Anhang zu den „Allgemeinen Hintergrund-Anmerkungen zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt“
Die Motivation zur Veröffentlichung der im Folgenden nachlesbaren
Anschreiben(01), ergab sich für mich erst im Prozess der Formulierung von
Anmerkung Nr.5 zu meinem damals als Vortrag konzipiertem Text: „Zu den
Besonderheiten einiger konischer Schalmeien und bestimmter Dudelsackinstrumente
der Musikinstrumentensammlung der Hochschule für Musik des Saarlandes“.
Da diese Anmerkung dort bereits besonders umfangreich geraten war,
wollte ich an dieser Stelle nicht auch noch diese Brieftexte unterbringen und
habe sie also nun diesem gesonderten Anhang hier zugeordnet, zumal sich dazu
auch noch bestimmte Klarstellungen und entsprechende weitere Erläuterungen
erforderlich machen.
So hatte ich in meinem Schreiben vom 28.6.90 formuliert, dass mir
damals „meine Entfernung aus der ZAG offeriert“ wurde.
Abgesehen von dem hier von mir wohl doch eher unpassend verwendeten
Wort „offeriert“ (es handelte sich ja vielmehr um eine als Drohung
ausgesprochene Ankündigung, und keine „Offerte“), kann auch mein damaliges
Beharren auf einer weiteren Mitwirkung in diesem Gremium nun als
widersprüchlich erscheinen. Meiner offensichtlich unpassenden Wortwahl steht
schließlich die Tatsache entgegen, dass damals, sowohl kurz nach dieser
Besprechung als auch im Weiteren, doch vielmehr immer wieder von einer
„notwendigen Trennung“ und eben einer „Entfernung aus der ZAG“ die Rede war,
und hinsichtlich der Betonung meines damaligen Beharrens auf weiterer
Mitwirkung in dieser ZAG kann wiederum als widersprüchlich erscheinen, dass
ich doch bereits schon Jahre zuvor meine Funktion als Vorsitzender dieser ZAG
und dann alsbald auch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium niedergelegt und
beendet hatte. Auch darauf möchte ich nun näher eingehen, denn in der weiteren
Entwicklung meiner musikfolkloristischen Aktivitäten hatten sich dann auch
wieder bestimmte, primär politisch motivierte, Proportionsveränderungen
ergeben.
So habe ich ungefähr zu Anfang des Jahres 1989 (an den genauen
Zeitpunkt kann ich mich heute nicht mehr erinnern) bei Herrn Fuhrmann im
Kulturministerium um ein Gespräch gebeten, in welchem ich ihn dann mit folgender
Anfrage bzw. „Bitte“ konfrontierte: Angesichts der deutlich zunehmenden
Erscheinungsformen nationalistischer und auch offen neonazistischer und
profaschistischer Aktivitäten in der DDR sowie bestimmter, mir dabei immer
unverständlicher erscheinender Verhaltensweisen seitens mancher Funktionäre des
Zentralhauses in Leipzig, möchte ich nun ganz offiziell den Antrag stellen,
wieder zum Mitglied dieser ZAG berufen zu werden. In diesem Sinne komme ich
also mit der Frage, wo und in welcher Weise ich dazu einen entsprechenden
offiziellen Antrag stellen bzw. einreichen kann. Ich gehe dabei davon aus, dass
doch jeder DDR Bürger das Recht haben müsse, einen solchen gezielten Antrag
stellen zu können, möchte aber nun auch genau wissen, wie dies geregelt und
festgelegt ist um mich danach zu richten, und ich werde im Falle der Ablehnung
meines entsprechenden Antrages, auch auf einer genauen Begründung bestehen.
Herr Fuhrmann war angesichts meiner dazu vorgetragenen Auffassung
völlig hilflos und deutlich verunsichert und konnte keine einzige meiner
Fragen genau beantworten. Dabei mag wohl auch eine Rolle gespielt haben, dass
ich schon vor Jahren, als ich noch als Vorsitzender dieser ZAG amtierte, dementsprechende
Konflikte mit ihm hatte. Als ich ihm damals das unter den Neofolkloristen der
DDR anwachsende Interesse an Drehleyern verdeutlichen wollte, erklärte er, in
der von ihm so oft „flexibel anbiedernd“ demonstrierten „kumpelhaften Weise“,
dass er, speziell für mich, natürlich ein solches Instrument auf dem „besonderen
Wege über das Kulturministerium“ besorgen könne, fiel aber sofort wieder in
seinen sonstigen Gestus des eher biedermännisch-starren und „staatsoffiziellen“
Amtsinhabers zurück, als ich meine Haltung dazu verdeutlichte: Wenn es solche „besonderen
Wege“ gibt, dann sollte dies auch generell für Gruppen und Musikanten der
DDR-Folkbewegung, die derartige besondere Instrumente für ihre Arbeit
benötigen, genutzt werden…Ganz in diesem Sinne betonte ich also nun auch, dass
ich bei meiner jetzigen Anfrage nicht davon ausgehe, vielleicht als ehemaliger
Vorsitzender dieser ZAG hier ein besonderes ’moralisches Recht’ beanspruchen zu
können, sondern bestehe auf einer entsprechend grundsätzlichen Antwort zu
meiner Anfrage. .
Er versicherte mir dann auch, sich umgehend zu erkundigen und mir
entsprechende Antworten zukommen zu lassen, wobei ich aber auch dabei wieder den
Eindruck gewinnen musste, dass ich mit meiner Haltung, ähnlich wie in der
damaligen „Drehleyer-Angelegenheit“, welche von ihm doch auf eine so offensichtlich
unsaubere Weise „angeleiert“ worden war und dann (was ich hier nur nebenbei
anmerken kann) von ihm auf eine überaus schmutzige Weise „ausgeleiert wurde“,
auch nun wieder nur „abgewimmelt“ und vielleicht auch wieder entsprechend
verächtlich behandelt und auch verächtlich gemacht werden könnte. Ich habe also
in der Diskussion mit ihm dann auch immer wieder auf zwei Argumentationen
zurückgegriffen: Wenn ich doch – was inzwischen ja keineswegs mehr geleugnet
werden kann – zweifellos meine Rechte als DDR Bürger nutzen konnte, als ich
dereinst einfach selbst einen privaten
„Musikfolklore-Dudelsack-Interessenverein“ gegründet hatte, - wie steht es
dann jetzt in diesem Sinne mit meinen rechtlichen Möglichkeiten, auch in einem
nun staatlich eingerichteten Musikfolklore-Gremium mitwirken zu können? Muss
ich dafür etwa erst von einem staatsberufenen Gremium auserwählt oder
vorgeschlagen werden? Schließlich war dies bei der Berufung/Ernennung von Prof.
Stockmann zum ZAG- Mitglied doch auch nicht der Fall, sondern geschah – wie mir
ja auch hier im Ministerium selbst desöfteren erzählt wurde - lediglich
aufgrund seiner eigenen persönlichen Bitte, und ohne Vorschlag oder
„Delegierung“ von anderer Seite. Meine nun ebenfalls hier vorgetragene Bitte
unterscheidet sich aber grundsätzlich von seiner, weil ich vor allem mit einer
prinzipiellen Frage komme, welche letztlich nicht nur mich betrifft. Und die
grundsätzlichen Antworten darauf sind mir jetzt vielleicht sogar wichtiger als
etwa eine nur mich persönlich betreffende, „obrigkeitsamtliche Gestattung“ der
Wiederaufnahme meiner Mitarbeit in einem doch zuvor von mir geleiteten,
staatlich installierten Gremium.
Da mir in diesem Gespräch aber die entsprechenden Antworten
offensichtlich nicht gegeben werden konnten, habe ich Herrn Fuhrmann dann
gesagt, dass ich nun gedenke, einfach wieder wie ein ZAG- Mitglied an deren
Sitzungen teilzunehmen und dort auch über dieses Gespräch sowie meine Erwartung
entsprechender klarer Antworten dazu, aber auch über die besonderen
Motivationen für meine nunmehrige Entscheidung, berichten werde.
Dementsprechend habe ich mich dann dort auch immer wieder, bis zu der im
Schreiben vom 28.6.90 erwähnten Auflösung dieser ZAG, verhalten. Meine „de
facto“- Teilnahme an allen weiteren Sitzungen wurde dann auch weder seitens der
ZAG, noch seitens des Zentralhauses jemals in irgendeiner Weise offiziell in
Frage gestellt, wie ich andererseits dann freilich auch niemals eine exakte „de
jure“- Antwort auf meine damals im Kulturministerium aufgeworfenen Fragen
erhalten habe. Es war allzu offensichtlich, dass man dort einfach unfähig war,
derartige Fragen noch offensiv und irgendwie exakt beantworten zu können. Aber
es ergab sich dann, wie wohl auch die hier nachzulesenden Anschreiben im
größeren Rahmen illustrieren können, eben doch eine weitere Eskalation von
entsprechend geheimdiplomatisch-intrigant eingefädeltem „Leitungsverhalten“ seitens
des Leipziger Zentralhauses.
Um dies auch ein bisschen „en detail“ zu verdeutlichen, möchte ich dazu
noch auf mein erstes „Wiedererscheinen“ in dieser ZAG nach dem geschilderten
Gespräch im Kulturministerium eingehen. Ich berichtete dort also über meine
Anfrage bei Fuhrmann (welcher ja allen ZAG-Mitgliedern bekannt war), ging dabei
auch auf die noch „unbeantwortet-offene Situation“ ein und wiederholte deutlich
meine nunmehrige Motivation im Sinne meines (wohl ebenfalls allen
ZAG-Mitgliedern bereits lange bekannten) politischen Engagements. Freilich
wurde dies dort zum Teil sofort als „unangebrachtes Politisieren“ belächelt,
aber eben auch als „offensichtliche Übertreibung“ bezeichnet. Außerdem bestand
ich nun darauf, dass jetzt auch eine ordentliche Protokollführung dieser
Sitzungen gewährleistet werden muss. Dies sollte eigentlich ohnehin
selbstverständlich sein, war in den Zeiten als ich Vorsitzender war, immer
üblich und es scheint mir nun auch wieder in besonderer Weise unverzichtbar zu
sein…
Diese Protokollführung hat dann – nach einigem „Wort-Hin und Her“ -
überraschend Hanni Bode übernommen. Dann stellte mir der
ZAG-Parteiverantvortliche Horst Traut die Frage, wie das denn zu verstehen sein
solle, wenn ich hier von „faschistischen Aktivitäten und faschistoiden
Denkstrukturen und Tendenzen in der DDR“ spreche.
Daraufhin habe ich mich in genau der Weise geäußert, die auch Horst
Traut sowie anderen Personen aus dem Umkreise des Zentralhauses bereits bekannt
war. Ich betonte, dass ich es für grundsätzlich falsch halte, all die
inzwischen so offensichtlichen Erscheinungsformen von Neonazitum in der DDR
immer wieder zu verschweigen und „herunterzuspielen“, denn ich bin eher dafür,
gegen faschistisches und nationalistisches Denken offensiv vorzugehen, und wenn
dabei beispielsweise ein ZAG-Parteiverantwortlicher lauthals von mir verlangt,
dass ich mich „jedem Mehrheitsbeschluss unterzuordnen habe“, so halte ich das für
eine deutliche Erscheinungsform von üblem faschistoiden Denken und Handeln, dem
ich ebenfalls grundsätzlich feindlich gegenüberstehe. Es gibt eine Menge von
durchaus möglichen, aber auch bereits real erfolgten ’Mehrheitsbeschlüssen’,
denen ich mich, gerade aus antifaschistischer Gesinnung heraus, niemals
unterordnen möchte…
Die unmittelbar darauf erfolgende Entwicklung ist aus meiner Sicht nun
durch zwei besonders interessante Momente gekennzeichnet.
Zunächst wurde ich, auf diese meine Antwort hin, von einem Mitglied der
ZAG als ein „intolerantes Schwein“ bezeichnet, denn ich sei einer von denen,
welche daran Schuld sind, dass das doch viele Jahre lang so schön gelebte Ideal
einer gemeinschaftlich zusammenhaltenden „Folk-Familie“ in der DDR inzwischen beschädigt
und gefährdet ist…Und Horst Traut, der dieses Statement wohl sofort als eine
besonders wertvolle und wohl auch begrüßenswerte „Äußerung des gesunden
Volksempfindens“ aufgenommen haben muss, hat dann, sowohl in
schriftlich-brieflicher als auch wiederholt in mündlicher Form, auf diese
„ZAG–Äußerung zu Bernd Eichler“ hingewiesen und sich auch immer wieder darauf
berufen. Außerdem aber glaubte er offensichtlich, sich nun auch in spezieller
Weise auf das Protokoll dieser ZAG- Sitzung berufen zu können, in welchem Hanni
Bode meine Antwort an Horst Traut offenbar in einer solchen Form fixiert
hatte, dass diese dann auch von der Leitung des Zentralhauses alsbald als Beleg
dafür benutzt wurde, mir vorzuhalten, dass ich auf dieser Sitzung offenbar nun auch
dem Leipziger Zentralhaus „Faschismus“ vorgeworfen hätte.
Wie dann die alsbald dazu vom Leiter des Zentralhauses angeordnete
Vorladung meiner Person vor ein speziell dafür zusammen gestelltes
Funktionärsgremium dieses Hauses ausgegangen ist, habe ich an anderer Stelle
geschildert. (Siehe dazu beispielsweise die Anmerkung Nr.15 aus meinem Beitrag
„Allgemeine Hintergrundanmerkungen zu den Dudelsackpfeifen aus meiner
Werkstatt“)
Für ein eingehenderes Verständnis derartiger Entwicklungen und
Zuspitzungen wäre aber sicherlich noch ein weiteres Bedenken hinsichtlich
damaliger spezieller „Mentalitätsbesonderheiten“ sowohl meinerseits, als auch
seitens verschiedener anderer damaliger Kräftekonstellationen, erforderlich.(02)
Außerdem möchte ich mich hier noch zu einer anderen Unklarheit, welche eventuell
zu meinem Anschreiben vom 24.6.1991 vermerkt werden kann, äußern.
Dort hatte ich auch über die schriftliche Beurteilung meiner Person,
welche das Kulturministerium dereinst beim Zentralhaus angefordert hatte, und
die dann dort auch angefertigt wurde, geschrieben. Diesen Vorgang, sowie den
dabei von mir ebenfalls in diesem Brief beschriebenen Umgang mit diesem
Dokument, muss ich weiterhin als Tatsachen betrachten.
Unklar mag dabei aber weiterhin sein (und insofern kann die Verwendung
des Wortes „Tatsache“ an dieser Stelle meines Schreibens wohl doch eher als
fragwürdig gelten), wer diese Beurteilung nun tatsächlich damals angefertigt
bzw. formuliert hat.
Als mich die ersten Nachrichten bzw. Gerüchte darüber erreichten, dass
eine vom Ministerium angeforderte Beurteilung zu meiner Person im Zentralhaus
angefertigt worden war, über welche dann auch im Umkreis der ZAG diskutiert
werde, und sich insbesondere der Parteiverantwortliche Horst Traut nun darauf
berufe, und dieses Dokument als Argumentationsgrundlage gegen mich verwendete
und empfahl, stellte ich dazu Dr. Morgenstern zur Rede und verlangte von ihm
Einsicht in dieses Schriftstück. Er war in diesem Gespräch, welches er in der
für ihn typischen Art zunächst in verlogen- jovialer „Du-Form“ und mit „Lieber
Genosse Eichler“ begann, zunächst durch meine strikte Forderung überrascht und
verunsichert, steigerte sich aber schon nach wenigen Minuten zu der deutlichen
Erklärung, dass es doch aber seine Pflicht gewesen sei, einer solchen
Anforderung nachzukommen und den Genossen Fuhrmann im Ministerium entsprechend
über meine Person zu informieren, - ich aber nun doch keinesfalls ein Recht auf
Einsicht in ein solches Dokument haben könne… Andererseits habe natürlich der
ZAG-Parteiverantwortliche das Recht und auch die Pflicht, ein solches Dokument
auch für seine politische Arbeit zu nutzen…
Von diesem Gespräch her bin ich also stets davon ausgegangen, dass
diese Beurteilung letztlich von Dr. Morgenstern verfasst worden ist, denn dem
hatte er damals ja nicht widersprochen. Später wurde dann jedoch
verschiedentlich betont, dass dieses Schriftstück lediglich auf seine
Anordnung hin vom Leiter des dortigen Zentralhausverlages angefertigt worden
sei... Den Wahrheitsgehalt solcher Aussagen kann ich dann freilich nicht mehr
beurteilen. Insofern war also die in meinem Brief vom 24.6.1991 tatsächlich
dort an falscher Stelle vorliegende Verwendung des Wortes „Tatsache“ in dieser
Weise verfehlt und meinerseits letztlich nicht gerechtfertigt.
Berlin, den 28.6.90
An das
Zentralhaus für Kulturarbeit, sowie das
Kontaktbüro Verbände
Dittrichring 4
Leipzig 7o1o
Betrifft:
Auflösung der ZAG- Musikfolklore, sowie Rechtsansprüche hinsichtlich Eigentum und vereinbartem Honorar
Die Annahme der beiliegenden Geldüberweisung habe ich aus folgenden Gründen verweigert:
· Ich bin mit der Auflösung der ZAG in dieser Weise nicht einverstanden und erinnere an den ausdrücklichen Beschluss der letzten ZAG-Sitzung, in welchem festgelegt wurde, daß eine letzte auflösende Beratung unbedingt über den Verbleib der Dokumente der vergangenen ZAG - Aktivitäten, zumindest in Form einer Empfehlung, zu beraten und zu beschließen hat.
· Auf einer solchen Beratung - und nur dort - hätte auch über eventuelle Ansprüche und Modalitäten von Geldmitteln und deren Verteilung gesprochen und beschlossen werden müssen. Zumindest hätte in irgendeiner Weise eine Mitteilung zum Grund der Überweisung und eine Erklärung des entsprechenden Rechtsanspruches erfolgen müssen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, inwiefern mir der hier überwiesene Geldbetrag wirklich zustehen sollte.
Wie eigentlich im Zentralhaus, aber auch im ‘Kontaktbüro Verbände’ bekannt ist, habe ich schon seit längerem völlig andere Rechtsansprüche geltend machen müssen und dies auch deutlich auf der letzten gemeinsamen Besprechung im Ministerium für Kultur (Oktober 1989), wo Vertreter beider Institutionen anwesend waren, vorgetragen. Obwohl mir damals meine Entfernung aus der ZAG offeriert wurde, alle meine Bedenken über permanente Gefährdungen sozialistischer Demokratie und unverholen menschenverachtender Leitungstätigkeit von Abteilungen und Bereichen im Zentralhaus, im Ministerium und im ZK der SED von den anwesenden Funktionären kollektiv belächelt und vom Tisch gewischt wurden, so konnten doch meine Rechtsansprüche von niemandem bestritten werden; ja selbst die offenbar korrupteste Person unter den Anwesenden, die damalige Vertreterin des ZK der SED, die schon damals offen die Vernichtung von Eingaben-Unterlagen zu gegenwärtigen Entwicklungen ankündigte, konnte die damit im Zusammenhang stehenden Rechtsansprüche nicht bestreiten oder irgendwie in Frage stellen. Im Gegenteil, Herr Fuhrmann ordnete sogar an, diese Dinge umgehend im Zentralhaus zu klären und abzuschliessen. Seither ist jedoch keinerlei Reaktion von dort erfolgt. Noch im Herbst 1989 habe ich auf einer nachfolgenden Besprechung (22.11.) im Ministerium für Kultur meinen Standpunkt, daß es sich bei diesen Entwicklungen eindeutig um unverzeihliche Formen politischen Verbrechertums handelt, zum Ausdruck gebracht. Wie Ihnen von den letzten Sitzungen der ZAG-Musikfolklore, aber auch von der Folklore- Verbandsgründungsversammlung in Neubrandenburg bekannt ist, habe ich keinerlei Grund diese Meinung zu rückzunehmen.
Ebensowenig Grund habe ich aber nun auch, auf erklärte und bestätigte Rechtsansprüche zu verzichten, welche ich hiermit nochmals anmahnen möchte:
· Dem Zentralhaus wurden leihweise von mir vier Tonbandkassetten (Informationsmitschnitte von SED - Parteigesprächen, die mit ausdrücklichen Zustimmungen Beteiligter zustandegekommen sind) übergeben. Diese Kassetten sind nach wie vor mein persönliches Eigentum.
· Ich habe eigentlich immer noch den längst bestätigten Anspruch auf ein angemessenes Honorar bezüglich der organisatorischen und inhaltlich-konzeptionellen Vorbereitung der 1988 durchgeführten Dudelsackausstellung zum letzten DDR - Dudelsacktreffen. Dazu hätte längst ein modifizierter Vertrag des Zentralhauses (ich erinnere wieder an die diesbezügliche Anweisung von Herrn Fuhrmann; sie wurde sowohl schriftlich, als auch - mit seiner ausdrücklich erfolgten Aufforderung, - auf Tonbandkasette protokolliert) zugeschickt werden müssen.
Da dies bisher nicht erfolgt ist, erlaube ich mir nun, den ursprünglichen Vertrag, dessen wichtigste Positionen ich - wie ja schon lange im Zentralhaus bekannt ist - eindeutig erfüllt habe, unterschrieben zurück zu schicken.
Ich erwarte zu den angeführten Problemen Ihre sachliche Stellungnahme und eine hoffentlich ebenfalls sachliche Entsprechung meiner Anforderungen hinsichtlich meines persönlichen Eigentums, sowie der angemessenen Honorierung einer auf vertraglicher Grundlage erbrachten Leistung.
Dr.B.Eichler
2 Anlagen:
Vertrag zur Vorbereitung der Dudelsackausstellung 1988; Geldüberweisungsformular zur "Auflösung der ZAG Musikfolklore"
********************
Berlin,den 27.8.1990
Herr Traut !
Hiermit erinnere ich Sie zum wiederholten mal an die Rückgabe meiner Tonbandkasetten.
Ich fordere Sie auf, diese umgehend an mich zurückzusenden.
Wie Sie gewiss noch in Erinnerung haben werden, handelt es sich dabei um den mit Ihrem Einverständnis erfolgten Mitschnitt unseres gemeinsamen Gesprächs zu den damaligen Problemen und `Entwicklungsfragen' der ZAG Musikfolklore und zu Ihrem diesbezüglichen Schreiben an mich, welche beide - das müssen Sie ja noch besser wissen als ich - auch auf `Vorschlag' von Frau Chlupsa aus dem ehemaligen ZK der SED zustandegekommen sind.
Damals hatte ich Ihnen, entsprechend unserer Vereinbarung, einen Informations- Umschnitt dieses Gespräches auf zwei Kasetten von mir übergeben.
Leider haben Sie bisher ihr damaliges Versprechen, mir diese Kasetten zurückzugeben, nicht eingehalten.
Natürlich habe ich immer den Standpunkt vertreten, daß keinerlei Notwendigkeit besteht, diese Aufzeichnungen zu löschen. Aber Sie haben natürlich die Möglichkeit den entsprechenden Umschnitt zu löschen...
Dagegen wäre vielleicht de jure nichts einzuwenden (obwohl ich damit nicht einverstanden sein möchte) - Sie müssen es lediglich mit Ihrem Gewissen (?!) ausmachen.
Allerdings muß ich Sie dringend darauf aufmerksam machen, daß es keine de jure Möglichkeit zur Begründung des von Ihnen mehrfach (auch in der Öffentlichkeit) verkündeten Standpunkts: "Erst wenn alle Mitschnitte und Umschnitte gelöscht sind, bekommst Du Deine Kasetten zurück!", geben kann.
Ich denke, daß Sie sich nun nicht mehr ganz so leichtfertig und verächtlich auf das hohe Ross der Machtarroganz schwingen sollten, sondern die Dinge jetzt, nachdem Sie wohl auch der ‘moralischen’ und administrativen Unterstützung solch verantwortungsloser, verlogener und manchmal (oder meist?, ich weiß es nicht genau) geradezu verbrecherisch und menschenverachtend agierender Partei- und Staatsfunktionäre wie Morgenstern, Chlupsa und Fuhrmann etc. weitgehend verlustig gegangenen sein dürften, nüchterner und vielleicht auch objektiver sehen sollten.
Die von mir schon lange (nicht nur im Zentralhaus oder der ZAG-Musikfolklore) kritisierten Tendenzen zu Denkweisen und Methoden, die eigentlich faschistoiden Charakter tragen (ich meine damit mehr als die dort schon viel älteren Tendenzen gewisser Deutschtümelei, oder die eigentlich biederen ‘chauvinistischen’ Statements von M.Maiwald - die sich ja nun durchaus im Einklang mit dem Zeitgeist befinden), sowie die - wesentlich ja auch von Ihnen selbst forcierten - quasi-geheimdienstlichen Methoden im Umgang mit Andersdenkenden, gehören zwar nun in diesen Erscheinungsformen zunächst einmal der Vergangenheit der DDR an, werden aber, da sie in ihrem innersten Wesen allzu eng mit der deutschen Geschichtlichkeit verwoben sind, auch künftig, unter anderen politischen Vorzeichen, eine Rolle spielen.
In diesem Sinne muß ich Sie auch auf folgendes aufmerksam machen:
Inzwischen lege ich - gerade auch in Anbetracht der neueren politischen Entwicklungen in unserem Lande - allerhöchsten Wert darauf, daß derartige, m.E. höchst aufschlussreiche Dokumente der Zeitgeschichte, insbesondere eben auch der konkreten Geschichte der Musikfolklorebewegung in der DDR, nicht vernichtet, sondern gewissenhaft aufbewahrt werden.
Wie Sie genau wissen, tue ich dies ebenso mit vielen anderen aufschlussreichen Dokumenten aus der Musikfolklorebewegung der DDR und aus der Entwicklung der ZAG, und ich werde auch einer, mir eigentlich inzwischen sehr fragwürdig gewordenen, Institution wie der Ihren, ernsthaft vorschlagen wollen, dies in moralisch sauberer und wissenschaftlich verantwortungsvoller Weise zu tun.
Vielleicht können Sie für das Archiv des Institutes in Weimar einen Umschnitt des Gesprächs anfertigen lassen, - oder besser noch, Sie schicken mir zwei unbespielte neuwertige Kasetten und übergeben dafür die von mir bespielten an das Archiv des Institutes.
Eine solche Lösung könnte ich akzeptieren, zumal Ihre Institution ja wohl auch eine Funktion im Sinne von Öffentlichkeitsarbeit haben sollte, die auf privater Ebene nie effektiv zu realisieren ist - auch wenn, wie ich auf einer der letzten ZAG- Sitzungen bekanntgegeben habe, ich persönlich beispielsweise diese Dinge durchaus jedermann zur Verfügung stellen würde/werde.
Es bleibt natürlich zunächst Ihnen persönlich überlassen, ob Sie einen solchen wie den oben geäusserten Vorschlag einfach als angebliche Unverschämtheit abtun wollen oder vielleicht doch als den letztlich unvermeidlich vernünftigeren Kompromiss, bzw. als ein Gebot der Objektivität, akzeptieren können.
Lassen Sie mich Ihre Entscheidung wissen.
Ich hoffe, Sie haben mich richtig verstanden und erwarte also umgehend die Zurückerstattung meines Eigentums, bzw. gegebenenfalls zwei neue unbespielte Kasetten.
Dr.B.Eichler
********************
Berlin, den 24.6.1991
An den verantwortlichen Leiter
der Nachfolgeinstitution des
"Zentralhauses für Kulturarbeit der DDR", bzw.
des Kontaktbüros Verbände
Dittrichring 4
LEIPZIG
O - 7010
Anbei übersende ich Ihnen zur wiederholten Mahnung den Wortlaut meines Schreibens vom 28.6.1990; sowie als weitere Anlage mein Schreiben vom 27.8.1990 an den ehemaligen SED- Parteiverantwortlichen der ZAG - Musikfolkore H.Traut zur Kenntnisnahme.
Sie erhalten den Text meines Anschreibens vom 28.6.90 damit zum drittenmal.
Das erste mal als quittiertes Einschreiben.
Ich erhielt jedoch keine Antwort.
Das zweite mal als normalen Brief, nachdem ich eine annonyme Postsendung aus Leipzig, bestehend aus zwei Tonbandkassetten mit dem unbeschädigten Tonband- Mitschnitt eines Gespräches zwischen dem ehemaligen SED- Parteiverantwortlichen der ZAG Musikfolklore und mir, nebst einer von mir mündlich formulierten Eingabe, erhielt.
Da über diese beiden Kasetten seinerzeit Dr. Morgenstern als Direktor des Zentralhauses verfügt hatte, konnte ich annehmen, daß die Sendung aus Ihrem Hause stammt. Da aber weitere, viel wichtigere Kassetten und jegliche Antwort auf mein Schreiben vom 28.6.90 fehlten, schickte ich also beiliegenden, computertechnisch überarbeiteten, Text, versehen mit einer handschriftlichen Mahnbemerkung, erneut an obige Adresse.
Auch danach erhielt ich keine Antwort.
Ich muß nun zum drittenmal mahnen, und zugleich auf weitere Defizite aufmerksam machen, denn mittlerweilen bin ich auch gezwungen die korrekte Erfüllung eines Vertrages, den ich als Autor der inzwischen (1990) erschienenen Publikation zum deutschen Dudelsack mit dem `Verlag Zentralhauspublikation' habe, anzumahnen.
Und ich muß auch fragen wohin eigentlich die Geldsumme ("Auflösung der ZAG") geflossen ist, die mir vor einem Jahr aus Ihrer Institution per Postüberweisung ins Haus kam, und deren Annahme ich damals in dieser Form, aus den am 28.6.90 angeführten Gründen, nicht akzeptieren konnte...
Es geht inzwischen also um einen ganzen Komplex von Rechtsansprüchen, welche ich hiermit nochmals im einzelnen darlegen und kommentieren möchte:
1.)
Falls ich einen Rechtsanspruch auf die offerierte Geldsumme ("Auflösung ZAG") habe, so muß ich darauf bestehen diesen zu erfahren und werde in diesem Falle selbstverständlich auch auf der Auszahlung dieses Geldes bestehen.
Falls es sich damals aber um ein `Versehen' oder eine unkorrekte Geldofferte handelte (was für mich, nach bestimmten Erfahrungen mit korruptem und korrumpierendem Finanz- und Vertragsgeschehen im Zentralhaus - insbesondere innerhalb der ZAG Musikfolklore - allerdings keineswegs überraschend wäre), so muß ich auch auf einer klärenden Antwort bestehen.
Wie aus meinem Brief vom 28.6.9o. hervorgeht, habe ich mit der damaligen Annahmeverweigerung der überwiesenen Geldsumme vor allem gegen den undemokratischen und auch völlig gesetzwidrigen Vorgang der Auflösung einer arbeitenden Körperschaft der DDR durch selbstherrlich agierende Einzelpersonen (die allerdings der Protektion des Zentralhauses gewiss sein konnten) protestiert. Der gleiche Vorgang spielte sich ja auch mit der ZAG-Arbeitsgruppe Musikinstrumentarium ab, welche über mehrere Jahre hin eigentlich das einzige wirklich effektiv arbeitende Gremium der ZAG war und dessen sinnvolle Erhaltung, bzw. eine von der ZAG abgekoppelte Weiterführung im Sinne einer breitergefassten kulturellen Perspektive, ausserordentlich wertvoll für die künftige Erhaltung und Pflege bestimmter Werte nationalen Kulturgutes sowie spezifischer folkloristischer Initiativen und Traditionen, hätte sein können. Hier hatte aber der durch das Zentralhaus, und später durch das Kulturministerium und durch Mitarbeiter des ZK der SED, bei geradezu allen Machenschaften und Intrigen sicher geschützte Leiter des ASMW Markneukirchen, welcher zuletzt als amtierender Leiter der AGM einen immer selbstherrlicheren Leitungsstil, mit unverkennbar geheimdienstlichen Methoden, kultivierte und dann, bei dem sich immer deutlicher abzeichnenden Zusammenbruch der DDR, eine aktive Politik der `verbrannten Erde` (treffender könnte man hier vielleicht sogar von einer 'Politik der verbrannten Dokumente` sprechen) entwickelt und so letztlich auch die Auflösung dieser AG einfach durch `Einzelleiterstatement' vollzogen.
Natürlich haben bestimmte Macht- und Verantwortungsträger der DDR, welche vornehmlich von den erstarrten undemokratischen Strukturen der Administration und des Parteiapparates über Wasser gehalten wurden, dann den Zusammenbruch der DDR in besonders exessiver Weise genutzt um den Konfliktstau ihres bisherigen Wirkens, sowie ganze Pakete konkreter Verantwortlichkeit bzw. auch von Rechtsverbindlichkeiten (und freilich auch von Dokumenten), im allgemeinen Wirbel des Zusammenbruchs, und in den Flutwellen neuer Machtstrukturen, einfach untergehen zu lassen, oder aber auch in gut organisierter Weise verschwinden zu lassen, um sich sodann unbelasteter zu marginalisieren bzw. neu positionieren zu können.
Dies trifft meiner konkreten persönlichen Erfahrung nach in hohem Maße auf die ehemalige Leitung der ZAG-Musikfolkore zu; - sicherlich jedoch nicht nur auf diesen Bereich ehemaliger Zentralhaus-Aktivitäten.
Wie Sie sicher selbst (oder auch selbst-sicher) wissen, kann mein Protest zu solchen Vorgängen heute natürlich kaum noch einen aktuellen Adressaten finden; - das heißt jedoch keineswegs, daß nun auch der Adressat eines rechtlich begründeten Geldanspruches verlorengegangen sein muß.
Ich bestehe also auf klärender Antwort, bzw. auf dem mir hier gegebenenfalls rechtlich zustehenden Geldbetrag.
Wohin ist diese Geldsumme denn inzwischen abgeleitet worden?
Soweit ich informiert bin, haben damals sowohl ZAG Mitglieder, als auch Mitglieder der AG Musikinstrumentarium, solche, vom Zentralhaus (bzw.`Kontaktbüro Verbände') überwiesenen, von Fall zu Fall unterschiedlich hohen Geldsummen angenommen, ohne lange nach dem rechtlichen Hintergrund zu fragen.
Sie werden einsehen müssen, daß es - neben allen sonstigen Unkorrektheiten - nun keinesfalls korrekt sein kann gerade wieder genau an der Stelle Rechtsansprüche zu unterschlagen wo deren Aufhellung gefordert wird.
2.)
Was die immer noch vom Zentralhaus (bzw.`ehemaligen Zentralhausmitarbeitern`) einbehaltenen Tonbandkassetten betrifft, so muss ich auf deren Herausgabe gerade auch hinsichtlich der soeben angedeuteten Zusammenhänge bestehen.
Die mir bisher aus Leipzig übersandten zwei Kassetten dokumentieren, wie gesagt, ein Gespräch mit dem vom ZK eingesetzten Parteiverantwortlichen der ZAG.
Die noch einbehaltenen, welche eindeutig mein persönliches Eigentum sind, dokumentieren vor allem meine damalige persönliche Position zu bestimmten Vorgängen im Zentralhaus und in der ZAG. Es handelt sich um den vollständigen Mitschnitt eines bestimmten Teiles (nämlich lediglich meiner persönlich vorgetragenen Bedenken und Gedanken zu bestimmten Fehlentwicklungen in der Arbeit des Zentralhauses und der ZAG) innerhalb einer Aussprache mit dem Leiter des ASMW Markneukirchen bzw. der AGM, J.Schmidt, sowie einer eigens dazu bestellten verantwortlichen Mitarbeiterin aus der Leitung des Zentralhauses, ohne deren Anwesenheit J.Schmidt bereits damals - ganz im Sinne der Signalsetzungen des Zentralhauses - jegliches Gespräch mit mir, insbesonders aber Gespräche über bestimmte Probleme damaliger politischer Entwicklungen im Zusammenhang mit Leitungsverhalten, prinzipiell verweigert hatte.
Die damalige Tonbandaufzeichnung meiner Position wurde später an diese Mitarbeiterin übergeben, wobei ich die Versicherung erhielt, daß diese Kasetten auf jeden Fall an mich (vielleicht auch über den für diese Aussprache eigens eingesetzten Protokollanten) zurückgegeben werden.
Soweit mir bekannt ist, wurde jedoch dann niemals ein wirkliches Protokoll dieser Aussprache angefertigt; der `Protokollant' hat die Kasetten dann auch nie erhalten, und ich, wie gesagt, ebenfalls nicht.
Ich bestehe also weiterhin auf meiner Forderung zur Rückgabe meines Eigentums und bestehe ausserdem eindeutig darauf, daß diese Aufzeichnungen nicht gelöscht werden sollen.
Meinen Standpunkt zur zeitgeschichtlichen Bedeutung (d.h. nicht nur zum `persönlichen Wert') den solche Dokumente haben können, entnehmen Sie bitte der Anlage (mein Brief vom 27.8.1990 an den ehemaligen Parteiverantwortlichen der ZAG).
3.)
Laut Autorenvertrag mit dem Zentralhaus für Kulturarbeit stehen mir Belegexemplare von der seit 1990 erschienenen Publikation zu.
Normalerweise müsste ich als Autor auch die Möglichkeit haben weitere Exemplare dieser Publikation zum Verlagsabgabepreis zu erwerben; eine diesbezügliche Bestellung meinerseits ist dem Verlag seit langem bekannt.
Ich habe aber immer noch kein einziges Exemplar meiner eigenen Arbeit erhalten, sondern muß mir diese von Freunden, borgen, bzw. kopieren lassen um überhaupt darüber verfügen zu können.
Diese Situation ist natürlich grotesk, aber sie ist vor allem auch noch makaber.
Man muß den Eindruck bekommen, daß es sich hier einfach um die kaltblütige Fortsetzung des alten politischen Stils des Zentralhauses für Kulturarbeit der DDR handelt.
Vor allem seit meiner Eingabe (2.2.88) zur Verlagspolitik des Zentralhauses, musste ich wiederholt erleben mit welcher Arroganz, und zuweilen auch mit welcher Scheinheiligkeit dort 'nötigenfalls' bestimmte Personen bzw. Vereinbarungen und Verträge behandelt werden und von Fall zu Fall auch Fakten und Rechtspositionen einfach konsequent ignoriert werden; wie leicht man dort zur `Unperson` werden kann und welche zahllosen analogen Maßgaben und Maßnahmen diese Institution und die dahinter stehenden Machtstrukturen sodann auch auf anderen, oberen oder unteren Leitungsebenen auszulösen vermochte.
Makaber ist nun, wie bei allen sonstigen Veränderungen der letzten Zeit, hier doch bestimmte Mechanismen offenbar unverändert weiter wirken...
Natürlich kann auch eine einzelne Institution für sich festlegen, daß bestimmte Leute einfach nicht mehr offiziell zur Kenntnis genommen werden, als `Unpersonen' gelten, man prinzipiell jeglichen Kontakt mit ihnen verweigert, und/oder diese letztlich lieber mit verdeckten Methoden quasi-geheimdiplomatischer Art behandelt. Dies war ja - wie inzwischen allzu oft, und meist leider allzu oberflächlich, in den Medien abgehandelt wird - für die DDR- Vergangenheit keineswegs untypisch.
Leider war dies in der Vergangenheit aber gerade auch im Zentralhaus für Kulturarbeit und in der ZAG - Musikfolklore allzu selbstverständlich.
Ich erinnere nur an die Tatsache, daß der Leiter des Verlages Zentralhauspublikation seinerzeit im Auftrage des Direktors Dr. Morgenstern eine Einschätzung über mich und mein Beschwerdeanliegen, zur Weiterleitung an das Ministerium für Kultur, angefertigt hat, die dann auch als `internes Parteimaterial` vom Parteiverantwortlichen der ZAG unverhohlen als eine Grundlage der Auseinandersetzung mit mir, sowie zur gezielten Diskriminierung meiner Person und meiner Aktivitäten innerhalb der Foklorebewegung der DDR, genutzt wurde, wohingegen ich - laut dezidierter persönlicher Aussage des Direktors Dr.Morgenstern - dann keinerlei Recht auf Kenntnis bzw. Einsichtnahme in solche Schriftstücke haben könne.
Ebenso (allerdings erst nach derartigen Signalsetzungen) verfasste der Leiter des ASMW Markneukirchen und der AGM der ZAG, J.Schmidt, welcher zuvor überraschenderweise vom Zentralhaus kommissarisch als ein de facto zensierender Lektor meiner Publikation eingesetzt wurde, eine Einschätzung über meine Person, die er sowohl dem Direktor des Zentralhauses, als auch dem SED-Parteiverantwortlichen, sowie der Leitung der ZAG, und - wie sich in einer späteren Besprechung im Ministerium für Kultur ergab, dem ZK der SED zuleitete. Dieses Schriftstück wurde dann vom Parteiverantwortlichen bestimmten Parteimitgliedern der ZAG zur dringenden Kenntnisnahme und als Grundlage der Distanzierung zu meinen Ansichten, Bedenken und Aktivitäten, ausdrücklich empfohlen, ohne daß ich selbst als Betroffener, trotz verschiedentlicher Bitten und Anfragen, sowohl beim Verfasser als auch bei den Empfängern dieses Schriftstückes, jemals den Inhalt, geschweige denn den Wortlaut, dieses Textes erfahren durfte. Auch hier hat die Leitung des Zentralhauses, aber auch das Kulturministerium, immer wieder den Standpunkt vertreten, daß ich dazu kein Recht haben könne.
Und ich muß dabei auch an die besonders rigide `Arbeitsweise' der Mitarbeiterin M.Maiwald (verantwortlich für die ZAG Musikfolklore) erinnern, die damals im Zentralhaus geradezu ebenso rüde über die Notwendigkeit meiner Entfernung aus der AGM sprach, wie sie in der Öffentlichkeit betonte, "daß die Vietnamesen aus der DDR bald wieder rausgeschmissen" werden müssen...
Es ist besonders kennzeichnend für die damalige Situation im Zentralhaus, wie Frau Maiwald dann - mit der unverhohlenen Unterstützung der Leitung und sonstiger spezifischer Mittel und Strukturen des Zentralhauses - letzteres Auftreten sogleich als `Sorge um die Effektivität sozialistischer Hilfeleistung der DDR' verbrämen konnte.
Ein Vorgang der seiner inneren Struktur nach geradezu als typisch und symbolisch für so vieles andere dort gelten kann: Man konnte zwar durchaus menschenverachtend oder auch ausländerfeindlich handeln und reden, - aber von so etwas wie Ausländerfeindlichkeit oder Menschenverachtung konnte natürlich durchaus keine Rede sein...
Und hinsichtlich der von mir monierten Deformationserscheinungen dortiger Leitungstätigkeit wirkten durchaus gleichartige Mechanismen. M. Maiwald konnte ohne weiteres, - weder durch Demokratie, noch durch Rechtsnormen, geschweige denn durch die allergewöhnlichsten Gepflogenheiten menschlicher Anständigkeit irgendwie gehindert - weiter im Sinne der von ihr `erkannten Notwendigkeit' agieren; ob nun mit der Anfertigung und fleissigen Vervielfältigung verlogener, aber wiederum `interner`, mir nicht zugänglich gemachter Rundschreiben zu meiner Person, bzw. einer eigenwilligen, an der Wahrheit extrem vorbeiführenden Art der Protokollanfertigung, oder auch der entsprechend gezielten Manipulation von Terminen und Festlegungen, der geschickten Umgehung anstehender Beratungen zu bestimmten Problemen, bis hin zu offen verkündeten und "beschlossenen" Diskussionsuntersagungen solcher Themen...
Auch wenn ich bei diesen damaligen Entwicklungen stets vor allem auf der Wahrung meiner persönlichen Rechte bestanden habe, ging es dabei freilich keineswegs einfach nur um `persönliche Probleme' oder meine Person allein, sondern es ging um ganz bestimmte, unter anderem eben auch von mir aufgeworfene, Probleme einer verfehlten und auch im Detail immer unfähigeren Kulturpolitik, sowie der damit verbundenen, zunehmend ungehemmteren Eskalation menschenverachtenden Leitungsgebahrens, die - wie mir heutzutage freilich allzu eilfertig und von vielen Seiten gern und deutlich bestätigt wird - keineswegs ich allein als unerträglich empfunden hatte...
Diese letztlich nur beispielartige Auswahl zur Beleuchtung der geistig - politischen Kultur des Zentralhauses für `Kulturarbeit', sowie bestimmter Hintergründe und Traditionen aus dem Leitungs- und Entscheidungsinstrumentarium dieser Institiution, lassen - so man sie heute wieder bedenkt - die Sorge aufkommen, daß vieles davon dort offenbar immer noch wirkt oder virulent ist, auch wenn bestimmte Hintergrundsstrukturen inzwischen verschwunden sind, oder, wie man auch vermuten kann, inzwischen ersetzt oder aber auch mit noch ungehemmterer Willkürlichkeit ausgefüllt werden.
Das Verhalten des Verlages kann dafür ebenso als Beleg gelten wie die Tatsache der Nichtbeantwortung meines Schreibens vom 28.6.1990 durch Ihre Institution.
Ich denke aber nach wie vor, daß Rechtlichkeit und das Bestehen auf bestimmten Rechtspositionen eine wichtige Möglichkeit sind und bleiben müssen um derartigen Verwicklungen, Entwicklungen und Verfilzungen entgegenzutreten.
Dies habe ich im Zentralhaus schon vor Jahren mehrfach zum Ausdruck gebracht und dieser Standpunkt hat sich nicht geändert.
Er ist auch nach wie vor die Grundlage dafür, daß ich weiterhin mit gleicher Konsequenz auf der angemessenen Honorierung der auf vertraglicher Basis erbrachten Leistung zur Vorbereitung der DDR - Dudelsackausstellung von 1988 bestehe.
Ich möchte dabei deutlich darauf aufmerksam machen, daß die beiden vorliegenden Vertragsdokumente - also sowohl der Vertrag zur Erarbeitung einer Publikation zum deutschen Dudelsack, als auch der Vertrag zur inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitung der Dudelsackausstellung - jeweils von Vertretern des Zentralhauses, und nicht etwa von subalternen Mitarbeitern des Zentralhausverlages oder den Austellungsveranstaltern in Bautzen unterschrieben wurden.
4.)
Zum Honorarvertrag zur Ausstellungsvorbereitung wäre neben den damaligen Festlegungen von E.Fuhrmann aus dem Ministerium für Kultur allerdings noch folgendes anzumerken:
Wie ich erst nach Eröffnung der Ausstellung erfuhr, wurden die von mir erfüllten Vertragspositionen in einen neuen Vertrag für ein anderes Mitglied der AGM mit übernommen.
Ein Vorgang ohne rechtliche Basis, der nur durch Vermittlung von M.Maiwald im Zusammenwirken mit der Leitung der AGM zustandekommen konnte und der dann auch durch deren Autorität, die freilich wiederum vor allem durch die administrative Autorität von Funktionären des Zentralhauses gestützt war, rückkoppelnd abgesichert wurde; - immer vorbei an der wirklichen Rechtslage und vorbei an den Tatsachen ; - obwohl gerade J.Schmidt und M.Maiwald die wahre Sachlage am besten kennen mussten.
Nachgewiesenermaßen hatte ich zuvor eine sich über mehrere Monate hinstreckende intensive Arbeit entsprechend des vorliegenden Vertrages geleistet, und diese sowohl in der AGM, im Zentralhaus als auch beim Veranstalter in Bautzen belegt, bzw. deren Ergebnisse übergeben.
Ohne meine entsprechenden Vorabeiten wäre diese Ausstellung über die Entstehung und Entwicklung des Dudelsackbaues in der DDR niemals möglich gewesen.
Seitens des amtierenden Leiters der AGM, J.Schmidt, wurde mir dann aber vorgehalten, daß ich mit meiner Eingabe vom 2.2.1988 sowohl der AGM als auch dem Zentralhaus den Kampf angesagt hätte, die Arbeit der Leitung und des Kollektivs in der Öffentlichkeit diskreditiert habe, offenbar an einer Zusammenarbeit nicht mehr interessiert sei, und mich nun nicht zu wundern brauche, daß das Geld für meinen Vertrag ein anderer bekomme...
Später hat dann allerdings Dr.Morgenstern (der ansonsten freilich die inhaltlichen Anliegen meiner Eingabe stets zu ignorieren suchte) auf der erwähnten Besprechung im Kulturministerium einräumen müssen, daß diese vertraglichen Dinge nicht korrekt gelaufen sind und in Ordnung gebracht werden müssen.
Die Nichtbeantwortung meiner zweimaligen Mahnung zu diesen Problemen kann heute den Eindruck hervorrufen, als ob in Ihrer Institution doch wieder, oder immer noch, solche wie die oben geschilderten Haltungen und Verhaltensweisen die Oberhand haben.
Ich möchte allerdings hoffen, daß dies doch nicht der Fall sein möge und erwarte in diesem Sinne eine baldige sachliche Antwort.
Dr.B.Eichler
2.Anlagen
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An den
1.Geschäftsführer des
Sozio-kulturellen Bildungs-
zentrums Leipzig e. V.
PSF 1051
Dittrichring 4
Leipzig 7o1o
Berlin, den 1o.1o.1991
Werter Herr Soult !
Mein Schreiben vom 24.6.1991 haben Sie erhalten, - und ich erhielt Ihren Brief vom 15.7.1991.
Darin sicherten Sie mir 'eine Klärung der aufgeworfenen Fragen bis Ende August', sowie eine entsprechende Antwort zu.
Ich habe jedoch keinerlei Antwort erhalten.
Die in meinem Schreiben genannten Probleme
· überwiesene Geldmittel an ZAG -Mitglieder
· von Zentralhausmitarbeitern einbehaltenes fremdes Eigentum
· vom Zentralhaus bislang nicht erfüllte Verträge (Vorbereitung der Dudelsackausstellung; Publikation zum deutschen Dudelsack etc.)
sind weiterhin ungeklärt, - bzw. nur insofern klar, als daß Rechtsverletzungen, bzw. ‘Unkorrektheiten’ des Zentralhauses vorliegen.
Ich muß also weiterhin auf einer Antwort Ihrerseits und auf einer entsprechenden Klärung bestehen.
Dr.B.Eichler
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