungen mit bestimmten rechtsradikalen und faschistischen Ideologien, dem Ernstnehmen von Biologie sicherlich eine spezielle Bedeutung zukommt. In Hinsicht aber auf die Weiterentwicklung philosophischen Denkens im Sinne humanistischer Entwicklungskonzeptionen und möglicher Menscheitsperspektiven kann der Biologie - so meine ich - ein entsprechend separierend zu betrachtendes Sonderverhältnis zur Philosophie keinesfalls zugesprochen werden.
Humanistisch vorwärtsweisendes und problemlösendes philosophisches Denken ist, meiner Auffassung nach, auf den Verbund mit allen Wissenschaften angewiesen, wobei der wissenschaftsbetrieblich-philosophische De-facto-Verzicht der Beachtung von Problemkonstellationen musikinstrumenteller Technikentwicklung aus meiner Sicht letztlich ein weitaus schwerer wiegendes und vielleicht auch gefährlicheres Defizit-Problem philosophischer Denkentwicklungen beinhaltet als etwa die bislang geradezu notorisch immer wiederkehrende Entstehung neuer Biologismen, zumal zu solchen dabei wiederum angemerkt werden kann, dass diese, als eine ihrer Denkvoraussetzungen, eine im Grunde genommen geradezu verblüffend ähnliche Vorstellung von der philosophischen Sonderstellung der Biologie kultivieren wie manche Spezialisten von Biologismuskritik.
Siehe dazu beispielsweise auch meine Arbeiten "Biologismus und Antibiologismus in der Soziobiologie ?" in: E. Geißler, H. Hörz (Hg.) Vom Gen zum Verhalten. Berlin 1988, sowie auch meine diesbezüglichen Beiträge in dem von Rolf Löther herausgegeben Sammelband "Tiersozietäten und Menschengesellschaften / Philosophische und evolutionsbiologische Aspekte der Soziogenese", Jena 1988. Aber auch: "Parteilichkeit - zur Entwicklung des Wortgebrauchs und des Prinzips", in: DZfPh 1983, 31.Jahrgang / Heft 1.
Was die jeweils konkreten Realisierungsmöglichkeiten eines 'Parteilichkeits-Prinzips', im von mir dargelegten Sinne, in der jeweils persönlichen bzw. individuellen wissenschaftlichen Arbeit anbelangt, so kann ich hier nicht nur auf das in meiner soeben zitierten Arbeit dazu Dargelegte, sondern letztlich auch auf alle diesbezüglichen Bemühungen, die sich meinem Bestreben entsprechend hoffentlich in allen meinen wissenschaftlichen Arbeiten und entsprechenden politischen Aktivitäten finden lassen, verweisen, und denke zudem generell, dass Entsprechendes immer da in besonderer Weise deutlich werden kann, wo es gelingen kann, auch andere als nur die innerhalb bisheriger Parteiungen erwogenen Herangehensmethoden zu den jeweils anstehenden Problemlagen mit zu bedenken.
Um die hier mutwillig vergleichend zugespitzte Darstellung meiner diesbezüglich 'vergleichsanalytisch-audioorganologischen' Problemsicht noch aus einem wieder etwas anderen Blickwinkel zu kommentieren, könnte ich nun noch anfügen, dass sich die in der jüngeren Geschichte unseres Philosophierens doch so deutlich ausgeprägte Beachtung biologischer und technischer Wissenschaftsentwicklungen in einem eigenartig verräterischen Verhältnis zur generellen (und entsprechend andauernden) Nichtbeachtung musikinstrumenteller Technikentwicklung bewegt, wo doch gerade diese, in durchaus deutlichem Unterschied zu vielen anderen Erscheinungsformen von Technik, in wieder besonderer Weise biotisch bedingt ist. Soweit ich dabei etwa solche Wissenschaften wie Anthropologie und entsprechende Archäologie bzw. auch Ur- und Frühgeschichte der Menschheit zu beurteilen vermag, wird diese Besonderheit auch dort kaum gründlich genug bedacht und sie spielt auch bei Biologen nur ausnahmsweise eine Rolle, - wie leider ebenso in den Musikwissenschaften.
Ich denke eben, dass die Philosophie künftig auf diese Wissenschaftsdiskrepanz verstärkt aufmerksam machen sollte und dabei auch Wege finden muss, sich an der Überwindung dieses Zustandes zu beteiligen.
Eine solche Wegemöglichkeit möchte ich in der von mir gegen Ende der achtziger Jahre im ZIfPh an der AdW der DDR entwickelten "Vergleichsanalytischen Organologie" sehen.

(106)
Ich möchte hier wiederum auf meinen Beitrag "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in www.bhje.de verweisen, in welchem die entsprechenden Aktivitäten des Leiters des ASMW Markneukirchen eingehender geschildert sind.
Außerdem möchte ich dabei auf Anmerkung Nr. 68.) verweisen, in welcher ich versucht habe, die mir aus nunmehriger Sicht als wichtig erscheinenden Aktivitäten und Projekte aufzuführen, bei denen sich die spezifische Möglichkeit der Mitarbeit in dieser AG Musikfolkloristisches Instrumentarium, jeweils als wichtige Bedingung für mich erwies.

(107)
Neben meinen damaligen Artikeln für diese Zeitschrift, möchte ich hier auch auf verschiedene andere 'neofolk-aktuelle' Artikel in anderen Publikationsorganen verweisen, wobei mir inzwischen genauere Angaben zu der Serie von Instrumentenselbstbauartikeln die ich damals auch für die Tageszeitung "Junge Welt" schreiben konnte, nicht mehr vollständig zur Hand habe:
  • Interessengemeinschaft Dudelsack. In: Musikforum 2/1984,
  • Dem Folk aufs Maul geschaut / Was ist eigentlich wirklich neu an der neueren Musikfolklorebewegung? In: Musikforum 4/1984,
  • Friedensgedanke und Arbeiterlied. In: Musikforum 3/1985,
  • Brauchen wir Volkslieder? Gespräch mit Jack Mitchell und Bernd Eichler. In: Liedersprüche 8.Festival des politischen Liedes 1978, Gespräche Texte Protokolle, R.Scheer (Hg.), Musikverlag Lied der Zeit, Berlin1979,
  • Der Dudelsack / Tradition und Gegenwart. Leipzig: Verlag Zentralhauspublikation, 1985,
  • Möglichkeiten der Musikfolkloregruppen bei der Ausgestaltung von Volksfesten. In: Wissenschaftliche Beiträge, Verlag Zentralhauspublikation, Heft 17, Leipzig 1987,
  • Diskusni Prispevek k 2.Sektani Dudaru ve Strakonicich (in tschechischer Sprache). In Dudacka Dilna / Dudy stredni Evropy, Strakonice, 1989
  • Selbstgebaute Musikinstrumente? in: Kolorit, Berlin 1/1980,
  • Panflöte. in: practic 3/1982,
  • Der Brummtopf. / Eine volkstümliche Reibetrommel. in: practic, 8/1990,
  • Eins aufgebrummt. in: practic 7/90
  • Teuflisches Zupfen und Reiben. in : practic 9/90
  • Das Schwirrholz / Vom Geisterbrummen bis zum Vogelgezwitscher. in: practic 11/90
  • Das Scheitholz. Ein Instrument für alte Volksmusik und moderne Klänge. in: practic, 2/1989,
Außerdem konnte ich meine Ansichten zur Musikfolklore damals auch in verschiedenen kleineren Beiträgen für die "Festival-Zeitung" im Zusammenhang mit dem "Festival des Politischen Liedes", oder auch der "Leipziger Folk Zeitung" im Zusammenhang mit den dortigen "Folklorewerkstätten" darlegen, wobei dortige Veröffentlichungen immer wieder mit sinnentstellenden Druckfehlern belastet waren.
Auf Grund der Initiative von Andreas Michel hatte ich dann im "Musikforum" freilich viel mehr Möglichkeiten mich gründlicher zu äußern, was sich allerdings auch dort in Hinsicht auf sinnentstellende Druckgestaltungen immer wieder als problematisch erwies.
Siehe dazu auch den Anhang zu "Allgemeine 'Hintergrund-Anmerkungen' zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt", in: www.bhje.de.

(108)
Meiner Erinnerung nach nicht mehr als zwei bis drei Wochen.

(109)
Erich Stockmann bevorzugte dabei unter manchen seiner Kollegen, aber auch innerhalb anderer entsprechender Personenkreise, immer wieder mit demonstrativer Vorliebe, ganz bestimmte, spezifisch 'traditionell deutsch-faschistisch' geprägte 'Sprachfiguren', - also entsprechend politisch prononciert diffamierende Wortkombinationen, welche, zumal nach dem Zusammenbruch der DDR, auch eine Zeitlang in den Medienberichten über die DDR besonders gepflegt wurden. Von ihm aber konnte man schon zu DDR-Zeiten solche Sätze wie: "Was werden wir nun wohl wieder vom 'Partei Kreisleiter' zu hören bekommen…" oder auch "Da wolln wir mal nicht stören, wenn die 'Parteigenossen' (oder eben auch die "PG`s") sich versammeln…." usw. immer wieder vernehmen. Und für manche seiner Bewunderer mag dies wohl auch als Beleg für ein entsprechend 'souverän über Allem stehendes, freies Denken und Verhalten' genommen worden sein. In den späteren gemeinsamen Diskussionen mit westdeutschen Kollegen, (so etwa im Institut für Internationale Musikforschung in Berlin-Dahlem) trat er dann auch verschiedentlich mit solchen Formulierungen wie: "Aber das können unsere westdeutschen Kollegen doch alles gar nicht verstehen, wir müssen doch nun erstmal erklären, wie die Verhältnisse in der DDR wirklich waren…", und verwies dann auch dabei immer sofort auf die allgegenwärtigen Aktivitäten der 'Stasi'...

(110)
Ich habe dies damals auch stets in der 'gleichen Sprache', bzw. mit den gleichen Worten, wie hier formuliert.

(111)
Siehe dazu Seite 103 seiner Dissertationsschrift: Michel, A.: "Studien zur Geschichte der Zister in Deutschland, Berlin 1989, Dissertation (A)"

(112)
Siehe ebenda S. 103. Auf meine damalige Frage an Erich Stockmann, woher er diese Waldzither habe, betonte er damals, dass es sich um ein Instrument aus der Werkstatt eines der letzten und sicherlich auch des bedeutendsten Herstellers traditioneller Waldzithern in Markneukirchen handele, dessen Haus ("gleich wenn es in Markneukirchen den Berg hinauf geht") leicht zu finden sei und dies "dort auch jedermann wüsste…"
Ich machte ihn damals darauf aufmerksam, dass es sich offensichtlich um ein Instrument aus der Werkstatt von Kurt Roth handele - in meiner Sammlung befindet sich schließlich ein gleiches Instrument, - aber nahezu gegenüber dieser Werkstatt befindet sich doch auch die Werkstatt von Herrn Höhland und noch etwas 'weiter oben', dann auch die Werkstatt von Günter Penzel. Es gab damals aber sowohl in Markneukirchen, als auch ansonsten im Vogtland (und wohl auch darüber hinaus in der DDR), noch weitere Hersteller von Waldzithern.
Allerdings konnte ich weder zu dem bereits mehrfach erwähnten flachbödigen Modell mit 42ger Mensur, noch zu dem nunmehr nach meinem Wünschen mit 50ger Mensur ausgestattetem, ausgebauchten Modell, welches wiederum durch seine strahlenförmig gestaltete Spananordnung am Korpus (ganz ähnlich wie auch bei dem erwähnten vormaligen Mandolonchello) als bemerkenswert gelten kann, in Markneukirchen erfahren, in welcher Werkstatt diese Instrumente entstanden sein könnten. Es wurde mir lediglich mehrfach versichert, dass diese Waldzithern wohl kaum aus Markneukirchen stammen können. Die beiden letztgenannten Instrumentenbauer waren in Markneukirchen wohl die Haupt-Produzenten des zargenspitzwinkligen Modells, welches - so die Auskunft während meines Besuches in seiner Werkstatt - von Kurt Roth wiederum nicht hergestellt wurde.
Ich versuchte damals also wieder mit Erich Stockmann über genau die Problematik zu sprechen, welche ich bereits anlässlich seines ersten Besuches in meiner Sammlung angesprochen hatte, wobei ich darauf hinwies, dass meiner Kenntnis nach in Markneukirchen wohl doch Herr Höhland damit begonnen hatte 'zargenspitzwiklige', und mit entsprechend 'gehälfteten, breiten Spänen' gestaltete Waldzithern herzustellen, was später dann auch von Günter Penzel übernommen wurde.
Später war ich dann freilich verwundert, dass auf diese Problematik auch in der Arbeit von Andreas Michel nicht näher eingegangen wurde.
Richtig ist wohl, dass Kurt Roth der damals älteste, und in diesem Sinne möglicherweise auch der 'traditionellste' Waldzitherhersteller in Markneukirchen war. Als ich damals auch Herrn Höhland in seiner Werkstatt besuchte, hatte dieser bereits ebenfalls seine 'Plan-eingebundene' Produktion als Rentner beendet und diese entsprechend an Günter Penzel übergeben, mir aber trotzdem noch zwei spezielle, nun ebenfalls in der Saarbrücker Sammlung befindliche Instrumente angefertigt.

(113)
Siehe dazu auch Anmerkung Nr. 92.

(114)
Erich Stockmann hat in dem Wissenschaftsbereich innerhalb dessen er in einer zweifellos politisch vorstrukturierten und wohl auch entsprechend protegierten Weise, eine auch international bedeutende Machtposition besetzen konnte, zweifellos viel getan, um seine Machtposition auch mittels der Verhinderung bestimmter Erkenntnisse, sowie nahe liegender Forschungs- und Erkenntnismöglichkeiten, zu festigen, wobei er seine, mir zuweilen unübersehbar deutlich werdende fachliche Unbedarftheit, wohl immer wieder durch entsprechend positionsabsichernde Gewieftheiten, wettmachen konnte.
Sein entsprechend destruktives Wirken in der DDR, erscheint mir in seinem Falle, als ein spezifisches Zusammenwirken von bestimmten selbstkorrumpierenden Entwicklungen innerhalb des DDR-Wissenschaftsbetriebes in Verbindung mit vielleicht eher als 'normal' anzusehenden, aber ebenfalls spezifisch korrumpierend wirkenden, Gepflogenheiten des traditionell-bürgerlichen Wissenschaftsbetriebes.
Aus meiner Sicht freilich eine besonders fatale Mischung.
Wenn ich dabei nur seine von mir unmittelbar miterlebten Aktivitäten zur Verhinderung von Wissenschaftswirksamkeit genauer bedenke, so scheint mir offensichtlich, dass sich diese wohl auch international oftmals in Richtung auf die Verhinderung von möglicher Akzeptanz anderer DDR-Wissenschaftsaktivitäten auf seinem Gebiet, ausgewirkt haben.
Aus der Sicht meiner entsprechenden Kenntnisse und persönlichen Erfahrungen, wäre es dabei weitgehend müßig, etwa darüber zu spekulieren, ob die destruktiven Seiten seines Wirkens jeweils nur aus Angst vor der Gefährdung seiner Position, oder zuweilen eher aus einer eben auch von daher erwachsenden Mentalität spontaner Abneigungen gegen andere Wissenschaftsmentalitäten und andere Wissenschaftskonzeptionen, zu erklären seien.
Eine ganz andere Frage wäre dann, inwieweit, bzw. in welchem Maße und welcher Weise, sein jeweiliges Wirken etwa auch im Sinne der Auftragserfüllung für höhere politische Mächte erfolgte.
Ob Derartiges dann aber etwa eher im Zusammenhang mit bestimmten Kalkulationen eines Ministeriums für Staatsicherheit oder etwa eher einer Central Intelligenz Agency etc. zu verstehen wäre, könnte dabei letztlich ebenfalls unerheblich sein, wobei ich außer entsprechend schwerlich völlig abzuweisenden Vermutungsmöglichkeiten, keinerlei sachlich-triftig sichtbaren Grund sehe, anzunehmen, dass ihm, zu den ihm ohnehin obligatorisch zuzumessenden Ehren seiner internationalen Funktionen, auch die Ehre eines intensiveren, aktiven Kontaktes zu der zuletzt erwähnten und zweifellos ebenfalls international (ähnlich wie eben die Musikethnologie als Wissenschaft) jeweils auch 'vor Ort' agierenden Behörde, tatsächlich begegnete.

(115)
Aus meiner Sicht wäre dabei anzumerken, dass es da letztlich doch immer wieder um eine vorwiegend abstrakt bleibende Kultivierung von morphologisch ausgerichteten Maßverhältnisbetrachtungen geht, welche gerade an den Fragen zu den eigentlich zu ermittelnden Faktoren für anstrebenswerte Spiel- und Klang-Eigenschaften eines Musikinstrumentes allzu leicht vorbeigehen können. Ganz in der Weise, wie sich dies aus bestimmten Methoden von Herbert Heyde (siehe dazu seine Publikationen zum "Musikinstrumentenbau") ermöglicht. Ein Analyseverfahren, innerhalb dessen eben immer wieder an den konkreten Problemkonstellationen des tatsächlichen 'Bauens von Musikinstrumenten' im Sinne ihres tatsächlichen technologischen Zustandekommens und im Sinne ihrer auf dem Wege ihrer Fertigstellung doch auch zu gestaltenden konkreten Spiel und Klangeigenschaften 'vorbei untersucht' werden kann. Eine wesentlich doch kunsthistorisch-morphologisch orientierte und oftmals auch entsprechend abstrakt bleibende Suche nach bestimmten Maßverhältnissen bzw. entsprechenden Zahlenproportionen im Sinne einer möglicherweise besseren Einordnung bestimmter Musikinstrumente unter regionalen bzw. historischen Gesichtspunkten.
Und die hier zu vermerkende Kultivierung dieser dann in diesem Sinne weitgehend abstrakt-formorientierten Analysemethoden geht dann eben auch mit einem deutlich zu vermerkenden Verzicht des Bedenkens zu konkreten Wirkmöglichkeiten von konkreten Musikinstrumenten einher. Eine Wissenschaftsmethode, welche dann auch von vornherein so angelegt sein kann, dass dabei etwa musikantisch kommunizierbare Aussagen zur Spielbarkeit und zu den Klangeigenschaften von entsprechend analysierten Musikinstrumenten nicht nahe liegen.
Dass auf einem solchen Wege dann auch gegenwärtig wirkender 'Cistern-Bau' und auch der aktuelle musikantische Umgang mit diesem Musikinstrument, der Betrachtung nicht wert erscheinen müssen, kann hingegen nahe liegen.
Dass aber auch ein solches Analyseverfahren, welches in offensichtlicher Absehung von gerade den Fragen, die vielleicht auch für aktuell-real wirkende Instrumentenbauer und Instrumentalisten von näherem Interesse sein könnten, letztlich doch in besonderer Weise für die Musikwissenschaft nutzvoll sein kann, möchte ich jedoch keineswegs generell bezweifeln.
Es kann allerdings auch als eine (von mir dann freilich in Zweifel gezogene) Legitimation für den methodologischen Verzicht auf das nähere Eingehen zu aktuellen Realitäten geraten.
Und dies möchte ich dann eben nicht für wissenschaftlich legitim halten.
Auf dem autoritätsorientierten Wege der respektvollen Anwendung spezieller Analysemethoden von Herbert Heyde kann wiederum der Respekt vor dem aktuell realen Cistern-Musikantentum und den aktuellen Entwicklungstendenzen der Herstellungsbedingungen zu solchen Musikinstrumenten in gerade auch dem Lande verloren gehen, aus dem sowohl Herbert Heyde als auch die dabei entsprechend vereinseitigend betrachteten und subjektiv selektierten Musikinstrumentensammlungsbestände stammen.
Mir scheint jedenfalls, dass all die Nachweise über in früheren Zeiten beim Musikinstrumentenbau anzunehmende oder auch zu belegende und damals vielleicht auch beachtete 'Faust- und Proportionsregeln' (die zu einer entsprechend kunsthistorisch bedachten Einordnung von bestimmten Musikinstrumenten-Exemplaren durchaus beachtenswert sein können) letztlich doch immer nur eine 'Halb-Erkenntnis' auf dem Wege zu den eigentlich anzustrebenden Erkenntnissen über die Geschichte der Gestaltung von Musikinstrumenten im Sinne ihrer spezifischen Spiel- und Klangeigenschaften beinhalten werden.
Gerade insofern möchte ich aber auch auf meiner Meinung bestehen wollen, dass derartige Proportions-Analyse-Methoden durchaus von besonderem Wert für weitere musikinstrumentenkundliche Forschung sein können. So insbesondere dann, wenn sie auch mit den letztlich viel weitergehenden Fragen zu den eigentlich sinnvoll musikrelevanten Entwicklungen der Gestaltung von Musikinstrumenten wiederum sinnvoll verbunden werden. Also mit Fragen, denen doch vor allem (so jedenfalls meine Auffassung als Musikant und Wissenschaftler) unsere Aufmerksamkeit im Sinne eines tieferen Verständnisses unserer Besonderheiten als spezifisch musikantisch wirkende Lebewesen gelten sollte.
Denn wenn man davon ausgehen möchte, dass - zumal in der Entwicklung der Cister - solche zahlenproportionsbestimmten Parameter von besonderer Bedeutung waren und sich diese auch als von Musikinstrumentenbauern angewandte Regeln (und eben nicht nur als im Nachhinein, anhand eifrigen Hineininterpretierens, nachzuweisende Proportionen) aufspüren lassen, so ergibt sich auch die Frage, mit welcher, vielleicht auch besonderen, Art von Technikentwicklung wir es dabei eigentlich zu tun haben?
Vielleicht mit einer Entwicklung, innerhalb derer es offenbar allzu leicht geschehen kann, dass die intensive Beachtung von Gestaltungsproportionen auch in weitgehend unreflektierter Weise neben (bzw. insofern unabhängig von) den eigentlich anstrebenswerten Funktionsproportionen solcherart gestalteter technischer Gegenstände, eine weitgehend verselbstständigte Entwicklungswirkung entfalten konnte?
Ob und inwieweit auf einem derart proportionierten Entwicklungswege (den ich dabei freilich eher als dementsprechend 'disproportioniert' auffassen würde) dann dem eigentlichen Sinn der Entwicklung solcher technischer Produkte doch (entweder auf wundersame oder vielleicht doch auch auf naturgesetzlich bedingte Weise?) auch entsprochen werden konnte, wäre dabei erst genauer zu untersuchen - oder eben auch entsprechend in Frage zu stellen. Und auf einem in dieser Weise vergleichsanalytisch konzipierten Forschungswege könnte dann auch keinesfalls von den jeweiligen musikantischen und musikinstrumentenbauerischen Realitäten bzw. entsprechenden realen musikantischen Interessen und Bedürfnissen einfach abgesehen werden.
Es ergäben sich, so betracht, dann aber auch unvermeidlich weiterreichende Fragen zur Technikgeschichte insgesamt: Wären solche von mir hier zunächst nur als Möglichkeit dargestellten Besonderheiten von Musikinstrumentenentwicklung wiederum auch in sonstigen Technikentwicklungen anzutreffen?
Ich bin mir sicher, dass dies der Fall sein kann, zumal gerade auch in solchen Spezialdisziplinen wie der Kulturethologie auf Derartiges (freilich auf ganz anderen gedanklichen Wegen) schon seit Jahrzehnten immer wieder hingewiesen wurde. Ich möchte aber vermuten, dass wir diesem Phänomen auf dem Gebiet von Musikinstrumentenentwicklung in besonders ausgeprägter Weise begegnen könnten, wobei ich dies wieder im Zusammenhang mit der von mir grundsätzlich monierten Unterschätzung und wissenschaftsgeschichtlich so offensichtlichen Missachtung gerade dieser besonderen Technikentwicklung sehen würde. Aber gerade diese Betrachtungsweise würde auch mit diesem Beispiel von spezifischen 'Proportionsbeachtungen' wiederum verdeutlichen können, dass scheinbar spezifisch musikinstrumentenkundliche Fragestellungen auch ihre Bedeutung für ein besseres Verständnis unserer gesamten Technikentwicklung haben können.
Dass eine Vielzahl von technischen und sonstigen wissenschaftlichen Möglichkeiten zur genaueren Untersuchung derartiger musikinstrumentenkundlicher Problemlagen eigentlich bereits in hoch entwickelter Form vorliegen, aber auf diesem Gebiet doch nicht zur Anwendung gebracht werden, ist aus meiner Sicht ein weiteres Indiz für die ausgeprägte und offensichtlich tief verinnerlichte Unterschätzung dieses Gebietes von Technikentwicklung innerhalb unserer ansonsten doch oftmals schon als 'übertechnisiert' angesehenen Zivilisation.

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Dass in dieser Dissertation gerade auf den damaligen musikantischen Umgang mit diesem Instrument, aber auch auf die Besonderheiten der damals hergestellten Waldzithern, sowie die Besonderheiten der damaligen Herstellung solcher Instrumente, nicht näher eingegangen wurde, halte ich nicht nur für einen wissenschaftlichen Mangel, sondern eben auch für ein bemerkenswertes Indiz zu einer offenbar von Erich Stockmann ausgegebenen Orientierung, die offenbar in Richtung auf die gezielte Vermeidung des Eingehens auf bestimmte Sachverhalte und letztlich eben auch der Vermeidung bestimmter möglicher Aussagen bzw. möglicher Wissenschaftsergebnisse, angelegt war.
Insofern erscheint mir dann beispielsweise auch die zu dieser Dissertation (als eines ihrer Ergebnisse?) vorgelegte These Nr. 23 in besonderer Weise als bedenkenswert:
"Die Zister als historisches Musikinstrument verdient im Rahmen sowohl eines an exakter historischer Aufführungspraxis interessierten als auch den Traditionen der deutschen Volksmusik verpflichteten Musiklebens eine angemessene Reaktivierung."
Da fiele es mir nun schwer zu entscheiden, ob ich diese Formulierung eher als treffendes Beispiel bzw. als passenden Beleg zu meinen Bedenken hinsichtlich der von mir unterstellten Orientierung, oder eher als bezeichnendes Beispiel für den von mir monierten Mangel dieser Arbeit nehmen möchte. Dass letztlich beides zutreffend sein kann, wäre aber keine Erkenntnis im Sinne einer Annäherung an den möglichen Wahrheitsgehalt dieser These, denn deren möglicher Inhalt bleibt in der vorliegenden Formulierung, welche wohl doch auf die damalige Situation eines entsprechend interessierten Musikantentums bezogen war, weitgehend unklar.
Falls mit der Bezeichnung "historisches Musikinstrument" auch alle damals in der DDR (oder etwa auch in ganz Deutschland oder Europa) in musikantischem Gebrauch befindliche Waldzithern zu verstehen wären, so wäre doch dieser 'Reaktivierungs-Apell' (in welcher Weise man dabei das Wort "angemessen" auch verstehen möge) zumindest in Hinsicht auf die DDR verwunderlich und realitätsfern. Ebenso verwunderlich und letztlich‚ in sich selbst widersprüchlich, wäre diese These aber, falls man alle die moderneren Formen von Thüringer Waldzithern, welche zumal in der DDR damals genutzt wurden, nicht als "historische Musikinstrumente" gelten lassen wollte…
Ich möchte mich aber - wie ich das doch bislang schon vorgezogen hatte - nun nicht zu einer eingehenderen Kritik zu dem Inhalt dieser Arbeit, oder etwa zu den dazu vorgelegten Thesen, hinreißen lassen, zu welcher sich meiner Auffassung nach, schließlich auch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Methoden- und Begriffs- Arsenal des Autors erforderlich machen würde. Vielmehr möchte ich eben auf die mir als symptomatisch erscheinende Tendenz der Umgehung bzw. Vernachlässigung (oder vielleicht auch Missachtung?) damaliger Realitäten, insbesondere des 'Vorbeisehens' an entsprechenden neueren Tendenzen der intensiveren musikantischen Befassung mit dem Instrument, sowie der damaligen Tendenzen seiner Herstellungspraxis, verweisen. Und diese, in dieser Dissertation offensichtliche Besonderheit, schien sich mir dann auch im weiteren Verhalten des Autors zu diesem Instrument fortzusetzen, denn alsbald konnte ich im DDR-Rundfunk eine Sendung zu diesem Musikinstrument erleben, zu welcher ich dann unter den vielen von ihm vorgestellten Musikbeispielen, kein einziges Waldzitherbeispiel aus den neueren Musikfolkloreentwicklungen in der DDR erkennen konnte. Für mich auch insofern verwunderlich, als ich doch genau wusste, dass es gerade zu diesem Instrument inzwischen mehrere neuere, gerade in dieser Bewegung entstandene, Rundfunkaufnahmen gab, die auch im dortigen Archiv griffbereit zur Verfügung standen und außerdem auch entsprechende Mitschnitte von Waldzitherstücken aus den alljährlich stattfindenden Musikfolklorewerkstätten im Zentralhaus für Kulturarbeit existierten. Als ich einige Jahre zuvor noch im gleichen Rundfunkarchiv nach Musikbeispielen für meine Musik-Sendungen suchte, war ich mit ganz anderen Bedingungen und vielen weiteren Schwierigkeiten konfrontiert, - die ich mir mit meinen wirklichkeitsorientierten Motivationen damals freilich auch 'selbst eingebrockt' hatte.(Siehe dazu auch Anmerkung Nr.13.)
Ich meine, dass dieses Instrument über die von mir geschilderten Eigentümlichkeiten innerhalb spezifischer DDR-Verhältnisse hinaus, wohl auch künftig als ein besonderer Modellfall (oder auch Symbol?) der weiteren musikethnologischen Wissenschaftsentwicklungen in Deutschland bedacht
werden sollte und dabei vielleicht auch als "Prüfstein" oder als hypothetischer "Testballon" innerhalb weiterer Zusammenhänge zu bedenken sein kann. Um meine diesbezüglichen Bedenken zum Zustand und zur Geisteshaltung der Musikethnologie in Deutschland dabei auch auf eine grundsätzlichere, nicht nur dieses Instrument betrachtende Weise zu akzentuieren, möchte ich wieder auf eine Problemlage zurückkommen, zu der ich mich bereits vor mehr als zwanzig Jahren (damals noch aus der Position eines Wissenschaftlers, der sich in einem zwar noch nicht 'juristisch' aber bereits 'perspektivisch-politisch' in Frage stehendem Arbeitsverhältnis am ZIfPh an der AdW der DDR befand) geäußert hatte:
Die offene Frage nach dem Band "Deutschland" innerhalb des bereits in mehreren Bänden in der DDR erschienenen "Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente" und die offenen Frage nach der wirklich wissenschaftlich berechtigten Gültigkeit der Sachs-Hornbostelschen Vierklassensystematik.
Beides Problemlagen, welche sich innerhalb der politischen Verhältnisse in der DDR (freilich eben auch im Zusammenhang mit dem spezifischen Wirken von Erich Stockmann), auf eine offensichtlich schwerwiegend verklemmt-verfehlte Weise festgefahren hatten. Insofern waren meine damaligen Darlegungen zu dieser Problemkonstellation, (siehe dazu "Mutwillige Betrachtungen zum Schwirrholz", in: www.bhje.de), trotz der mir bereits damals deutlich werdenden Hoffnungslosigkeiten hinsichtlich meiner persönlichen Möglichkeiten künftigen wissenschaftlichen Wirkens, doch in Hinsicht auf die nun anstehenden Möglichkeiten der Überwindung diesbezüglicher DDR-Verklemmtheiten, durchaus hoffnungsvoll. Es erschien mir damals als möglich, dass doch gerade diese beiden Fragen nun unverklemmter und unbehinderter bedacht und vielleicht auch wissenschaftlich bearbeitet und irgendwie gelöst werden könnten. Auch wenn ich mir, von meinen Erfahrungen her, nicht vorstellen konnte, dass nun etwa Erich Stockmann selbst in der Lage gewesen wäre einen solchen "Deutschland-Band" zu den deutschen Volksmusikinstrumenten zu verfassen, so erschien mir diese Aufgabe doch, - ganz ebenso wie die Überwindung der klassischen Systematik-Vorurteile - als eine von der Musikethnologie in Deutschland zu lösende 'lösbare' Aufgabe.
Heute, nach mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung zu meinen 'persönlichen Möglichkeiten wissenschaftlichen Wirkens' als Langzeit-Arbeitsloser, kann ich auch die Erfahrung resümieren, dass sich die Musikethnologie in Deutschland zu diesen beiden Problemen offenbar immer noch schwer tut, - obwohl doch zu beiden Problemfeldern, gerade auch in Deutschland, bereits eine Vielzahl von wissenschaftlichen Vorarbeiten erfolgt sind.
Die von mir damals dargelegten Wissenschaftsverklemmungen innerhalb eines nun seit mehr als zwei Jahrzehnten besiegten politischen Systems, welches nun mit bemerkenswertem Wissenschaftsaufwand erforscht wird, werden sich vielleicht auch im Zusammenhang mit solchen Forschungen (die sich dazu freilich auch erst entsprechend qualifizieren müssten), künftig besser verstehe lassen.
Welche Verstehensmöglichkeiten aber wird uns die Wissenschaftsgeschichte zur Musikethnologie, zu den entsprechend von dieser doch innerhalb des seit dem Zusammenbruch der DDR so sieghaft dastehenden politischen Systems so bemerkenswert weitergeführten Unterlassungsleistungen, künftig liefern können?
Was die Musikethnologie in der DDR betrifft, so kann die deutsche Cister aus meiner Sicht durchaus als Symbolinstrument für bestimmte, von mir freilich zu kritisierende Besonderheiten, des Agierens dieser Wissenschaftsdisziplin genommen werden, von denen ich hoffen wollte, dass sich diese künftig nicht fortsetzen sollten.
Welchen Platz und welche Darstellungsweise, dann in einem, zwar immer noch ausstehenden, aber hoffentlich doch nicht auf ewig ausbleibendem, "Handbuch" zu deutschen Volksmusikinstrumenten, dann der deutschen Cister von der deutschen Musikethnologie dereinst zugestanden werden wird, bleibt zwar abzuwarten, wird aber sicherlich auch wieder als 'aufschlussreich' hinsichtlich des Umgangs eines speziellen deutschen Wissenschaftszweiges mit einer speziellen Besonderheit europäischer Kultur sein. Und insofern kann dieses Instrument vielleicht auch für künftige Betrachtungen im Sinne eines Symbolinstrumentes bedacht werden. Dabei wären dann auch - ganz in dem Sinne wie ich soeben über ein 'deutsches Volksmusikinstrument als Besonderheit europäischer Kultur' gesprochen habe - weitere Besonderheiten im realen Gebrauch des Instrumentes gründlicher zu bedenken.
Dass ich die hier zitierte These Nr. 23 für verfehlt halte, hängt (neben ihrer realitätsfernen und sprachlich unklaren Gestalt) auch mit dem dort umrissenen Rahmen der "Verpflichtung zu den Traditionen der deutschen Volksmusik" und demgemäßer "Verdientheit" zusammen.
Ein Rahmen, den ich weder als deutscher Musikant mit diesem deutschen Instrument, noch als Europäer oder Weltbürger, aber eben auch nicht als Wissenschaftler, der sich gehalten sieht über all dies auch nachzudenken und zu forsche, gelten lassen möchte, und eben auch neben meinen individuellen musikantischen Vorlieben, als wirklichkeitsbedenkender Mensch, wissen kann, dass gerade in den realen Aktivitäten von jüngeren Volksmusikanten in der DDR, bereits ganz andere Rahmengestaltungen zu vermerken waren. Wie ich bereits verschiedentlich angemerkt hatte, möchte ich aus Sicht meiner Erfahrungen zu den Besonderheiten dieses Instrumentes, auch die Tatsache zählen, dass es sich eben auch für die Gestaltung von Stücken und Liedern der verschiedensten Nationen als besonders gut geeignet erwies, - ganz anders als etwa jeweils Banjo, Mandoline oder Balalaika, oder gar Cuatro und Charango…(Oder etwa auch - was damals in dieser Musikfolklorebewegung in der DDR freilich nicht real war - Ukulele oder Bouzouki usw.) Eine aus meiner Sicht auch deswegen besonders bemerkenswerte Tatsache, weil eben innerhalb einer durchaus spezifisch nationalen Musikfolkloreentwicklung, in welcher dann auch eine besondere Hinwendung zu diesem traditionellen deutschen Volksmusikinstrument zu verzeichnen war, gerade auch bei der Beschäftigung mit diesem, eine auch über die Traditionalismen zur deutschen Volksmusik deutlich hinausgehende Tendenz zu internationalistisch gesinntem Musikantentum zu verzeichnen war.
Ob, oder wie sich diese Tendenz dann, zumal innerhalb der Einheits-Euphorismen alsbaldiger Verwestdeutschungen Ostdeutschlands weiterentwickelte, kann ich freilich nicht mehr entsprechend eingehender beurteilen; - würde aber sowohl eine entsprechende Weiterentwicklung als auch diesbezügliche Rückentwicklungen für möglich halten, und hätte, was letztere, also wieder eher 'traditionalistisch deutsch-nationalere' Entwicklungsmöglichkeiten betrifft, eben wieder Bedenken zu möglichen Auswirkungen bestimmter Statements der deutschen Musikethnologie. Die bereits zitierte These Nr. 23, welche von mir schließlich nicht nur als allzu leichtfertig formuliert, sondern eben auch als inhaltlich ganz falsch, eingeschätzt werden muss, wäre dabei wieder ein gutes Beispiel im Sinne entsprechend schlechter Interpretationsmöglichkeiten und Auswirkungen.
Ein wieder anderes Beispiel von diesbezüglich musikethnologischer Leichtfertigkeit, scheint mir da auch die spätere Formulierung von Erich Stockmann zu sein, dass "…die 'Thüringerwaldzither' das jüngste Glied einer sich in Jahrhunderten vollziehenden Entwicklung der Zister" sei.
Das dieses Instrument zu den entsprechend 'jüngsten' Gliedern der genannten Entwicklung gezählt werden kann, wäre wohl nicht zu bestreiten, aber die hier vorliegende Verabsolutierung als "das jüngste Glied" muss mir zweifelhaft erscheinen. Ich muss eine solche, doch auch allzu leicht auf verfehlte Glorifizierung hinauslaufende Behauptung, auch gerade in dem Zusammenhang, in welchen sie eingebaut wurde, mit höchster Skepsis betrachten. Sie findet sich eben im Vorwort einer Publikation von Andreas Michel (Cither Citrinchen Zister / Beiträge zur Geschichte eines traditionellen Musikinstrumentes in Deutschland/ Suhl, 1990), welche auf seiner Dissertation beruht.
Und eben genau in dieser (und mehr noch in dieser dazu nachfolgenden Publikation) wird doch gerade die nähere Betrachtung der wirklich jüngeren Entwicklung dieses Instrumentes, ausgeblendet.
Diese Stockmann-Formulierung wurde einfach (wieder mal?) vor einem Hintergrund aufgestellt, vor dem sie sich zwar gut ausnimmt, aber keineswegs durch diesen belegt wird. Sie bleibt einfach eine letztlich abenteuerliche und gerade in der vorliegenden Weise keineswegs belegte Behauptung.
Eine Aussage die doch eigentlich nur durch die genauere Analyse dessen, was eben in der jüngsten Geschichte dieses Instrumentes tatsächlich alles geschehen ist, gewagt werden könnte und zudem letztlich nur im Vergleich zu anderen gegenwärtigen (oder eben jungen und 'jüngeren' Entwicklungen - was ja musikethnologisch exakter betrachtet, auch nicht immer einfach gleichsetzend bedacht werden sollte) verifiziert werden könnte.
Und aus meiner Sicht würden da zum Vergleich beispielsweise auch die akribischen Feinheiten des gegenwärtigen portugiesischen Cisternbaus, oder etwa auch die speziellen Balkenverleimungen unter den Klangdecken manch gegenwärtiger Schweizer Cistern (welche mir bei den Klangdecken Thüringer-Waldzithern noch niemals begegnet sind), mit zu bedenken sein.
Meinem entsprechenden Misstrauen gegenüber der bisherigen Musikethnologie in Deutschland, stehen in Hinsicht auf die deutsche Cister, aber doch die Erfahrungen zur anhaltenden Interessiertheit von aktiv mit diesem Instrument umgehenden Musikanten in diesem Lande gegenüber.
Denn meine Hoffnung, dass sich die Deutschen gegenüber ihrer Cister in der Zukunft nicht so verhalten mögen, wie sie das in Hinsicht auf ihre Dudelsäcke in vergangenen Jahrhunderten getan haben (siehe dazu unter anderem wieder "Dudelsäcke im europäischen Spannungsfeld zwischen Ost und West", in: www.bhje.de), stützt sich, wenn ich dazu sowohl meine Erfahrungen aus der DDR, als auch danach, zu bedenken habe, freilich mehr auf die Realität eines entsprechend aktiven Musikantentums, als auf eine Musikethnologie, die vielleicht 'angemessene Reaktivierung' empfiehlt, sich aber den Mühen einer 'angemessenen' Untersuchung der entsprechenden musikantischen Wirklichkeit und dabei auch einer Analyse entsprechender Bedürfnisse von Musikanten und Zuhörern, sowie dementsprechender Weiterentwicklungsmöglichkeiten gebräuchlicher Volksmusikinstrumente, offenbar nicht zuwenden möchte. Siehe dazu auch die Anmerkung Nr.26.
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